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Über den Sinn und Unsinn vom Schießen in einen laufenden Nahkampf
nobody@home:
Interessant wäre vielleicht auch, wie verschiedene Systeme solche Situationen überhaupt handhaben -- einfach als kleine Auswahl von Beispielen zur Orientierung.
Beispielsweise macht es Call of Cthulhu in der 7. Edition so, daß Schüsse auf Ziele im Nahkampf einen Strafwürfel erhalten (also einen extra W10 für die Zehnerstelle, wobei das schlechtere Gesamtergebnis zählt). Einen Verbündeten trifft man allerdings nur, wenn dabei auch noch ein Patzer herausspringt (also ein Wurf von 96-100 für eine aktuelle Erfolgschance bis einschließlich 49% bzw. eine 100 bei einer Chance von 50% und höher). Ein guter Schütze unter nicht allzu widrigen Umständen riskiert also in erster Linie, gar nicht zu treffen, aber bei einem Anfänger oder jemandem mit situationshalber verringerter Grunderfolgschance sieht das ggf. schon etwas anders aus...
YY:
--- Zitat von: flaschengeist am 4.08.2025 | 12:21 ---Interessanter Punkt. Es gibt ja einige Systeme, die halten Munition als abstrake Ressource nach (z.B. bei 1 auf dem W6 verlierst du eine Einheit). In der Narration könnte hier "misslunger Angriffswurf auf Ziel im Nahkampf ohne Munitionsverbrauch" als "gar nicht erst geschossen" interpretiert werden.
--- Ende Zitat ---
Ja, hier ist das tatsächlich sehr stimmig, dass es entweder keine Gelegenheit gab oder zumindest keine, die man sich wahrzunehmen zugetraut hat.
Abseits vom Schießen in den Nahkampf ist das einer der wenigen rundum glaubwürdigen Tropes in Actionfilmen und Krimis, wenn der Protagonist einem Flüchtigen nachzielt und dann nach einigen Sekunden frustriert absetzt, weil er gemerkt hat, dass eine saubere Schussabgabe nicht mehr drin ist.
Den guten Schützen unterscheidet vom schlechten u.A. der Faktor, dass er die unsauberen Schüsse bewusst nicht abgibt ;)
--- Zitat von: gilborn am 4.08.2025 | 14:30 ---
* Variante 1: Abzug und man kann den Eigenen nicht treffen. Unbefriedigend, da das möglich sein sollte.
* Variante 2: Abzug und man trifft den Eigenen wenn knapp vorbei. Das kann wiederum zu 2 Problemen führen:
* Bei Systemen wie Traveller, bei denen eine Pyramidenverteilung vorliegt, kann es sein, dass diese Verteilung dazu führt, dass es wahrscheinlicher ist, den eigenen zu treffen als den Gegner.
* Bei Systemen wie DnD mit Linearer Verteilung ist die Wahrscheinlichkeit, den eigenen Mann zu treffen bei Legolas und einem Goon gleich groß.
--- Ende Zitat ---
Das ist ja ein recht weit verbreiteter Ansatz, dass man doch den Eigenen trifft, wenn man den Wurf genau innerhalb des zugehörigen Abzugsbereiches nicht schafft. Da ist es dann auch egal, ob man eine Glockenkurve hat oder eine lineare Verteilung - wenn der Abzug passend dimensioniert ist, kommt das schon hin. Bei der Glockenkurve hat er nur ggf. noch größere Auswirkungen bzw. kommt eher zum Tragen.
Da sieht man aber auch den Vorteil der Methode, das Ganze als "normalen" Deckungsmalus zu gestalten anstatt als eigenständigen Abzug "Schießen in den Nahkampf". Denn wenn der eigene Mann den zu beschießenden Gegner großflächig verdeckt, bekomme ich einen fetten Deckungsabzug. Den kann ich aber gerade nicht vermeiden, indem ich auf den eigenen Mann ziele - der steht ja frei und damit fällt für den Schuss auf ihn der Deckungsabzug folgerichtigerweise weg. Da kommt man also nicht in die undankbare Situation, dass auf den eigenen Mann angehalten wird, um eher den Gegner zu treffen.
--- Zitat von: gilborn am 4.08.2025 | 14:30 ---Ist der Nahkampf ein Ringkampf oder steht zwischen Schützen und Ziel der Verbündete, würde ich keinen Wurf erlauben[/li][/list]
--- Ende Zitat ---
Njoah...da muss und kann man sich die Schussmöglichkeit erlaufen. In den Konstellationen, wo ein Kamerad in einen Ringkampf verwickelt wird, ist man ja meist auch nicht so weit weg als dass man nicht mit wenigen Schritten und in kurzer Zeit den passenden Winkel aufmachen könnte*. Da geht es dann je nach System auch nur um eine einzige Kampfrunde, d.h. da kann man den Wurf auch noch in der selben Runde freigeben - dann eben ggf. mit Erschwernis wegen Schießen aus der Bewegung und eventueller Restdeckung durch den eigenen Mann.
Speziell mit Kurzwaffen wird stellenweise ausgebildet, mit in den Ringkampf zu gehen (!), um die Schussabgabe kontrollierbarer zu machen.
Das ist übrigens etwas, das Traveller ganz entspannt und simpel "organisch" mit seinen Grappling-Regeln abbildet 8)
* (Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Im Netz findet sich noch ein Video aus Israel von vor knapp 10 Jahren, wo das lehrbuchmäßig abgearbeitet wird. Verlinke ich hier mal selbsterklärenderweise nicht direkt; ggf. auf Anfrage per PN.
--- Zitat von: nobody@home am 4.08.2025 | 15:51 ---Ein guter Schütze unter nicht allzu widrigen Umständen riskiert also in erster Linie, gar nicht zu treffen, aber bei einem Anfänger oder jemandem mit situationshalber verringerter Grunderfolgschance sieht das ggf. schon etwas anders aus...
--- Ende Zitat ---
Ja, wenn es mit der Streukreisgröße wacklig wird, hält man eben nicht mehr in die Mitte der verfügbaren Zielfläche, sondern Richtung Rand auf der vom "Nicht-Ziel" abgewandten Seite. Dann geht es eben eher daneben, aber dafür trifft man sicherer nicht den Falschen.
Lässt sich auch wunderbar bei den dynamischen Schießsportarten (IPSC & Co.) betrachten bzw. selbst erleben, wenn ein sog. No-Shoot eine zu beschießende Scheibe weitestgehend verdeckt - da hält jeder bewanderte Schütze vom No-Shoot weg, weil er lieber den Fehlschuss riskiert als den Punktabzug für die No-Shoot-Scheibe. Und wenn die No-Shoot-Scheibe kein Stück Pappe ist, sondern ein Unbeteiligter oder ein Kamerad, macht man das erst recht.
gilborn:
--- Zitat von: YY am 4.08.2025 | 21:29 ---Das ist ja ein recht weit verbreiteter Ansatz, dass man doch den Eigenen trifft, wenn man den Wurf genau innerhalb des zugehörigen Abzugsbereiches nicht schafft. Da ist es dann auch egal, ob man eine Glockenkurve hat oder eine lineare Verteilung - wenn der Abzug passend dimensioniert ist, kommt das schon hin. Bei der Glockenkurve hat er nur ggf. noch größere Auswirkungen bzw. kommt eher zum Tragen.
--- Ende Zitat ---
Das mit den passend dimensioniert ist halt gar nicht so einfach, zumnindest wenn ich über den üblichen Entfernungsbereich den gleichen habe. Sonst bin ich schnell soweit, dass eben der Schuss auf den Kollgen eher ins Ziel zum Gegner führt als wenn direkt auf ihn gezielt wird.
Beispiel:
Bei einem W20 System schieße ich extrem Weit, ich rechne hin und her und merke, bei einer 19 oder einer 20 Treffe ich noch - jedoch bekomme ich 3 Abzug weil das Ziel sich mit einem Verbündeten im Nahkampf befindet... und schon ist man in der Bredullie.
Bei einem Glockenkurvigeren System wird das noch verschärft, weil sich die Ergebnisse des Abzugs (also des Friendly Fire Treffers) näher am mittigen Bauch der Verteilung befinden....
Aber, ok - ist die Frage ob man aus so weite Entfernungen einen solchen Schuss überhaupt erlauben sollte... ich denke mittlerweile: Nein.
--- Zitat von: YY am 4.08.2025 | 21:29 ---Njoah...da muss und kann man sich die Schussmöglichkeit erlaufen.
--- Ende Zitat ---
Stattgegeben :d
YY:
--- Zitat von: gilborn am 4.08.2025 | 22:12 ---Sonst bin ich schnell soweit, dass eben der Schuss auf den Kollgen eher ins Ziel zum Gegner führt als wenn direkt auf ihn gezielt wird.
--- Ende Zitat ---
Daher der Gedanke mit der Zuordnung des Abzugs über die Deckung. Wenn der Verbündete den Gegner teilweise verdeckt und ich auf den Verbündeten ziele, bekomme ich keinen Deckungsabzug. Damit komme ich gar nicht in die Situation, dass ich lieber auf den eigenen Mann schieße - den treffe ich dann nämlich so viel einfacher, dass mir das nichts bringt.
nobody@home:
Nebenbei kurz und formlos meine Gedanken zum In-den-Nahkampf-Schießen speziell in Fate: normalerweise gibt's da für das Treffen des "falschen" Ziels schlicht keine ausdrückliche Regel, wenn wir nicht gerade von Flächenangriffen reden, die Freund und Feind innerhalb einer ganzen Zone (oder natürlich mehrerer...) gleichermaßen betreffen -- und um Feuerbälle und Handgranaten ging's ja in der Diskussion von Anfang an nicht so sehr. ;)
Ich würde auch fürs normale 08/15-Kampfgeschehen gar keine solche Regelung treffen wollen; Fate-insbesondere-Spielercharaktere sollen ja "kompetent" sein und Zonen sind einigermaßen großzügig definiert, da paßt es nicht so recht ins Bild, das man sich mal eben einfach so rein zufällig "verschießen" können soll. Wenn allerdings im Kampf freundlicherweise ein Situations- oder sonstiger Aspekt auftaucht, der nahelegt, daß das doch mal passieren könnte (vielleicht hat ein SC gerade das Ziel "Im Schwitzkasten" oder die Zone, in der es sich gerade aufhält, ist "Voller unschuldiger Passanten")...nun, dann läßt sich der natürlich mit Hinblick auf einen dramatisch passenden "Verdammtes Pech"-Moment ganz normal reizen, und dann kann die Komplikation natürlich allemal darin bestehen, daß mindestens ein Schuß das falsche Ziel erwischt, wenn der Spieler des Schützen nicht mit einem Fate-Punkt rausrückt, um das noch abzuwenden.
Wieviel Schaden das unbeabsichtigte Ziel davon konkret einsteckt, würde ich als SL eventuell von Fall zu Fall entscheiden, aber so was wie "eine automatische leichte Konsequenz" hört sich für mich im Augenblick als erste Voreinstellung gut an; nicht unbedingt sofort gleich supergefährlich für jeden (okay, namenlose NSC kickt das direkt aus dem Konflikt, aber wen kümmert das normalerweise schon... >;D), aber merken sollten es selbst die dickfelligsten Spielercharaktere und Haupt-NSC.
Und nein, hochgradig simulativ ist das natürlich nicht. Aber um einfach nur die Botschaft zu transportieren, daß es sich manchmal doch lohnt, etwas vorsichtiger zu ballern...na ja. :)
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