Pen & Paper - Spielsysteme > Systemübergreifende Themen
Beratung: Fantasy System
Prisma:
Kanishka nennt einige Dinge, die mir auch untergekommen sind.
Hier die, meiner Ansicht nach, wichtigsten Probleme von SW in aller Kürze:
Grobkörnigkeit: Schnelligkeit wird durch Oberflächlichkeit hergestellt. Regeltechnisch werden Charaktere nur durch wenige Dinge definiert. Vergleichsweise wenig Spielraum.
Nicht für alle Settings gleich gut geeignet.
(Favorisiert taktisches Spiel mit Sicht auf das Allerwesentliche. (Keine echte Schwäche, darum in Klammern, aber eine Besonderheit die sich bei Nicht-Taktikspielern zur Schäche entwickeln kann.) )
Wechselnde „Regel(un)tiefen/Regelkonsistenz“: Wenn man sich eingespielt hat, funktioniert SW vergleichsweise zu detaillierteren Systemen fix, allerdings lauern auch „Schlaglöcher“ die bremsen.
Benötigt je nach Aufwand mehr Spielmaterial: Bennies, Spielkarten, Minis/Faltfiguren, Schablonen, Maßband/Battlemap, Gelände, Wheel of Raises, etc. - ja, das Meiste kann man weglassen, aber so richtig aufblühen tut SW nur mit.
OldSam:
--- Zitat von: SohnLokis am 5.10.2010 | 12:19 ---Welche Schwächen hat SW denn nun eigentlich. Seid mal ganz offen und lasst es raus, hier spielen das ja offensichtlich sehr viele auch schon ein bisschen länger. Wo sind die Knackpunkte?
--- Ende Zitat ---
Zunächst mal solltest Du Dir bewusst sein, dass das mit der geringen Differenzierung zwar zunächst praktisch ist, es aber auch einige unschöne Gegebenheiten mit sich bringt - mir persönlich gefällt es z.B. in den meisten Settings gar nicht, dass ein sehr guter Scharfschütze (hoher Shooting-Skill), im Gefecht einfach mal ne Panzerfaust aufheben und perfekt bedienen kann... (und sogar noch besser als ein NPC, der Panzerfaust-Spezialist ist) -- Erinnert mich vom Style her an Quake/CS o.ä., d.h. für so over-the-top-Action-Games passt das natürlich wieder ;)
Während die verschiedenen Würfel bei SW schon stylisch sind, wurde für diesen Effekt leider systemische Eleganz beim Würfelmechanismus geopfert - das stört aber natürlich längst nicht jeden ;) [bzw. bei explizit nicht-realistischen/cinematischen Ansätzen ist das auch unproblematisch]
Es gibt z.B. den IMHO sehr unschönen Effekt, dass durch das Hochwürfeln (exploding dice) viele Ergebnisse sehr zufällig werden, also Würfelglück grundsätzlich einen relativ starken Einfluss hat (es gibt auch keine Normalverteilung o.ä.). Das wird noch dadurch verstärkt, dass die Chance hochzuwürfeln bei "kleineren" Würfeln größer ist: Von der Logik her ist das leider ein Designfehler, denn es bedeutet ingame, dass z.B. ein Charakter der quasi Amateur im Schützenverein ist mit seinem W4-Skill eine sichtlich höhere Chance hat diesen W4 hochzuwürfeln (25%) als ein professioneller Schütze mit W8 (12,5%)!
Das heisst ingame sind auch grundsätzlich relativ häufig, extreme Resultate zu erwarten, also z.B. deutlich mehr Waffenschaden als man bei einem Angriff plausiblerweise erwarten würde o.ä.; bzw. auch Charaktere, die einen Skill gar nicht beherrschen, würfeln hoch und übertreffen plötzlich den Fachmann. [Durch "crits" passiert sowas natürlich bei fast allen Systemen ab und zu, hier aber IMHO ziemlich viel und durch das hochwürfeln auch "qualitativ" sehr deutlich]
Grundsätzlich findest Du aber in verschiedenen Reviews und Diskussionen, auch hier im Forum, diverse Pro- und Kontra-Argumente in dieser Richtung...
Funktionalist:
@oldsam
Das macht aber nicht wirklich etwas aus. Das heißt nur, dass es für je eine Schwierigkeit zwischen zwei Würfeltypen einen sehr kleinen Wkeitabfall gibt. Alle anderen Wkeiten für das überwürfeln eines Wertes steigen mit dem Würfeltyp.
Es ist ja nicht das Ziel, möglichst oft neuwürfeln zu dürfen, sondern möglichst hoch zu würfeln.
Eine 12 auf einem w12 (1/12 aller Fälle), 12 mit w4 (1/64), um mal ein Beispiel zu nennen.
Oberkampf:
Was Master Li sagt: SW hat keine Schwächen, aber es bedient nicht jede Geschmacksrichtung. Das schnelle Aufsteigen ist für mich z.B. ein klarer Pluspunkt.
Ein Punkt, bei die Vorlieben einiger meiner Spieler an den Regeln scheitern: man kann keinen Homo Universalis spielen (aber wo kann man das schon?). SW ist (nach unserem bisherigen Eindruck) eher für Konzeptcharaktere geeignet, die auf eine oder zwei Sachen/Aufgaben spezialisiert sind. Allroundcharaktere, die irgendwie alles ein bisschen können, sind (zumindest am Anfang) kaum konstruierbar. Insofern geht das stark in die D&D-Richtung, wo man als Gruppe ein Team aus Spezialisten baut.
In SW gibt es allerdings keine Barden Charaktere, die im Kampf nahezu komplett nutzlos sind. Dank der Tricks kann jeder etwas sinnvolles tun, wenn es hart auf hart kommt.
Außerdem enthält SW keine eindeutigen Regeln für "social combat". Es gibt zwar eine inoffizielle Ergänzung, settingspezifische Regeln und einige Universalmechaniken (Massenkampf, Chase-Regeln), aber keine explizite Regelung für soziale Interaktion wie Rededuelle oder Bestechungsversuche. Sowas findest Du explizit bei z.B. Fate.
Ein dritter Punkt sind tatsächlich die sogenannten "Freak Rolls" - man kann sehr hohe Würfelergebnisse mit gewaltigen Folgen (im Kampf) erzielen, wodurch entweder ein Hauptgegner im Endkampf sehr schnell getötet werden kann, oder ein SC durch einen Zufallstreffer ausgeschaltet werden kann - selbst in hohen Stufen noch von einem Goblin. SW-Kämpfe haben etwas sprunghafteres an sich als Kämpfe mit anderen mir bekannten Kampfsystemen, wo man stetig Lebenspunkte runterwürfelt (ähnlich sprunghaft kam mir bisher nur Earthdawn vor).
Wegen Deiner Kampfvorlieben, da brauchst Du Dir bei SW weniger Sorgen zu machen, was Dauer und Komplexität angeht. Es ist extra konzipiert worden für Leute, die sich von den hochkomplexen D&D3.x Regeln erschlagen fühlen. Die Kämpfe verlaufen nicht nur schneller (an realer Spielzeit), sondern sind auch einfacher und übersichtlicher. Es gibt in dem System zwar sowas wie Feats/Talente, aber die sind unmittelbar einsichtig und haben keine 100 Synergiewirkungen oder Ausnahmebedingungen. Allerdings musst Du vor einem Angriff durchaus auch mal Boni und Mali überschlagen (was aber, verglichen mit D&D, sehr fix geht und übersichtlich ist).
Abd al Rahman:
--- Zitat von: Fairy Tale am 5.10.2010 | 13:40 ---Savage Worlds hat vor Allem einen unbezahlbaren Vorteil: Man kann aktiv an einem Religionskrieg teilnehmen.
--- Ende Zitat ---
:D Der ist gut :)
Nachteil von SW sehe ich hauptsächlich darin, dass es (siehe die Meinungen hier) einen eigenen Weg geht wie die Differenzierung eines Charakters geschieht. Differenzierung erfolgt nicht über Fertigkeiten und auch nur wenig über Talente. Die Fluff/Rollenspielerische Differenzierung erfolgt über das Allgemeinwissen. Das Konzept ist zwar einfach, muss sich aber erst einmal setzen.
Allgemeinwissen ist all das, was ein Charakter aufgrund seiner Herkunft und Werdegangs wissen und können sollte.
Beispiel:
Die Abenteurer sind irgendwo in Afrika zu Gast bei einem Fest. Es wird ein Tanz aufgeführt, bei dem es wichtig ist, dass die Charaktere dabei eine gute Figur machen.
Das würde bei Savage Worlds über Allgemeinwissen abgehandelt:
Es ist ein Adliger dabei. Dieser Adlige könnte sagen, dass er eventuell den Tanz aufgrund seiner Herkunft und Stand (Mal bei einer Aufführung bei sich am Hofe dabeigewesen) kennen könnte.
Stimmt dem der Spielleiter zu, würfelt der Spieler auf seine Intelligenz, eventuell noch modifiziert (je nachdem für wie wahrscheinlich der Spielleiter dieses Wissen hält). Gelingt dieser Wurf, weiß der Charakter von diesem Tanz und nach einem erfolgreichen Wurf auf seine Geschicklichkeit kann er diesen Tanz sogar (mehr oder weniger erfolgreich) mittanzen.
Dieser Aspekt der Regeln wird gerne vergessen, wenn SW als zu grobkörnig beschrieben wird.
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