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Cineastischer Realismus?
Tybalt:
--- Zitat von: Althalus am 28.02.2003 | 13:14 ---Definiere "Cinematisch".
Was in Filmen passiert? Da gibt´s wohl viele Spielarten (vom Extrem ala Matrix bis zu recht realistischen Sachen).
--- Ende Zitat ---
Für mich bedeutes "Cineastisch" (oder "Cinametisch") das sich das Rollenspiel an die Genrekonventionen von Actionfilme hält. Damit ist sowohl der Powerlevel der SC's gemeint als auch der SL-Stil.
Cineastisch bedeutet für mich auch, die Ausdrucksmöglichkeiten des Medium Film aufs Rollenspiel zu übertragen. Z.B. durch den Gebrauch schneller Schitte (Schnelle Überblendungen von z.B. einem Spieler zum anderen), Rückblenden, Schauplätze werden auch mal durch Schildern von Kamerafahren den Spielern nähergebracht usw.
Beispiel von der letzten Session (Arcane Codex): Die Gruppe hatte sich getrennt, sie waren in zwei verschieden Räumen. Ein SC war in einem Gasthaus und erwartete den Besuch eines Diebes.
SL: (zu der größeren Gruppe, die sich in der Haupthalle der Burg befanden) "... plötzlich hört ihr Schreie auf dem Gang, kurzer Kampflärm... die Tür wird aufgestoßen!"
SL: (wendet sich dem anderen Spieler zu, dessen SC im Gasthaus war) "...durch die Tür stürmt eine dunkle Gestalt auf dich zu."
(Das kann man als SL natürlich auch machen, ohne sich "Cineastisch" auf die Fahnen geschrieben zu haben.)
Oder ein anderes Beispiel:
Der Abschluß eines One-Shot auf einem Con (Feng Shui). Die SC's haben gegen Zombies gekämpft, die Welt gerettet, fahren in den Sonnenaufgang, als plötzlich ein SC die anderen anfällt (er war durch einen Zombie verwundet, daran gestorben und selbst zum Zombie geworden. Die anderen SC's töten ihn, aber er schafft es, einen weiteren SC zu verwunden. Dieser weiß nun, daß sein Schicksal besiegelt ist.
Spieler A: "Mein Charakter weiß, daß er auch zum Zombie werden wird. Er blickt SC B in die Augen, schaut dann bedeutungsvoll auf dessen Waffe und senkt den Kopf."
Spieler B. "Mein SC richtet sich auf, und senkt die Waffe langsam, bis er auf den Kopf von SC A zielt."
SL: "Gegen den Sonnenanfgang sind in einem Jeep zwei Gestalten auszumachen. Einer davon kniet auf dem Fahrersitz, seine Waffe ist auf die zweite Gestalt gerichtet, die zusammengesunken auf der Rückbank sitzt. Niemand bewegt sich oder spricht ein Wort. Die Kamera geht langsam zuürck, es wird abgeblendet. Ein Schuß fällt."
Und auch die Organisation der Session folgt dem Medium Film: Wichtige Szenen werden ausgespielt, unwichtiges passiert hinter den Kulissen. In einem Schwarzenegger-Film ist niemand daran interessiert, Arnie beim stundenlangen Einkaufen zuzusehen, wobei jede auch noch so banale Unterhaltung gezeigt wird. (Dafür gibt es schließlich Dogma-Filme... ;)) Es reicht völlig, wenn Arnie irgendwann sagt, daß er einkaufen war. Oder es wird eine kurze (!) Szene in einem Laden gezeigt, damit der Zuschauer weiß, aha, Arnie kauft ein.
Weiterhin ist das Timing wichtig: Leerlauf sollte vermieden werden, der SL muß die Story vorantreiben. Und wenn es grade langweilig wird, greift man auf den Ratschlag von Raymond Chandler zurück und läßt jemanden mit einer Waffe in den Raum stürmen. Während des Kampfes hat man dann genug Zeit, sich zu überlegen, wer er ist und was er wollte. Oder man hört sich die Vermutungen der Spieler an und entscheidet sich dann für eine der vorgeschlagenen Möglichkeiten. :)
--- Zitat ---Der Realismus ordnet sich der Action unter?
--- Ende Zitat ---
Aber immer. Siehe Genrekonventionen
--- Zitat ---Wie weit soll das geschehen?
--- Ende Zitat ---
Siehe Feng Shui. Im Prinzip soweit, wie das die Genrekonventionen verlangen und der Gruppenvertrag der Spielrunde es erlaubt.
--- Zitat ---Und ist es dann für die Spieler auch noch glaubwürdig?
--- Ende Zitat ---
Kommt auf die Bereitschaft der Spieler an, sich darauf einzulassen. Ich kann mir z.B. "Stirb langsam" ansehen und die ganze Zeit "...wie unrealistisch..." murmeln, und der Film wird mich nerven. Der Film kann mir nur Spaß machen, wenn ich mich auf ihn einlasse.
--- Zitat ---Ich handhabe es so, daß echt coole Manöver auch echte Meisterschaft verlangen. Der Kriegermönch, der frisch aus dem Kloster kommt, wird wohl kaum in der Lage sein, die heftigsten Stunts abzuziehen. Der Meister hat da eben wesentlich mehr drauf.
--- Ende Zitat ---
Deswegen bevorzuge ich kompetente SC's, wenn ich cineastisches Rollenspiel machen möchte.
--- Zitat ---Für mich kommen die cinematischen Elemente erst dann, wenn sie auch für den Char möglich sind, aufgrund seines Könnens, das er sich erarbeitet hat. Alles andere würde wohl auch meine Spieler stören.
--- Ende Zitat ---
Was meinst du mit "erarbeitet"? Das mühsame und langwierige Erspielen von Erfahrungspunkten, weil ein Held immer in der 1. Stufe anfängt, oder die Erwähnung von einem "langjährigen Studium bei den roten Kung Fu Mönchen in ihrem versteckten Tempel" in der Hintergrundgeschichte des SC's?
Ich bevorzuge das zweite. Wir spielen nicht oft genug als das ich die "Vom Tellerwäscher zum Millionär"-Nummer bei jedem verdammten SC aufs neue durchziehen möchte. Ich will keine Fackelträger Stufe 1 spielen, ich möchte dann doch lieber etwas höher einsteigen. Und ich möchte mich als SL auch nicht mit ewigen Prologen aufhalten, ich will in medias res.
Tybalt
Althalus:
--- Zitat ---Was meinst du mit "erarbeitet"? Das mühsame und langwierige Erspielen von Erfahrungspunkten, weil ein Held immer in der 1. Stufe anfängt, oder die Erwähnung von einem "langjährigen Studium bei den roten Kung Fu Mönchen in ihrem versteckten Tempel" in der Hintergrundgeschichte des SC's?
--- Ende Zitat ---
Sowohl als auch, würd ich sagen. Da ich keine Stufen benutze, fällt das mal flach. Bei der Char-Erschaffung hat der Spieler aber die Möglichkeit 1. seinen Char völlig frei zu stricken, oder 2. einen Beruf zu erlernen, und/oder 3. mehrere Berufe zu kombinieren.
Was rauskommt sind Chars, die an eine Hintergrundgeschichte gekoppelt sind, und dementsprechende Werte auf einem Niveau haben, das ihnen zwar viele Möglichkeiten gibt, aber immer noch Platz zur Entwicklung läßt.
Ich hab den Eindruck, man hat mein Posting hier als Angriff verstanden - war in keinster Weise so gedacht. Ich habe nur den Eindruck, daß sich in letzter Zeit das Label "Cinematisch/Cineastisch" etwas überbewertet auftritt. Das mag aber auch an der Tendenz neuerer Filme liegen (an denen man sich ja zu orientieren scheint), flache Stories mit Special-Effects zu übertünchen. Mag aber einfach daran liegen, daß ich zu denen gehöre, die einen Char über eine lange Zeit spielen, und FS und LIQUID in mir eher den Eindruck einer One-Shot-Orientierung erwecken.
Smendrik:
Ich denke es ist einfach mal ein "Trend" der unter uns Rollenspieler aufgekommen ist weil es eben ein "lossagen" von Regeln ist. Ich denke es gibt wohl keinen Spieler der noch nie an unsinnigen (??) Regeln verzweifelt.
Ich hab mir auch schon öfters mal vorgestellt in einem RPG einen "klassischen" Filmhelden zu spielen. Das ist in den meisten Systemen nicht möglich...
Ein Beispiel:
In welchem System kann man sich während einer Schlacht "ohne Probleme" zu einem Showdown mit dem gegnerischen Heermeister durchschlagen?
In vielen Systemen geht schon ein Kampf mit einem einfach Soldaten über mehrere Runden...
Tybalt:
--- Zitat von: Althalus am 28.02.2003 | 17:19 ---
--- Zitat ---Was meinst du mit "erarbeitet"? Das mühsame und langwierige Erspielen von Erfahrungspunkten, weil ein Held immer in der 1. Stufe anfängt, oder die Erwähnung von einem "langjährigen Studium bei den roten Kung Fu Mönchen in ihrem versteckten Tempel" in der Hintergrundgeschichte des SC's?
--- Ende Zitat ---
Sowohl als auch, würd ich sagen. Da ich keine Stufen benutze, fällt das mal flach.
--- Ende Zitat ---
OK, es ist halt einfacher "1. Stufe" zu sagen als... ich weiß nicht, Anfänger-SC trifft es nicht, "SC mit relativ wenig Erfahrung" ist umständlich...
--- Zitat ---Ich hab den Eindruck, man hat mein Posting hier als Angriff verstanden - war in keinster Weise so gedacht.
--- Ende Zitat ---
Hmm, ja, wenn ich mir mein Posting so angucke, könnte es als Reaktion auf einen (imaginären) Angriff deuten... Da aber niemand irgendjemanden angreifen wollte, ist alles in Ordnung... :)
--- Zitat ---Ich habe nur den Eindruck, daß sich in letzter Zeit das Label "Cinematisch/Cineastisch" etwas überbewertet auftritt.
--- Ende Zitat ---
Ich denke, daß das Label "cineastisch" in letzter Zeit auffallend häufig verwendet wird, aber YMMV. Der Trend ist schließlich nicht neu.
--- Zitat ---Mag aber einfach daran liegen, daß ich zu denen gehöre, die einen Char über eine lange Zeit spielen, und FS und LIQUID in mir eher den Eindruck einer One-Shot-Orientierung erwecken.
--- Ende Zitat ---
Das stimmt schon. FS glänzt IMHO besonders bei One-Shots. Aber das eine schließt das andere nicht aus, ich mag beides.
Tybalt
Althalus:
@Tybalt: Wenigstens mal jemanden gefunden, der nicht gleich in die Luft geht, wenn Kritik geübt wird. ;)
@DeadRomance: Das mit dem "Durchschlagen" kommt (zumindest bei mir) drauf an, wie der Spieler sich anstellt. Da meine Kämpfe selten über mehr als drei Runden gehen (und da müssen die Gegner schon ziemlich gleich sein), wäre so ein Soldat zwar nicht zu unterschätzen, aber zu umgehen (eine Verwundung reicht aus, um ihn nicht mehr als Hindernis zu sehen).
Und ehrlich gesagt kenn ich keine Filme, in denen der Held "einfach so" zum Big Boss durchkommt - da stehen viele kleine Handlanger dazwischen, und meistens auch einer, an dem er länger zu knabbern hat.
Allerdings - die Kriegernonne in meiner Gruppe hält sich mit sowas auch nur einen Schlag lang auf, dann is er außer Gefecht. ;)
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