Pen & Paper - Rollenspiel > Pen & Paper - Spielberichte

[Warhammer] Die Reise nach Tiléa

<< < (2/12) > >>

Friedie:
Wellentag, der 22. Sommerzeit

Nach einem kurzen Morgenmahl geht es wieder zurück Richtung Kemperbad. Der zweite Tag auf diesem Gaul ist irgendwie noch schmerzhafter als der erste. Ich spüre jeden einzelnen meiner Knochen und muss mich wohl damit abfinden, dass es wohl noch etliche Wochen dauern wird, bis ich mich daran gewöhnt habe. Sehr beeindruckend ist übrigens die Vorstellung von Raslani, die uns den ganzen Weg allein auf Schusters Rappen begleitet. Jetzt leuchtet es mir ein, warum in Bezug auf Elfen häufiger von „Siebenmeilenstiefeln“ die Rede ist.

Die Stadt macht einen ruhigen Eindruck und der Richtplatz scheint fast völlig verweist. Kaum zu glauben, dass hier gestern noch Hinrichtungen stattgefunden haben. Als wir am Sigmartempel eintreffen ruft Magnus ein paar Akolythen herbei, die unsere Pferde in Empfang nehmen und mir vom Pferd helfen, was mir aufgrund meiner gefesselten Hände Schwierigkeiten bereitet.

Im Tempel werden wir in eine Messe geführt, wo uns Tee und Wasser angeboten wird. Der Tee scheint Raslani nicht besonders gut zu schmecken, da bin ich doch froh, mich für das Wasser entschieden zu haben. Von Moosfels fragt nach dem „Oberen“, der dann auch bald erscheint. Wie habe ich mich auf diesen Augenblick gefreut. Denn ich kenne Vater Tolan ja von vor einigen Wochen auf dem Reik, als wir ihn auf unserer Beribeli nach Kemperbad mitnahmen. Heute macht er eher den Eindruck eines höhergestellten Priesters als damals, als er in einfacher Reisekleidung auftauchte und mit Monalon, Wolfgang und mir gemeinsam Mutanten bekämpfte. Sehr beeindruckend, wie er damals seinen Kampfstab einsetzte, den ich anfangs ja für einen normalen Wanderstab hielt. Tolan scheint jedenfalls sehr erstaunt zu sein mich zu sehen, ist allerdings zunächst in ein intensives Gespräch mit Magnus verwickelt, in dem es vornehmlich um Kesselrinks Schwert geht. Als Magnus mich im Laufe seiner Ausführungen als „Verbrecher“ bezeichnet, wird Tolan hellhörig und fragt mich „wie denn ausgerechnet ich in solch eine Situation hereingeraten wäre“. In diesem Moment faltet sich von Moosfels Gesicht zusammen: „Ihr kennt Euch ?“ Ich sage Tolan, dass ich ihm später Bericht erstatten werde. Jetzt erzähle ich ihm erst einmal über die Geschehnisse in Wittgendorf, im Besonderen die mir widerfahrene Erscheinung des Sigmar, und wie dieser mich damals mit seinen Worten zum Schwert des Ritters von Kesselrink geleitete. Als ich berichte, dass ich das Schwert dann zunächst einmal Monalon überliess sind alle sehr erstaunt. Das Schwert sei doch augenscheinlich mir „gegeben“ worden. Ich versuche zu erklären, dass ich ja bereits ein ausgezeichnetes Schwert führte, welches mir bereits gute Dienste leistete und augenscheinlich über so etwas wie magische Kräfte verfügt, da es noch von unseren fernen Vorfahren, den „Slann“ stammt. Sie scheinen mir allerdings nicht recht zu glauben, lassen aber eine Nachricht zum Verena-Tempel bringen um von dort später einen Schwertkundigen kommen zu lassen.

Vater Tolan und Magnus zeigen augenscheinlich grosses Interesse an dem Sigmar-Schwert, und so machen wir uns bald auf zum Gerichtsgebäude, da sich die Waffe ja noch bei Monalons Sachen befinden sollte, es sei denn, die Stadtwachen haben diese mittlerweile verspielt. Der Gerichtsdiener weist uns den Weg, und in einer Truhe befinden sich tatsächlich die gesammelten Habseligkeiten meiner ehemaligen Reisegefährten. Auch das Schwert ist dabei und wird von Tolan und Magnus eindringlich untersucht und auch für echt befunden. Die beiden handeln mit dem Gerichtsdiener eine Entschädigung aus und nehmen die für sie anscheinend „heilige“ Waffe an sich.

Zurück im Sigmartempel gibt es erst einmal eine ausführliche Mahlzeit und auch leckeres Ale. Raslani versucht einem Akolythen beizubringen, wie man richtig Tee zubereitet: „Man kann doch nicht nur heisses Wasser mal eben über ein paar Blätter giessen“. Alle scheinen guter Dinge, Magnus und Tolan sicher aufgrund ihres sichergestellten „Schatzes“. Es wird beschlossen, die kommende Nacht im Sigmartempel zu verbringen. Tolan weist uns Räume zu und übernimmt die Verantwortung für meine Person, was für Magnus auch überhaupt kein Problem darzustellen scheint. Dann taucht der oder vielmehr die Waffenkundige aus dem Verena-Tempel auf, und es ist Ursula Kern, Wolfgangs Mutter. Als diese mich dann auch noch mit meinem Namen begrüsst, ringt Magnus sichtlich mit seiner Fassung. Da komme ich nicht umhin, innerlich laut loszulachen.

Den Rest des Nachmittags verbringen Magnus, Tolan, Raslani und Mutter Ursula mit ausführlicher Schwerterkunde, was mir die Möglichkeit lässt, dem Ale zu frönen und mich ein wenig von den Strapazen der letzten Tage zu erholen. Später werde ich dann dazugebeten und soll noch einmal berichten, diesmal auch über die Ereignisse, die mich in Besitz des Slannschwertes brachten. Ich versuche noch einmal zu erklären, warum ich dieses Schwert vorziehe, und bemerke, als Tolan etwas ungläubig guckt, dass er es ja selbst schon in Aktion gesehen hat. Als er das realisiert, scheint er mich sofort ein bisschen besser zu verstehen. Magnus dagegen scheint erneut etwas konsterniert. Dass nämlich Vater Tolan, ein so wichtiger Priester seines Ordens, und ich jetzt auch noch „zusammen einem gemeinsamen Feind gegenübertraten", also im Grunde alte Waffenbrüder sind, bringt sein Weltbild anscheinend erneut etwas ins wanken, was mich wiederum sehr amüsiert. Mutter Ursula ist immer noch unschlüssig, was nun die Herkunft des Slann-Schwertes angeht und bittet darum, das gute Stück einer genaueren Untersuchung unterziehen zu dürfen. Es wird beschlossen, es ihr bis zum nächsten Morgen zu überlassen, worauf sie sich dann offenbar Richtung Verena-Tempel verabschiedet.

Mit Magnus vereinbare ich, ihm das Sigmar-Schwert zu überlassen, wenn er sicherstellt, dass mir meine Habseligkeiten in Tiléa zugehen, also auch mein eigenes Schwert, dass ich so schätze. Natürlich hätte ich auch darauf bestehen können, dass mir beide Schwerter zustehen, doch zum einen benötige ich keine zwei Schwerter, und zum anderen glaube ich, dass einem Sigmar-Priester gerade solch ein Schwert von grösserem Nutzen ist als mir. Auch glaube ich, ein wenig Grosszügigkeit meinerseits Magnus gegenüber könnte sich für die nächsten Wochen und Monate durchaus als nützlich erweisen.

Nachdem ich dann anschliessend noch Vater Tolan bei ein paar abschliessenden Ales - wie zuvor versprochen - über die Ereignisse der letzten Tage berichte, begebe ich mich zur Nachtruhe.

Friedie:
Daubentag, der 23. Sommerzeit 2512

Der neue Tag beginnt verheissungsvoll. Magnus ist sehr freundlich und zuvorkommend und teilt mir mit, dass ich ab sofort zwar unter seiner Obhut, aber nach aussen hin nicht mehr als „Gefangener“ reise. Ich gebe ihm mein Versprechen, sein Vertrauen nicht zu missbrauchen und auf etwaige Fluchtversuche zu verzichten. Seine Gespräche mit Mutter Ursula und Tolan haben anscheinend einen gewissen Sinneswandel bei ihm bewirkt. Auch mein Vorschlag, die Schwerter zu tauschen, ist bei ihm wahrscheinlich auf fruchtbaren Boden gefallen.

Wir begeben uns zunächst in Richtung Verena-Tempel, wo Magnus kurz verschwindet um das Slann-Schwert abzuholen. Als wir gerade von dort aufbrechen, galoppiert plötzlich ein Pferd auf uns zu. Dem Reiter gelingt es kurz vor uns abzustoppen, da sehe ich, dass es sich augenscheinlich um Taalja handelt, unsere Zufallsbekanntschaft, die eigentlich mit uns hatte fahren wollen, wäre die Beribeli nicht abgebrannt. Magnus zieht sein Schwert, worauf sich Taalja kurz entschuldigt und dann nachfragt: „Was ist denn passiert ?“ Ich werfe ihr kurz zu, dass sich unsere Schiffsreise erledigt hat. Magnus fragt Taalja nach ihrem Begehren worauf sie nichts entgegnet. Sie wirkt verunsichert, nachdem sich ihre Reisepläne so plötzlich in Luft aufgelöst haben. Magnus beschliesst aufzubrechen, wir haben ja schliesslich einen weiten Weg vor uns. Nachdem er bei einer Stadtwache ein Pferd für Raslani organisiert, die uns weiter begleiten möchte: „Stellt es bitte am Südtor für uns bereit“, machen wir uns auf den Weg. Raslani erhält dann auch ein recht ansehnliches Reitpferd, dem sie Sattel und Zaumzeug abnimmt und dieses der verblüfften Stadtwache in die Hände drückt. Elfen benötigen so etwas anscheinend nicht zum Reiten. Raslani: „Wozu hat ein Pferd einen Rücken und zwei Ohren ?“.

Diese Reiterei wird für mich zunehmend zur Belastung. Und das Jucken auf meiner Stirn ist nahezu unerträglich. Nach ein paar Stunden legen wir endlich eine Pause ein. Magnus verpasst mir freundlicherweise einen kleinen Kopfverband. Als wir wieder aufsitzen wollen merken wir, dass wir anscheinend verfolgt werden. Nach ein paar weiteren Meilen sind wir uns dessen ziemlich sicher. Magnus beschliesst anzuhalten, und als der fremde Reiter aufschliesst, zieht Magnus das Schwert. Es ist zu meinem Erstaunen wiederum Taalja. Als Magnus sie erneut zu Rede stellt, bekommt sie zunächst wiederum kaum einen Ton heraus, dann fragt sie, wo sie denn mit mir hinwollten. Magnus möchte nun von mir wissen, ob ich diese Person kennen würde, was ich bejahe und kurz erzähle, um wen es sich bei ihr handelt. So ganz sicher bin ich mir jetzt allerdings auch nicht mehr, irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl. Ist sie gar ein Mitglied der Purpurnen Hand, das mich beschatten soll ? Als Magnus jetzt ungeduldig und unwirsch wird und das Mädchen noch einmal nachdrücklich nach ihrem Begehren fragt, ergreift Taalja wortlos die Flucht. Auf die fragenden Blicke meiner beiden Reisebegleiter hin kann ich nur mit den Schultern zucken.

Wir kommen ganz gut voran, lassen das Gasthaus, in dem wir vor zwei Tagen nächtigten, weit hinter uns und erreichen schliesslich unser Tagesziel, das kleine Dorf Weidenstock. Wenn wir morgen in der gleichen Geschwindigkeit vorankommen, werden wir wohl noch einmal die Ruine von Burg Wittgendorf betrachten können - glücklicherweise steht diese auf dem gegenüberliegenden Ufer des Reik.


Fortsetzung folgt!

Friedie:
Markttag, der 24. Sommerzeit

Am nächsten Morgen versorgt Magnus meine Kopfwunde, die mittlerweile - den Göttern sei Dank - weit weniger schmerzt und allem Anschein nach einen guten Heilungsverlauf verspricht. Das Frühstück im Gastraum der Herberge "Zur alten Weide" ist hervorragend. Ich frage Raslani, ob sie in nächster Zeit Kontakt zu Angehörigen Ihres Volkes erwartet, in der Hoffnung, dass sie vielleicht den Brief, den ich gestern an Marion schrieb, Richtung Delbertz befördern könnten. Wer so schnell unterwegs ist wie die Elfen, garantiert sicher für eine schnellst mögliche Zustellung, so denke ich mir. Ausserdem verfüge ich ja im Moment nicht über die Barmittel, um eine Briefzustellung zu bezahlen. Ihre Antwort darauf ist leider sehr abweisend, sie scheint fast sogar ein wenig beleidigt zu sein, überhaupt auf so etwas Nichtiges angesprochen zu werden. Magnus bekommt unsere Unterhaltung mit und springt hier freundlicherweise für mich in die Bresche, in dem er den Wirt um Erledigung der Sache ersucht und sogar die Beförderungskosten übernimmt.

Als ich dann wieder auf dem Pferd sitze, scheine ich sämtliche Knochen zu spüren, ich versuche mit verschiedenen Sitzhaltungen zu experimentieren, und tatsächlich hilft dies, die Schmerzen etwas zu lindern. Wie beneide ich da Raslani, die über dem Pferderücken zu schweben scheint. Das sieht alles so leicht aus bei ihr. Muss jemand, der vieles so leicht beherrscht und uns Menschen darin weit überlegen ist, nicht fast zwangsläufig ein Überlegenheitsgefühl entwickeln? Vielleicht ist das aber auch bei den Elfen eine Frage des Alters. Ich erinnere mich noch sehr gut an die entspannte Atmosphäre und das gegenseitige Verständnis, als ich damals in Nuln mit Lladhréin zusammen musizierte. Aber er ist eben nicht nur Elf, sondern auch Musiker. Vielleicht ist es ja auch einfach nur eine Frage des Kennenlernens, und mein Eindruck von Raslani als "weiblichem Wolfgang" wird mit der Zeit verfliegen.

Es geht weiter durch relativ dichten Wald, der manchmal durch grössere Lichtungen unterbrochen wird. Durch eine dieser Lichtungen erkenne ich ein grosses Kriegsschiff auf dem Reik, in den letzten Wochen ja ein ja sehr gewohnter Anblick. Es wird Nachmittag, da begegnet uns ein Trupp von sechs berittenen Strassenwachen, zwei von ihnen führen auf ihrem Pferd jeweils eine grausam zugerichtete Leiche mit, offenbar Opfer eines Überfalles von Tiermenschen, wie Magnus vom Hauptmann auch bald erfährt. Der Sigmarianer wirkt ein wenig besorgt, aber der Hauptmann beruhigt ihn etwas, in dem er bemerkt, dass solche Übergriffe zumindest bisher nur zu nächtlicher Stunde vorgekommen seien. Des Nachmittags erblicke ich auf der anderen Seite des Reik ein vertrautes Panorama: die zur Ruine verkommene Burg Wittgenstein und zu deren Füssen die Ortschaft Wittgendorf. Am heruntergekommenen Kai erkenne ich tatsächlich ein paar bekannte Gestalten: Vater Tolan ist dort mit ein paar kaiserlichen Soldaten zu sehen, und auch Michara und Maximilian, der etwas schrullige, aber fähige Arzt aus Kemperbad. Da tut sich anscheinend eine ganze Menge. Mir kommt das Ganze dennoch bereits jetzt vor wie ein Blick in eine weit zurückliegende Vergangenheit. Rund zehn Meilen weiter südlich erreichen wir das Rasthaus der Kaiserlichen Linie "Zur Alten Furt". Im Innenhof empfängt uns ein Bursche, der sich unserer Pferde annimmt. Eine prächtige Kutsche ist dort auch zu sehen - wie schön wäre es, doch einmal in einem solchen Gefährt reisen zu dürfen. Der Gastraum ist gut gefüllt, unter anderem sind da auch wieder einige Strassenwachen. Es gibt über dem offenen Feuer gebratenes Fleisch und auch ein leckeres Ale. Bei den Gesprächen herrscht ein Thema vor, nämlich die sich seit dem Fall der Burg Wittgenstein gehäuften Überfälle seitens der Tiermenschen auf Reisende. Meister Meinhardt, der Wirt, der mich in seiner Erscheinung ein wenig an einen anderen seiner Zunft erinnert, nämlich Simon aus der "Reuse" in Bögenhafen, weiss dazu einiges zu berichten.

Ich habe irgendwie die Befürchtung, dass wir mit diesen Tiermenschen in den nächsten Tagen auch noch zu tun bekommen könnten.

Friedie:
Backtag, der 25. Sommerzeit

Als wir am Morgen den Gastraum betreten, tummeln sich dort auch schon wieder einige der Reisenden von gestern. Ein Herr von Liebewitz - offensichtlich aber nicht verwandt mit der reikländischen Kurfürstin Emanuelle von Liebewitz - stellt sich uns vor und fragt nach unserem Reiseziel. Als er vernimmt, dass wir auf dem Weg nach Tiléa sind, schlägt er vor, dass wir uns, angesichts der neuerlichen Gefahren durch Strassenräuber und Tiermenschen, doch bis nach Nuln zusammen tun könnten. Er sei Kaufmann, und mit einer grösseren Warenladung dorthin unterwegs. Begleitet wird von Liebewitz von zwei Gehilfen: zum einen von Erik, einem Berg von einem Mann, neben dem selbst Magnus fast schmächtig wirkt, und von einem kleinen Tiléaner namens Giovanni. Dieser Kerl fiel mir gestern schon auf, da er die halbe Wirtschaft dazu bringen wollte, ihm beim Karten- oder Würfelspiel Gesellschaft zu leisten. Giovanni möchte wissen, warum wir in sein Heimatland wollen, Magnus erzählt ihm dann aber lediglich, er sei im Auftrag seines Ordens dorthin unterwegs. Aber vielleicht ahnen Erik und Giovanni irgendetwas, denn als ich mich Ihnen mit meinem Namen vorstelle, werfen sie sich vielsagende Blicke zu.

Als wir im Innenhof der Herberge unsere Pferde entgegennehmen wollen kommt uns der völlig verstörte Bursche von gestern entgegen, der Raslani unterwürfig beichtet, etwas ganz Schlimmes sei passiert: der Sattel ihres Pferdes sei verloren gegangen. Er ist dann sehr erleichtert, als er erfährt, dass es diesen Sattel ja nie gegeben hat. In diesem Moment bemerke ich, dass Wichtigste sei ja, dass unsere Kutsche noch vorhanden sei. Einen Moment lang "habe ich ihn", der arme Kerl scheint völlig die Fassung zu verlieren, aber als er dann mein Grinsen bemerkt, und die Anderen in wahre Lachsalven ausbrechen, erkennt er, dass er an der Nase herumgeführt wurde. Was von Liebewitz' Männer da an zwei ihrer Pferde spannen, ist dann zwar nicht die vornehme Reisekutsche - welchem der Gäste mochte die wohl gehört haben, ausser diesem Händler selbst schien niemand wohlhabend genug, um ihr Besitzer gewesen sein zu können - sondern nur ein grosser Handelskarren, aber als Magnus für mich einen Platz auf diesem Gefährt aushandelt, ist das für mich durchaus akzeptabel. Magnus wird mir irgendwie immer sympathischer. Erik und ich machen es uns auf dem Karren gemütlich, die Fahrt geht gut voran und das bisschen Sommerregen stört nicht, sondern erfrischt eher. Erik scheint ein sehr schweigsamer Mensch zu sein, aber das wird ja durch den äusserst redseligen Giovanni mehr als ausgeglichen. Ich denke mir so, dass der Tiléaner von Liebewitz bei Verhandlungen sicherlich gut zur Seite stehen kann, während dieses "Abbild des Sigmar" eher für die groben, körperlichen Aufgaben eingesetzt wird. Bald taucht das Dorf Hügelheim vor uns auf, doch Giovanni meint, für eine Rast sei es noch viel zu früh, und Hügelheim sei ohnehin nicht besonders empfehlenswert: "Zu viele Zwerge". So geht es denn weiter, und am späten Nachmittag erblicke ich zur Linken einen Semaphorenturm auf einem etwas grösseren Hügel. Die Dinger schiessen in letzter Zeit ja wie die Pilze in die Höhe! Ähnliches gilt für die Herbergen der kaiserlichen Linie. Die Herberge "Zum Hügelblick", die wir kurz darauf erreichen, gleicht unseren vorherigen Unterkünften wie ein Ei dem anderen. Noch vor wenigen Monaten, als ich diesen Weg Richtung Nuln bereiste, war diese Strecke noch wie ausgestorben. Als Abendmahlzeit gibt es eine sehr wohlschmeckende Suppe, dazu trinke ich einmal mehr ein sehr leckeres Ale. Raslani und Magnus dagegen entscheiden sich für einen Wein - "Delbertz Südlage". Von den sehnsüchtigen Gedanken, die mich darauf erfassen - so schnell bekomme ich meine hübsche Schankmaid Marion nicht aus dem Kopf - lenkt mich dann der redselige Giovanni ab, der mir ein Spielchen vorschlägt. Diesen merkwürdigen Würfeln, die er da hervorzaubert, traue ich nicht recht, so lasse ich mich lieber zu "Drei Asse" überreden. Von Liebewitz und Erik sind auch dabei und werfen ein paar Münzen als Einsatz auf den Tisch. Mangels Geldes schiebe ich einen vollen Ale-Krug in die Mitte. Giovanni weiss sehr gut, wie die Karten gelegt werden müssen. Der Kerl ist gut, und so gewinnt er auch die ersten Runden. Am Ende des Abends habe ich allerdings nicht nur mein Ale - und zwei weitere - zurück gewonnen, sondern darf zusätzlich auch noch 9 Schillinge mein Eigen nennen. Es zahlt sich doch aus, öfter mit Zwergen gespielt zu haben!

Den Rest des Abends erzählt Giovanni in der Runde über die grossartigen Städte seiner Heimat, mit denen vielleicht noch die wenigen Metropolen des Reiches mithalten könnten, ganz sicher aber nicht die Dörfer im Lande der Grenzfürsten, die ja auch noch vor uns liegen auf unserer Reise nach Tiléa.

Friedie:
Zahltag, der 26. Sommerzeit 2512

Am frühen Morgen geht es weiter und für heute habe ich mir vorgenommen, den Platz auf dem Wagen gegen den auf dem Pferd auszutauschen. Auch wenn die Verlockung gross ist, der Weg ist ja noch weit, und ich habe die Absicht, mich doch möglichst bald an einen Pferderücken zu gewöhnen. Bei allen Schmerzen und der Ungewohntheit kann ich mir doch sehr gut vorstellen, dass es auf Dauer mehr Spass macht, in dieser Weise längere Strecken zu überwinden als auf Schusters Rappen. Und man kommt auch deutlich schneller vorwärts - wenn man nicht gerade ein Elf ist. Da zieht plötzlich ein Sturm auf, es wird schlagartig kalt, und kurz darauf öffnet auch noch der Himmel seine Pforten. Wir kommen nur noch sehr langsam voran, aber immerhin ist man ja irgendwie beschäftigt und in Bewegung, mit Ausnahme von Raslani versteht sich. Der arme Erik sieht auf dem Wagen recht durchgefroren aus, ich glaube, ich habe heute morgen doch die richtige Wahl getroffen. Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir die mir noch sehr bekannte Bergarbeiterstadt Grissenwald, wo wir dann auch gemeinsam beschliessen, die Nacht zu verbringen. In dieser Gegend jagten wir ja damals die Magierin Etelka Herzen, und mein ehemaliger Reisegefährte Jeremias, der Schafhirte, hatte beschlossen, uns zu verlassen und hier auf die Suche nach einem Druiden zu gehen, bei dem er eine Lehre machen wollte. Der Ort ist vollgestopft mit Zwergenvolk, was Raslani sichtlich nervös macht, so wie sie da an ihrem Dolch rumfingert. Auf dem Weg zum "Goldenen Esel", den ich als bewährtes Quartier vorschlage, werde ich häufiger einen freundlichen Zwergengruss los. Magnus bittet den Wirt um drei Einzelzimmer, doch wir bekommen nur deren zwei, da das bevorstehende Sommerwendfest in Nuln für zahlreiche Herbergsgäste gesorgt hat. Wir wechseln in trockene Bekleidung und Magnus kümmert sich um einen neuen Verband für meine Stirn. Der Regen hat die Wunde anscheinend ganz gut ausgewaschen, Schmerzen verspüre ich zum Glück fast überhaupt nicht mehr.
Der Abend im Schankraum bietet wieder eine leckere Mahlzeit, und Giovanni ist wieder auf der Suche nach "Opfern" für seine Karten- und Würfelspielerei. Da ich heute nicht spielen möchte und Raslani sich lebhaft mit einigen anderen anwesenden Reisenden unterhält, komme ich mit Magnus ins Gespräch. Wir tauschen uns ein wenig über meine Heimatstadt Middenheim aus, in der er ja die letzte Zeit verbrachte, und ich erzähle ihm auch ein bisschen über meine Erlebnisse der letzten Monate. Er fragt noch einmal nach dem Schwert des Ritters Kesselrink, das ich ihm daraufhin jetzt auch gerne zur Nutzung übergebe, was ihn wiederum sichtlich erfreut. Sogleich lässt er darauf hin Nachricht nach Kemperbad schicken, er sei nun auch offiziell der neue Schwerträger. Magnus sichert mir nochmals zu, dass ich in Tiléa mein gesamtes Eigentum von ihm zurückerhalten werde. Ich denke, ich werde ihn dennoch bald mal nach meiner Laute fragen, vielleicht macht er da ja eine kleine Ausnahme und händigt mir diese etwas früher aus. Man möchte ja schliesslich in Übung bleiben.

Fortsetzung folgt!

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln