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Text vermittelalterlichen
1of3:
Dann macht doch einfach mal sowas auf: http://tanelorn.net/index.php/topic,21861.0.html
Rabenstein:
Willst du Marktsprech oder etwas, was dem mittelalterlichen Deutsch nahe kommt?
Bei ersterem muß ich passen, da Marktsprech bei mir akute Brechreizattacken verursacht. ;)
Wenn du spätmittelalterliches Deutsch (Frühneuhochdeutsch) simulieren willst, nimmst du am einfachsten einen bairischen (ohne y) oder alemannischen Dialekt und schreibst alles so, wie es gesprochen wird. Also bayrisch, schwäbisch, alle möglichen österreichischen Dialekte. Da eine moderne, hochdeutsche Schriftsprache noch nicht erfunden war, wurde alles recht direkt zu Papier oder Pergament gebracht - also so wie's Maul gewachsen war.
Du kannst noch lokale Feinheiten einbauen, wie ei durch ai, z und tz durch cz ersetzen, teilweise i durch y oder d durch t und b durch p. Eine oft gesehene Eigenheit ist z.B. auch, daß bei Anrede in der 2. Person das Du mit dem Verb verschmilzt. Also "willst du" -> "wiltu". Ebenso wie die (aus heutiger Sicht) falsche Verwendung von doppelten oder einfachen Buchstaben, also l statt ll oder ck statt k.
Damit bekommst du natürlich keinen Text in richtigem Frühneuhochdeutsch, aber eine fürs Rollenspiel ganz brauchbare Simulation.
Ein Textbeispiel von echtem Frühneuhochdeutsch (aus dem Codex Wallerstein):
Item ob du ainen pauren wild schaczen so vas
im dy haut zu samen an seinen hals und stich
im dar durch, als hie gemalt stet so maint
er man hab im denn hals ab geschnitten und schat nit
Wenn du einen Bauern ausrauben willst, so fasse
seine Haut an seinem Hals zusammen und stich
ihm da durch, wie es hier gemalt ist, so daß er meint,
man habe ihm den Hals abgeschnitten, und es schadet nicht.
Achja, Groß/Kleinschreibung gab es in dem Sinn auch noch nicht. Es wurde meistens alles klein gescdhrieben, außer am Satzanfang, Eigennamen und wichtige Wörter, die man hervorheben wollte (das konnten dann auch Verben oder Adjektive sein).
Rabenstein:
Einen sehr schönen Text möchte ich noch als Beispiel bringen. Mitte des 15. Jahrhunderts hat ein alter Fechtmeister (Hans Talhoffer) dieses Gedicht seinem jungen Schüler (einem Adligen aus Königsegg) als Einleitung in sein Fechtbuch geschrieben.
Vorweg zur Erklärung: °, ~ und ¨ sind Ligaturzeichen und wurden über dem vorangehenden Buchstaben geschrieben. ° wird als o (oder manchmal als er) gelesen und ~ meistens als n oder r (ergibt sich aus dem Sinn). ¨ steht für ein e.
mu°t -> muot (Mut)
frawe~ -> frauen (Frauen)
trw¨ -> true (Treue)
Im Text fällt auch auf, daß statt u konsequent v oder w geschrieben wird.
Aber nun zum Text:
Jung man nu lern
got liebhãn vñ frawe~ eren
red frawen woll
vnd biß manlich da mã soll
hüt dich võ lügen
vnd vor schamlichen krüge~
setz din syn vff erlich sach
vnd gedenck nach ritte~ schafft
mit freiden üben
stain werffen vñ stang schüben
tantzen vnd springen
fechtten vnd rÿngen
stechen vnd turniere~
schönen frawe~ hofiere~
ainß schimpff sande~ schertz
fechtten wil haben ain h°tz
Jung man erschrickst du gern
so soltu nit fechtte~ lernen
Es wer v°lore~ kunst
wen võ dem schlag de~ dãnst
vnd die grossen straich
machñt ain zag h°tz bald waich
Nu~ hab ain manß mu°t
gen dem der dir vnrechtt tu°t
wiltu mit eren beliben
so soltu die warheit nit v°triben
hüt dich vor den bösen
die trw¨ nit kündent lösen
haust du das recht v°numen
so gesell dich zu° den frumen
wen man dir rãt wil geben
so soltuß mercken gar eben
sol machst du v°stãn dabÿ
ob es dir gu°t oder schad sÿ
Also redt der talhoffer
Nu~ merck vff die rechtu mer
du solt dich ga° woll besÿnne~
wer du wilt fechtten oder rÿnge~
vnd merck vff des fechtes trw¨
der sÿtt de~ ist nit nw¨
getrw nit ÿederman
vnd stand vast als der ber
das du nit schliffest hin vnd her
Daruff so mercke vnd bruch all din stercke
als in der rechtte wage nach gu°tter kunst so frage
vnd sich dein bu°ch gar eben an so vindst du eß gemalet võ dir stãn
Die Übersetzung:
Junger Mann, nun lern
Gott zu lieben und die Frauen zu ehren.
Sprich von Frauen wohl
und sei tapfer, wie ein Mann es sein soll,
hüte dich vor Lug
und vor schändlichem Trug.
Setze deinen Sinn auf ehrliche Sachen
und befleißige dich in der Ritterschaft.
Mit Freuden sollst du üben:
Steine werfen und Stangen schieben,
Tanzen und Springen,
Fechten und Ringen,
Lanzenstechen und Turnieren,
und schönen Frauen zu hofieren.
Sei aufgelegt zu Schimpf und Scherz,
Fechten verlangt Herz.
Junger Mann, erschrickst du gern,
so sollst du nicht das Fechten lernen.
Es wäre verlorene Kunst,
denn das Dröhnen des Schlages
und die großen Streiche
machen ein zaghaftes Herz bald weich.
Nun habe eines Mannes Mut,
gegen den, der dir Unrecht tut.
Willst du bei Ehren bleiben,
so sollst du die Wahrheit nicht vertreiben.
Hüte dich vor den Bösen,
die keine Treue halten können.
Hast du das recht vernommen,
so geselle dich zu den Frommen.
Wenn man dir Rat will geben,
so überdenke diesen gar eben.
So erkennst du dabei,
ob er dir gut oder schädlich sei.
So spricht der Talhoffer!
Nun lerne die rechte Lehre:
Du sollst dich gar wohl besinnen,
wenn du willst fechten oder ringen.
Und bleibe dem Fechten treu,
denn der Brauch ist nicht neu.
Traue nicht jedermann.
Und steh fest wie ein Bär
daß du nicht wankst hin und her.
Das merke dir und brauch all deine Stärke
also in der rechten Waage. Nach guter Kunst so frage
und schau dein Buch gar eben an, so findest du sie gemalt vor dir stehen.
Ranor:
--- Zitat von: Rabenstein am 13.08.2011 | 12:14 ---Jung man nu lern
got liebhãn vñ frawe~ eren
red frawen woll
...
--- Ende Zitat ---
Ich würde wohl direkt aufstehen und gehen wenn mir mein Spielleiter so einen Text (oder etwas ähnliches) vorsetzen würde... :gasmaskerly:
Ansonsten: Ich bezweifle, dass es so ein Tool gibt. Denn A) gibt es keine "mittelalterliche" Sprache und B) sind bspw. Übersetzungstools immer noch mit auch aktuellen Sprachen überfordert.
Gorai:
@Pyromancer: Aus welcher Ecke von Deutschland stammst Du?
Früher, im Mittelalter wurde in jedem anderen Landesteil von Deutschland ein anderer Dialekt und/oder Mundart gesprochen.
Vielleicht gibt es in Deinem Familien- und/oder Bekanntenkreis, der noch Eure alte Mundart spricht und fragst ihn, ob er/sie
Dir den Hochdeutschen Text übersetzt.
Der Text sollte von Deinen Spielern noch am leichtesten zu übersetzen sein ;).
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