Brienne ist ein schwieriger Fall. Ein paar Fechtkünste allein machen ja noch keinen starken Charakter aus. Bisher habe ich noch kein Kapitel aus Briennes Sicht gelesen, sondern nur Interpretationen ihres Verhaltens von Catelyn oder Jaime. Für Catelyn ist sie eine Art größere Sansa, naiv und verliebt in Renly. Jaime hält Brienne für eine Tagträumerin (eigentlich tut das Catelyn auch). Dadurch wird sie wieder auf "dummes Weibsbild mit Schmetterlingen im Bauch" reduziert. Trotzdem ist Brienne bislang eine angenehme Abwechslung zu den anderen Frauen.
Ehrenkodex:
Nach meiner Einschätzung haben viele (auf keinen Fall alle) der männlichen Protagonisten entweder einen abstrakten Ehrenkodex, oder sie sind im Rahmen des gegebenen verantwortungsbewusst. Quasi die Gegenüberstellung von Pflichtethik vs. Verantwortungsethik.
Ned Stark ist da natürlich das Musterbeispiel für den Ehrenkodex, er löst im Grunde die Katastrophe mit seinem Ehrgefühl aus. Bei König Stannis sehe ich das ähnlich, anstatt "Realpolitik" zu betreiben und den Schaden zu mindern, klammert er sich an seinen Thronanspruch. Davos ebenfalls. Robb Stark und Jon Snow gehen möglicherweise auch in die Richtung.
Dagegen halte ich Tywin und Tyrion Lannister ebenso wie Varys für äußerst verantwortungsbewusst. Natürlich wollen sie alle Macht - aber sie beachten auch die Folgen ihrer Politik für das Reich und sie sind sich bewusst, dass es außer ihnen noch andere Leute auf der Welt gibt.
Daneben gibt es natürlich völlig verantwortungslose männliche Charaktere ohne moralischen Kompass, wie z.B. den verstorbenen König Robert, König Joffrey oder Jaime Lannister. Aber es gibt eben mehrere männliche Figuren, die irgendetwas außer Sex und Nachkommenssicherung im Kopf haben. Einzig bei Dany sehe ich momentan soetwas wie ein Verantwortungsbewußtsein für ihre Gefolgsleute jenseits der Kernfamilie, und eben bei Brienne möglicherweise sowas wie einen abstrakten Ehrbegriff.