Thema: DSA2 Aventurien?

[Tralzat]

Es wird viel über das Aventurien von DSA1 geschrieben, aber mich würde mal interessieren, wie das DSA2 Aventurien aussah.

Ich zähle hier Regelwerk, Settingbeschreibungen und Abenteuer (Solo- und Gruppenabenteuer) mit ein.

Was für ein Aventurien ist das eigentlich, das man erlebt, wenn man DSA2 spielt oder gespielt hat?

[Andropinis]

Der größte Unterschied bzgl. Setting zwischen 2 und 3 war aus meiner Sicht Borbarad. DSA 2 war noch irgendwie heile Welt und das für mich nostalgischste Aventurien (bei DSA 1 dagegen war das Setting eben noch nicht so stark ausgearbeitet). Mit DSA 3 gab es dann ein paar Umwälzungen und eben die Borbarad Invasion im Osten, die das ganze Setting merklich verdüstert hat.

Regeltechnisch gibt es glaube ich keine weltbewegenden Unterschiede zwischen 2 und 3, wenn ich mich recht erinnere.

[manbehind]

DSA hat ja - wie D&D auch - eine Wandlung durchgemacht, weg vom kampflastigen Dungeoncrawler und den "Wargame"-Ursprüngen hin zu mehr "Story".

In der DSA2-Zeit spiegelt sich das in zunehmend ausgearbeiteten Hintergründen wider, etwa der Magie der Hexen in Hexennacht und Zeichen der Kröte, Borbaradianermagie in Seelen der Magier und am bekanntesten wohl die Geschichte der Elfen in der Phileasson-Saga. Die Götter des Schwarzen Auges bekommen erstmals einen eigenen Regel- und Fluffband.

Die DSA3-Zeit beginnt dann mit dem Grabmal von Brig-Lo und hat als Kennzeichen dann die bespielbare Geschichte.

Das Regelwerk führt mit DSA2 die schlechten Eigenschaften offiziell ein (Vorläufer gab es bereits in der Orkland-Trilogie), die den Charakteren mehr Eigenständigkeit und Unberechenbarkeit verleihen sollen, d. h. sie stellen faktisch ein Vetorecht des Helden gegenüber Entscheidungen des Spielers dar.

Die (schwer steigerbaren) Kampftalente sorgen dafür, dass Spitzenwerte nur noch in Ausnahmefällen erreicht werden; die meisten Helden haben eher mittlere Werte in den Kampftalenten.

[Tralzat]

Interessant, danke manbehind.

"Gelebte" Erfahrung hatte ich nur damals in der Übergangsphase DSA2 und DSA3 (DSA1 war praktisch nichtexistent im Erwerb und man konnte in den Läden nur DSA2 und DSA3-Material kaufen. 1995 oder 1996 sind wir ausgestiegen).

Sporadisch hatten wir dann in Läden oder bei Kumpels in spätere DSA3-Publikationen gelinst.

Weil ich mich seit einiger Zeit mit DSA1 und DSA2 befasse ist mir etwas aufgefallen, was ich damals nicht so wahrgenommen hatte:

Die für "Abenteuerspiel" (meiner Meinung die Prämisse von DSA1 und DSA2) relevanten Aventuriensetzungen befanden sich in den Kaufabenteuern.
In den Boxen und Regelheften, auch im Lexikon des Schwarzen Auges, fand sich gewissermaßen das Kondensat und eher Settinginformationen, die mehr Stimmung und "phantastischer Realismus" waren.

Wir kauften und spielten aus Geldgründen kaum Abenteuer, sodass wir von Aventurien im Grunde all die Jahre ein völlig falsches Bild hatten. Dieses "Land des Schwarzen Auges"-Bild. Und die Grüne Reihe in DSA4 führte dies fort.

Hätten wir einst nicht die Regionalboxen, sondern eher Abenteuer gekauft (DSA1; DSA2) wäre Aventurien sehr viel spannender gewesen.

So wie es kam (s.o.) erschien uns Aventurien jedoch recht altbacken und langweilig, daher haben wir uns nach anderen, "cooleren" Settings umgeschaut.

Ich habe fast den Verdacht, dass sich DSA mit der Entwicklung des Settings von DSA2 zu DSA3, das zunehmend RPG-Briefspiel wurde, eine Fanbase zerstörte – die mehr die "Abenteuerspiel"-Prämisse und weniger das "niveauvolle Rollenspiel" (U. Kiesow) präferierte.

Mit den Schwarzen Landen krempelte man dann Aventurien wieder um, und wollte, wie auch mit der Myranor-Box, Leute anpieken, denen das DSA3-Aventurien zu öde erschien.

Uns hatten sie zu dem Zeitpunkt aber bereits verloren, auch wenn die "Güldenland"-Box vor einem Vierteljahrhundert ein kurzweiliger Augenöffner gewesen ist.

Momentan bin ich allerdings auf der Spur dieses "verlorenen" Aventuriens der DSA2-Jahre (das sich mit DSA1 so seltsam vermischt und ein ganz anderes Setting darstellt als frühes DSA1 aber auch DSA3+).

[Andropinis]

Momentan bin ich allerdings auf der Spur dieses "verlorenen" Aventuriens der DSA2-Jahre (das sich mit DSA1 so seltsam vermischt und ein ganz anderes Setting darstellt als frühes DSA1 aber auch DSA3+).

Das Gute ist, es ist ja noch viel erhältlich (DSA 2 Box wurde neu aufgelegt, Abenteuer remastered, viel digital erhältlich) usw., so dass man leicht die älteren Editionen bespielen kann (fast schon besser als DSA 4, wo für manche Sachen unverschämte Sammlerpreise aufgerufen werden).

[Gondalf]

DSA hat ja - wie D&D auch - eine Wandlung durchgemacht, weg vom kampflastigen Dungeoncrawler und den "Wargame"-Ursprüngen hin zu mehr "Story".

In der DSA2-Zeit spiegelt sich das in zunehmend ausgearbeiteten Hintergründen wider, etwa der Magie der Hexen in Hexennacht und Zeichen der Kröte, Borbaradianermagie in Seelen der Magier und am bekanntesten wohl die Geschichte der Elfen in der Phileasson-Saga. Die Götter des Schwarzen Auges bekommen erstmals einen eigenen Regel- und Fluffband.

Die DSA3-Zeit beginnt dann mit dem Grabmal von Brig-Lo und hat als Kennzeichen dann die bespielbare Geschichte.
Das Regelwerk führt mit DSA2 die schlechten Eigenschaften offiziell ein (Vorläufer gab es bereits in der Orkland-Trilogie), die den Charakteren mehr Eigenständigkeit und Unberechenbarkeit verleihen sollen, d. h. sie stellen faktisch ein Vetorecht des Helden gegenüber Entscheidungen des Spielers dar.

Die (schwer steigerbaren) Kampftalente sorgen dafür, dass Spitzenwerte nur noch in Ausnahmefällen erreicht werden; die meisten Helden haben eher mittlere Werte in den Kampftalenten.

DSA 2 steht auch für die endlos langen Talentlisten, wo jedes Talent einen Wert haben musste.
Das war damals erstmal cool, weil man gefühlt so viele Möglichkeiten hatte (wenn man nichts anderes kennt, hat man erstmal ein Gerüst). Aber bei der Erschaffung (oder nach Charakter Tod) super nervig..😞🫣😞

(Temporäre) Artefakte erschaffen, Tränke brauen, Dinge reparieren.
Abenteuer, wo man oft die Orte gar nicht kannte. 😂😂

Hier, guter Bericht, über die Neuveröffentlichung der Box.

https://rezensionen.nandurion.de/2016/10/05/rezension-dsa-2-die-helden-des-schwarzen-auges/


Das hat mich daran erinnert, dass auch die DSA1 Regeln mit in der Box lagen, mit denen konntenicn damals gar nichts anfangen. 🫣


Ahhh die 11x11 Zauber! Das war der Hammer! Die Magiebox… ach..🤗

[Tralzat]

Das Gute ist, es ist ja noch viel erhältlich (DSA 2 Box wurde neu aufgelegt, Abenteuer remastered, viel digital erhältlich) usw., so dass man leicht die älteren Editionen bespielen kann (fast schon besser als DSA 4, wo für manche Sachen unverschämte Sammlerpreise aufgerufen werden).

Ja, durch die Wiederveröffentlichungen bin ich darauf aufmerksam geworden und habe mich gleich mit allen DSA1/DSA2-Sachen eingedeckt (Remastered und Zweitmarkt).

[Skyrock]

Aventurien zur Zeit der "Land des Schwarzen Auges"-Box für DSA2 trifft für mich genau das richtige Maß an Settingbeschreibung. Maximal zwei Seiten pro Landstrich (mit Ausnahme von Gareth), eine Menge inspirierende Abrisse zu Settingelementen wie Währungen, Heereswesen, Bücher oder Alchimie. Und ich mochte die damalige Welt mehgr mit ihren sehr geerdeten Ereignissen wie Answinkrise oder Orkensturm, hinter denen immer Akteure von normalmenschlicher Machtfülle standen mit normalmenschlichen Motiven.
Mit Borbarad kam die Abkehr von diesem hotzenplotzigen Alt-Aventurien.

[Tralzat]

Aventurien zur Zeit der "Land des Schwarzen Auges"-Box für DSA2 trifft für mich genau das richtige Maß an Settingbeschreibung. Maximal zwei Seiten pro Landstrich (mit Ausnahme von Gareth), eine Menge inspirierende Abrisse zu Settingelementen wie Währungen, Heereswesen, Bücher oder Alchimie. Und ich mochte die damalige Welt mehgr mit ihren sehr geerdeten Ereignissen wie Answinkrise oder Orkensturm, hinter denen immer Akteure von normalmenschlicher Machtfülle standen mit normalmenschlichen Motiven.
Mit Borbarad kam die Abkehr von diesem hotzenplotzigen Alt-Aventurien.

Sehe ich heutzutage ähnlich.
Das rudimentäre DSA1-Ausbauspiel-Aventurien ist mir zuwenig klassisches Aventurien, wie "man" es kennt.
Die Schwarzen Lande finde ich entsetzlich unpassend zum Flair, das mir vorschwebt.

Die "Land des Schwarzen Auges"-Weltbeschreibung ist ein guter Mittelweg, der als Rahmen fürs Abenteuerspiel ausreicht.

[Vash the stampede]

...
Die DSA3-Zeit beginnt dann mit dem Grabmal von Brig-Lo und hat als Kennzeichen dann die bespielbare Geschichte.
...

Könntest du bitte näher erläutern, warum DSA3 mit Das Grabmal von Brig-Lo beginnt? Für mich war es immer mit DSA2-Verbunden und im Sinne der Veröffentlichungen genau in der Mitte (1990) von DSA2 (1988) und DSA3 (1992).

[tartex]

In der DSA2-Zeit spiegelt sich das in zunehmend ausgearbeiteten Hintergründen wider, etwa der Magie der Hexen in Hexennacht und Zeichen der Kröte

Hexennacht enthält doch deutlich die DSA1-Version der Hexe als Typus, während die DSA2-Hexe in Die Magie des Schwarzen Auges deutlich überarbeitet daherkommt.

[Andropinis]

Könntest du bitte näher erläutern, warum DSA3 mit Das Grabmal von Brig-Lo beginnt? Für mich war es immer mit DSA2-Verbunden und im Sinne der Veröffentlichungen genau in der Mitte (1990) von DSA2 (1988) und DSA3 (1992).

Bei Ulisses wird die Remastered Version im Übrigen auch als DSA2 Produkt verkauft:

https://www.f-shop.de/das-schwarze-auge/rollenspiel/retro/gruppen-abenteuer/4106/dsa2-das-grabmal-von-brig-lo-remastered

[Tralzat]

Was mir bei DSA2-Aventurien besonders gefällt ist die fehlende Schematisierung der Settinginhalte, die dann mit DSA3 und der 7G-Kampagne Einzug hielt. – DSA4 ist dann bereits kristallisierter Kanon.

Die 12 Erzdämonen tauchen nur in Nebensätzen auf, während sie für das aktuelle DSA im Prinzip so essenziell sind wie die 12Götter. Überhaupt ist das Dämonische in dieser Aventurien-Phase (DSA2) weniger metaphysischer Handlungsträger und mehr monströse Gefahr.

Und die "Götter des Schwarzen Auges" (DSA2) schildert die Götter, ihre Geweihten und die Einbindung in Aventurien sehr viel offener, freier.
Mir erscheint die DSA2-Götterwelt um einiges grauer und mystischer zu sein als die Versionen späterer Editionen.

[tartex]

Und die "Götter des Schwarzen Auges" (DSA2) schildert die Götter, ihre Geweihten und die Einbindung in Aventurien sehr viel offener, freier.
Mir erscheint die DSA2-Götterwelt um einiges grauer und mystischer zu sein als die Versionen späterer Editionen.

Also ich finde gerade die DSA2-Zwölfgötter waren ziemlich öder Copy&Paste aus dem generischsten olympischen Pantheon. Das konnte selbst sowohl DSA1 (Gottkaiser wie Hal, Visar/Boron) als auch DSA3+ mehr.

Bei den Dämonen stimme ich eher zu.

[Tralzat]

Also ich finde gerade die DSA2-Zwölfgötter waren ziemlich öder Copy&Paste aus dem generischsten olympischen Pantheon. Das konnte selbst sowohl DSA1 (Gottkaiser wie Hal, Visar/Boron) als auch DSA3+ mehr.

Kaiser Hal ist auch bei DSA2 Gottkaiser, und die finsteren Aspekte von Visar finden sich im Grunde beim Al'Anfanischen Ritus wieder. Die Beschreibungen Borons in den DSA2-Publikationen sind diesbezüglich recht düster.

Ansonsten präferiere ich ja eine Mischung von DSA1 und DSA2. Wenn mir ein Nebensatz aus DSA1 taugt, hindert mich ja nichts, ihn ins DSA2-Aventurien einzubinden.

Die Stärke des DSA1-Aventuriens sehe ich auch weniger in seiner Gesamtschau ("Aventurien"-Heft), sondern mehr in den ganzen Details (aus den Abenteuern) – von denen mir viele sehr taugen.

[tartex]

Kaiser Hal ist auch bei DSA2 Gottkaiser, und die finsteren Aspekte von Visar finden sich im Grunde beim Al'Anfanischen Ritus wieder. Die Beschreibungen Borons in den DSA2-Publikationen sind diesbezüglich recht düster.

Ich habe jetzt auch nicht den Gesamtüberblick über die Abenteuer, aber das Heft "Götter des Schwarzen Auges" (DSA2) fand ich damals halt zumindest zu den Zwölfgöttern deutlich öder als was es im Abenteuer-Ausbauset zu lesen gab. Boron-Geweihte konnten ja da z.B. noch Untote kontrolieren.

[Tralzat]

Ich habe jetzt auch nicht den Gesamtüberblick über die Abenteuer, aber das Heft "Götter des Schwarzen Auges" (DSA2) fand ich damals halt zumindest zu den Zwölfgöttern deutlich öder als was es im Abenteuer-Ausbauset zu lesen gab. Boron-Geweihte konnten ja da z.B. noch Untote kontrolieren.

Ist völlig legitim, so hat jeder seinen Geschmack.

Es hängt auch sicher davon ab, was man in den Texten herauszulesen sucht: Ich persönlich möchte das "klassische" Aventurien, nur auf den (für mich) interessanten Kern destilliert.

Jemand, der nun vor allem ein nicht-klassisches Aventurien sucht, der wird natürlich bei DSA1 fündig. Es ist eine Frage der Perspektive.

Es hindert mich ja nichts daran, die Geweihtenwunder aus dem Regelbuch II (1985) in "mein" DSA angepasst zu übernehmen.
Wobei ich hier dann Wunderbare Herrschaft über Grabgestalten auf das Verjagen der Untoten reduzieren würde und das Herbeirufen streichen.

[tartex]

Jemand, der nun vor allem ein nicht-klassisches Aventurien sucht, der wird natürlich bei DSA1 fündig. Es ist eine Frage der Perspektive.

Ich war von 1987 bis 1991 bei DSA dabei - mit Schwerpunkt auf die Sachen von 1984 weg, die alle noch in den Läden rumstanden - und kann nicht nachvollziehen warum für Nichtnachgeborene das 1980iger-Aventurien, das ja auch von den Verkaufszahlen am bedeutentsten war, nicht das klassische Aventurien sein soll.

[Tralzat]

Ich war von 1987 bis 1991 bei DSA dabei - mit Schwerpunkt auf die Sachen von 1984 weg, die alle noch in den Läden rumstanden - und kann nicht nachvollziehen warum für Nichtnachgeborene das 1980iger-Aventurien, das ja auch von den Verkaufszahlen am bedeutentsten war, nicht das klassische Aventurien sein soll.

Hier ist ein Missverständnis entstanden, da ich mich auf zwei DSA1-Details (s.o.) bezog und nicht auf DSA1 insgesamt.

Im Übrigen möchte ich hier auch keine Streitgespräche, also wenn für dich die Geweihten des Ausbau-Spiels das "klassische" Aventurien abbilden, dann ist das doch fein.

Ich sprach hier ja auch immer in Relativierungen. Das Schöne an Aventurien ist doch, dass jeder was Eigenes daraus machen kann und darin sieht.