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Soziale Begegnungen ausspielen?

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Lord Verminaard:
Moderationspost

Okay, Leute. Wir haben jetzt genug von "Blödsinn", "Blabla" und "verworrenen Gedanken" geredet. Das sind keine Argumente, sondern Flames. Eigentlich ist das Thema doch interessant, wenn man es nicht so tief in Polemik einbuddelt, dass keiner mehr Lust hat, sachlich ranzugehen, meint ihr nicht? Also, bitte zurück zur Sache.

Settembrini:
Wenn ich Vögel wie TW nicht ihre internen Logikbrüche mit harten Worten klarmachen kann, dann ist nichtmal das Belehren möglich.

Insofern macht dann hier mal alleine weiter.

EDIT: Da das hier ja nicht klar ist: hie rgeht es nicht um Beziehungsebene und eure oder meine Gefühle. Im Prinzip habe ich alles Wichtige zum Thema gesagt, also daß mir keiner denkt, ich pack meine Sachen und bin beleidigt.
Das ist hier ja wichtig, diese Gefühlsgeschichte ::)

Pendragon:
also ich sag mal wie ich das sehe(einiges ist schon gesagt worden):

Ich denke auf die Frage wie weit man soziale Begegnungen ausspielen soll, kann es keine generelle Antwort geben.
Da spielen sowohl persöhnliche Vorlieben eine Rolle als auch unterchiedlich Umstände.
Ich zum Beispiel will die direkte Rede weder aus dem Spiel verbannen noch zum bloßen Beiwerk machen weil sie einfach ein Spaßfaktor für mich ist!
Nun gibt es aber immer wieder Situationen in denen sich ein Würfelwurf anbietet(und grobe indirekte Beschreibungen):
- wenn der Spieler nun gar nicht weiß was er sagen soll um weiterzukommen aber einen glänzenden Redner spielt
- bei nicht so wichtigen Sachen(welche Sachen wichtig muss jede Gruppe für sich entscheiden)
- Ausspielen würde zu lange dauern(da reicht dann auch einfach nur anspielen) zum Beispiel bei einer Diplomatensitzung die mehrere Tage dauert, die Gruppe aber nicht mehrer 
  Stunden Spiel investieren möchte
Es gab durchaus momente in Runden wo mich ewige Einkaufstouren und stundenlanges, erfolgloses Ausfragen von Leuten angeödet haben und man sollte sich auch bewusst sein das Ausspielen immer sehr subjektiv ist(dewegen bei mir im Zweifel für den Angeklagten).

Ich würde mich degegen aussprechen soz. Konflikte wie Kämpfe zu behandeln und diese mit einem zu großen Regelgerüst zu untermauern. Viele Systeme haben meiner Meinung nach viel zu lange Kampfregeln(und dort ist ein größerer Regelanteil zum Teil bei einem best. Spielstil einfach nötig) und auf genauso ausufernde Regeln für soz. Begegnungen kann ich verzichten(hilft mir als Spieler mit einem Meisterdiplomaten bei einem Dungeoncrawl auch nicht soviel) und will es auch nicht.

Wenn dann sollte man eher anders herum gehen und Kämpfe den anderen Regeln anpassen(also Konfliekte ähnlich behandeln wie zum Bsp. bei Dogs).

[tob]ias:
<Settembrinis zweites Trader Joe-Beispiel>


--- Zitat von: Ludovico am  6.01.2008 | 12:33 ---Danke für das zweite Beispiel! Das ist so ziemlich das, was ich meinte.

--- Ende Zitat ---

Ich persönlich hätte da auch auf Dauer keinen Spaß dran. Aber wenn das der vierte Trader Joe an dem Abend ist, den mein Charakter besticht... dann mach ich das auch so.

Was ich sagen will ist: Man wechselt doch auch zwischen Erzählstilen und macht nicht immer dasselbe in Reinform, oder?

Rasumichin:

--- Zitat von: Turning Wheel am  6.01.2008 | 23:34 ---Die Romantheorie finde ich tatsächlich sehr wichtig für die Erzählkomponente von Rollenspielen, aber das Theater kann eben für den Part wo gespielt wird ein großes Vorbild sein.
--- Ende Zitat ---

Kann.

Aber ist es wirklich die passende Analogie?

Vergegenwärtigen wir uns einfach mal die Anforderungen und Beschränkungen, denen ein Schauspieler und ein Rollenspieler ausgesetzt sind.

Beide stellen eine fiktive Einzelperson dar, beide können Stimme, Mimik und Gestik als Ausdrucksmittel nutzen.
Aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten.

Der Schauspieler kann mit vollem Körpereinsatz auf eine oft gegenständlich vorhandene Umgebung reagieren, der Rollenspieler sitzt am Tisch und das Bühnenbild befindet sich ausschließlich in der Vorstellung der Mitspieler.

Er kann nicht ausschließlich schauspielern, er muss erzählen- und eben nicht, wie ein Schauspieler, der einen Monolog hält, sondern wie ein Autor, der eine Geschichte entwirft oder allerhöchstens so, als würde er die beschreibenden Teile eines Dramentextes vorlesen.

Außerhalb von Dialogsequenzen wird er praktisch ausschließlich darauf zurückgreifen können.
Dagegen ist jegliche Verkörperung des SC mit schauspielerischen Mitteln eben nicht unabdingbar, eben nicht das seit Anbeginn des Rollenspiels etablierte Vehikel, über das der Spieler seinen Beitrag zur Gestaltung der Sitzung transportiert.

Insgesamt ergibt das bei mir das Bild eines Erzählers mit abgegrenztem Aufgabenbereich (eben einer einzelnen Figur), der die wörtliche Rede seines Protagonisten schauspielerisch unterstreichend vortragen kann- wie es (in unserer schriftlichkeitsbasierten, mündliche Erzähltraditionen ermangelnden Kultur wohl vielen Rezipienten nicht bewusst) Geschichtenerzähler seit alters her tuen.

Die Schauspieleranalogie speist sich mE primär aus der Fokussierung auf eine einzelne Rolle- nicht so sehr aus der (im Gegensatz zur für das Medium Rollenspiel mitkonstituierenden Erzählung) optionalen schauspielerischen Tätigkeit, die der Spieler ausführt.


--- Zitat ---Direkte Rede ist eben die schauspielerische Komponente des Erzählens, wo man im Rollenspiel dem Theater am nähesten kommen kann durch stimmungsabhängige Sprache.
--- Ende Zitat ---

Mehr als eine Annäherung ist hier aber aus den genannten Anforderungen des Mediums hinaus nicht möglich und auch nur in dem eingegrenzten Bereich der sozialen Interaktion mit anderen Bewohnern des Settings.
Während der SL dem Verhalten des Geschichtenerzählers in bestimmten Spielformen sehr nahe kommen kann, bleibt die Distanz zwischen Spieler und Schauspieler außerhalb des LARP ungleich größer.


--- Zitat ---Ich denke es kommt, wenn wir von Romantheorie sprechen, auch noch darauf an, welche Erzählperspektive man wählt. Indirekt erzählende Spieler erzählen ja meistens in der Ich-Perspektive, der SL bedient sich aber beim spielen der NSCs bemerkenswerter Weise sehr oft der Er-Perspektive - selbst wenn es um soziale Interaktion geht.
--- Ende Zitat ---

1. ist der SL in der Situation, eine weitaus größere und weniger auf persönliche Vorlieben zugeschnittene Auswahl an Figuren führen zu müssen.
Dies wird zwangsläufig zu einer größeren Distanz führen.

2. sehe ich aber auch nicht, worauf Du damit hinauswillst.
Beide Perspektiven -und noch einige mehr bzw. nach unterschiedlichen Kriterien aufgeschlüsselt- finden sich in Romanen und Erzählungen.
Niemand würde einem Roman, der in der 1. Pers. Sing. geschrieben ist, die Romanhaftigkeit absprechen; gerade in postmodernen Werken wird regelmäßig innerhalb einer Erzählung zwischen verschiedenen Perspektiven, auch verschiedenen Erzählformen gewechselt.

Eine autodiegetische Erzählinstanz, also vereinfacht gesagt der klassische Ich-Erzähler, ist als in der 1. Pers. Sing. und innerhalb der fiktionalen Welt erzählend, perspektivisch nur dadurch von einem SC unterschieden, dass er traditionell allein erzählt.

Beziehen wir die perspektivischen Brüche der Postmoderne mit ein, stellen wir uns einen Text vor, in dem mehrere dieser Erzählinstanzen mit einem weiteren, in einer ausgelagerten Perspektive berichtenden Erzähler verknüpft sind, erhalten wir, völlig innerhalb zeitgenössischer, wenn auch nicht all zu konventioneller Romanparameter, eine Struktur, die dem narrativen Grundaufbau eines Rollenspielabends nicht unähnlich ist.

Ich sehe hier im produzierten Text größere Gemeinsamkeiten mit epischen als mit dramatischen Werken.


Natürlich gelten alle diese Analogien unter dem massiven Vorbehalt, dass Rollenspiele ein eigenständiges Medium, noch dazu traditionell mit einem enorm ausgeprägten Anteil inhärent nicht-literarischer Prouktionsprozesse, sind und als solche immer Diskrepanzen zu den genannten Beispielen aufweisen werden.

Aber meine Ausführungen sollten immerhin veranschaulicht haben, warum es keinesfalls abwegig ist, eher den Roman als das Drama als Vergleich heranzuziehen.


Man muss sich für diese Betrachtung natürlich ein gutes Stück weit von dem diskursiven Schaden lösen, den die Forge angerichtet hat, muss die stances als das vorläufige Modell begreifen, dass sie, wie jedes falsifizierbare theoretische Konstrukt, nun mal sind und sich davon nicht in die Denkung einer für die gesamte Betrachtung von Rollenspielen formativen Trias aus Spiel/Erzählung/Verkörperung hineindrängen lassen.

Noch mal zum Mitschreiben :

P&P-Rollenspiel ohne Erzählen/Beschreiben geht nicht.
Rollenspiel ohne Schauspielern dagegen ist problemlos möglich, auch, wenn es manche Spieler nicht ansprechen mag.

Das macht das Laientheater am Küchentisch aber nicht weniger optional.

Ich trage Kämpfe auch lieber auf der Battlemap aus.
Trotzdem ist auch ein Rollenspiel ohne Battlemap ein Rollenspiel.

Und genau so verhält es sich mit der Übernahme schauspielerischer Elemente ins RPG.
Sie sind ein Hilfsmittel, weiter nichts.

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