Autor Thema: Wann ist die "Realität" außerhalb der Spielgruppe verbindlich?  (Gelesen 864 mal)

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Offline Zed

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Innerhalb von einem Tag wurde in zwei unterschiedlichen Threads das gleiche Thema angesprochen:

Hm...da könnte man wieder nachhaken, ab wann ein "Ereignis" als "entstanden" gilt, und wie man die (böswillige?) "Absicht" nachweisen soll. Denn rein aus Spielersicht wird ein Ereignis ja erst dann überhaupt zu einem solchen, wenn die SL es verkündet, und das Interpretieren von Regeln und Würfelergebnissen und Herumwurschteln hinter dem Schirm (so sie einen verwendet) ist auch schlicht und ergreifend Teil ihrer Aufgabe -- damit kann sie es aber gar nicht "anders" kommunizieren als genau so, wie sie es tut, denn "vorher" war es ja noch gar keins. :think:

Wenn die SL würfelt, dann entsteht das Ereignis, den nach den Regeln hat der Wurf Konsequenzen. Falls die SL kein Ergebnis von Würfel will, braucht sie nicht würfeln.

Angenommen, Baranik bleibt als (scheinbarer?) Antagonist noch etwas länger leben, und irgendwann, beim großen Showdown, stellt er sich überraschend auf die Seite der Gruppe und gegen die Bestar, wie geil wäre das denn, dramaturgisch gesprochen?

Bei Schrödingers Katze ist das Gegenteil gleich wahr: Seine Gedankenexperiment-Katze ist tot und lebendig zugleich, und erst wenn es drauf ankommt (man nachsieht), fällt die Entscheidung, ob die Katze schon tot war oder nicht.

Ich habe in diesem Beitrag mal den Begriff "offen halten" genutzt. Aber genauer wäre, dass ich bei der "Durchdringung" der gespielten Welt einiges gerne und bewusst in einem "Schrödinger Katze"-Zustand halte. Das öffnet die Tür für gut improviserte und auch dramaturgisch interessante Reaktionen.

Schrödinger-Baranik "zugleich" als Feind der Gruppe und "zugleich" als Teil der Rebellion: Ist das nicht eine Art Betrug?
Ja, unter Umständen (die ich vermeide würde ich es Betrug nennen: Sobald eine der beiden Rollen Baraniks zur gespielten Realität geworden sind, ist die eine Rolle festgelegt. Konsistenz der gespielten Welt und so.
...
Solange aber können beide potentielle "Realitäten" wahr sein - und das ist dann kein "Betrug": Dass er für die Invasoren arbeitet oder dass er heimlich gegen die Invasoren arbeitet, und seine Taten im Sinne der Bestar nur seiner Tarnung dienen. Ob ein Schrödinger-Oger Betrug ist, hängt also davon ab, ab wo die Realität beginnt. Und für mich beginnt sie ab dem Moment, wo die Realität sich durch Ausspielen manifestiert hat.

Ich habe die Vermutung, dass Andere hier es simulationistischer sehen: Nämlich dass die Spielrealität parallel zur Spielgruppe existiert.

Das vermute ich ähnlich, teile den Standpunkt aber nicht. Aus meiner Sicht ist die "Spielrealität" schlicht ein geistiges Hilfskonstrukt, das durchaus seinen praktischen Nutzen hat (ohne "Unterlage" hinter der reinen Beschreibung an die Spieler hätte zumindest ich so meine organisatorischen Probleme im eigenen Hinterstübchen), sich aber nichtsdestoweniger vom Rest des Kopfes der SL nicht so weit trennen läßt, daß letztere sich auf einen reinen Vermittlerstatus o.ä. zurückziehen und berufen könnte -- die Spielwelt ist immer noch so, wie die SL selbst sie will, und wenn sich das für die SL mal anders anfühlt, dann liegt es vermutlich einfach daran, daß sie sich gerade in eine Ecke gedacht und noch keinen Ausweg aus dieser gefunden hat.

Was meint Ihr? Existiert für Dich eine Spiel"realität" außerhalb des Gespielten? Oder ist nur das verbindlich als "real" anzusehen, was auch ausgespielt wurde?

Offline KhornedBeef

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Natürlich existiert die Spielerealität abseits dessen, was bereits gespielt wurde. Es kann nur nie eine objektive Realität sein, solange die SL sich nicht 100% selbst darauf verpflichtet. Und selbst dann muss ja irgendwer Dinge interpretieren und evaluieren. D.h. ein kopfkino ist das,was dann zählt.
Letzteres ist in der OSR meist der Fall: Die SL macht es nach bestem Wissen und Gewissen so, nicht nach Gutdünken.
Für mich ist es so: die Realität ist da, auch unabhängig, aber ich habe sie an den nicht bespielten Stellen einfach gemacht, und ich kann sie ändern. Aber ich weiß dann, dass das ein Eingriff war, und kategorisiere es als solchen.
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 09:29 von KhornedBeef »
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Offline Issi

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Ich hoffe, dass ich verstanden habe, worauf es  hinaus soll.
Würde sagen, dass ich als SL Ingame Realitäten anbiete, "gekauft " werden sie aber erst, wenn die Gruppe sie als "wahr" akzeptiert hat.

Wenn jetzt einer am Tisch sagen würde: "Echt jetzt?"
 (Oder ähnliches), müsste man diese Wahrheit neu verhandeln.

Das gilt bei Beschreibungen, Handlungen aber natürlich auch bei Würfelergebnissen oder Charakterwerten.*

* A la "Was der Typ ist immer noch fit? Das kann doch gar nicht sein." Und ähnliches.

Edit.
Das gilt auch für "Realitäten", von denen die Gruppe  offiziell nichts weiß.
Sie muss von allen erst als "wahr" akzeptiert werden, bevor sie alle als existent ansehen.

Davor sind sie ein Traum, (m)ein Gedankenkonstrukt.
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 09:22 von Issi »

Offline Boba Fett

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Ich sehe das simulationistisch. Die Spielwelt existiert und hat Handlungen und Entwicklungen auch ausserhalb der Wahrnehmung der Charaktere.
Die Handlungen der Charaktere kann sich darauf auswirken.

Allerdings überlege ich mir als SpL nur grob, was jenseits des Wahrnehmungs-Horizontes der Spieler-Charaktere passiert und meist im Detail nur retrospektiv, wenn es in die Nähe des Horizontes gelangt. Ich dichte definiertes aber noch nicht wahrgenommenes allerdings nicht nachträglich um, nur weil mir das irgendeine Szenerie oder ein Abenteuer ermöglicht.
Wenn der Drache die Prinzessin gestern gefressen hat, ist sie tot, auch wenn die Charaktere das nicht wahrnahmen und es jetzt ein tolles Abenteuer mit Prinzessinnen-Rettung geben könnte.
Am Ende von Abenteuern oder Kampagnen haben wir nicht selten noch "Was Eure Charaktere nicht sahen, ..." Gespräche. Die werden von den Mitspielenden auch interessiert aufgenommen.
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 09:21 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline aikar

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Würde sagen, dass ich als SL Ingame Realitäten anbiete, "gekauft " werden sie aber erst, wenn die Gruppe sie als "wahr" akzeptiert hat.

Wenn jetzt einer am Tisch sagen würde: "Echt jetzt?"
 (Oder ähnliches), müsste man diese Wahrheit neu verhandeln.
Das sehe ich für mich ähnlich. Wie stark definiert das "Angebot" ist, hängt von der Kampagne/System ab. Bei manchen Runden (vor allem PbtA und Turbo Fate, aber z.T. auch Beyond the Wall und Mutant Jahr 0) entsteht die Welt fast komplett spontan, oft auch unter starker Einbindung von Spieler-Ideen. Bei anderen (z.B. Wildermark in Aventurien oder Vampire) habe ich ein starkes Bild der sich auch von den SC unabhängig entwickelnden Welt und Situation. Selbst in diesem Fall bin ich aber bereit, meine Vorstellung kurzfristig umzuwerfen, zugunsten einer cooleren Idee (von mir oder den Spielenden), die genauso viel oder mehr Sinn macht. Und bitte brecht jetzt nicht die nächste "Schummel"-Diskussion vom Zaun.
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 09:26 von aikar »
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Offline unicum

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Was meint Ihr? Existiert für Dich eine Spiel"realität" außerhalb des Gespielten? Oder ist nur das verbindlich als "real" anzusehen, was auch ausgespielt wurde?

Ganz klar: Ja.

Exemplarisch: die Gravitation wirkt auch ohne das die Spielfiguren hinschauen oder die SL es berschreibt. Werfen die Spielfiguren eine Leiche aus einem Hochhaus wird sie unten aufschlagen, das muss eigentlich nicht ausgesprochen werden, nur eben wenn es nicht passiert - und die Spielfiguren eine Chance haben es mitzubekommen.

Du bringst ja Schrödinger immer wieder mal - tatsache ist aber eben auch das es bei Schrödingers Katze irgenwann mal egal ist. Sie ist dann mit exorbitant hoher wahrscheinlichkeit in einem definiertem Zustand. Das Ganze Gedankenexperiment von Raidoaktivem Zerfall ist ein Experiment mit der Zeit. Stecke ich die Katze rein und schau 1 sekunde danach wieder in die Kiste ist die Chance das sie noch lebt exorbitant hoch, tue ich es nach 1 Monat ist die Chance das sie noch lebt faktisch bei 0 (Ohne Wasser, Luft und Futter), nach 100 Jahren....

"realität" entseht erst dann wenn eine Entscheidung getroffen wurde. (Abseitz davon das sich das auch ändern könnte) Wenn die Spieler etwa einer Mafiafamilie ans Bein gepisst haben und die SL sich überlegt wie diese darauf reagiert und dann eine Entscheidung trifft das die Mafia zu einem gewissen zeitpunkt auch das Lager der Spieler angreift. Dann ist das für den SL auch schon real solange es nicht kommuniziert wurde - für die Spieler ist es aber das noch nicht, es ist aber eben etwas mit dem sie (eigentlich) rechnen sollten, es ist also in einem Quantenzustand. Sie wissen (/vermuten) aber "es wird passieren (wenn wir nichts dagegen tun)", aber sie kennen nicht die Zeit (und den Ort, und die Art,...).

Sicher ich kann als Spielleitung die Realität verändern solange sie noch nicht bei den Spielern angekommen ist. Manchmal gibt es gute Gründe dafür (coolness, bessere Idee, etc.) aber man sollte da vorsichtig sein um kein Paradox zu verursachen (Kaufabenteuer etwa, etwas geändert und schwupps kommt es zu komplikationen).
Nehmen wir mal die Spieler als Ermittler in einem Kriminalfall. (Ja ich weis da gibt es auch andere herangehensweisen das es eben noch nicht feststeht wer der Mörder ist, wie  und warum und weshalb, das mal aussen vor) Es steht also für den SL schon fest was realität ist, wer der Mörder ist, wo er hinging (nur dort gibt es spuren) und für die Spieler ist es die Sache diese herauszufinden.
Alternativ: Ein Heist abenteuer, es ist definiert Wo und Wann das Objekt das es zu klauen gilt liegt und wie es gesichtert ist.

Schlussendlich ist bei einem Kaufabenteuer erstmal alles "ausserhalb der Spielgruppe" definiert, klar kann das die SL immer noch vor dem Spiel anpassen.

Banal: Fallen in einem Dungeon.

Du hast also verschiedene Realitäten.
Die erste ist meinetwegen die Realität des Autors des Abenteuers (kann ja auch der SL sein) in dem Moment wo er es niederschreibt ist seine Realität klar. Dann die Realität im Kopf des SLs,... und schliesslich, nachdem der SL es kommuniziert hat auch bei den Spielern.

Will mal sagen: Schrödingers Katze weis sehr genau ob sie noch lebt oder nicht.

Offline KhornedBeef

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Vielleicht sollten wir "Quanten-" auf die Dinge beschränken wo es passt: bei denen eine Entscheidung der SC das Ergebnis einer Realitätsevaluation beeinflusst, obwohl es "klassisch" / in der Spielrealität keine Kausalität dazwischen gibt. (Zwei Wege, Spieler entscheiden sich für Weg A, dadurch befindet sich auch der Quantenoger auf Weg A (Die SL hat sozusagen eine Verschränkung festgelegt)).
Das andere ist ja eher ein statistischer Oger: Aufgrund der Informationen der SC ist nicht sicher , wo er auftaucht, aber sie verändern den Fakt auch nicht
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Offline 1of3

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SLs gibts nicht. Jedenfalls nicht auf der Ebene. SL ist eine Sammlung von Verantwortlichkeiten, die sich von Spiel zu Spiel ändert und komplett fehlen kann. Es macht also für eine theoretische Betrachtung von Rollenspiel an sich keinen Sinn über SLs zu reden.

Eine Spielgruppe hat daher immer Gleichzeitigkeit mehrer Spielrealitäten, nämlich was in den Köpfen der einzelnen Leute ist. Wir können uns jetzt etwas vorstellen, was die Schnittmenge über diese Spielrealitäten bildet. Also eine gemeinsame Spielrealität.

Beim Rollenspiel verwenden Leute verschiedene Techniken, um diese Schnittmenge zu vereinbaren. Zum Beispiel darf ich üblicher Weise sagen, dass mein Charakter blond ist, und das werden alle als Teil dieser Schnittmenge akzeptieren.

Wenn wir sagen die "Spielrealität außerhalb der Spielgruppe" dann heißt das etwas anderes und deutet ein gewisses Mittel zur Aushandlung dieser Schnittmenge an. Vielleicht lesen wir im Buch nach, das vor unserer Runde da war. Oder jemand hat spezielle Kompetenz dieses Außerhalb zu erläutern, nennen wir das mal "SL". Vielleicht hat eine Gruppe in der selben Kampagnenwelt, den Dungeon ausgeräumt, sagt das gemeinsame Wiki. Oder eben mein Charakter, meine Haarfarbe. Es ist jedenfalls unklar, was die Gruppe genau tut, um jenes Außerhalb für ihre gemeinsame Vorstellung zu aktualisieren. Deshalb ist die Wortwahl nicht besonders nützlich.
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 10:30 von 1of3 »

Offline Eleazar

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Ich sehe den Knackpunkt an ganz anderer Stelle:
Definiert sich der SL als "allwissender" Erzähler oder nicht. Allwissend steht in "", da ja zumindest die Spieler und die Handlungen der Spielfiguren (weitgehend) außerhalb der Kontrolle des SLs liegen. Sonst wäre die einzige Möglichkeit extremes Railroading, in dem die Spieler am Faden vorbestimmt durchs Abenteuer gezögen würden.

Aber auch darüber hinaus: Weiß ich als SL alles, was in der Spielwelt geschieht und habe ich alles durchdacht, festgelegt und vorbereitet? Gibt es eigentlich immer eine feste Timeline? Stehen die Handlungen der NSC vorab fest? Wird gewürfelt? Wird improvisiert? Andererseits: Leben meine Abenteuer von einer guten, umfassenden, detaillierten Vorbereitung?

Im Prinzip kann man alles bejaen und zugleich verneinen. Wahrscheinlich sind die Pole beide unspielbar und man kann und muss den Regler während des Abenteuer hin und her schieben.

Ich gehe davon aus, dass die Handlungen der Spielfiguren in der Spielwelt relevant sind. Sie sind die Helden und die Abenteurer. Um sie herum dreht sich die Welt. Ich gehe davon aus, dass die Spieler spannende Spielabende erleben wollen und nicht nach Feierabend noch mal einen realistischen, normalen Alltag.

Insofern steht mein Regler nicht in der Mitte, sondern auf der Seite, dass die Spieler und Spielfiguren den Ausgang des Abenteuers, Spielabends maßgeblich bestimmen. Natürlich bereite ich vor und mache mir Gedanken, aber auch schon die mit dem Focus einer auf die Spielfiguren zugeschnittenen Realität.

Insofern muss ich vorher gar nicht großartig wissen, was die Realität ist. Und wenn man die Kiste öffnet, dann lebt die Katze oder sie ist tot, je nachdem, was das Beste fürs Abenteuer ist.

Und bevor das jetzt gedacht wird: Das Abenteuer muss weitergehen! Es muss weiter spannend bleiben.

Aber das schließt nicht aus, dass es Wendungen gibt, die meine Dramaturgie kippen. Legendär ist ein Abenteuer, in dem die Gruppe durch einen Geheimgang direkt im Altarraum des Chaostempels auftauchte und in der erste Kampfrunde den Erzbösewicht tötete. Und dann wurde sich erst um die stattliche Zahl seiner Beschützer gekümmert.

Ist der Erbösewicht tot, dann muss am nächsten Abend eine andere Herausforderung auftauchen.

Offline Maarzan

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Das wird man wieder vom Spielstil abhängig machen müssen.
Bei einem gemeinsamen Erzählspiel wird das eher spontan und gleichberechtigt in den Raum geworfen und entsteht erst in dem Moment der Äußerung, bei einer Trailblazing-Erzählfahrt hat der SL da oft quasi alles außer ein wenig Color in den Details inkl. kommende Szenen schon festgelegt.
Andere Stile liegen natürlich noch zwischen den Extremen.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Zed

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Das wird man wieder vom Spielstil abhängig machen müssen.

Richtig!

Darum würde ich die Frage ergänzen wollen:

Wie ist es in Deiner Hauptspielrunde?

Offline nobody@home

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Ich bleibe einstweilen dabei, daß es eine eigene "Spielrealität" außerhalb der Köpfe (und ggf. Notizen) der Gruppe so nicht gibt. Klassisches Charaktertod-Beispiel: Wenn ein geeignet motivierter NSC sich entscheidet, einen wehrlosen Spielercharakter kurzerhand zu exekutieren, und das dann auch durchzieht, dann steckt hinter dieser Entscheidung immer noch jemand am Tisch selbst (klassischerweise, wenn auch nicht zwingend, die SL), nicht der NSC selbst als plötzlich auf magische Weise eigenständig real existierende Person. Dabei ändert sich am Prinzip auch dann nichts, wenn die Entscheidung so logisch und plausibel herüberkommt, daß alle am Tisch nur zustimmend nicken ("Ja, das ist <X> und gerade ist <Y> passiert, da macht der das natürlich!") -- das heißt dann eben nur, daß alle damit auch einverstanden sind, und demonstriert gerade dadurch die Abhängigkeit dieser postulierten "Realität" vom freien Willen aller Beteiligten zum Mitmachen noch einmal recht schön. :)

Nachtrag: "Verbindlich" wird diese Form von Realität demgemäß erst, wenn alle sie auch akzeptiert haben. Im klassischen SL-und-Spieler-Modus wird das oft die meiste Zeit auf "Wenn die SL sie präsentiert hat, ohne daß ein spontaner Proteststurm entbrannt ist" hinauslaufen, was erfahrungsgemäß ca. 98+% der Zeit schon ganz gut und praktisch wie von selbst funktioniert -- das unter anderem auch, weil die Spieler ja normalerweise gar kein besonderes Interesse daran haben, der Spielwelt ständig kritisch auf den Zahn zu fühlen, und es also einiges an Dissonanz braucht, um sie doch mal aufzuschrecken. Nichtsdestoweniger würde ich zwischen diesem Szenario und einem Konzept wie "Alles, was die SL so an Vorbereitung und -annahmen mitbringt, ist automatisch verbindlich und die Spieler haben das eben hinzunehmen" doch unterscheiden wollen.
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 11:07 von nobody@home »

Online gunware

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Will mal sagen: Schrödingers Katze weis sehr genau ob sie noch lebt oder nicht.
Perfekt.

Ich teile es ungefähr so auf:

Die Realität-die-sein-kann: die Vorbereitung (IReal)
Die gespielte Realität: alles, was am Tisch passiert (GReal)
Die erspielte Realität: was wirklich war, inkl. Retcons und Korrekturen (SReal)
Die vorhandene Realität: zusätzlich noch warauf die Wahrnehmung nicht gelegt wurde (Real)

(in meinem Kopf war es zwar nie so strukturiert, aber es funktioniert bei mir auf diese Weise, die Abkürzungen gerade erdacht, um zu erklären, was ich damit meine)

IReal: das Lesen oder Erdenken des Abenteuers; Vorbereitung der Materialien; Regel veriffizieren, die in manchen Situationen zum Tragen kommen; NPC Motivationen, Aufgaben, Gefühlsleben dh. was sie antreibt; nach Schwachstellen und Widersprüchen abklopfen und deren Handhabung; usw.
Hier werden die Strukturen der möglichen Realität festgelegt, aber es ist alles noch in einem unklaren Zustand, bis auf den Anfangszustand, wenn die Charaktere "die Bühne betreten", das ist der Ankerpunkt. Das ist zu diesem Zeitpunkt, der einzige Punkt, der Real ist.

GReal wir fangen an zu spielen, die Charaktere bringen ihre Vorgeschichte mit, die Charaktere reagieren mit der Welt und den NPCs, es passiert viel. Die Realität wird "erschaffen".

SReal hier wird die Realität festgelegt. Fast bei GReal von dem Spielenden keine Widersprüche entdeckt werden ("hey, SL, warum beschreibst du, dass wir talwärts am Bach entlang gehen, wenn wir zu der Quelle wollen?"), Festellung eines Regelverstoßes, der zu viel Einfluss hätte und die Regelung muss besprochen werden, Korrekturen der Geschichte, die sich in eine Richtung entwickelt, die nicht der vorherigen OFF-Absprache entspricht (wir haben ja gesagt, dass meinem XY nie dieses passieren wird), u.ä. Hier wurde der Anteil von Real festgelegt, wie die Spieler die Realität erfahren haben.

Real hier kommt dann alles zusammen. Der Anteil von dem erspielten Real, der Metaplot, der sich im Hintergrund der Welt abspielt, auch wenn keiner der Spielenden während des Spiels es im Fokus hatte und auch alles andere, was während des Spiels nicht angesprochen und außerhalb der Wahrnehmung war. (Bauern haben die Kühe gemolken usw.) Aber für das normale Spielen sind die Anteile von SReal im Verbindung mit Metaplot die wichtigsten Punkte, die im Real eine Rolle spielen. Falls alles andere im "Schrödingers Katzen-Zustand" bleibt, hat zu diesem Zeitpunkt quasi keine Relevanz.

Während des Spielens schwankt zwangsläufig der IReal Anteil, je nachdem, wie viel vorbereitet wurde, was die  Charaktere unternehmen und wie viel Improvisation die SL reinsteckt. Und je nach Spielstil, ist die Grenze zwischen IReal und GReal leicht verschoben. Plump gesprochen, die Schienen in Railroading befinden sich in IReal und die Schnittstelle zu GReal ist dadurch eingeschränkt.

Und um die Frage zu beantworten: alles, was ich als Real bezeichnet habe, ist für mich verbindlich. Aber wie man sieht, kommt die Verbindlichkeit ziemlich spät ins Spiel (pun intended).
Ich bin der letzte Schrei der Evolution, als sie mich erschaffen hatte, schrie sie: "Oh Gott, was habe ich denn gemacht?!"

Offline 1of3

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Wie ist es in Deiner Hauptspielrunde?

Hab ich nich.

Ich spiele gerade in einer online Westmarch-Kampagne mit. Da gibts ein gemeinsames Format wie nach einer Session Infos für die Allgemeinheit zu dokumentieren sind. Es gibt auch gemeinsame Clocks. Die grobe Welt wurde vorher durch Abstimmung zusammengewürfelt. Spielys haben für ihre Charaktere Orte, Ereignisse oder Organisationen hinzuerfunden.

Ich leite eine Runde, die auch irgendwie Fantasy ist. Und ich habe keine Ahnung, der Rest der Gruppe hat keine Ahnung. Wir machen irgendwie. Geringer Aufwand. Alle zufrieden.

Ich jüngst Masks geleitet in einem Oneshot. Da habe ich Figuren aus anderen Runden wiederverwendet. Nur sind die teilweise anders geartet als zuletzt. Also so ein bisschen wie verschiedene Figuren von DC oder Marvel. Der Rest der Gruppe hat davon nichts mitbekommen.

Ebenso habe ich jüngst bei einer Runde Cthulhu Modern mitgespielt. Der SL hat mehrfach betont, es sei kein Cthulhu, nur irgendwie Horror. Ich konnte keinen Unterschied erkennen.

Offline manbehind

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Was meint Ihr? Existiert für Dich eine Spiel"realität" außerhalb des Gespielten? Oder ist nur das verbindlich als "real" anzusehen, was auch ausgespielt wurde?
Das, was in der Welt - ich nenne es mal: - Erfahrungsgegenstand wurde, ist imo "Lore" und damit real. Alles andere sind Möglichkeiten. Diesen Möglichkeiten kann man Realitätscharakter zuschreiben, muss man aber nicht.

Dagegen ließe sich einwenden, dass es Spieltatsachen mit Realitätscharakter gibt, die unabhängig von der direkten Erfahrung durch die Gruppe existieren. Darauf würde ich antworten: Das kann sein, ist aber für das Spiel irrelevant. Es wird erst dann relevant, wenn es zum Erfahrungsgegenstand wurde.

Offline Haukrinn

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Ja, neben dem Gespielten ist ja in aller Regel auch Konsenswissen Teil der Realität. Wenn Trolle grün sind und Elfen doofe Ohren haben und dem niemand widerspricht, dann muss man das wohl nicht ausspielen.
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Offline KhornedBeef

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Ja, neben dem Gespielten ist ja in aller Regel auch Konsenswissen Teil der Realität. Wenn Trolle grün sind und Elfen doofe Ohren haben und dem niemand widerspricht, dann muss man das wohl nicht ausspielen.
Dies, oben wurde ja auch das Beispiel Schwerkraft genannt. Wenn ich in der Spielwelt sinnvoll handeln will, müssen permanent nicht nur erspielte oder von der SL fürs Abenteuer/Kampagne vorbereitete Sachen, sondern explizite ("Es ist eine Fantasywelt, aber Elfen sind weird wie in Talislanta und Menschen sind die Bösen wie Orks") und implizite (Schwerkraft, Luftatmung, Bäume haben Wurzeln, etc.) Informationen genutzt werden.
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Offline Tudor the Traveller

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Ja, neben dem Gespielten ist ja in aller Regel auch Konsenswissen Teil der Realität. Wenn Trolle grün sind und Elfen doofe Ohren haben und dem niemand widerspricht, dann muss man das wohl nicht ausspielen.

Inwiefern ist das dann "außerhalb"? Wenn es Konsens ist, ist es doch schon in der Gruppe, imo. Es mag im Spiel nicht relevant geworden sein, aber es ist als expliziter Teil der Kulisse im Spiel.
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Offline Haukrinn

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Was ist dann überhaupt außerhalb und ist außerhalb dann überhaupt sinnig? Die Realität der Spielwelt existiert außerhalb der Relevanz und Wahrnehmung der Spielgruppe ja überhaupt nicht. Selbst wenn ich als Individuum Dinge zum Spiel im Kopf habe, die andere noch nicht wissen, dann hat das ja keine Verbindlichkeit.
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Offline Paßwächter

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Die Realität der Spielwelt existiert außerhalb der Relevanz und Wahrnehmung der Spielgruppe ja überhaupt nicht.
Tut sie das nicht etwa in Form von Spielweltbeschreibungen?

Offline Tudor the Traveller

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Was ist dann überhaupt außerhalb und ist außerhalb dann überhaupt sinnig? Die Realität der Spielwelt existiert außerhalb der Relevanz und Wahrnehmung der Spielgruppe ja überhaupt nicht. Selbst wenn ich als Individuum Dinge zum Spiel im Kopf habe, die andere noch nicht wissen, dann hat das ja keine Verbindlichkeit.

Ich vermute, in meinen Augen gibt es dann keine. Passt für mich.
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Offline Zed

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Die Realität der Spielwelt existiert außerhalb der Relevanz und Wahrnehmung der Spielgruppe ja überhaupt nicht. Selbst wenn ich als Individuum Dinge zum Spiel im Kopf habe, die andere noch nicht wissen, dann hat das ja keine Verbindlichkeit.

Hier ist zwar noch niemand von ihnen aufgeschlagen, aber ich hatte in den letzten Wochen gelesen, dass Einigen wichtig ist, dass die Welt außerhalb der Gruppe "selbständig weiterläuft" (<- meine Paraphrasierung), nach dem Motto: "Wenn die Gruppe links abbiegt und die Katastrophe rechts aufzuhalten gewesen wäre, dann findet die Katastrophe halt statt."

Will mal sagen: Schrödingers Katze weis sehr genau ob sie noch lebt oder nicht.

Wenn ich die Kopenhagener Deutung des Gedankenexperiments richtig erinnere, wird im Moment der Messung bestimmt, ob die Katze schon gestorben  i s t. Bis zur Messung existiert sie in beiden Möglichkeiten, schon verstorben und noch lebendig.

Übertragen aufs Rollenspiel meine ich, dass bis zum Moment des Ausspielens ebenso zwei (oder mehr) Möglichkeiten des Vergangenen, aber noch nicht Ausgespielten, existieren.

(Erfundenes) Beispiel, das mir selten, aber ähnlich passiert ist:
Meine Gruppe brütete über einem strategischen Puzzle, und kam auf die Lösung. Das klang dann so:

"Ah, jetzt ergibt es Sinn, so passt alles zusammen. Beim ersten Mal haben wir dem Oberbösewicht in die Suppe gespuckt, ohne seinen Plan gekannt zu haben. Der hat sich dann diese Bedrohung ausgedacht, die wir gerade erledigt haben. Nun haben wir seinen Plan zum zweiten Mal durchkreuzt, ohne das bisher realisiert zu haben."

Ich als SL freue mich, dass alles so gut aufgegangen ist.

"Moment", sagt ein anderer Spielender "aber warum gerade hier? Das ist doch viel zu kompliziert so. Hätte der Oberbösewicht es bei sich vor Ort gemacht, wäre doch alles viel einfacher für ihn gewesen!"

Ich als SL denke mir in dem Moment: Mist, da haben sie Recht. Einen richtig guten innerweltlichen Grund für diesen Ort gibt es eigentlich nicht, ich hatte halt die im Internet gefundene Battlemap super cool gefunden. Aber es stimmt: Die Begegnung eben wäre an dem anderen Ort viel konsistenter gewesen.

Da greift ein anderer Spielender ein: "Nein, der wird sich was dabei gedacht haben, den Konflikt hierher zu legen. Denkt doch mal nach: Keine Zeugen, niemand kann uns hier zu Hilfe eilen. Hier hat er uns auf dem Präsentierteller, und schon runtergekämpft sind wir auch, so will er uns haben!"

Ich als SL denke: Verdammt, das stimmt. Hier  i s t  der richtige Ort für einen guten Hinterhalt.

Ja, ich habe an dieser Stelle den Bösewicht auftreten lassen, damit er seinen "lange geplanten" Schrödinger-Hinterhalt endlich auskämpfen kann.

Dabei hatte ich das Gefühl, die Teile der Geschichte, wie wir sie bis hierher gespielt und erzählt haben, die Konsistenz besser abbildeten als meine Vorstellung. Überspitzt gesagt: Nicht meine Gruppe brachte mich auf die Idee, dass jetzt ein Hinterhalt folgen sollte, sondern meine Gruppe hat entdeckt, dass der wahrscheinlichste Fortgang der Hinterhalt sein muss.

Offline Haukrinn

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Tut sie das nicht etwa in Form von Spielweltbeschreibungen?

Nö, solange die Gruppe diese nicht annimmt ist das eine Spielweltrealität, aber nicht die der Gruppe. Wenn es in FR Drow gibt und die Gruppe will die nicht in der Kampagne, dann ist das offenbar keine verbindliche Info.

Hier ist zwar noch niemand von ihnen aufgeschlagen, aber ich hatte in den letzten Wochen gelesen, dass Einigen wichtig ist, dass die Welt außerhalb der Gruppe "selbständig weiterläuft" (<- meine Paraphrasierung), nach dem Motto: "Wenn die Gruppe links abbiegt und die Katastrophe rechts aufzuhalten gewesen wäre, dann findet die Katastrophe halt statt."

Ja, Metaplot, Handlungsmaschine, wie immer man das auch nennen will. Das sehe ich nicht als Konzept, was mit dem Gruppenkonsens und dem gemeinsam Vorstellungsraum konkurriert, sondern allein aus diesem entsteht. Wenn für die Kampagne die Königreiche Mampf, Krampf und Pumpf relevant sind (Gruppenrealität) und die natürlich untereinander spinnefeind sind (Gruppenrealität), dann wäre es höchst seltsam, wenn die statisch blieben, bis die Gruppe sie im Spiel antitscht. Das ist ja eigentlich das, was ich in meinem ersten Post meinte: ist es Teil des (auch unausgesprochenen) Gruppenkonsens, dann ist es Teil der Gruppenrealität und auch verbindlich.
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Offline gilborn

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Wieder mal ein schöner Strang :)

Für mich ist erstmal nur verbindlich real was am Spieltisch stattgefunden hat.


Ein paar einigermaßen unsortierte Gedanken dazu:

  • Der SL sitzt auf einer gewissen Ebene immer hinter einem Spielleiterschirm, ob er will oder nicht -und wenn es nur ein gedanklicher Spielleiterschirm ist. Er kann das äquivalent zum offenen Würfeln hier nicht machen.
  • Die Welt abseits vom Spieltisch gibt es im klassischen Rollenspiel erstmal nur in Gedanken beim SL. Er kann folglich auch festsetzen, was Fakt ist und was nicht.
  • Der SL kann entscheiden, was "Schrödinger"-mäßig undefiniert ist, und was er für sich determinieren will.
  • Er hat eigentlich keinen größeren Grund, etwas näher zu determinieren. Folgende Ausnahmen sind mir eingefallen:
    • Das, was am Spieltisch passiert ist, setzt einigermaßen zwingend eine Kausalkette in Gang, so dass es außerhalb des Spieltisches Auswirkungen zeigt. Der SL ist gut beraten es an dieser Stelle auch dementsprechend zu determinieren, da sonst die Plausibilität der Welt nicht gewahrt wird.
    • Das, was am Spieltisch von den Spielern gemacht worden ist, soll Konsequenzen haben. Der SL entscheidet zum Beispiel: "Die zeitliche Dringlichkeit wurde von mir deutlich gemacht, die SCs sind trotzdem erstmal gemütlich Heiltränke & Ausrüstung besorgen gegangen, ergo: Die "Damsel" wurd unrettbar zu Tode "distressed". Die Kausalität muss hier nicht so zwingend sein wie im Punkt oben, aber man will, dass das was die SCs anschubsen, Konsequenzen zeigt, da dies für die Spieler befriedigend ist.
    • Für seine Handlungsmaschine sollte der SL sich überlegen, wie die verschiedenen Parteien (re)agieren. Dafür muss er ein paar Fakten schaffen, damit diese ihre Handlungen mit guter Entscheidungsgrundlage treffen. Sprich: Im Hintergrund geschehen ausreichend komplexe Dinge, die zu kompliziert werden, um sie sich fürs Improvisieren offen zu halten.
    • Auch Dinge wie z.B. ein Dungeon würde vermutlich für die meisten als zu Komplex zum Improvisieren eingestuft werden, deshalb wird das vorher Determiniert. Außer: einzelne Elemente darin wiederum...
    • ...will der SL vielleicht dennoch bestimmen, damit es nicht beliebig wird. Damit die Spieler auch merken, dass die Welt Ecken und Kanten hat und sich nicht (komplett) nach ihnen ausrichtet. Sie müssen sich etwas anstrengen, damit sie Handlungswirksam sind, die Welt dreht sich, zumindest Ingame, nicht (nur) um sie. Für mich deshalb wichtig, damit die Welt als lebendig wahrgenommen wird.
    • Der SL will interessante Sachen so determinieren, damit es auf den Spieltisch kommt, indem es relevant für die Spieler wird. Was nützt die schönste Geschichte, wenn sie niemand mitkriegt? Dieser Punkt hat was von: "Die PS auf die Straße bringen."
    • Der SL bestimmt bestimmte Dinge, damit das Abenteuer nicht in einer Sackgasse endet.

Davon abgesehen will ich einfach nochmal Johanns Anekdote hier einstellen, einfach weil es so schön zum Thema passt:
Da gab's vor Jahren im Internet mal eine verrückte Story von so einem Vorfall: Die Spieler sind aus der Spielrunde ausgestiegen und die Spielleitung hat wutentbrannt verkündet, was sie jetzt mit ihren Charakteren in ihrer Welt alles machen werde.

 :gaga:  :gaga:  :gaga:
An diesem amüsanten Beispiel, sieht man sehr schön, dass ohne die Spieler erstmal nichts Realität wird.
Außer man führt ein Multiversum ein ;)
« Letzte Änderung: 23.05.2025 | 15:20 von gilborn »

Offline unicum

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Hier ist zwar noch niemand von ihnen aufgeschlagen, aber ich hatte in den letzten Wochen gelesen, dass Einigen wichtig ist, dass die Welt außerhalb der Gruppe "selbständig weiterläuft" (<- meine Paraphrasierung), nach dem Motto: "Wenn die Gruppe links abbiegt und die Katastrophe rechts aufzuhalten gewesen wäre, dann findet die Katastrophe halt statt."

Hm eigentlich meinte ich das ich dies oben schon so angedeutet habe.

Sage ich im Rollenspiel "meine Figur wirft die Leiche aus dem fenster" dann erwarte ich das sie runterfällt auch wenn der SL nichts sagt, und ich erwarte das er etwas sagt wenn es anderst ist und meine Figur das mitbekommt.

Also ja die Leiche fällt nach unten - ob ich zuschaue oder nicht.

Alternativ - was mir leztens auf einem Con passiert ist: Eine Stadtwache kommt zu den Spielfiguren welche als Externe Spezialisten angeworben wurden. "Wir haben eine neue Leiche gefunden" - "Ist okay schauen wir uns morgen an." - am näcshten Morgen gehen sie dann hin und ich gebe ihnen das Handout einen Zettel auf dem eine Adresse steht. Sie gehen zur Adresse und dort steht die Stadtwache mit der Feuerwehr und halten Brandwache bei dem abgebrannten Haus. Das in der Nacht abgebrannt ist (wo die Spielfiguren anderes taten).

Ja ich hab natürlich es anderst vorbereitet aber es ist jezt nicht so das die Spieler in der Zeit nicht etwas anderes getan haben. Aber ja die NSCs handeln bei mir eben auch - im Rahmen ihres Wissens und ihrer Möglichkeiten.

Wenn ich die Kopenhagener Deutung des Gedankenexperiments richtig erinnere, wird im Moment der Messung bestimmt, ob die Katze schon gestorben  i s t. Bis zur Messung existiert sie in beiden Möglichkeiten, schon verstorben und noch lebendig.

Für die Katze nicht. Das Katzenbeispiel ist für mich auch reichlich dumm an der Stelle. Da ich bei einer Katze feststellen kann - Sie lebt, sie ist seit kurzem tod oder seit längerem,... das kann ich bei einem Radionukleidzerfall eben nicht. Ich kann sehen "Oh das Uran ist zerfallen" aber nicht mal im Ansatz abschätzen wann das passiert ist im Gegensatz dazu: "Die Katze ist ja noch warm, kann noch nicht so lange her sein".

Einerei, ich finde diese Aufgliederung in verschiedene Arten der Realität wie Gunware es oben schreibt recht gut.

Wobei ich auch tatsächlich ein einziges Mal es erlebt habe das eine Spielgruppe meinte "Wir haben leztes mal reichlichen Mist gemacht, können wir - wie in einem Computerrollenspiel- den Spielstand von vorleztem Mal neu laden und weitermachen?"
Das wirft einen komplett neues Licht auf das was realität ist - denn tatsächlich hatten wir danach eine andere Realität (aber auch nur an der Stelle wo die Spieler aktiv waren, die Truppenbewegungen im Hintergrund habe ich deswegen nicht nochmal bearbeitet).

Also die realität im Kaufabenteuer ist eine "vorbereitete Realität" die eben sich umsetzen kann - oder auch nicht.
Aber ja das mit dem "ausserhalb" ist auch so ein Ding was erst hätte definiert werden müssen.