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Bazaar
Managarmr:
Nachdem sich nicht viel anderes ereignete, gab dies Bruder Erland Gelegenheit, neben seinem Lauschen auf eventuelle Verfolger, weiter nachzugruebeln, was er eigentlich Seltsames gesehen hatte.
Im Geiste die Implikationen der Ausfuehrungen St. Ylvas auf Blatt 238 ihres Manuskripts "Der Seele Spiegeleyen - Ambivalenzen" kontemplierend, rutschte er leicht nach links, denn er hörte, wie sich die Rumpfratte 23 Zentimeter nach oben bewegte.
Widerlich, dieses Geräusch, mit dem der harte Rattenschwanz ueber jahrzehntealte Schichten Drecks in diesem Versorgungschacht schabte.
Eine halbe Ewigkeit später marschierte der LiHalan Baron bleichen Gesichts mit eiligen Schritten nahe an der Nische vorbei, dicht (zu dicht?) begleitet von der Sternenfahrerin. Bruder Erland zog einen Taschenspiegel hervor. Aha, die Luft rechts war rein. Höchste Zeit. Unauffällig folgte er in gebuehrendem Abstand dem LiHalan, der offensichtlich schnurstracks ein Adligenquartier ansteuerte.
Richtung 43B. Ja, dem Gespräch mit dem Maat nach, könnte das passen. Nun, alles der Reihe nach, Bruder Erland. Wie schon Hombor bemerkte, Hast ist beizeiten von Nutzen, schadet aber der Eleganz einer möglichen Lösung.
Er wandte sich um, und strebte ueber Umwege dem Sektor D zu, er hatte etwas nachzuschauen.
Enkidi Li Halan (N.A.):
Als sie das Quartier verließen, hatte sich das kühle Blau der Tagesbeleuchtung in ein weicheres Orange gewandelt, dass den Beginn des Nachtzyklusses ankündigte. Die Gänge des Wohnsektors waren nur spärlich bevölkert, ganz anders als die Handelsarkaden, sie selbst zu fortgeschrittener Stunde noch von Leben wimmelten. In diesen Minuten würden dort die Fusionslichtreklamen aufflackern, die Bars und Casinos in den unteren Bereichen der Station ihre Tore öffnen – das Gesicht der Station passte sich den veränderten Lichtverhältnissen an. Es war eine Eigenheit Bazaars, die Begebenheiten einer natürlichen, planetaren Umgebung zu simulieren. Die Erbauer der Station hatten einst geglaubt, dies würde den Menschen das Leben in den Weiten des Alls erträglicher machen, doch letztendlich war das Gewohnte nur eine Illusion geschickt verborgener Technik.
Enkidi und Megan mieden die pulsierenden Gänge des zentralen Sektors, obwohl dies einen Umweg bedeutete. Enkidi stand nicht der Sinn nach Menschenmassen.
Sie erreichten die Aussichtsplattform, die sich ringförmig um die Hauptkuppel schlang – ein beliebter Ort um spazieren zu gehen oder durch die ovalen Panoramafenster die grandiose Aussicht auf den Planeten zu genießen, der majestätisch unter ihnen lag. Man konnte von dort aus auch die Andockrampen beobachten, wo Schiffe geschäftig wie in einem überdimensionalen Bienestock an- und ablegten.
Gerade schob sich der Schatten einer Fregatte in eine Landebucht und wurde sicher von einem halben Dutzend Ceramstahlgreifern verankert. Der Baron bemerkte Beschädigungen am Schiffsrumpf, schenkte dem jedoch keine weitere Beachtung. Ein Shuttlelift beförderte sie von der Hauptkuppel hinüber zu Sektor D, in dem der klerikale Bereich Bazaars untergebracht war. Als sich die Türen des Lifts öffneten, strömte ein leichter Duft von Weihrauch herein und am gegenüberliegenden Ende der Halle, in die sie hinaustraten, hieß sie ein großes goldenes Banner mit dem Zeichen der Orthodoxie willkommen. Mehrere röhrenförmige Gänge zweigten von der Halle ab, und ein dezentes Leuchtzeichensystem wies aus, was wo zu finden war. Enkidi zögerte kurz. Wo sollten sie Bruder Erland suchen? Sein Blick fiel auf einen orangenen Leuchtzug. "Kapelle", darunter "Lesestube".
"Perfekt", murmelte er grinsend. Wenigstens die selbe Richtung. Er folgte dem rechten Gang in die Tiefen des klerikalen Sektors und wunderte sich schon nach kurzer Zeit, dass er weitläufiger war, als er es für eine Raumstation dieser Größe vermutet hätte. Schließlich erreichten sie ein graues Schott, auf dem in abblätternder Farbe das Symbol des Eskatonischen Ordens leuchtete. Er betätigte kurz den Türsummer und trat ein, als sich das Schott mit leisem Zischen öffnete.
Elisabeth Hawkwood:
Zunächst einmal rief sie nach Sophia, wenigstens eine treue Seele, die nicht verletzt worden war: "Sophia, entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten werde ich nicht an Bord der Felizitas bleiben, ich denke es würde die Reparaturarbeiten erleichtern, wenn die Engineers nicht auch noch auf eine Adlige Rücksicht nehmen müssen." Sie und Sophia grinsen sich schief an, dann fährt die Baronin fort: "Bitte sieh Dich nach einem geeigneten Quartier für mich um, möglichst nicht zu weit entfernt von den anderen Adligen." Sophia zieht erstaunt fragend eine Augenbraue hoch, doch unbeirrt spricht ihre Herrin weiter: "Ausserdem wäre es nett, wenn Du Dich nach dem Engineer erkundigen könntest, der die Reparatur leiten wird, ehe ich von Bord gehe, möchte ich gerne mit ihm sprechen und mir die Schäden noch einmal selbst ansehen. Dann möchte ich mit dem Arzt sprechen, doch das kann ich erledigen, während du unterwegs bist. Danach wäre es nett, wenn du hier packen und alles in das Quartier schaffen könntest. Besonders... du weisst schon, niemand soll es sehen oder etwas davon erfahren, also darf es nicht an Bord bleiben, wenn ich nicht hier bin. Meine Kleidung wechsle ich selbst, du kannst gehen." Mit diesen Worten wandte die Baronin sich ab und ging in Richtung der Dusche.
Sophia war nicht entgangen, wie müde sie heute klang und sie schien so resigniert. Aber eigentlich war das alles auch kein Wunder, nach diesem Kampf gegen sieben schwer bewaffnete Barbarenschiffe war das nun erst recht nicht erstaunlich. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass es noch mehr gab, dass ihre Herrin bedrückte. Und offenbar war es nicht für sie bestimmt, vielleicht noch nicht. Seit der Heirat der Baronin mit ihrem ehemaligen Herrn Baron Fedor Andreas Randolf Hawkwood vor 18 Jahren diente sie nun Baronin Elisabeth. Langsam hatte sie sich hochgearbeitet und seitdem Fedor gefallen war, und sie sich in der ersten Zeit danach als besonders umsichtig und rücksichtsvoll bewährt hatte, besass sie das besonderes Vertrauen der Baronin. Aber alles erfuhr sie dann doch nicht, oder zumindest nicht gleich. Nachdenklich eilte Sophia von Bord, um zunächst ein Quartier zu organisieren.
Als Baronin Elisabeth fertig war und sich bereit fühlte, der unbekannten und mit Sicherheit politisch gefährlichen Welt der Raumstation zu begegnen, sah sie sich noch ein letztes Mal, wehmütig seufzend in ihrer Kabine um, die so sehr ihre Heimat geworden war. Irgendwie hatte sie das dumme Gefühl, dass sie für längere Zeit nicht an Bord der Felizitas zurückkehren würde. Von ängstlichen Vorahnungen erfüllt strich sie liebevoll über die Wände ihres Schiffes. Wann werde ich Dich wiedersehen, meine Liebe? Ich hoffe bald, bei Dir weiss ich woran ich bin...
Sie machte sich auf den Weg zum Krankenzimmer, um mit dem Arzt zu sprechen und zu erfahren wie es ihrer Besatzung ging.
"Verzeihen Sie My Lady, aber für drei Leute sieht es leider sehr schlecht aus. Wir versuchen unser Bestes, aber sie haben bereits viel Blut verloren. Vor allem für ihren Lieutenant..., wir hoffen, dass er die Nacht noch überlebt. Es tut mir wirklich ausserordentlich leid...."
"Schon gut, ich weiss, dass sie ihr Bestes tun." Ungeduldig winkt Elisabeth ab. "Wenn einer meiner Männer sterben sollte, so möchte ich, dass sie mir umgehend Bericht erstatten, selbst wenn es mitten in der Nacht ist. Meine Leibdienerin wird ihnen, wenn sie zurückgekehrt ist, mein Quartier nennen. Ebenfalls möchte ich es natürlich wissen, wenn einer genesen sein sollte, doch dann können sie mich selbst aufsuchen. - Sind Lieutenant Rahmhorst, Schütze Karpanikow und Schütze Waters bei Bewusstsein?"
"Lieutenant Rahmhorst ja, glaube ich, die anderen beiden haben gerade eine Narkose bekommen, wir wollen eine Notoperation versuchen."
"Ich würde gerne noch einmal mit dem Lieutenant sprechen."
Sie folgt dem katzbuckelnden Arzt, während sie verzweifelt darüber nachdenkt, was sie Jemandem sagen soll, der seit neun Jahren treu an ihrer Seite gekämpft hat, der nun sein Leben für ihren Hass lassen muss? Und er..., er wird es vermutlich sogar begrüssen. Müssen Gefühle so grausam sein?
Rahmhorst sieht sogar noch schlimmer aus, als sie gedacht hatte, er hatte sie also doch über die Schwere der Verwundung getäuscht, mein Schöpfer, er hatte noch gekämpft bis zum Schluss. Sie sieht sein vom Schmerz verzerrtes Gesicht aufleuchten, als er sie erblickt und wartet ungeduldig, bis sich der Arzt entfernt hat.
"Baronin..., verzeiht mir, dass ich Euch nicht gebührend empfangen kann..." Ein Hustenschwall, der das Laken mit Blut sprenkelt, unterbricht seine ironisch gesprochenen Worte.
"Rahmhorst, ich bitte euch schweigt! Ihr habt mich getäuscht, es steht schlimmer um Euch, als Ihr mir weismachen wolltet, aber es ist in Ordnung, ich weiss, dass Ihr aus Angst um mein Leben so gehandelt habt. Und ich weiss auch, dass Ihr es nicht so tragisch findet, für mich zu sterben, wie ich es traurig finde, Euch verlieren zu müssen. Ihr sterbt für meinen Hass und meine Rache..., nein sprecht nicht, es ist so. Und mit am schlimmsten finde ich, dass ihr es sogar gerne tut, dass ihr all die Jahre gerne an meiner Seite gekämpft habt, und das macht mich nun erst recht traurig. Ich wünschte, ich hätte euch mehr bieten können als nur den Kampf an meiner Seite, aber es hat nie sollen sein, die grausamsten Gefühle ändern sich nie.
Ich wünsche Ihr würdet die Nacht überleben, ich werde morgen wiederkommen. "
"So oder so." Er lacht. Wie kann er lachen, wenn er hier so liegt? Ich ertrage das nicht ihn so zu sehen, ich hätte ihn wegschicken sollen gleich am Anfang, aber wirklich treue Untergebene sind so selten...
Sie legt ihm nur die Hand auf den Arm und verabschiedet sich dann. Den katzbuckelnden Arzt vermeidet sie beim Herausgehen, den kann sie jetzt nicht ertragen. Nur einen Moment allein sein! Auf der Brücke sinkt sie in ihren Sessel, starrt blicklos ins Leere und lässt die Kämpfe mit Rahmhorst noch einmal vor ihrem inneren Auge vorbeiziehen.
Schliesslich reisst Sophias Rückkehr sie aus den trüben Gedanken. "My Lady, Euer Quartier ist bereit, draussen wartet Chief Veijers, und ich packe nun Eure Sachen."
"Danke Sophia." Sie steht müde auf, nimmt dann Haltung an und verlässt die Felizitas.
Chief Veijers betrachtete sich die Felizitas. Eine schöne und erstaunlich gut gepflegte Fregatte, auch wenn sie jetzt wirklich sehr traurig aussieht. Er stöhnte, was auch immer diese Baronin nun noch mit ihm sprechen wollte, wieso müssen Adlige immer so kompliziert sein? Die meisten kümmeren sich ja zum Gück nicht so um ihr Schiff, sondern lassen alles die Piloten erledigen, mit den Piloten konnte man wenigstens reden; dann gab es die Adligen, die unbedingt alles kontrollieren mussten, das waren die Schlimmsten, hoffentlich war diese Baronin nicht so eine. Es gab natürlich noch den Schlag, der selbst halb zum Piloten geworden war, aber da musste man immer so aufpassen, dass man nicht aus Versehen den Titel vergass oder so etwas.
Jetzt geht endlich die Luftschleuse auf. Als Baronin Elisabeth Hawkwood herausschritt, vergass Chief Veijers einen Moment lang, dass es so etwas wie Raumschiffe überhaupt gab. Baronin Elisabeth Hawkwood war gross, schlank und athletisch. Eine Mähne dunkler Haare, von einem Silberreif zurückgehalten umrahmte ein feines schmales Gesicht, unter langen, dichten, schwarzen Wimpern sahen ihn ein paar leuchtende, eisblaue Augen an, das schwarzblaue, schulterfreie Kleid wurde in der Mitte von einem roten Gürtel gehalten, an der Seite hing ein Rapier in schwarzroter Scheide, das ganz eindeutig oft benutzt worden war, auf dem dunkelblauen Mantel prangte in Silber das Wappen der Hawkwoods. Sie schlug den Mantel ein wenig zur Seite und kam mit langen, federnden Schritten auf ihn zu: "Chief Veijers?" - "Ja, äh..." er räusperte sich verlegen und verbeugte sich linkisch. Jetzt wo sie so direkt vor ihm stand, sah er, dass das schwarze Haar bereits von ein paar silbernen Fäden durchzogen war, sehr viel älter als 30 konnte sie jedoch nicht sein. "Baronin Elisabeth Aleide Johanna Mountbatten Hawkwood, ich befehlige die Felizitas. Bitte folgen sie mir, am schlimmsten ist der Treffer in den Antrieb."
Es fiel Chief Veijers zunächst schwer, sich auf Schiffsschäden zu konzentrieren, doch lange Jahre der Routine bewirkten, dass er sich schliesslich zusammenreissen konnte, zumal die Baronin sich sehr genau auskannte.
Nach etwa einer Stunde war alles besprochen. Beruhigt, die Felizitas nun in guten Händen zu wissen, machte Baronin Elisabeth sich in Begleitung ihrer Leibdienerin Sophia auf den Weg zur Unterkunft.
Managarmr:
Das langsam nach oben gleitende Schott gab den Blick frei auf eine kleine Halle, mit sternförmigen abzweigenden Gängen. Die Säulen, die Decke stuetzten, waren mit arkanen Glyphen und frommen Sinnspruechen versehen, in der gewölbten Decke selbst drehte sich sehr langsam ein Sternensystem. In der Mitte stand ein Schreibtisch aus Gwynneth-Eiche, darauf eine altertuemliche Lampe mit gruenem Glaschirm und mehrere, bedenkliche schiefe Stapel aus Buechern, Pergamenten und Formularen, unter denen eine verschrammte Konsole fast verschwand.
Hastig setzte sich ein Novize, der eben noch auf dem Stuhl luemmelnd in etwas gelesen hatte, das er nun sehr eilig unter dem Tisch verschwinden liess, sich auf, und stammelte ein "Dem Allschöpfer zum Grusse, werter Herr, womit kann ich Euch helfen?
Darf ich Euch eine Erfrischung holen?" In seinem Uebereifer riss er mit dem Ellbogen einen Stapel um, der mit lauten Rascheln auf den geriffelten Stahlboden fiel.
Megan:
Die Aussichtsplattform ist Megans Lieblingsplatz auf Bazaar - an zweiter Stelle stehen die Hangars, an dritter die Markthallen,... Die Kapelle dürfte in etwa an vorletzter Stelle rangieren, die letzte nehmen eindeutig die Quartiere von Graf Mandin Decados ein. Es scheint ihr Schicksal zu sein, sich prinzipiell auf direktem Wege von einem verhassten Ort zum nächsten zu begeben.
Als sie mit Enkidi das Panoramafenster passiert fällt ihr Blick sofort auf die anlegende Fregatte. Was für ein schönes Schiff! Die schweren Schäden versetzen ihr beinahe einen Stich. Auweia, die müssen ziemlich in die Mangel genommen worden sein. Megan verharrt eine Sekunde, gebannt von dem Anlegemanöver, doch Enkidi, dieser ignorante Li Halan, setzt seinen Kurs natürlich unbeirrt und raschen Schrittes fort. Megan seufzt ergeben und steckt resigniert die Hände tief in die ausgebeulten Taschen. Ein geistiger Vermerk, sobald als möglich dieses Schiff näher in Augenschein zu nehmen, dann hastet sie hinter dem sich entfernenden Baron her. "Hast Du die Fregatte gesehen? Toll, was?" Megan wird nie lernen, dass er ihre Begeisterung schlicht und ergreifend nicht teilt. Natürlich erhält sie nur ein abwesendes "Hmmm.." zur Antwort. Manchmal fragt sie sich, wie das zwischen ihnen überhaupt funktionieren kann, wenn sie in derart elementaren Dingen bereits so unterschiedlich sind.
Als sie den orthodoxen Sektor erreichen und sich der schwere Kirchenduft penetrant in ihre Nase setzt, lösen sich die gedanklichen Erörterungen über Sinn und Sinnlosigkeit ihrer Beziehung zu dem Baron in sphärisches Einerlei auf. Megan mag diese düstere, mit Heiligkeit gefüllte Tönung der Luft nicht. Es erinnert sie an harte Steinfußböden, sinnlose Litaneien und Schläge, keinesfalls jedoch an Liebe oder Geborgenheit. Hoffentlich finden sie bald diesen Bruder Erland, sonst kippt sie möglicherweise noch um..außerdem scheint irgendwas mit dieser Frucht nicht in Ordnung gewesen zu sein. Flaues Gefühl in der Magengegend...
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