Gleich vorweg: Ich finde Zombies doof. Richtig doof. Langweilig, uninspirierend, und völlig hirnlos. Sie sind ein rotes Tuch für mich. Und dann ist eines der Themen "Zombies im Nebel". Na danke. Das Tuch flattert so rot, dass es sämtliche anderen Punkte verdeckt. Das ganze Spiel über wabert der Begriff "Zoooombiiiiieeeee" durch mein Hirn. Könnte auch an den Fußballfans liegen. Aber nein, es muss jetzt raus: Ein System zum Thema Zombies. Im Nebel. Das macht's jetzt auch nicht besser.
Victorian ZombiesNebel. Dazu fällt mir jetzt mal gar nichts ein, also spielt das Spiel im viktorianischen London. Da ist immer Nebel, das weiß ja jeder. Außerdem gibt es dort die Themse, das ist ein großer Pluspunkt. Zombies gibt es auch, und jeder Spieler spielt einen davon.
Es war ein außerirdischer Dämonenvirus, der die Charaktere infizierte. Gerade eben noch fröhlich am Lustwandeln, verwandeln sie sich innerhalb von Sekunden in mordgierige, blutlechzende, langsam schlurfende Zombies. Mit dieser neuen Situation muss man erst mal zurecht kommen, das ist nicht angenehm. Am besten geht man erst mal in seine Lieblingskneipe und lässt sich ein Bier zapfen. Und während sich Jimmy über den Zapfhahn beugt, kann man hervorragend sein Gehirn aussaugen. Man muss natürlich aufpassen, dass kein Bobby um die Ecke kommt, der könnte das gar nicht lustig finden.
Victorian Zombies spielt in der Welt von Jack the Ripper, Sherlock Holmes und ähnlichen Romanen. Die Menschen fahren in Droschken einher (Lecker, Pferdehirn, und gleich zwei - dazu noch der Dessert im Holzkasten!) und tragen sehr steife Anzüge. Außerdem bewahren sie immer die Ruhe.
"Charles, da beißt gerade ein Zombie in deinen Kopf."
"Ja, Ellen, das ist mir auch aufgefallen. Könntest du mir bitte den Schürhaken reichen?"
Dunkel Hafengassen, in denen der Nebel wabert. Zombies, die durch ihn hindurch wanken. Britische Bobbies blasen in ihre Trillerpfeifen ... naja, ganz ernst nehmen wird man das wohl nicht können.
Aber was macht so ein Zombie in London, noch dazu in einer Zeit vor der Playstation? Klar, er sucht
Brains! Aber das ist nur ein Mittel zum Zweck. Der Zweck selbst, das kann vielerlei sein:
- Be the best! Der Zombie möchte sich selbst so weit optimieren, das er in allen Bereichen der beste ist. Dafür braucht er viel menschliches Material.
- Zombie Nation! London gehört den Zombies. Das muss man den Menschen mal erklären, so lange, bis keine mehr da sind.
- Things below! Zombies sind coole Säcke. Aber es gibt noch widerliche andere Dinge, mit denen man sich herumschlagen muss. Am besten, man lenkt sie mit Menschenopfern ab und schlürft dann ihre Brains.
- The golden Brain! Die Legende geht, dass es ein goldenes Hirn gäbe, dass einem Zombie unbegrenzte Macht verleiht.
- Escape! Irgendwo muss es doch ein Land geben, wo Blut und Brains fließen, wo man als Zombie nicht missverstanden wird ... Entkomme aus London und finde dieses gelobte Land (Wales?)
Aber wie kann er seine Ziele erreichen? Wie kann er sich durchsetzen, wenn da zig Menschen mit Äxten, Revolvern und Gehstöcken auf ihn losgehen?
RegelnJeder Zombie hat eine grundlegende Ressource:
Brains. Diese beträgt maximal 25 Punkte und wird am besten über Glassteine oder Murmeln oder Streichhölzer oder Gummibärchen abgebildet. Außerdem hat jeder Zombie fünf Eigenschaften:
- Arme: Kraftakte, Zuschlagen, sich gegen Angriffe wehren, Türen aufbrechen, ...
- Beine: Bewegung, Schnelligkeit, schleichen, Ausweichen, Balancieren, ...
- Augen: Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Schusswaffen abfeuern, sich verstecken, ...
- Rumpf: Schaden widerstehen, Ausdauer, Brains aussaugen, ...
- Kopf: Intelligenz, Menschen austricksen, so tun als ob man noch lebt, Fallen entdecken, ...
Jeder Wert bewegt sich zwischen 1 und 5, wobei eine 1 ziemlich schlecht ist, und eine 5 verdammt gut. Für alle alltäglichen Zombiegeschäfte ist keine Probe notwendig, nur wenn es heikel wird oder sich jemand widersetzt, dann muss man schon etwas Energie investieren.
Beispiel: Um dem erschlagenen Billie in einer stillen Ecke das Hirn auszusaugen ist keine Probe nötig. Wenn Billie noch lebt und zappelt, schon. Genauso, wenn man sich dabei beeilen muss, weil ein aufgebrachter Mob es gar nicht lustig findet, dass man gerade Brains genießt.Energie investieren ist hier das Stichwort: Jede solche Anstrengung kostet einen Zombie - und damit meine ich dich! - Energie. Es gibt nur eine Energie:
Brains!
Eine Probe läuft wie folgt ab:
Der Spielleiter legt eine Schwierigkeit fest (ach so, ja: Victorian Zombies hat einen Spielleiter, der Spielleiterdinge macht. Außerdem hat es Spieler, die Spielerdinge machen. So ist das, nix Besonderes hier). Diese Schwierigkeit entspricht einem Würfelwert:
W4 (simpel)
W6 (normal)
W8 (knifflig)
W10 (oho!)
W12 (das wird hart)
W20 (probieren darfst du ...)
Anschließend entscheidet der Spieler, wieviel
Brains er investiert - diese darf er sofort in den großen Pott in der Mitte zahlen, die sind nämlich weg. Der Spieler multipliziert nun die eingesetzten
Brains mit seinem Wert in der entsprechenden Eigenschaft (also Kopf, Augen, Arme, Beine oder Rumpf), und der Spielleiter würfelt mit dem der Schwierigkeit entsprechenden Würfel. Ist der Würfelwert niedriger als das Werte-Produkt des Spielers, hat dieser Erfolg. Falls nicht, hat er Pech gehabt.
Zombie Gerd (Arme 3) möchte eine Tür aufbrechen. Klug wie er ist (Kopf 1) sucht er sich die dicke Eichentüre aus, der Spielleiter sagt, dass das ziemlich schwierig ist und legt eine Schwierigkeit von W10 fest. Der Spieler von Gerd zögert etwas, er will schon gerne rein, aber hat auch einen Plan B, falls es nicht klappt. Er investiert also 2 Brains, und hat somit einen Wert von 6 (2 Brains * 3 Arme). Der Spielleiter würfelt ... eine 5! Die Türe fliegt aus den Angeln. Hätte der Spielleiter eine 6 gewürfelt, hätte sie standgehalten..
Wenn jetzt zwei Charaktere gegeneinander angehen, sei es Zombie gegen Zombie, Zombie gegen Mensch oder Zombie gegen viergehörnte Dämonenschnecke, so legt der Spielleiter eine Schwierigkeit für beide Teilnehmer fest. Diese kann gleich sein, kann aber auch unterschiedlich sein, je nach Situation. Alle Teilnehmer legen wie üblich eine Probe ab. Wem diese misslingt, der scheitert. Wenn sie mehreren gelingt, dann gewinnt derjenige mit dem größten Abstand zwischen Wurf und Werte-Produkt, der gewinnt. Wenn nur einem der Teilnehmer die Probe gelingt, dann gewinnen alle andern. Nein, natürlich gewinnt er.
Bei einem Gleichstand gewinnt der aktiv Handelnde (z.B. der grunzende Zombie, der den Menschen einschüchtern will), bzw. es kommt zu einer Pattsituation wenn beide aktiv Handeln (z.B. beim Armdrücken, hmmm, Armdrücken mit einem Zombie ...).
Menschen haben übrigens den großen Vorteil, dass sie ihre
Brains beim Einsatz nicht verbrauchen. Manche behaupten sogar, dass ihr Hirn durch Übung besser würde. Allerdings dürfen sie nie mehr
Brains einsetzen, als ihr Kopfwert aufweist. Der Spielleiter entscheidet nach Situation, wie hoch sie einsetzen. Wenn sie völlig entspannt sind, nur einen, normalerweise zwei und nur wenn ihnen bewusst wird, dass es um Leben oder Zombifizierung geht, setzen sie mehr ein.
Beispiel: Im Hafen möchte sich unser Zombie Gerd (Beine: 2) an ein lustwandelndes Pärchen (Augen: 3) heranschleichen, um ihre Brains auszusaugen. Angesichts der dunklen Gasse, des laut schwappenden Wassers ist das eine leichte Aufgabe (W4), während der Herr von seiner Begleiterin sehr abgelenkt ist (W8), sie aber nicht von ihm (W6) - so oder so wird es für den Möchtegernverführer keine gute Nacht. Gerd hat ziemlich Hunger, daher investiert er 3 Brains. Die beiden Menschen investieren je 2 Brains - in dieser Umgebung kann man nicht vollends entspannt sein.
Die Würfel werden gerollt. Eine 2 für Gerd, die zu seinem Werte-Produkt von 6 (2 Beine * 3 Brains) einen Abstand von 4 hat. Eine 7 für den Herrn, der daher völlig ahnungslos bleibt, da sein Werte-Produkt nur 6 beträgt (3 Augen * 2 Brains). Für die Dame fällt eine 1, sie erreicht einen Abstand von 5 zu ihrem Werte-Produkt (3 Augen * 2 Brains). Sie dreht sich um und stößt einen spitzen Schrei aus. Hätte sie auch eine zwei gewürfelt, hätte Gerd als aktiv Handelnder diesen Gleichstand gewonnen und könnte jetzt genüsslich schmausen.KampfMenschen sind einfach nicht spendierfreudig, wenn es um ihre Hirne geht. Dementsprechend muss man als Zombie recht häufig nachhelfen.
Nahkampfwaffen werden mit Armen geführt, Fernkampfwaffen erfordern ein scharfes Auge. Wenn das Ziel sich aktiv wehrt, so ist es eine vergleichende Probe (z.B. Arm gegen Arm im Nahkampf, wobei die Schwierigkeit für den unbewaffneten Zombie ein W8 ist, während der Gentleman mit dem Schürhaken aufgrund der Waffe nur gegen W6 antritt). Hat sich der Zombie korrekt von hinten angeschlichen, so ist es nur eine normale Probe gegen eine den Umständen entsprechende Schwierigkeit.
Ein Treffer tut weh. Ein Waffenloser Angriff macht "Arme" Schaden. Ein Angriff mit einem Schürhaken macht Arm + 2 Schaden. Mit einem Schwert werden es Arm + 3. Ein Revolver macht 5, eine Schrotflinte 8. Stell' dir an dieser Stelle bitte einfach eine tolle Waffentabelle vor, sehr ausführlich und augenfreundlich gelayoutet. Hast du das Bild vor Augen? Ja? Mach ein Foto, und schicke es mir bitte, habe gerade keine Zeit, selbst eine zu malen.
Bei Zombies wird dieser Schaden direkt von den
Brains abgezogen. Bei Menschen direkt vom Rumpf. Jupp, so ein Mensch ist deutlich schneller hin als ein Zombie. Die Spieler stehen klar auf der Siegerseite, oder?
Natürlich kann man auch versuchen, dem Schaden zu widerstehen. Dafür muss man eine Probe auf Rumpf ablegen, deren Schwierigkeit dem Würfel entspricht, der größer oder gleich dem Schaden ist. Auch diese Probe verbraucht die eingesetzten Brains - der Zombie darf sich aussuchen, ob er die Probe auch bleiben lässt. Lieber die zwei Schaden einstecken, als drei für die Probe einsetzen. Menschen würfeln wahrscheinlich immer.
Gelingt die Probe, so wird der Schaden halbiert (abrunden). Der Rest trifft aber. Rüstungen sind im viktoriansichen London übrigens völlig unüblich.
Beispiel: Gerd wird von einem Schürhaken getroffen, der noch dazu von einem kräftigen Arm (3) geführt wird. Das macht 5 Schaden. Die Schwierigkeit zum Wegstecken ist ein W6, und Gerd hat nur einen Rumpf von 2. Trotzdem investiert er einen Punkt Brains, er hofft auf (großes) Glück. Der Würfel zeigt eine 4 - Pech für Gerd, so verliert er insgesamt 6 Brains (5 Schaden + 1 für die Probe). Nur bei einer 1 hätte er gespart: Da hätte er Erfolg gehabt und somit 3 Brains verloren (5/2 abgerundet = 2 Schaden + 1 für die Probe). Das hätte er sich eigentlich denken können.Offensichtlich verliert so ein Zombie seine
Brains recht schnell. Wenn sie auf 0 sinken, dann ist er handlungsunfähig. Er liegt nur noch da, und wenn kein Samariter kommt und ihm menschliches Hirn in den Mund steckt, dann ist es innerhalb einer Stunde vorbei. Auch, wenn ihm jemand weiteren Schaden zufügt (Coup-de-grace).
Wie bekommt er seine
Brains zurück? Klar, Menschen aussaugen ist ein prima Weg. So lange dies ohne Störung geschieht, kann er ohne Probleme beliebig lutschen, in kritischen Situationen (der Mensch lebt noch, andere Menschen spielen sich als Retter auf), dann muss der Zombie eine Rumpf-Probe ablegen. Wenn diese gelingt, erhält er die gesamten
Brains des Menschen. Diese entsprechen seinem IQ / 4. Merke: Highschoolfootballer sind kein gutes Ziel. Die haben Kraft, und man kriegt nur lausige 10
Brains. Aber zum Glück laufen die sowieso nicht im viktorianischen London herum. Da besucht man doch lieber Sherlock Holmes ...
Übrigens können Zombies ein Hirn auch teilen, aber nie mehr als ihr Maximum von 25
Brains aufnehmen. Also besser, man schleift zwei Leichen als Vorrat mit.
CharaktererschaffungEin Charakter ist schnell erstellt. Bild malen, Hintergrund festlegen, und die üblichen 2 Seiten Vorgeschichte schreiben, die keine Sau interessiert. Die fünf Eigenschaften fangen alle bei 2 an, man kann aber auch bis zu zwei auf 1 senken, um bis zu zwei andere auf 3 anzuheben. Dann 25
Brains nehmen, und loslegen.
Steigerungen sind immer dann möglich, wenn man ein besonders prächtiges Exemplar der Gattung Mensch überwunden hat. Dann kann man diesen ausschlachten und zum Beispiel die Armmuskeln in den eigenen Körper einpflanzen, oder neue Augen einsetzen. Der Wert der jeweiligen Eigenschaft steigt um 1. Ob das Opfer prächtig ist, entscheidet der SL. Dann muss man schon keine XP verwalten, die ja auch völlig zufällig vergeben werden.
So, dass sind meine ersten Gedanken zu Victorian Zombies, einfach mal runtergetippt. Leider sind's auch meine letzten, denn morgen ist der Tag schon völlig verplant
Also eigentlich ist das kein Designtagebuch, sondern schon das Endergebnis. Mist, dabei habe ich inzwischen Lust gekriegt, das mal zu spielen ...