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Reading Challenge 2025

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Irian:
#22 Adrian Tchaikovsky - Alien Clay

Gleich der nächste Tchaikovsky, ein sehr guter. Gut geschrieben, recht spannend zu lesen, nette Grundidee. Wird jetzt vermutlich nicht völlig ewig im Gedächtnis bleiben wie z.B. Children of Time, aber durchaus lesenswert.

Menthir:
#12 Keith Jenkins - Re-Thinking History

Dieses Buch aus dem Jahr 1991 ist eine postmoderne Polemik auf die Erkenntnismöglichkeiten und das Theoriegebaren der (v.a. britischen) Geschichtswissenschaft. Und sie ist sowohl für mein historisches Wirken (auch wenn es beruflich nicht geklappt hat, weil ich aus finanziellen Gründen in einem normalen Job abgebogen bin) als auch für mein rollenspielerisches Wirken eine ausnahmslos wirksame Polemik gewesen.

Die Unterscheidung zwischen "past" and "history". Dass Geschichte vielmehr als Fach immer Historiographie aufgrund seiner epistemologischen Grundbedingungen bedeutet, und dass in Erweiterung dieses Arguments Geschichte immer eine Geschichte für jemanden ist, und seine Wirkmächtigkeit sehr mit den hierarchischen Machtbedingungen seines Umfelds einhergeht, spielt eine große Rolle. Im Übrigen auch in meinen Rollenspielrunden. Er betont, dass Geschichte kein objektiver Bericht der Vergangenheit ist, sondern jeweils ein bewusst konstruiertes Erzählnarrativ. Jenkins zufolge entspricht sein Ansatz einer postmodernen Geschichtsauffassung: Er sieht Geschichtsschreibung als kontingenten Diskurs und sogar als „Sprachspiel“, in dem Macht- und Ideologieverhältnisse die Deutung prägen. Große Meta-Erzählungen lehnt er ab und stellt die Pluralität historischer Interpretationen in den Vordergrund. Jenkins zufolge sind nämlich Objektivität und Unvoreingenommenheit reine Illusionen, weil jeder Historiker unweigerlich von seiner ideologischen Haltung beeinflusst ist.

Nach 10 Jahren (damals war ich noch Student) habe ich mir ein Re-read gegönnt und kann meine Eindrücke von damals nicht nur bestätigen, sondern sie haben sich bekräftigt. Jenkins Werk ist erstaunlich modern, wenn man sich anschaut, wie die Russen ihre Politik pseudohistorisch inszenieren (vgl. bspw. Timothy Snyders - The Road to Unfreedom und die Idee der Politics of Eternity); aber auch, wie das neue, mindestens an das Faschistoide grenzende Politik-Establishment der USA orwellsche Tendenzen (1984 lässt grüßen) in die historische Beurteilung der Welt einfließen lässt.

Ich möchte gar keine lange Darstellung der Polemik machen, kann aber die Lektüre wärmstens empfehlen.

9 von 10 Punkten

Sindaja:
    11. Tehlor Kay Mejia: Paola Santiago and the sanctuary of shadows
Abschluss der Trilogie. Unterhält ausreichend, aber wirkt konstruiert. Es gibt z.B. Liebesgeschichten, die ich den Protagonisten abnehme, egal ob gleichgeschlechtlich oder nicht und welche, die irgendwie so wirken als ob sie eine Message rüberbringen sollen.
    12. G Geschichte 4/25: Julius Cäsar & Sonderheft: Afrika
Hefte mit Antike als Thema lese ich doch immer recht schnell. Hier also Caesar. Aufstieg und Fall. Dazu wieder gefährliche Liebschaften (Medici), Vietnamkrieg, Houdini und Gipfelkreuze. Genz ferstnageln kann ich es nicht, aber irgendwie hätten mich manche Personen im Umfeld noch interessiert. Frauen, Töchter, mehr Gegner, Freunde, Verbündete.
Das Sonderheft Afrika zeigt teilt sich in unterschiedliche Regionen auf, in denen dann wiederum ein kurzer Ausschnitt der Geschichte einiger weniger Länder erzählt wird. Es beleuchtet einige Kulturen des Kontinents ohne aber sehr in die Tiefe zu gehen. Eher ein Appetizer, denn nach der Lektüre habe ich immer noch das Gefühl nur eine Einleitung gelesen zu haben zu einem großenThema.
    13. Riku Onda: Honeybees and Distant Thunder
Ein Buch über einen fiktiven internationalen Klavierwettbewerb. Im Mittelpunkt stehen 4 Pianisten, aber auch das Umfeld von Juroren, Ehefrau,unterstützende Freundin, Mentor bis zum Klavierstimmer, etc. Bei mir machte das Buch wieder richtig Lust aufs Klavierüben, wenn ich es auch schon in manchen Dingen etwas zu romantisch/kitschig sehe. Vor allem glaube ich nicht, dass Vollblutmusiker so viele ausgearbeitete Bilder/Geschichten im Kopf brauchen für einen bewegenden Vortrag. Ich glaube als Musikerin, dass Musik auch emotionale Dinge ausdrücken kann, die über das Visuelle und Verbale hinaus gehen. Aber natürlich ist das auch dem Medium Buch geschuldet, das ja irgendwie einfangen soll, was an manchen Pianisten mehr fesselt als an anderen. Bücher müssen vielleicht dort Worte nutzen, wo in der Musik eigentlich Emotion direkt ausgelöst wird.
Insgesamt geht alles in dem Buch sehr gesittet und großzügig in der Konkurrenz zu. Ein paar Momente der Missgunst gibt es schon, aber sehr dezent. Ob dann aber beim Ausscheiden wirklich die Dankbarkeit dafür, dabei gewesen zu sein, überwiegt und nicht die Frustration nicht weitergekommen zu sein, bezweifle ich. Gerade bei den Kindern und Lehrern sehe ich z.B. bei Jugend musiziert schon oft die Enttäuschung, wenn die Punkte nicht so hoch sind dass es für ein Weiter reicht. Je stärker die Musiker, desto stärker auch der Frust. Wobei die Dankbarkeit vor allem bei denen, die nicht viel Erwarten ein Faktor ist.
    14. Zen Cho: Black Water Sister
In Malaysia spielender Geisterroman. Was ich wirklich mochte war, dass viel auf Manglish geschrieben ist. Ich konnte mir da richtig Stimmen von Menschen, denen ich in Malaysia begegnet bin vorstellen. Ansonsten ging es um Götter, Geister, Familie, Leid, und vor allem eine junge Frau, die in den USA aufgewachsen ist und sich mit ihren malaysischen Wurzeln auseinanderzusetzen muss, als ihre tote Großmutter sie „heimsucht“. Da es auf meiner Geburtsinsel spielt, kenne ich einige der Gegenden. Ein begleitendes Thema ist die Nicht-Heterosexualität der Protagonistin. Das Thema ist in Malaysia nicht einfach. Generell ist (war?) Homosexualität dort strafbar, weshalb ich mich fragte, in wie weit das Buch dort eigentlich verkauft werden darf.

Irian:
#23 Veronica Roth - Poster Girl

"Young Adult" mit dem Twist, dass die Protagonistin eine Persönlichkeit des gestürzten dystopischen Regimes war und lebenslang in nem Ghetto eingesperrt wurde. Leider bleibt es bei der Prämisse, die eigentlich ganz ok ist, ansonsten ist es halt YA, mit relativ wenig Spannung, mal von einer kurzen Szene zwischendurch abgesehen. Es ist halt YA mit nem leicht interessanten Anstrich und vieles, was man aus der Prämisse hätte machen können, bleibt völlig auf der Strecke, leider.

Menthir:
#13 Edgar Wallace - Der Frosch mit der Maske

Ich hatte in meinem Leben bisher keinen Wallace gelesen oder Verfilmungen dazu gesehen. Der Name sagt mir zweifelsohne auch etwas. Die popkulturelle Bedeutung ist mir bewusster als das Werk des Schriftstellers selbst.
Ich bin auch nicht wirklich der begeisterte Krimi- und/oder Thriller-Leser. Ich habe den einen oder anderen in meinem Leben gelesen, aber die wenigsten haben mich gefesselt oder haben sich tief bei mir eingebrannt, sodass ich weitestgehend erwartungsfrei an die Lektüre dieses Buches gegangen bin, welches bereits 1925 im Original erschienen ist. 1926 deutsche Erstveröffentlichung. Quasi zum 100. Geburtstag nochmal aufgelegt.

Und trotz des Alters muss ich zugeben: das Werk funktioniert. Das Tempo ist stakkatohaft. Die Gewalt ist oberflächlich beschrieben. Die Charaktere ergeben sich nicht aus den Beschreibungen, mehr aus ihren Handlungen. Das Werk schreitet in diesem schnellen Tempo dahin, und nimmt einen mit, streut aber durchgehend genug Hinweise, um miträtseln und tatsächlich auf die ein oder andere Art auch mitfiebern zu können. Die Thematik ist bisweilen etwas abgedreht, die Methoden und die Reaktionen auch. Die große Emotio streift das Werk nicht, es verwendet sehr stoisch und direkt, allerdings auch sehr erfolgreich seine Stereotype, und trotzdem funktioniert es.

Ich war schon ein wenig baff, weil der verwendete Stil durchgehend und konsistent ist. Die Auflösung des Buches ist befriedigend, und trotzdem schafft Wallace es, das zu erwartende mehrfach herauszuzögern und in Zweifel zu ziehen. Insgesamt also trotz 100 Jahren ein verblüffend flüssig zu lesender und tatsächlich guter Thriller. Es passiert nicht mehr häufig, dass ich 400 Seiten an einem Tag lese.

7,5 von 10 Punkten

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