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[Kult / Dread] Das Omega-Wort
Bitpicker:
Die Werwolf-Kampagne geht noch weiter, aber wir haben bisher noch nicht weiter spielen können. Vergangenen Dienstag wollte ich lieber erst mal die SCs diskutieren, auch weil wir nächste Woche wieder nicht spielen werden. Danach die Woche geht es wohl weiter. Die Kampagne endet entweder mit der Entdeckung und (hoffentlich) Bekämpfung dessen, was im Norden Albions eigentlich los ist, oder mit dem Tod der Charaktere...
Robin
Bitpicker:
So, jetzt geht es hier auch mal weiter. Voraussichtlich ab kommenden Dienstag, wenn nichts dazwischen kommt, werden wir mit dieser Kampagne beginnen. Anstatt sie, wie oben angekündigt, mit meinem Regelsystem GeneSys zu spielen, werden wir Dread verwenden, ein System für Horror-Rollenspiele, welches auf Würfel verzichtet und stattdessen einen Jenga-Turm für die Ermittlung von Handlungsverläufen usw. verwendet.
In Dread wird dem Spielleiter eine größere Kontrolle über die SCs eingeräumt, indem er für jeden Charakter einen individuellen Fragebogen entwerfen soll, der den Charakter schon in die richtige Richtung für das Abenteuer lenkt. Im Gegenzug für dieses größere Mitspracherecht habe ich vor, den Spielern weitläufigere Erzählrechte in Verbindung mit ihren Zügen am Turm einzuräumen, was über den Dread-Ansatz hinausgeht: wer am Zug ist, kann erzählen, was er tut, zieht im entscheidenden Moment (oder lässt es) und erzählt dann auch weiter, was unmittelbar danach geschieht. Da es eine präexistente Faktenlage gibt, heißt das natürlich, dass ich ggfs. auch eingreife; wenn z.B. die SC eine Information von einem NSC erhalten wollen, muss ich sie bei erfolgreichem Zug auch liefern, wenn der NSC sie hat.
Die Fragebögen habe ich gestern vorbereitet. Dread empfiehlt durchaus Suggestivfragen oder gar die Festlegung von Fakten in den Fragen, ich habe eigentlich sogar deutlich freier gefragt, als die vielen Beispiele in Dread es nahe legen.
Einige der Fragen sind erst beantwortbar, sobald die Spieler ihre Charaktere vorgestellt haben, aber der Großteil lässt sich vermutlich vorab schon klären.
Der Professor, der die Expedition leitet:
1. Wer bist du?
2. Was fasziniert dich an der Archäologie am meisten?
3. Welches Ereignis in deiner beruflichen Laufbahn würde, falls es herauskommen würde, das Ende deiner Karriere bedeuten?
4. Welche Person weiß davon?
5. Woran glaubst du?
6. Welches Ereignis in deinem Leben hat deinen Glauben an die Grundfesten der Realität am meisten erschüttert?
7. Welchem Teilnehmer der Mission misstraust du?
8. Was würdest du unter keinen Umständen tun?
9. Welche Erwartungen, Hoffnungen oder Ängste hast du bzgl. der bevorstehenden Expedition?
10. Wenn du nicht Archäologe geworden wärst, was wärst du dann geworden?
11. Welche Person hat dein vollstes Vertrauen?
12. Welches zukünftige, unausweichliche Ereignis beschäftigt dich?
13. Welcher Organisation gehörst du an, und warum hältst du deine Zugehörigkeit zu dieser Organisation geheim?
Die türkische Studentin / Professorin:
1. Wer bist du?
2. Welche Vorstellungen hast du von den deutschen Teilnehmern der Expedition?
3. Worin bist du Expertin?
4. Welche Handlung musstest du begehen, um dorthin zu kommen, wo du jetzt bist, für die dich deine Familie verstoßen würde, wenn sie davon erführe?
5. Woran glaubst du?
6. Welches war das traurigste Ereignis deines Lebens?
7. Welches war das schönste?
8. Welche Ambitionen hegst du für die Zukunft?
9. Vor welcher Person hast du großen Respekt?
10. Welche Leute stehen dir besonders nahe?
11. Auf welche Leistung bist du besonders stolz?
12. Was bringt dich am schnellsten auf die Palme?
13. Welcher Charakterzug ist noch mal dein Untergang?
Der Technische Leiter:
1. Wer bist du?
2. Wovor flüchtest du, indem du an dieser Expedition teilnimmst?
3. Wie musstest du gegen deine Prinzipien verstoßen, um den Job zu bekommen?
4. Woran glaubst du?
5. Wodurch wurde dieser Glaube bisher am tiefgreifendsten auf die Probe gestellt?
6. Welcher Person vertraust du bedingungslos?
7. Welches illegale oder verrufene Laster leistest du dir?
8. Was ist deine größte zwischenmenschliche Schwäche?
9. Was beunruhigt dich an deinem neuen Job?
10. Auf welche frühere Leistung bist du besonders stolz?
11. Zu welchem Teilnehmer der Expedition fühlst du dich hingezogen?
12. Was würdest du auch für diese Person nicht tun?
13. Wo wirst du in einem Jahr sein?
Der Doktorand / Assistent
1. Wer bist du?
2. Warum studierst du Archäologie?
3. Welche Widerstände musstest du überwinden, um die Stelle als Assistent des Professors zu bekommen?
4. Welche dabei vorgenommene Handlung könnte dich Kopf und Kragen kosten, wenn sie ans Licht käme?
5. Vor welcher Person hast du echte Angst?
6. Woran glaubst du?
7. Welches Ereignis hat diesen Glauben bisher am stärksten erschüttert?
8. Welcher ungewöhnlichen Neigung gibst du in letzter Zeit immer öfter nach?
9. Welchen Teilnehmer der Expedition verachtest du?
10. Was ist deine größte Hoffnung für die Zukunft?
11. Welches Ereignis aus deiner Kindheit sucht dich bis heute im Traum heim?
12. Welchen abergläubischen Tick hast du?
13. Welche ungewöhnliche Fähigkeit besitzt du, von der keiner etwas ahnt?
Die Ärztin
1. Wer bist du?
2. Was bedeutet dir dein neuer Job?
3. Welche Lüge musstest du erzählen, um ihn zu bekommen?
4. Welche Person hat dich bisher am meisten verletzt?
5. Welches persönliche psychische oder physische Problem gefährdet deinen Ruf als Ärztin?
6. Woran glaubst du?
7. Welcher Gruppierung gilt deine besondere Loyalität?
8. Von welchem Erfolg zehrst du heute noch?
9. Was fasziniert dich an der Expedition, an der du teilnehmen wirst?
10. Was hast du für diesen Job aufgegeben?
11. Welche besondere Fertigkeit hast du, von der du glaubst, dass sie sehr nützlich sein wird?
12. Wovor fürchtest du dich am meisten?
13. Welchen Teilnehmer der Expedition bewunderst du, und wofür?
Robin
Bitpicker:
Gestern Abend haben wir die erste Sitzung gespielt. Die Spieler sind mit dem Gedanken, selbst etwas mehr beizutragen als nur die Handlungen ihrer Charaktere, nur zögerlich warm geworden, aber die Gewohnheiten von in einigen Fällen zig Jahren legt man ja auch nicht so schnell ab.
Die Charaktere sind:
* Justus Greif, Professor für Vorderasiatische Archäologie
* Frank Arens, Afghanistan-Veteran der Bundeswehr, jetzt technischer Leiter
* Irem Erdogan, Dozentin im FB Archäologie an der Uni Ankara
* Samuel Mühlmann, wiss. Mitarbeiter am Institut für Technikgeschichte im FB Altorientalistik
* Aylin Vosskamp, Ärztin mit kurdischer Mutter und deutschem Vater, vormals bei Ärzte ohne Grenzen
Die Fragebögen wurden recht umfassend ausgefüllt, soweit es nicht um die anderen Teilnehmer der Expedition ging, da diese ja noch nicht bekannt waren. Es sind einige interessante Punkte darin, die während der Kampagne noch Relevanz bekommen könnten; insbesondere fällt mir auf, dass die Spieler insgesamt leichter in den Charakter gefunden haben, als wenn sie sich den Charakter völlig autonom vorab ausdenken, auch wenn er dabei recht detailliert ausfällt.
Handlungsseitig haben wir einen Großteil der Vorgeschichte abgehandelt. Die SC lernen einander im Büro von Greif kennen (Irem per Videokonferenz aus Ankara zugeschaltet), die Ausrüstung geht per Transportflieger nach Van, die SC reisen nach Ankara und treffen dort mit Irem zusammen. Insgesamt haben wir nur acht Züge aus dem Turm benötigt, die meisten davon der Spieler von Frank Arens, der noch nie Jenga gespielt hat und schon beim ersten Stein in Panik verfiel... >;D
Neben Arens' 'ich nutze Kontakte, um für uns Waffen in der Türkei bereit zu halten', 'kann ich meine Beruhigungsmittel für mein Veteranensyndrom in der Ausrüstung schmuggeln' und Irems Vorbereitungen für den Transport ab Van bezogen sich die Züge auch auf ein moderat unheimliches Ereignis: während des Treffens im Büro sieht Greif einen Obdachlosen draußen auf der Straße, der einen wallenden schwarzen Bart trägt und zu seinem Fenster hinauf sieht; Arens schaut ebenfalls hinaus und erinnert sich, eben diesen Mann beim Verladen der Ausrüstung gesehen zu haben, der dies von außerhalb des Flughafengeländes beobachtet hat. Am Tag der Abreise erschreckt der Mann Dr. Vosskamp in ihrem Taxi, als er an die Scheibe schlägt und ihr zuruft, sie solle nicht dorthin reisen. In der Lagerhalle in Van überraschen die SC eben diesen Mann, wie er sich an ihren Kisten zu schaffen macht. Irem stellt ihn energisch zur Rede, und er sagt auch zu ihr, sie sollen die Reise hier und jetzt abbrechen, wenn ihnen ihr Seelenheil lieb sei. Sie verlangt zu wissen, wovor er sie warnen will, aber er sagt, dass es genau so schlimm für sie wäre, das von ihm zu hören, wie es selbst zu sehen. Dann verschwindet er in der Menge.
Der Jenga-Turm als Metapher für den momentanen Spannungsgrad der Geschichte hilft dabei, gleichzeitig die Immersion in den Charakter und die Immersion in die Erzählung zu erreichen, so wie man in einem Film oder Buch neben Sympathie für die Charaktere auch ein Gefühl dafür entwickelt, dass 'gleich etwas passieren wird'; die Handlung wird dadurch eher in den Bereich erzählerischer Konventionen gedrückt, und das bei gegenüber unserem sonstigen Rollenspiel noch stark verringerter Meta-Ebene. Bisher habe ich einen vornehmlich plausiblen, realistischen Handlungsverlauf angestrebt, bei dem durchaus auch längere Sequenzen der Spannungslosigkeit auftreten konnten, ich habe bewusst auf typische Erzählstrukturen verzichtet, weil es um Erlebnis-Simulation ging und nicht um optimale Dramaturgie; durch den Jenga-Turm wird eindeutig das Gewicht hin zur Dramaturgie verschoben.
Die Sitzung endete ohne Zusammenbruch des Turms, also habe ich mir seine Struktur notiert, indem ich einfach Kreuzchen in Rechenkästchen für jeden noch vorhandenen Stein gesetzt habe. Daraus kann ich den Turm fürs nächste Spiel rekonstruieren. Die Spieler haben anschließend noch Steine gezogen, um zu sehen, wann der Turm zum ersten Mal zusammenbricht... in acht bis zehn Zügen dürfte es so weit sein.
Robin
Preacher:
Klingt sehr cool. :d
Aber ich hab natürlich ein paar Fragen:
Wie willst Du das regeln, wenn der Turm zusammenbricht? Ich meine, den betreffenden Spieler von der ganzen Kampagne auszuschließen wäre ja schon hart. Wäre das ein temporärer Ausfall und der Spieler in der nächsten Sitzung wieder dabei? Ein Charakterwechsel?
Wie lange ist die Kampagne überhaupt geplant?
Hast Du die Gestaltungsrechte für die Spieler über die oben beschriebene Weise modifiziert?
Ich kann mir da nämlich nicht so viel drunter vorstellen - wie tiefgreifend sind die Gestaltungsrechte? Und es wäre fein, wenn Du genauere Beispiele nennen würdest, inwiefern das noch nicht so recht angenommen wurde.
Bitpicker:
Wenn der Turm zusammenbricht, wird der Charakter wenigstens für die Sitzung herausgenommen oder zumindest, wie in Dread beschrieben, stumm geschaltet (ghosting, S. 60). Ein völliges Ausscheiden finde ich nicht praktikabel.
Für die Länge der Kampagne gibt es keine Planung, vor allem deshalb, weil ich die Zügel nach der Entdeckung des Omega-Wortes schießen lassen will: die Charaktere müssen in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie mit dem gewonnenen Wissen umgehen.
Ich habe den Spielern nahe gelegt, dass sie mehr Einfluss nehmen können; schon beim Vorgespräch wies einer der Spieler darauf hin, dass er ja gewisse Dinge nicht einfach bestimmen könne, weil er in die Sachlage und den Hintergrund von Kult nicht eingewiesen ist. Aber was solche Dinge wie spontane NSC-Generierung, Erzählung der Situation usw. angeht, möchte ich schon gerne mehr Spieler-Input zulassen. Damit müssen die Spieler aber erst warm werden. Ob und wie es funktioniert, müssen wir auch erst einmal ausprobieren.
Ein Beispiel: der Spieler von Frank Arens entschied, an dem Abend in Ankara ins Vergnügungsviertel zu gehen. Weil das eine potentiell gefährliche Situation ist, habe ich ihn ziehen lassen, und eigentlich hätte er erzählen können, da der Zug gelang, was er da so treibt. Selbst bei einem Zusammenbruch oder auch bei der Weigerung zu ziehen hätte er m.E. selbst erzählen können, was passiert: wird bei Weigerung z.B. zusammengeschlagen und ausgeraubt, bleibt aber funktionsfähig, wird bei Zusammenbruch verhaftet und eingesperrt usw. Gerade bei nicht direkt handlungsrelevanten Ereignissen könnte ein Spieler so wesentlich mehr als nur seine intendierten Handlungen beitragen.
Robin
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