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"Gottheit" vs. "Gott" u. a.
Carus:
--- Zitat von: manbehind am 4.05.2025 | 14:54 ---Moin! Eine Regionalbeschreibung gibt vor, dass eine bestimmte fremde Sprache kein Wort für "Gottheit" kennt.
Frage 1:
Würdet ihr dann auch automatisch davon ausgehen, dass die Sprache auch kein Wort für "Gott" kennt, weil beide Begriffe im RPG-Kontext quasi synonym verwendet werden?
In der betreffenden Kultur werden bestimmte Gottheiten sehr wohl verehrt. Sie hat nur keine Sprache für das allgemeine Konzept "Gottheit". Das führt dazu, das menschliche Besucher anderer Kulturen den Gedanken, dass es auch andere Gottheiten gibt, die woanders verehrt werden, nicht ausdrücken können bzw. dieser eben nicht verstanden wird, weil die Bedeutung von "Gottheit" unbekannt ist, damit es überhaupt im Plural gedacht werden kann.
--- Ende Zitat ---
Vielleicht sind ja einige theologische Überlegungen hilfreich :)
Joseph Ratzinger (sollte hier bekannt sein Benedikt XVI.) unterscheidet zwischen dem Gott der Philosophen und dem Gott des Glaubens. Mit dem Gott der Philosophen ist eher das abstrakte Prinzip gemeint, das rational erschlossen wird und jenseits von persönlicher Beziehung steht oder der Gott, der logisch hergeleitet wird. Philosophie meint hier die antike Philosophie, das Denken von Aristoteles oder Platon waren wichtige Bezugspunkte für das Frührichstentum. (Für Ratzinger waren Platon und Aristoteles mit ihrer Philosophie bereits der erste Schritt weg von Mythos und Polytheismus)
Der Gott des Glaubens ist dagegen der lebendige, persönliche Gott, der sich den Menschen offenbart, in der Geschichte handelt und der im Judentum und Christentum gesehen wird.
Ratzinger argumentiert, dass der christliche Gottesbegriff beide unterschiedliche Konzepte in sich vereint. In deinem Fall könnte man aber sagen, dass hier nur der Gott bzw. die Götter des Glaubens bekannt sind (wenn man «verehren» auch als eine persönliche Beziehung versteht) während der philosophische Gott als abstraktes Prinzip und Begriff nicht vorkommt. Das würde dann aber bedingen, dass diese Götter weniger gewisse Eigenschaften oder Konzepte repräsentieren, wie die antiken Götter, die gut auf Begriffe zu bringen sind. Sondern sich sehr konkret und lebendig offenbaren und sich die Gläubigen daher nicht bemüssigt sehen, Konzepte und Begriffe aufzustellen, um die Erfahrung zu bezeichnen.
manbehind:
--- Zitat von: JollyOrc am 5.05.2025 | 18:40 ---damit meine ich nicht "ich überzeuge Dich, dass es mehr als 8 von denen gibt", sondern "wenn es das Konzept von Acht gibt, kann man auch über das Konzept von 9, 10, etc. reden." Damit habe ich noch niemanden überzeugt, aber ich kann drüber reden. (was ja die Ausgangsherausforderung war: "wie rede ich mit den Leuten, wenn es das Wort für Gottheit nicht gibt")
--- Ende Zitat ---
Danke für die Klarstellung :)
Haukrinn:
--- Zitat von: manbehind am 5.05.2025 | 18:32 ---Es gibt keine alternativen Kulte. Alle anderen Religionen, ihre Vertreter und historische Zeugnisse über sie und mögliche vorherige Konflikte wurden nahezu vollständig ausradiert, so dass praktisch keinerlei Erinnerung an und keinerlei Wissen über sie existiert, ein Zustand, der nun seit mehreren Jahrtausenden andauert. (Es gibt diese Art von Wissen grundsätzlich noch, aber das ist entweder verborgen oder Geheimwissen, d. h. für die Charaktere zunächst nicht zugänglich.)
--- Ende Zitat ---
So eine totale Unterdrückung ist ja eigentlich nur mit einem soliden eisernen Vorhang möglich. Wenn Handel und Kunst, ja sogar Sprache dazwischen funken, wird daraus nichts. Außerdem denke ich, dass der Klerus da wirklich sehr, sehr gründlich vorgegangen sein muss und immer noch vorgeht. Das erfordert auch viel Unterstützung vom einfachen Volk. Vom Denunziantentum bis hin zur blinden Gefolgssamkeit.
--- Zitat ---Andere Religionen sind tatsächlich nicht bekannt, s. o.
--- Ende Zitat ---
S.o.
--- Zitat ---Grundsätzlich haben die allermeisten Menschen mit den Göttern kaum Berührungspunkte, sondern nur mit ihren Priestern, und deren Lehren geben her, dass es nur „acht“ gibt. Daher ist das Konzept innerweltlich auch ausreichend.
--- Ende Zitat ---
Das ist ja in Ordnung und macht die gesamte Struktur sehr "weltlich". Irgendwie klingt das für mich damit auch nicht so realitätsfern. Das ist quasi "nur" Nordkorea mit anderer Herrschaftslegitimation. Faktisch taucht dann aber Religion nicht wirklich in der Gleichung auf. Der Klerus ist dann einfach nur eine umdeklarierte Staatspartei und der Herrscher ist halt genau das.
--- Zitat ---Grundsätzlich schwingt für mich bei dem eigentlichen Problem immer die Frage mit, welche inneren definierenden Qualitäten „Gottheit“ eigentlich ausmacht und in welchem Maße Sterbliche das überhaupt erkennen und unterscheiden können. Wie Unterschiede dann sichtbar und vermittelt werden können, ist eine ganz andere Frage.
D. h. Menschen werden sich dann vermutlich eher an echten oder vermeintlichen äußeren oder indirekten Merkmalen abarbeiten, wie z. B. Anzahl und Macht der Priester o. ä. Schwierig. Vielleicht ist auch das ein Holzweg, aber das wären dann Ansätze oder auch Fragen, die Spieler stellen könnten.
--- Ende Zitat ---
Das hängt ja auch davon ab, wie Religion in der Spielwelt funktioniert. Wenn sich das am realweltlichen orientiert (siehe auch diesen wirklich fantastischen Fachbeitrag zum Polytheismus weiter oben), würde das Sinn ergeben. Aber dann haben andere Religionen da wahrscheinlich wirklich keine Chance. Die örtliche Religion hat durch die weltliche Exekutive das komplette Leben der "einfachen Leute" im Griff. Punkt. Eine "Revolution" wäre da wohl eher eine soziale als eine religiöse Geschichte. Wenn Religion in anderen Ländern eher so ein D&D-Zeug ist, und ein Kleriker von draußen einfach mal Wunden heilt oder Feuer vom Himmel regnen lässt, dann sieht das anders aus. Denn dann ist göttliche Macht für alle direkt erfahrbar. Und damit auch vergleichbar.
--- Zitat ---Es geht eher darum, sich hier in ein Weltbild hineinzudenken. Ok, aber vielleicht hätte ich dazu schon bei der Formulierung der Frage mehr Hintergrund liefern müssen (ich hatte angenommen, die Nennung der Grundprämisse reicht, damit sie angenommen und Implikationen diskutiert werden können) oder du hast recht und tatsächlich ist das nichts.
--- Ende Zitat ---
Na, so isoliert betrachtet als einzelner Aspekt ist das mit der Religion nichts. Kann aber halt was werden, wenn man die Perspektive auf die Kultur als Ganzes ausdehnt und das dann entsprechend miteinander in Verbindung bringt. Dann würde ich aber auch vermuten, dass die SC sich mit der Religionsfrage überhaupt nicht auseinander setzen müssen. Sondern damit, dass sie allumfassend in dieser Kultur immer und überall fehl am Platz sind. Und 99% aller ihnen wohl nur mit Furcht und Hass begegnen werden.
Zocat:
Ich persönlich würde einfach Vergleiche heranziehen.
"Es ist ein Wesen wie Zeus" oder falls "Zeus" keinen Namen hat "Es ist ein Wesen wie eines aus dem Pantheon/ wie eines welches ihr verehrt". Ob ich nun Gott/Wesen/Kreatur/Herrscher benutze oder abstrakter werde mit zB "Macht" oder gar "Etwas" ist denke ich egal. Solange ich den "Gott" in irgendeiner Weise referenzieren kann ist es möglich. Danach kann man evt Unterschiede herausarbeiten ("Es ist ein Wesen wie dein Pferd nur mit einem Horn auf der Stirn").
Das sollte für einen Dialog reichen, überzeugen, dass so ein Wesen auch existiert, ist natürlich etwas anderes.
unicum:
--- Zitat von: manbehind am 5.05.2025 | 18:32 ---Es gibt keine alternativen Kulte. Alle anderen Religionen, ihre Vertreter und historische Zeugnisse über sie und mögliche vorherige Konflikte wurden nahezu vollständig ausradiert, so dass praktisch keinerlei Erinnerung an und keinerlei Wissen über sie existiert, ein Zustand, der nun seit mehreren Jahrtausenden andauert. (Es gibt diese Art von Wissen grundsätzlich noch, aber das ist entweder verborgen oder Geheimwissen, d. h. für die Charaktere zunächst nicht zugänglich.)
--- Ende Zitat ---
Auf meinen wichtigsten Passuns bist du nicht konkret eingegangen. Du schreibst "Kulturbeschreibung" jezt liest es sich für mich als wäre es ein abgeschlossener Bereich mit 0 Kontakten nach "aussen". (was immer aussen auch ist) Denn mein Ansatz war eigentlich das sobald so eine Kultur sich mit einer anderen berührungspunkte hat es zu Austausch kommt. Austausch von Ideen, Wörtern und in guter Römischer Tradition auch mal Göttern.
Du bringst nun noch mehrere Jahrtausende ins Spiel. Schau mal was sich bei den wirklich Alten Religionen getan hat, das Christentum hat nun zweitausend Jahre auf dem Buckel. Aus der Römischen Kirchen sind einige Dinge rausgefallen hin bis zu kleinen Sekten - und ja das gab es eigentlich immer das ist nicht wirklich etwas neues. Der Islam als die neuste Buchreligion ist auch alles andere als einheitlich. Das Judentum - da kenn ich mich weniger aus.
--- Zitat von: manbehind am 5.05.2025 | 18:32 ---Was genau findest du woran verwirrend und warum?
--- Ende Zitat ---
Naja mit das erste was Menschen (*) machen wenn sie etwas neues sehen, erfahren, bla bla ist das sie dem ding einen Namen geben damit sie mit anderen darüber sprechen können. Neuste Beispiele sind etwa Dunkle Materie, Dunkle Energie - niemand weis was das eine oder andere ist (so wie das auch mit Gott niemand weis) aber es hat zumindest schon mal einen Namen.
* - also Menschen hier auf der Erde,... und vieleicht auch nicht alle. Manche kürzen auch einfach dinge ab und dann wird vieleicht UFO draus.
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