Autor Thema: Was ist für's Rollenspiel notwendig?  (Gelesen 8404 mal)

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Offline Mutifu

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #25 am: 20.03.2013 | 01:35 »
Ich würde ein explizites Charakterkonzept für unabdingbar halten. Dass zu Spielbeginn ein Konzept des Charakters festgelegt und von da an eingehalten wird, macht für mich RPG aus.  
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Offline Turning Wheel

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #26 am: 20.03.2013 | 01:36 »
Wenn man für Rollenspiel tatsächlich nichts anderes als einen oder mehrere Spieler braucht, die sich gegenseitig was erzählen und dabei Rollen verkörpern, dann kann ich auch argumentieren, dass Monopoly ein Rollenspiel ist. Man verkörpert ja quasi die Rolle eines Typen, der Hotels kauft und trotzdem ständig in den Hotels anderer Typen übernachtet, und wenn du mal auf einem besonders teuren Feld gelandet ist, dann "erzählt" man dir auch gerne mal, wie genau dein Typ dort über den Tisch gezogen wurde (persönliche Erfahrungswerte von mir aus einer Monopoly-Runde mit anderen Rollenspielern).

Frage: Ist sowas eurer Meinung nach Rollenspiel oder nicht?
Persönliche Meinung von mir: Eher nein.

Monopoly sieht in seinen Regeln weder vor, dass man sich mit seiner Spielfigur identifiziert, noch dass man nebenher die Spielgeschehnisse in erzählerische Form bringt und nicht existente Hintergründe dazu erfindet.
Ich hätte gesagt, wenn das nebenher passiert, hat innerhalb der Runde Monopoly tatsächlich Rollenspiel statt gefunden.

Nicht jeder Gedanke ÜBER eine fiktive Identität. Aber sehr wohl schon das Ausüben des "In die Rolle hineinversetzens" bspw. ein Schauspieler bevor auf die Bühne bzw. vor die Kamera tritt. Es ist aber natürlich nicht das Rollenspiel, das wir meinen, wenn wir von RPG sprechen.

Na gut, dann kehr mal zurück zu unserem RPG-Hobby. Ist da noch deine Theorie mit den beiden Spielern gültig? Und wenn ja, was müssen sie machen, damit du es Rollenspiel nennen kannst?

Ich würde ein explizites Charakterkonzept für unabdingbar halten. Dass zu Spielbeginn ein Konzept des Charakters festgelegt und von da an eingehalten wird, macht für mich RPG aus.  

Das ist eine neue Idee. Was meinst du mit einhalten? Was muss man tun, um dieses Konzept einzuhalten? Wird es auch eingehalten, wenn das vorgegebene Konzept nie Gegenstand des Spiels wird (Mein Revolverheld-Konzept wird ausschließlich durch die Fertigkeit Schneller-als-alle-anderen-ziehen definiert. Ist es kein Rollenspiel, wenn am ganzen Abend keine Schießerei stattfindet, wo ich mein Konzept ausspielen kann)?
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 01:44 von Black »

Eulenspiegel

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #27 am: 20.03.2013 | 01:43 »
"Rollenspiel" ist ein extrem weiter Begriff unter den auch Cowboy&Indianer oder Puppenspiel oder sonstwas fallen kann.

Ich beschränke mich daher mal auf die Frage: Was ist notwendig, um Pen&Paper zu haben?
- 1 Spieler
- 1 fiktive Figur, die vom Spieler gesteuert wird
- Regeln, die die Allmacht des Spielers unterbinden. (Sonst hätten wir kein Pen&Paper sondern einen Romanautoren oder eine Fanfiction)
- körperliche Aktivitäten dürfen nicht im Vordergrund stehen (sonst haben wir kein Pen&Paper sondern LARP).

Offline rettet den wald

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #28 am: 20.03.2013 | 01:44 »
Ich würde ein explizites Charakterkonzept für unabdingbar halten. Dass zu Spielbeginn ein Konzept des Charakters festgelegt und von da an eingehalten wird, macht für mich RPG aus.  

Laut dieser Definition sind Systeme wie Burning Wheel, wo es ein explizites Ziel ist, dass der Charakter irgendwann über sein ursprünliches Konzept hinauswächst, keine Rollenspiele.
"A game should be a system of rules that allow the player to explore. If the player finds loopholes, then the game developer should fix them. It's never, ever the player's fault: it's the game developer's fault."

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Offline Turning Wheel

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #29 am: 20.03.2013 | 01:48 »
- 1 fiktive Figur, die vom Spieler gesteuert wird
- Regeln, die die Allmacht des Spielers unterbinden. (Sonst hätten wir kein Pen&Paper sondern einen Romanautoren oder eine Fanfiction)

Danke für die Ausführung. Ich habe zwei Punkte rausgegriffen, zu denen ich eine Frage hätte.
1. Was meinst du beim ersten Punkt mit steuern? Was ist mindestens notwendig, damit man von steuern sprechen kann?
Sind z.B. Gedanken ausreichend?
2. Was ist mit Spielen, die die Erzählrechte gar nicht einschränken? Z.B. ein Tarotkarten-System auf deren Basis eine assoziative Erzählung des Spielers stattfindet, die nicht eingeschränkt ist (Engel, Everway, Idee!...).
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 01:50 von Black »

Offline rettet den wald

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #30 am: 20.03.2013 | 01:50 »
Monopoly sieht in seinen Regeln weder vor, dass man sich mit seiner Spielfigur identifiziert, noch dass man nebenher die Spielgeschehnisse in erzählerische Form bringt und nicht existente Hintergründe dazu erfindet.
Ich hätte gesagt, wenn das nebenher passiert, hat innerhalb der Runde Monopoly tatsächlich Rollenspiel statt gefunden.

Ok... Merke: Das nebenher-Erzählen von Hotelbesuchen in einer Monopoly-Runde ist Rollenspiel.
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Offline Mutifu

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #31 am: 20.03.2013 | 01:52 »
Einhalten bedeutet erst einmal, dass man den Charakter Aktionen durchführen lässt, die mit dem Konzept übereinstimmen. Im Falle von festen Spielwerten bleibt einem, zumindest was diese angeht, gar nichts anderes übrig. Gibt es keine Spielwerte ist die Frage wann das Konzept eingehalten ist nicht unbedingt eindeutig zu beantworten. Vielleicht hätte ich lieber sagen sollen man orientiert sich an diesem Konzept? Ich würde aber auf jeden Fall sagen das Konzept gilt auch als eingehalten, wenn es im Spiel nicht zum Tragen kommt.

@ Burning Wheel: Ich würde nicht sagen, dass das Konzept unabänderlich ist. Wichtiger ist mMn, dass es existiert und, dass es in irgendeiner Form explizit festgelegt wird (Und sei es nur durch verbales Beschreiben des Charakters oder Überlegungen des Alleinspielers, wenn man dessen Spiel als RPG akzeptieren will)
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Callisto

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #32 am: 20.03.2013 | 01:55 »
Monopoly sieht in seinen Regeln weder vor, dass man sich mit seiner Spielfigur identifiziert, noch dass man nebenher die Spielgeschehnisse in erzählerische Form bringt und nicht existente Hintergründe dazu erfindet.
Ich hätte gesagt, wenn das nebenher passiert, hat innerhalb der Runde Monopoly tatsächlich Rollenspiel statt gefunden.

Na gut, dann kehr mal zurück zu unserem RPG-Hobby. Ist da noch deine Theorie mit den beiden Spielern gültig? Und wenn ja, was müssen sie machen, damit du es Rollenspiel nennen kannst?


Ich würde sagen in unserem Hobby gehört die Interaktion dazu, daher brauchen wir zwei Menschen die mit/in einer Rolle interagieren (ergo zwei Spieler, von denen einer SL sein kann, der dann zeitweise NSCs darstellen kann). Dazu brauchts eigentlich keine Regeln, die die Allmacht unterbinden, auch wenn oft welche erfunden werden, um Konflikte ohne Streitigkeiten zwischen den Beteiligten schnell lösen zu können.

Offline Turning Wheel

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #33 am: 20.03.2013 | 01:56 »
Wenn man bei Burning Wheel irgendwann sein Konzept überkommt, dann hat man sich doch gerade daran orientiert.  ;)
Mich würde interessieren, was eigentlich ein Konzept ist? Ist das jede beliebige Information über den Charakter?

Ok... Merke: Das nebenher-Erzählen von Hotelbesuchen in einer Monopoly-Runde ist Rollenspiel.

Aber vermutlich nur, wenn auch eine Identifikation mit den Figuren stattfindet, oder?
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 02:02 von Black »

Offline rettet den wald

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #34 am: 20.03.2013 | 01:58 »
@ Burning Wheel: Ich würde nicht sagen, dass das Konzept unabänderlich ist. Wichtiger ist mMn, dass es existiert und, dass es in irgendeiner Form explizit festgelegt wird (Und sei es nur durch verbales Beschreiben des Charakters oder Überlegungen des Alleinspielers, wenn man dessen Spiel als RPG akzeptieren will)

Hmm... Wenn Konzepte veränderbar sind, dann macht das natürlich schon deutlich mehr Sinn. Aber muss das Konzept wirklich vorher explizit festgelegt sein? Was ist mit Spielweisen, wo sich das Charakterkonzept erst im Laufe des Spiels ergibt?



EDIT:
Aber vermutlich nur, wenn auch eine Identifikation mit den Figuren stattfindet, oder?

Ja, natürlich. Bei uns hat der "Hotelgast" in-character für sich gesprochen, und der Besitzer des Hotels in-character für das Hotelpersonal.
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 02:01 von rettet den wald »
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Offline Mutifu

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #35 am: 20.03.2013 | 02:07 »
Was ist mit Spielweisen, wo sich das Charakterkonzept erst im Laufe des Spiels ergibt?

Für die wäre meine Aussage dann wohl falsch. Ich persönlich kann mir aber auch nur schwer vorstellen als komplett unbeschriebenes Blatt zu beginnen.
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Offline rettet den wald

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #36 am: 20.03.2013 | 02:11 »
Ich persönlich kann mir aber auch nur schwer vorstellen als komplett unbeschriebenes Blatt zu beginnen.

...Ich mach das ständig, vor allem in Systemen wo Charaktere eine relativ hohe Mortalitätsrate haben. Hier bekommt ein Charakter erst dann eine etwas genauere Ausgestaltung, wenn er die ersten zwei bis drei Sessions überlebt hat.
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Offline Garonoth

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #37 am: 20.03.2013 | 02:15 »
Dann ist das Kozept vielleicht sehr grob, aber irgendeine Vorstellung muß man doch von einem Charakter haben, oder?
Wenn ich ein Spiel mit einem vollständig "leeren Blatt" beginnen würde, wäre nicht meine erste Handlung, ob nun im- oder explizit, irgendeine Facette des Charakters zu definieren?
Jede Aussage schränkt doch den (zunächst unbegrenzten) Raum des Möglichen ein...

Insofern sehe ich persönlich da keinen Widerspruch.
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Offline Turning Wheel

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #38 am: 20.03.2013 | 02:17 »
...Ich mach das ständig, vor allem in Systemen wo Charaktere eine relativ hohe Mortalitätsrate haben. Hier bekommt ein Charakter erst dann eine etwas genauere Ausgestaltung, wenn er die ersten zwei bis drei Sessions überlebt hat.

Aber du hast doch dann sicher schon einen ganzen Bogen voller Zahlen, die insgesamt ein übergeordnetes Profil haben. Außerdem vielleicht eine Rasse, einen Beruf etc. Ist das kein Konzept?

Kann man nicht jede Vorstellung über den Charakter als eine Art Konzept bezeichnen?

Oder genauer gesagt: Der gespielte Charakter ist doch das Konzept - wann immer dessen Profil auch immer erschaffen wird (vorher oder direkt beim Spiel).
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 02:22 von Black »

Offline rettet den wald

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #39 am: 20.03.2013 | 02:22 »
Dann ist das Kozept vielleicht sehr grob, aber irgendeine Vorstellung muß man doch von einem Charakter haben, oder?

Aber du hast doch dann sicher schon einen ganzen Bogen voller Zahlen, die insgesamt ein übergeordnetes Profil haben. Außerdem vielleicht eine Rasse, einen Beruf etc. Ist das kein Konzept?

Kann man nicht jede Vorstellung über den Charakter als eine Art Konzept bezeichnen?

Ja, ok. Meine initialen Charakterkonzepte für diese Runden sehen ungefähr so aus:
"Der Typ ist ein Kämpfer. Er hat die und die Ausrüstung und die und die Kampfwerte. Er hat blondes Haar und blaue Augen."

...Und das wird dann während dem Spiel weiter verfeinert, bis dann nach einiger Zeit etwas rauskommt, was man tatsächlich ein "Charakterkonzpt" im Sinne einer Handlungsanweisung fürs Rollenspiel nennen könnte.
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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #40 am: 20.03.2013 | 02:24 »
Was Black und Garonoth sagen.

"Mein Charakter ist ein schwertschwingender Barbar, der Probleme am liebsten mit Gewalt löst." ist schon ein Konzept. "Mein Charakter hat die Klasse Barbar, seine stärkste Eigenschaft ist Stärke und er hat die Fertigkeit Schwertkampf." ist auch ein Konzept. Jedenfalls in dem Sinne, wie es von mir gemeint war.
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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #41 am: 20.03.2013 | 07:28 »
@Black&Gorilla:
Ich mache mal einen kleinen Ausflug in die Welt der Brettspiele. Nehmen wir mal Schach, dass ich definitiv als Spiel bezeichne. Stellen wir uns mal vor, ich würde ein Schachbrett nehmen und gegen mich selbst spielen. Würde ich dann noch spielen? Natürlich. Ich versuche immer noch nach den Regeln die Schachpartie zu bestreiten.

Leider habe ich kein Spielbrett und Figuren zur Hand. Ich möchte trotzdem gegen mich selber spielen. Ich stelle mir das Brett mit seinen Figuren vor und ziehe dann im Geiste die Figuren. Ich spiele als blind Schach gegen mich selber.

Spielhilfsmittel und Kommunikation werden nur dann benötigt, wenn Du diese Imagination über das Spiel mit weiteren Mitspielern synchronisieren musst. Da Du aber keine weiteren Spieler benötigst, um eine Welt zu imaginieren, brauchst Du auch keine weiteren Spielhilfsmittel und die Fähigkeit der Kommunikation.
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 07:31 von 6 »
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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #42 am: 20.03.2013 | 09:38 »
@Black&Gorilla:
Ich mache mal einen kleinen Ausflug in die Welt der Brettspiele. Nehmen wir mal Schach, dass ich definitiv als Spiel bezeichne. Stellen wir uns mal vor, ich würde ein Schachbrett nehmen und gegen mich selbst spielen. Würde ich dann noch spielen? Natürlich. Ich versuche immer noch nach den Regeln die Schachpartie zu bestreiten.

Leider habe ich kein Spielbrett und Figuren zur Hand. Ich möchte trotzdem gegen mich selber spielen. Ich stelle mir das Brett mit seinen Figuren vor und ziehe dann im Geiste die Figuren. Ich spiele als blind Schach gegen mich selber.

Spielhilfsmittel und Kommunikation werden nur dann benötigt, wenn Du diese Imagination über das Spiel mit weiteren Mitspielern synchronisieren musst. Da Du aber keine weiteren Spieler benötigst, um eine Welt zu imaginieren, brauchst Du auch keine weiteren Spielhilfsmittel und die Fähigkeit der Kommunikation.

Stimmt. Das untermauert absolut deine Theorie von "alleine geht auch".
Können wir uns dann vielleicht darauf einigen, dass wir dennoch beim Modell "Spieler" und "Zuhörer" bleiben, aber durchaus zugestehen, dass beide sich in der gleichen Person vereinen?

Ich stimme deiner Behauptung auch sehr gerne zu. Aber ich habe für mich eine Hürde noch nicht gemeistert: wie grenze ich dann Rollenspiel von der von Black genannten Autorenschaft z.B. einer "normalen Geschichte" ab? Oder wollen wir diese Abgrenzung gar nicht vornehmen?
(Ich persönlich fände es schon besser, wenn uns das gelingt, auch wenn ich es durchaus auch als vertretbar ansehen, RPG als eine Art von "Literatur", bzw. allgemeiner "sprachlicher Schöpfung(skunst)" anzusehen.)

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #43 am: 20.03.2013 | 09:57 »
Verdammt guter Einwurf. Aber könnte man in diesem Fall nicht sagen, dass die animierte Puppe der Spieler ist und das Mädchen gleichzeitig spielt und zuhört?
Ich weiß nicht, ob das sehr solide klingt, um die Spieler-Zuhörer-Theorie zu stützen.
Ich hatte zwar immer nur Playmobil/Figuren oder Stofftiere, aber würde das eher als Tagträumerei bezeichnen. Auch, wenn die Geschichten, die in meiner Lego-Stadt passiert sind sicher auf Kaufabenteuer Niveau waren. Ich sehe das gerade wieder mit meinem Sohn, ich kann den Playmobil-Grabräuber auf seinem Pferd nicht in die Hand nehmen ohne eine Geschichte darum zu erzählen. Auch wenn er dabei auf den Beißring trifft, in dem sich sein Pferd verfangen hat bis der Stoffdinosaurier kommt und ihn rettet. Könnte man als Rollenspiel bezeichnen oder eben doch als Tagträumerei. ;)

Für P&P Rollenspiel brauche ich neben mindestens einen Mitspieler zumindest noch ein Zufallsexperiment, das eben für mich entscheidet, ob der Dino es schafft den Grabräuber vor den bösen Beißring zu retten. Auf die Dauer wird es nämlich langweilig, wenn ich das entscheide.

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #44 am: 20.03.2013 | 10:06 »
@Gorilla:
Da muss ich erst drüber nachdenken. Ich habe ein grummeliges Gefühl im Bauch, wenn wir die Abgrenzung zwischen Spieler und Zuhörer machen. Ich kann aber dieses Gefühl nicht erklären.

Eine Sache, die mir dazu einfällt, ist (vielleicht initiiert das ja mein grummeliges Gefühl?), dass sich sehr gute Literatur dadurch auszeichnet, dass der Zuhörer selber aktiv wird. Die Abgrenzung zwischen Spieler und Zuhörer würde dann bei der Bestimmung, ob etwas Rollenspiel ist oder nicht, nicht weiter helfen.

EDIT: Ich hoffe die Kommas sitzen richtig und der letzte Satz ist verständlich. :-\
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Offline Falke359

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #45 am: 20.03.2013 | 10:17 »
Dass Spieler und Zuhörer zusammenfallen können, ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn wir die geistige Tätigkeit betrachten, muss man ein Solospiel auch als Rollenspiel bezeichnen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Für mich stellt sich eher die Frage, was wegfällt, wenn man die Reduktion ins Extrem betreibt. Die Interaktion mit jemandem ist für mich ein wesentlicher Aspekt, weil sie mir einen Mehrwert bringt, der über meine eigene Phantasie hinausgeht und weil die soziale Interaktion Grundbedürfnisse des Menschen erfüllt. Deshalb ist für mich die Interaktion mit jemandem notwendig, um von dem zu reden, was ich unter Rollenspiel verstehe. Dazu gehören aber auch notwendigerweise Phasen der Imagination, die ich mit niemandem teile (sowohl während als auch zwischen den Runden).
« Letzte Änderung: 20.03.2013 | 10:20 von Falke359 »
Früher war mehr Lametta.

Offline aingeasil

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #46 am: 20.03.2013 | 10:24 »
Hm, vielleicht kann man das halbwegs sogar auseinanderpfriemeln:

Für Rollenspiel im Sinne von Roleplaying braucht man im extremsten Fall eigentlich nur sich selbst und seine Vorstellungskraft.

Für Rollenspiel im Sinne von Roleplaying Game ist hingegen ein weiterer Mitspieler, dessen Funktion ich nicht weiter erörtern möchte*, notwendig, um die soziale Komponente, einen externen Input und nicht vorhersehbares Konfliktmaterial und dessen Lösung zu liefern.
(* weil ich denke, dass es nicht unbedingt ein aktiver Spieler oder Spielleiter sein muss)

Offline Gorilla

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #47 am: 20.03.2013 | 10:27 »
@Gorilla:
Da muss ich erst drüber nachdenken. Ich habe ein grummeliges Gefühl im Bauch, wenn wir die Abgrenzung zwischen Spieler und Zuhörer machen. Ich kann aber dieses Gefühl nicht erklären.
Kann ich gut nachvollziehen, ging mir bei der Aufstellung dieser These durch Black auch so. Ich habe den Begriff dann aber übernommen, weil ich nichts Besseres gefunden habe.
Ist "Spieler" und "Mitspieler" vielleicht unmissverständlicher?
Ich bin für jeden Vorschlag dankbar, wie wir uns vom doch evtl. missverständlichen Begriff "Zuhörer" lösen können.

Zitat
Eine Sache, die mir dazu einfällt, ist (vielleicht initiiert das ja mein grummeliges Gefühl?), dass sich sehr gute Literatur dadurch auszeichnet, dass der Zuhörer selber aktiv wird.(...)
Verstehe ich leider nicht ganz. Willst du auf Aktion durch Immersion hinaus (der Leser "fühlt" sich in die Welt)? Oder durch Literatur als Handlungsanstoss (der Leser beginnt über dies und jeden bewusst nachzudenken)?

Offline Erdgeist

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #48 am: 20.03.2013 | 10:31 »
Ich hätte noch ein oder zwei Argumente dagegen, dass Solo-Spiel (in welcher Form auch immer) als Rollenspiel zu bezeichnen, auch wenn ich die Argumente dafür gut nachvollziehen und größtenteils auch teilen kann.

Für mich jedoch sind zwei Dinge sehr eng mit dem Erlebnis Rollenspiel verbunden.
Zum einen die unbegrenzten Möglichkeiten: Ich kann im Rollenspiel grundsätzlich alles erleben, jede Spielsitzung kann mich woanders hinführen. Das allein reicht noch nicht als Argument aus, führt mich jedoch weiter: Denn zum anderen weiß ich nicht, wohin es mich als nächstes führen wird, weil der Input von Mitspielern für mich weitgehend unvorhersehbar ist. Als Spieler weiß ich meist ohnehin nicht, was der SL im Abenteuer vorhat; auch als SL habe ich zwar üblicherweise den groben Abenteuerablauf im Kopf, doch werde ich von den Spielern regelmäßig davon überrascht, weil sie Lösungswege finden, die ich nicht einkalkuliert habe, oder einfach nur Unfug machen oder ihre eigenen Ziele verfolgen wollen, die sie vom geplanten Abenteuer wegführen.

Diese Unvorhersehbarkeit ist es, was ich persönlich für Rollenspiel für unabdingbar halte. Und die habe ich beim Solo-Spiel nie; alleine mag ich zwar nicht immer wissen, wohin mich meine Gedanken in einer halben Stunde geführt haben werden, aber richtig überrascht werde ich den Entwicklungen auch nicht sein.
 :)

Offline Gorilla

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Re: Was ist für's Rollenspiel notwendig?
« Antwort #49 am: 20.03.2013 | 10:37 »
@Erdgeist:
Ich kann dir nicht ganz zustimmen.
Wenn wir annehmen, dass Unvorhersehbarkeit ein wichtiges Kriterium für Rollenspiel ist, stimme ich dir grundsätzlich noch zu.
Allerdings denke ich schon, dass auch im Solospiel Unvorhersebarkeit gegeben ist. Das lässt sich z.B. daran erkennen, dass ein Schriftsteller nicht unbedingt vorher wissen muss, wie seine Geschichte endet; er ist u.U. richtig gespannt, wohin ihn seine Reise führt. Insofern sehe ich die Bedingung Unvorhergesehenheit durchaus auch beim Solospiel als (möglicherweise) gegeben an.