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[Hard SF] Langlebigkeit vs Unsterblichkeit

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Ávila:
Also, die Leute durch staatliche Zwangsmaßnahmen vom Kinderkriegen abhalten? Wie soll das keine Dystopie sein?

Chaos:

--- Zitat von: Ávila am 21.06.2025 | 13:11 ---Also, die Leute durch staatliche Zwangsmaßnahmen vom Kinderkriegen abhalten? Wie soll das keine Dystopie sein?

--- Ende Zitat ---

Warum soll Kinderkriegen ein Grundrecht sein? Warum soll Kinderkriegen ohne willens und in der Lage zu sein, diese Kinder trauma-frei großzuziehen ein Grundrecht sein?

Was soll keine Dystopie daran sein, dass Jeder eine beliebige Anzahl Kinder haben und ihnen dann, entweder weil sie ihm dann doch letztendlich wurscht sind, oder weil er generationales Trauma mit sich rumschleppt, oder weil seine Weltanschauung durch und durch Scheiße ist, einen derartigen Knacks in der Birne verpasst, dass sie ihren eigenen Kindern das Leben genauso zur Hölle machen?

Für die meisten hochqualifizierten Berufe brauchst du eine ganz bestimmte Ausbildung, wenn nicht gar ein Studium. Für eine Knarre brauchst du einen Waffenschein. Um Auto zu fahren, brauchst du einen Führerschein. Aber an die Kindererziehung, die schwierigste und wichtigste Aufgabe unserer Gesellschaft, sollen wir jeden noch so Unfähigen oder Unwilligen heranlassen?

nobody@home:

--- Zitat von: Ávila am 21.06.2025 | 13:11 ---Also, die Leute durch staatliche Zwangsmaßnahmen vom Kinderkriegen abhalten? Wie soll das keine Dystopie sein?

--- Ende Zitat ---

Wenn ich mir zum Vergleich mal das Setting von Mindjammer zu Gemüte führe (was einerseits wesentlich weiter in die Zukunft projiziert ist, andererseits aber auch Quasi-Unsterblichkeit hat), dann ist insbesondere das alte Sonnensystem mit den benachbarten "Kernwelten" drumherum für unsere Verhältnisse dort ausgesprochen dystopisch. Ich zitier' mal einen Absatz:


--- Zitat von: Mindjammer -- The Roleplaying Game, S. 285, "The Internal Security Instrumentality (ISI)" ---Many aspects of Commonality life would seem bizarre and oppressive to our 21st century eyes. The Fringe Worlds are more free-thinking, their customs often shocking to Commonality sensibilities, but the Core Worlds are a web of byzantine customs and prohibitions. Trade and money are social taboos in the Core, religion and democracy are illegal, and the uncontrolled dissemination of news is banned.
--- Ende Zitat ---

Daß eine Gesellschaft von zunehmend langlebigen bis unsterblichen Menschen zunehmend stockkonservativ und weniger "freiheitlich" orientiert ausfallen könnte, ist ja leider nicht so ganz von der Hand zu weisen und hier also quasi konsequent zu Ende gedacht...was auch dazu paßt, daß Mindjammer ja ohnehin einen Settingschwerpunkt gerade bei Kulturen und den Konflikten zwischen diesen setzt. Natürlich kann die Welt bei Feuersänger aus naheliegenden Gründen noch nicht so extrem und exotisch ausfallen wie im Jahr 10639 nach Beginn des Ersten Raumfahrtzeitalters, aber ein paar Trends in diese generelle Richtung (mit denen es dann auch Spielercharaktere wieder zu tun bekommen könnten) ließen sich allemal einbauen.

Galatea:
Tatsächlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass Eltern ohne Zeitdruck VIIIIIEL mehr Aufwand in ein einzelnes Kind stecken, um ihm die besten Chancen zu geben - zumal die traditionelle Großelternrolle wegfällt ("zu alt selbst Kinder zu bekommen" gibt es bei quasi-unsterblichen Menschen ja nicht mehr).
Möglich auch, dass die "Volljährigkeit" auf 30 oder 40 Jahre ansteigt, weil die Welt einfach viel komplexer ist und man viel mehr wissen muss, um sich selbstständig durchschlagen zu können.
Sieht man ja jetzt schon - je technisierter die Gesellschaft, desto weniger Kinder. Da besteht garantiert auch ein Zusammenhang.

Das bedeutet nicht nur, dass junge Menschen längere Bildung durchlaufen (und möglicherweise länger bei ihren Eltern bleiben bzw. länger intensiver Kontakt selbst bei ausgezogenen Kindern besteht oder sich ein Komplett neuer "selbstständig aber noch in Schulbildung"-Lebensabschnitt von 10-20 Jahren etabliert, quasi Studentenleben auf Steroiden für jeden einzelnen Aufwachsenden), sondern auch dass traditionelle Geschlechterrollen sich zunehmend auflösen werden - wenn eine Mutter sich alle paar Jahrzehnte für ein paar Jahre um ein Kleinkind kümmern muss, dann ist das keine Lebensrolle mehr, sondern ein Lebensabschnitt.



--- Zitat von: Chaos am 21.06.2025 | 12:19 ---Nach allem, was ich dazu gelesen habe, sind gerade in Südkorea is Rahmenbedingungen fürs Kinderkriegen relativ mies und die Gesellschaft auch noch furchtbar patriarchalisch. Wenn Kinderkriegen erstmal kein Armutsrisiko mehr ist, Schwangerschaft und Geburt keine Ochsentour mit Todesrisiko, sich um die Kinder zu kümmern als echte Arbeit anstatt nur als faules zuhause sitzen anerkannt ist, und ein Kind großzuziehen nur noch ein Zwanzigstel statt ein Viertel der eigenen Lebenserwartung dauert, kann ich mir vorstellen, dass die Geburtenrate sich auf deutlich höherem Niveau als 1,5 oder gar 0,7 einpendelt.
--- Ende Zitat ---
Südkorea ist auch in groteskem Maße nach (Erb-)Reichtum stratifiziert und nur auf dem Papier eine Demokratie - wer nicht in die Oberschicht (bzw. in eine der 5-6 reichsten Familien) hineingeboren wird, hat praktisch überhaupt keine Chance, jemals in irgendeine Form von höherem politischen Amt gewählt zu werden. Ein ernsthaftes Angehen der Probleme ist ein einer solchen de-facto-Oligarchie nicht zu erwarten, die werden eher wie in Russland einfach weg-ignoriert bis alles zusammenfällt.

Ávila:
@chaos
Von was für einem Menschenbild gehst du denn aus? Fast alle Eltern misshandeln ihre Kinder oder wie?

Wer soll denn die Erlaubnis zur Elternschaft erteilen? Politiker? Religiöse Führer? Konzerne? Der Machtmissbrauch ist vorprogrammiert. Technokratischer Kontrollwahn führt zwangsläufig zur Dystopie.

Und eine Dystopie ist ja vom Themenersteller explizipt nicht gewünscht.

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