Hier sind ein paar Eindrücke von unserem Schakale-Spieltest:
-> Unsere Spielrunde
Die Runde bestand aus vier mehr oder weniger d100 erfahrenen Spielern und Spielerinnen und mir als SL. Die Gelegenheit für den Spieltest ergab sich durch eine Terminabsage des eigentlichen SL der Runde.
-> Das Abenteuer
Gespielt haben wir einen kleinen Trainings-Banditenüberfall und daran anschließend das im Grundbuch enthaltene Kurzabenteuer „Die Bronzeglocke“; es besteht aus fünf Seiten Text und einer Karte. Der Aufhänger besteht darin, dass die Schakale dem geheimnisvollen Verschwinden von ein paar Wächtern des Dorfes Jabalem auf den Grund gehen sollen. Schön ist: Jabalem ist nicht fest verortet, sondern kann frei nach den Bedürfnissen der Kampagne an der Straße des Krieges platziert werden. Ich habe es offen gelassen.
-> SL-Vorbereitung
Die Spielregeln sind eingängig, es gibt PreGens und das Abenteuer ist kurz: deshalb sollte die Vorbereitung eigentlich schnell gehen. Was mir dabei nicht gefallen hat: Das Schriftbild des Buches sorgt für ein mühsames Leseerlebnis. Das gilt für die Lesbarkeit der braunen Textkästen, aber im Grunde leider auch für den Haupttext. Er ist ein kleines bisschen zu klein und ein kleines bisschen zu gedrängt für meinen Lesegeschmack; der farblich schön gestaltete, aber leicht unruhige Seitenhintergrund mag ebenfalls das seine zur Mühsamkeit beigetragen haben, ebenso wie meine Augen, unsere Tischbeleuchtung oder eben alle diese Umstände zusammengenommen. Ich würde mit Freuden den höheren Preis für ein Buch mit großzügigerem Layout bezahlen. Ein sehr positiver Aspekt der Lesbarkeit: es ist mir sprachlich nicht aufgefallen, dass es sich um eine Übersetzung handelt.
-> Einstieg in Setting und Regeln
Ich habe den Spielern ein paar Tage vorher die PreGens zusammen mit dem Coverbild des GRW (in der Variante von S.130) und dem pitch „d100-System, Fantasy-AlterOrient-Setting in der Optik des Troja-Films mit Brad Pitt.“ zugemailt. Die Spieler haben sich für Dabar, Demetria, Khamat und Meslar entschieden. Am Spielabend selber kamen zu Beginn ein paar Fragen zu Regelelementen, die sich aus den Charakterbögen ergeben hatten, anschließend hatten wir einen sehr leichten und schnellen Start ins Spiel. Diese gute Zugänglichkeit ist ein dickes Plus für „Schakale“.
Während des Spiels habe ich dann an passend erscheinenden Stellen ein bisschen Setting-Infodumping geliefert, jedenfalls soweit ich mir das selber schon erschlossen hatte, und habe Regelerklärungen immer dann gemacht, wenn sie konkret gebraucht wurden. Das hat recht reibungslos funktioniert und zwar deshalb, weil das Spielsystem eben sehr einfach und elegant ist. Das hat auch das anschließende feedback der Spieler bestätigt.
Erwähnenswert sind vielleicht noch die präsenten Eigenbegriffe des Settings; dafür war das Begriffsverzeichnis am Ende des Buches sehr hilfreich.
-> Informationsdesign des Abenteuers
Sehr nützlich: Einzelne Szenen-Beschreibungen enthalten übersichtliche Angaben zu Sinneseindrücken: Sicht, Geruch, Gehör.
Gut: es gibt eine Gliederung des Textes, zB „Orte in Jabalem“, „NSC in Jabalem“, etc.
Nicht gut: Es gibt zwar den Gliederungspunkt „Überblick“, dort werden aber einige Infos, die für das Leiten wesentlich sind, nicht erwähnt. Wichtige Infos sind im Fließtext verstreut, stehen nicht immer unter dem (mir) passend erscheinenden Gliederungspunkt und zusammenhängende Teilinfos werden nicht verknüpft. Das hat zu zweierlei nachteiligen Effekten geführt: Erstens: beim ersten Lesen des Abenteuers wusste ich nicht, was Sache ist, sondern war mit Rätselei über die Bedeutung von Infobröckchen abgelenkt, bis sich dann irgendwo die Auflösung ergab. Der erste Arbeitsgang der Spielvorbereitung war deshalb ineffektiv, unnötigerweise.
Zweitens: am Tisch waren relevante Informationen nicht unter den Gliederungspunkten zu finden, unter denen ich sie vermutet habe. Das kostete ein kleines bisschen gemeinsamer Am-Tisch-Zeit und hat den Spielfluss kurz unterbrochen. Nun ist das ja ein sehr kurzes Abenteuer, also blieb das alles handhabbar, aber ich hoffe sehr, das das keine Arbeitsprobe für die Gestaltung der Kampagne ist.
-> Nochmal Infodesign
Richtig gut: Die Gegner-Statblocks enthalten, ähnlich wie bei Dragonbane, eine Tabelle für zufällige Kampftaktiken. Für die Auswahl auf der Tabelle wird das Ergebnis des Angriffswurfs benutzt, sehr schnell und einfach.
Man kann also den Angriffswert einer Kreatur direkt aus der Tabelle heraus anwenden, ohne im StatBlock danach zu suchen. Manchmal haben Kreaturen allerdings situative Boni, etwa +20 gegen verwundete Gegner oder sowas. In diesen Fällen ist die Tabellenspanne gleich um diesen Bonus erweitert, obwohl die Voraussetzungen für die Bonus-Anwendung ja gar nicht immer gegeben sind. Da fände ich es hilfreich, im entsprechenden Tabellensegment zB nicht 51-80, sondern 51-60(80) zu schreiben, dann könnte man den unmodifizierten toHit Wert direkt aus der Tabelle entnehmen und hätte den Hinweis auf den Sonderfall gleich mitgeliefert. Das ist aber lediglich eine Kleinigkeit. Insgesamt war dieses Format eine exzellente SL-Arbeitshilfe.
-> Kampf & Aktionspunkte
Das Aktionspunkte-System war für mich -und nach anschließendem feedback auch für die Spieler- das Highlight des Abends. Ohne dass sich die Regelmechanik spielflussstörend kleinteilig oder durch Rechnerei in den Vordergrund gedrängt haben, hatten wir damit drei abwechslungsreiche und sehr schnelle Kampf- und Actionszenen, ohne Battlemap, aber mit interessanten taktischen Entscheidungsmöglichkeiten.
Trotz des gegenüber simplen Trefferpunktsystemen minimal erhöhtem Verwaltungsaufwands finde ich auch das Zusammenspiel von Ausdauer, Kampfgeist und Lebenspunkten sehr gelungen. (insbesondere die Einbindung von Reise&Erschöpfung finde ich sehr gut, das spielte aber im Testabenteuer keine Rolle). Wir haben uns am Ende des Abends über Vergleiche zur Kämpfen in anderen d100 Systemen ausgetauscht und waren uns einig, dass Jackals hier absolut verdient einen Platz auf dem Siegertreppchen bekommt, vielleicht sogar ganz oben. Das macht Lust auf mehr!
-> Mein Fazit
Das Schakale-Setting ist dicht genug an der irdischen Antike (bzw. deren Popkultur-Variante), um leicht einen gemeinsamen Vorstellungsraum zu eröffnen und ist gleichzeitig weit genug entfernt davon, um alle Freiheiten für Bronzehelden-Fantasy zu lassen. Perfekt!
Das Regelsystem von „Schakale“ hat mich in der Anwendung sehr überzeugt und hat durchaus das Zeug zu meinem Lieblings-d100 (Dauerstresstest vorbehalten). Zugänglich und leichtgängig, ohne dabei unterkomplex zu sein, schnell, elegant. Der Abend war dafür, dass es ein ersten Testlauf war, bemerkenswert wenig von der Beschäftigung mit Spielmechanik geprägt.
Das Abenteuer selber hat (bei Luft nach oben in der Präsentation) inhaltlich seinen Einführungs-Job gut gemacht. Die Spieler hatten Gelegenheiten zum Beschnuppern des Settings und die gebotenen Möglichkeiten zu NSC-Interaktionen, Ermittlungen und Kampf haben uns allen einen soliden Eindruck des Regelsystems vermittelt.
Insgesamt hatten wir einen spannenden Ausflug an die Straße des Krieges und einen sehr gelungenen Rollenspiel-Abend.