Autor Thema: Konflikte und der Schmelztigel  (Gelesen 6813 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Konflikte und der Schmelztigel
« am: 5.05.2006 | 11:02 »
Aus gegebenem Anlass. Letzten Sonntag war ich mal wieder in der Situation: Mein Charakter tritt in Aktion, geht ein beträchtliches Risiko ein, damit die Handlung des Abenteuers voran kommt und wir alle uns nicht langweilen. Aber eigentlich hat mein Charakter gar keinen wirklich vernünftigen Grund, in Aktion zu treten und ein beträchtliches Risiko einzugehen. Eigentlich könnte er sich ebenso gut einen bauen und in der Ecke sitzen.

Die meisten Rollenspieler legen wert auf eine Handlung und auf interessante Konflikte. Andere finden es interessanter, eine alltägliche und völlig konfliktfreie Situation auszuspielen, an diese richtet sich dieser Thread nicht. Aber wenn man Konflikte will, sollte man eine Grundregel dramatischer Geschichten berücksichtigen: Man muss die Charaktere im Schmelztigel halten. Die Idee des "Schmelztigels" stammt von Moses Malevinsky ("The Science of Playwriting", 1925). Sie bedeutet: Die Motivation der Charaktere, den Konflikt fortzusetzen, muss größer sein, als die Motivation, den Konflikt abzubrechen. Es darf keinen einfachen Ausweg geben.

Zugegeben. Manchmal stürzen sich verrückte Leute in völlig unnötige Konflikte, obwohl es eine ganz einfache und für alle bessere Lösung gäbe. Aber auch dafür gibt es einen Grund, und dieser liegt eben genau in der Motivation der Charaktere. Ergo: Wer im Rollenspiel einen interessanten Konflikt inszenieren möchte, muss die Motivationen der beteiligten Charaktere genau kennen. In der Regel macht der SL die Konflikte, also sollte jeder SL eine verdammt gute Vorstellung davon haben, was die Spielercharaktere an- und umtreibt. Und, als ob das nicht schon genug wäre, sollte der SL auch noch eine Idee davon haben, welche dieser Triebfedern den Spieler besonders interessieren.

Schön und hilfreich ist es dafür, wenn man sogenannte "Flags" zur Verfügung hat, also Informationen auf dem Charakterbogen, die einem dabei helfen, die Motivationen des Charakters zu erkennen. Ein gutes Beispiel sind die Temperamente in Unknown Armies. Wenn man so etwas nicht hat, hilft es ungemein, einfach mal mit dem Spieler über seinen Charakter zu quatschen, und dabei aufmerksam zuzuhören. Auch die Vorgeschichte, wenn es so was gibt, kann wertvolle Anhaltspunkte enthalten.

Ein guter Konflikt ist immer einer, bei dem Davonlaufen keine Option ist, weil etwas viel zu Wichtiges auf dem Spiel steht. Oder wenn der Charakter doch davon läuft, muss es eine verdammt schwere Entscheidung sein.

Und bevor jetzt wieder irgendwelche Schlaumeier mit irgendwelchen halbgaren GNS-Interpretationen kommen: Das hier hat mit GNS nichts zu tun, sondern mit guten Konflikten. Gute Konflikte kann man in jeder Creative Agenda gebrauchen. Also, bitte kein GNS in diesem Thread.
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Offline Vanis

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #1 am: 5.05.2006 | 11:20 »
Danke für die coole Anregung!

Das ist echt einer der wichtigsten Punkte, die man bei jeder Charaktererschaffung berücksichtigen sollte: Was treibt den Char überhaupt an? Welchen Grund hat er, hohe Risiken einzugehen? In vielen Fantasyrollenspielen geht das nicht über ein "ich will ein Held werden" hinaus. Die Frage ist: Reicht das aus, damit die Chars auch mal wirklich heroische Taten vollbringen und sich selbst in Todesgefahr bringen (also im Schmelztigel bleiben)?

Eine Möglichkeit in meiner HDR Runde ist, die Abenteuer mit den Hintergründen der Chars zu verbinden. Sie haben dann ein starkes persönliches Interesse daran, nicht immer den einfacheren Weg zu gehen.

Viele Systeme "belohnen" auch das Eingehen von hohen Risiken. Wenn die Spieler das Gefühl haben, dass sie bei jedem Risiko, das sie eingehen, immer gleich eins auf die Mütze bekommen, werden sie vorsichtiger.
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Offline Bitpicker

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #2 am: 5.05.2006 | 11:25 »
Nicht vergessen sollte man auch, dass nicht jeder Konflikt aus innerer Motivation heraus angegangen werden muss; es kann auch durch die Umstände bedingt sein, dass der Konflikt unausweichlich wird. Wenn der Prophet nicht zum Berg will, muss dieser eben zum Propheten kommen.

Robin
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Offline 8t88

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #3 am: 5.05.2006 | 11:28 »
Das nennt man beim Schreiben glaub ich indescruciable (oder so).
Das bedeutet dass für den Leser klar sein muss warum ein charakter dies und das und jenes tut.

Warum sollte er mit den leuten zusamnmenarbeiten die er nicht leiden kann?
Weil er mit ihnen zusammen in einer Eiswüste steckt und alleine erfrieren würde.

Warum lässt er den Mann der seine Frau getötet hat am Leben?
Weil der Leser aus den vorherigen Kapiteln weiss dass er nich mehr töten will/kann weil [Grund].
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Offline Lord Verminaard

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #4 am: 5.05.2006 | 11:33 »
Guter Punkt, Robin.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #5 am: 5.05.2006 | 11:41 »
Nicht vergessen sollte man auch, dass nicht jeder Konflikt aus innerer Motivation heraus angegangen werden muss; es kann auch durch die Umstände bedingt sein, dass der Konflikt unausweichlich wird.
Hast du da mal ein Beispiel für so einen Konflikt? Ich kann mir da im Moment keinen guten Vorstellen (muss an mir liegen).
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Offline Dash Bannon

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #6 am: 5.05.2006 | 11:45 »
Konflikte!!
jawohl ja

und deshalb ist es wichtig sich schon bei der (gemeinsamen) Charaktererschaffung seine Gedanken über eben diese Konflikte zu machen und diese dann auch ins Spiel einzubringen.
Es hilft nix wenn man einen tollen inneren Konflikt hat, den aber nie einbringt (dieser nie eingebracht wird).
Hier sind dann sozusagen alle Beteiligten in der Pflicht diese Konflikte auch ins Spiel einzubringen, der SL, der Spieler und seine Mitspieler..
Auch Konflikte zwischen der Charakteren können durchaus ein Teil des Spieles sein (obwohl man da denke ich aufpassen muss, dass es nicht zu Streitigkeiten zwischen den Spielern kommt/der Konflikte zweier Charaktere nicht überpräsent ist).
Und ja, der Konflikt darf auch mal zu den Spielern kommen, der SL will ja auch was zu tun haben.

Aber das wichtigste hierbei ist meines Erachtens: das Konflikte da sind, welche auch immer und das sich alle Spieler auch darüber Gedanken machen/diese Konflikte auch von alleine miteinbringen (und nicht erst auf das Stichwort ihres SLs warten)
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #7 am: 5.05.2006 | 11:48 »
@Fredi:
Beispiel durch einen Chara von mir.
Ramithep, ein Ars Magica Verditius Magier, der in den Bund Serpentia gegangen ist, damit er seine Forschungen in Ruhe weiter betreiben kann, ohne viel mit Politik oder Trubel zu tun zu haben. Leider ist er Loyal ohne Ende, vor allem wen es um seinen Bund geht. Er hat es von seinem Lehrmeister nicht anders kennengelernt, als dass Magier eines Bundes zusammenhalten und die Aufgaben untereinander teilen.
Der Bund ist ein Lehen des Sultan(?) von Damaskus. Daher brauch der Bund einen Diplomaten, der die Interessen des Bundes in Damaskus vertreten kann. Alle andere Magier sind "christliche Franken", also dafür nur schwer zu gebrauchen. Ramithep selber ist ein Nubier. Daher wurde er gefragt, ob er das Amt übernehmen will. Wie heisst es so schön: Einer muss es ja machen...
« Letzte Änderung: 5.05.2006 | 11:50 von Fletcher Christian »
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #8 am: 5.05.2006 | 11:58 »
Oder ein einfacheres Beispiel: Wenn du nicht in das Haus gehst und den Diamanten klaust, wirst du von dem Triaden-Killer erschossen. 8)
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Offline Fredi der Elch

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #9 am: 5.05.2006 | 13:39 »
Leider ist er Loyal ohne Ende
Also wenn das keine innere Motivation ist, weiß ich auch nicht mehr.  ???

Oder ein einfacheres Beispiel: Wenn du nicht in das Haus gehst und den Diamanten klaust, wirst du von dem Triaden-Killer erschossen. 8)
Und das finde ich eben einen furchtbar schlechten Konflikt. Bzw. einen Konflikt, der einmal Spaß macht. Vielleicht ein zweites Mal auch noch. Und wenn man alle Augen zudrückt vielleicht auch noch ein drittes Mal. Aber spätestens dann wird dieser "Konflikt von außen völlig ohne innere Motivation" furchtbar lahm.
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #10 am: 5.05.2006 | 13:47 »
Ist Geldmangel (wird ja immer gern verwendet) ein innerer oder ein äußerer Konflikt?  ;)

Kann eigentlich beides sein: Einerseits braucht der Char Geld, um zu überleben und was zu Essen zu kaufen. Andererseits verbindet sich mit Geld natürlich auch Status und Ansehen (zumindest in den meisten Kulturen) - und der Char, der unbedingt reich sein möchte, will dadurch natürlich eben diesen Status erringen.  ;)

Gewissen Persönlichkeitsmerkmale sind für einen Char immer günstig: Loyalität, Neugier, Geld- oder Statusgier. Schlecht ist ein Bedürfnis nach Sicherheit oder Ruhe.

Gaaanz negatives Beispiel: In WW´s Mummy 2nd Edition gab´s eine Gruppe, die mußte Willpower-Punkte ausgeben, um sich in Gefahr zu bringen (und zwar jedes Fitzelchen Gefahr - das zählte schon Zigarette rauchen dazu). War das plausibel? Für die Gruppierung schon. Ist das sinnvoll? Für einen SC ganz bestimmt nicht!
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The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #11 am: 5.05.2006 | 14:27 »
Also wenn das keine innere Motivation ist, weiß ich auch nicht mehr.  ???
Naja. Der Teil ist eine innere Motivation. Dadurch dass er allerdings den Job angenommen hat, werden ihm von aussen immer wieder Motivationen aufgedrückt. ("Vor kurzem ist eine Burg in der Nähe des Bundes aufgetaucht. Ramithep, erklär Du dem Sultan die Situation!")
Darauf wollte ich eigentlich hinaus.
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #12 am: 5.05.2006 | 14:33 »
Naja. Der Teil ist eine innere Motivation. Dadurch dass er allerdings den Job angenommen hat, werden ihm von aussen immer wieder Motivationen aufgedrückt. ("Vor kurzem ist eine Burg in der Nähe des Bundes aufgetaucht. Ramithep, erklär Du dem Sultan die Situation!")
Darauf wollte ich eigentlich hinaus.
Der Punkt ist aber doch: Wäre er nicht loyal, könnte er jederzeit gehen. Also hält ihn die innere Motivation im Konflikt. Oder wie Vermi sagte:

Ein guter Konflikt ist immer einer, bei dem Davonlaufen keine Option ist, weil etwas viel zu Wichtiges auf dem Spiel steht. Oder wenn der Charakter doch davon läuft, muss es eine verdammt schwere Entscheidung sein.
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #13 am: 5.05.2006 | 14:39 »
@Freid:
So gesehen kannst Du ehrlich gesagt, jede Motivation als innere Motivation bezeichnen, denn auch bei Vermis Beispiel hast Du die innere Motivation nicht sterben zu wollen.
Dann allerdings gibt es wirklich keine äussere Motivationen
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #14 am: 5.05.2006 | 14:44 »
So gesehen kannst Du ehrlich gesagt, jede Motivation als innere Motivation bezeichnen, denn auch bei Vermis Beispiel hast Du die innere Motivation nicht sterben zu wollen.
Ok, vielleicht sollte man sagen "interessante innere Motivation". Jeder will leben, niemand will verhungern oder bettelarm sein. Das sind keine wirklich interessanten inneren Motivationen, weil jeder sie hat.

Aber loyal ist nicht jeder. Wenn der Char den ganzen Scheiß macht, eben weil er loyal ist, ist das IMO schon wieder interessant. Aber vielleicht bin ja nur ich das, der von außen motivierte Konflikte nur begrenzt spannend findet. :)
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #15 am: 5.05.2006 | 14:49 »
@Fredi:
Ok. So kann ich Dir auch zustimmen. Die innere Motivation macht quasi das Salz in der Suppe aus. :)
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #16 am: 5.05.2006 | 14:49 »
Könnte man sagen, daß es zum Zustandekommen eines interessanten Konflikts einer bestimmten innere Einstellung UND eines Antoßes von außen bedarf?
Ich meine - CHristians Char ist loyal, super. Aber ohne äußeren Anstoß hätte der gute Mann sein ganzes Leben im Labor oder Büro sitzen können, ohne daß aus seiner Loyalität je ein Konflikt erwachsen wäre.

Das Konfliktpotential des Charakters kann sich also erst durch von außen induzierte Reibungspunkte entfalten.

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #17 am: 5.05.2006 | 14:52 »
Ein Exspielleiter hat das zumindest halbwegs auch so vesrtanden und das Problem folgendermaßen gelöst. Wenn wir das Abenteuer nicht gelöst hätten, wäre (wieder einmal) die Welt untergegangen.
Und daher sollte man durch die Reifen der ganzen NSC Trottel springen, denen das wohl reichlich egal war und deshalb lieber in Rätseln redeten und Belohungen für hinterher versprachen, anstelle an Ort und Stelle bestmögliche Unterstützung zu liefern.

Leute zu vergiften oder festnehmen zu lassen sind auch weit verbreitete Techniken.
« Letzte Änderung: 5.05.2006 | 14:53 von Maarzan »
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #18 am: 5.05.2006 | 14:53 »
Konflikte müssen immer am Laufen gehalten werden oder man muss auf sie zusteuern, soweit so klar.
Ich denke, wie Fredi, dass dazu im Endeffekt immer eine Form von innerer Motivation beim Charakter vorhanden sein muss.
Selbst bei Problemen die absolut extern erscheinen mögen, kann ein Charakter immr noch irgendwie wählen, braucht also Motivation um so zu entscheiden und nicht so. Kann man die Entscheidung weglassen, oder ist sie quasi schon im Problem angelegt, ist es kein Problem, kein Konflikt, und damit völlig uninteressant und kann (sollte) übersprungen oder weggelassen werden.

Natürlich kann man Situationen konstruieren in denen eine bestimmte Motivation nahezu sicher ist, z.B. die Motivation zu überleben. Das funktioniert aber nur weil die meisten Spieler diese Motivation intuitiv vorraussetzen, außerdem haben sie ein Spielinteresse dass ihr Charakter überlebt, weil sie ihn schließlich spielen wollten.
Ein anderes Beispiel: Jeder Mensch will auch einen gewissen Luxus genießen, Charaktere wollen das allerdings nur selten, da Spieler kein Interesse an schöner Kleidung und gutem Essen für ihren Charakter haben müssen, wenn es nicht mit einem Spielinteresse verbunden ist.

Letzlich läuft es darauf hinaus, dass immer der Spieler an dem Konflikt interessiert sein muss, und er muss die Möglichkeit haben seinem Charakter eine entsprechende Motivation zu verleihen.

Ein klassisches Problem besteht darin, dass ein Spieler seinem Charakter keine Motivationen verleiht, oder der SL herumrätseln muss welche Motivation ein Charakter nun eigentlich hat und oft weiß das der Spieler selbst nicht. Die Spieler müssen sich dann klar machen, dass sie selbst dafür verantwortlich sind ihren Charakteren entsprechende Motivationen zu geben.
Im klassischen Spiel wird oft zu leichtfertig von den Spielern erwartet, dass der SL alle Konflikte extern an sie heranträgt, obwohl das, wie ich geschildert habe, ja garnicht möglich ist.

Davonlaufen ist nur dann keine Option wenn die Spieler es wollen, nicht unbedingt die Charaktere, das ist ganz wichtig. Die Charaktere müssen es nicht wollen. Ein Charakter kann sich durch seinen Stolz, seine Eitelkeit oder seinen Hass leicht in Situationen bringen in denen er nicht sein will, aber der Spieler muss dort hin wollen, denn er entscheidet schließlich über diese Motivationen.

Es ist eigentlich völlig einfach, aber trotzdem wird es oft falsch gemacht, weil erwartet wird das Konflikte "extern" herangetragen werden.
Aber selbst der strahlende Held ohne charakterliche Fehler, dunkle Geheimnisse und verborgene Schwächen hat eine extrem starke Motivation die ihn in die größten Konflikte führt: Er ist ein Held. Er mischt sich ständig in Probleme ein die zu groß für ihn sind und will am liebtsen die ganze Welt retten. Wenn das keine Motivation ist die zu Konflikten führt...

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #19 am: 5.05.2006 | 14:53 »
@Marzaan: Wo ist bitte der Bezug zum Thema in deinem Post? ???

Offline Fredi der Elch

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #20 am: 5.05.2006 | 15:01 »
Das Konfliktpotential des Charakters kann sich also erst durch von außen induzierte Reibungspunkte entfalten.
Du bringst es auf den Punkt. :)
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #21 am: 5.05.2006 | 16:00 »
Ok, vielleicht sollte man sagen "interessante innere Motivation". Jeder will leben, niemand will verhungern oder bettelarm sein. Das sind keine wirklich interessanten inneren Motivationen, weil jeder sie hat.
Dazu noch was. Das seh ich wiederum nicht ganz so. Objektiv muss man aber zum Glück garnicht entscheiden was "interessante innere Motivationen" sind, die Spieler müssen einfach auf die Konflikte zugehen die sie interessant finden.
Auch wenn ein Charakter um sein Leben bangt kann das interessant sein. Die Frage ist eben ob es irgendwen interessiert und das müssen Spieler über Motivationen ihrer Charaktere regeln können (wenn sie keine andere Möglichkeit dazu haben) und diese müssen erkennbar sein, damit andere Spieler (z.B. der SL) das in einem externen Impuls aufgreifen können.

Die Charaktere in Lebensgefahr zu bringen wird nur leider manchmal zum einzigen Impuls den der SL in der Lage ist zu geben, wenn Charaktere keine andere Motivation haben als am leben zu bleiben. Damit signalisiert der Spieler aber im Endeffekt sein Desinteresse am Spiel, so kann das eben nicht richtig funktionieren.
Solche Probleme zu vermeiden ist denke ich das geringste an Spielerverantwortung was man verlangen kann, wenn es um Probleme und Konflikte gehen soll.

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #22 am: 5.05.2006 | 22:07 »
@Marzaan: Wo ist bitte der Bezug zum Thema in deinem Post? ???

Im Eingangspost stand:
Zitat
Ein guter Konflikt ist immer einer, bei dem Davonlaufen keine Option ist, weil etwas viel zu Wichtiges auf dem Spiel steht. Oder wenn der Charakter doch davon läuft, muss es eine verdammt schwere Entscheidung sein.

Die Motivation der Charaktere, den Konflikt fortzusetzen, muss größer sein, als die Motivation, den Konflikt abzubrechen. Es darf keinen einfachen Ausweg geben.

Der besagte Spielleiter hatte das gleiche Problem mit Charakteren, die kein Interesse mehr an den von ihm angebotenen "Jobs" hatten und ist auf dieselbe Lösung gekommen. Nur war seine Lösung nicht unbedingt eine, die das Spielklima langfristig verbessert hätte.

Und auch ein Haufen anderer, auch käuflicher Abenteuer gehen diesen - meines Erachtens problematischen - Weg.

Meine Meinung:
Echte und damit dauerhafte Motivation kann nur aus den Charakteren selbst kommen, und sehe ich für mich als Bedingung, daß die Spieler sich mit dem Charakter als Person identifizieren, genügend Informationen haben um ein wirkliches Gefühl für ihre Umgebung zu haben und diese nicht nur aus kritischen Entscheidungen und Konflikten besteht. Natürlich wird man auch erheblich von der Umgebung geformt und gefordert, aber es muß Raum geben, das der Spieler bzw. Charakter sich selbst entwickeln kann und somit auch sich über sich selbst ins Klare kommen und eigene Konflikte/Ziele wählen kann und nicht immer nur zur Reaktion gezwungen wird.
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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #23 am: 5.05.2006 | 22:15 »
Naja - daß diese Motivation aus den Chars selbst kommen muß, ist doch schon zur genüge klargemacht worden. Bzw. daß es eine konvergenz zwischen äußeren Zwängen und dem Innenleben des Chars geben muss.

Daß die Motivation zum Fortsetzen des Konflikts größer sein muß als die, den Konflikt abzubrechen ist doch wohl klar - sonst geht ja keiner den Konflikt ein. Das schaffen einer Motivation AUS DEM CHAR heraus ist damit auch die große Kiunst bei der Sache. Daß reiner äußerer Zwang da dem Spielspaß abträglich ist hat niemand bestritten.
Was die Reifen der NSCs und deren Weigerung, Informationen rauszurücken damit zu tun haben versteh ich aber immer noch nicht.

Offline Bitpicker

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Re: Konflikte und der Schmelztigel
« Antwort #24 am: 6.05.2006 | 10:28 »
@ Fredi: ein Beispiel hast du ja nun schon; meins wäre die Kult-Kampagne gewesen, bei der die SC irgendwie, ohne es zu wissen, auf der Abschussliste einer Liktoren-Organisation gelandet sind; auch hier ging es vornehmlich ums Überleben und ums Entdecken, was eigentlich vorgeht. Ich sage aber nicht, dass Motivationen von außen kommen müssen - du hast natürlich Recht, wenn du annimmst, dass es bei der zehnten 'Ihr steckt in der Scheiße und müsst sehen, wie ihr da wieder rauskommt'-Kampagne langweilig wird. Aber die zehnte 'ich bin ja so zerrissen zwischen meinem Selbstzerstörungsdrang und meinem Lebenswillen'-Kampagne ist bestimmt genauso langweilig. Es macht einfach wenig Sinn, sich nur auf eine Motivationsquelle zu beschränken.

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