Mich interessiert ein Rollenspiel, das mit irgendeiner Art von Heroic Fantasy kompatibel ist, sei es Sword & Sorcery, High Fantasy, Mantel & Degen-Fantasy usw. Wenn es auch Superhelden, Space Opera und in Grenzen (Hard Boiled) Urban Fantasy kann, nehme ich das gerne mit.
In dem Fall könnte
DC Heroes etwas für dich sein. Es ist (trotz seines Namens) kein reines Superheldensystem, sondern ein ganz klassisches Rollenspiel. Wenn man die
Atmosphäre von Superhelden
comics einfangen möchte, dann gibt es dafür sicherlich bessere Systeme. Wenn du aber ein System suchst, welches gelähmten Rollstuhlfahrer bis hin zu Doctor Manhattan (der im Watchmen-Quellenbuch tatsächlich Werte hat - auch "Q" aus Star Trek könnte ich mir in diesem System durchaus vorstellen) alles abbilden kann, ohne die Skalierung zu wechseln, dann ist das System möglicherweise etwas für dich.
Die wirkliche Leistung des Systems ist aber, dass die Grundregeln, wirklich Konsequent für ALLE Regelsituationen angewendet werden (keine Extrawürste für Ertrinken oder Stürze). In dieser Konsequenz habe ich das noch bei keinem System gesehen.
Kampfsystem:
Klassisch gesehen ist das Kampfsystem das Herzstück der Fantasyrollenspiele. Das Kampfsystem soll einigermaßen schnell sein: "Aufwärmmonster" in ca. 15 - 20 Minuten, ernste Zwischengegner in ca. 25 - 35 Minuten und Hauptkämpfe in 30 - (maximal) 60 Minuten. Kämpfe sollten auch auf höheren Charakterstufen (s.u.) bzw. bei langen Abenteuerserien noch spannend bleiben und eine gewisse Gefährlichkeit besitzen. Taktische Vielschichtigkeit ist ein netter Bonus, aber kein Muss. Dafür wäre es mir recht, wenn möglichst alle Spieler/Charakterklassen im Kampf sinnvolle Aufgaben haben und das Gefälle an Möglichkeiten bzw. Einflussnahme aufs Ergebnis nicht zu groß ist.
Am längsten dauern die Kämpfe, wenn die Gegner etwa gleich stark sind. Sobald einer der Kontrahenten etwas besser ist, erhöht sich die Geschwindigkeit mit dem er seinen Gegner platt macht proportional - das System geht davon aus, dass 1 Punkt bessere Werte bedeutet, dass der Charakter DOPPELT so gut ist, wie sein Gegner...und das fühlt sich im Spiel auch wirklich so an.
Hatte ich schon erwähnt, dass das Kampfsystem die selben Grundregeln benutzt, wie der Rest des Spiels? Egal ob man gegen einen einzelnen Schwertkämpfer, eine Armee von außerirdischen Insekten oder gegen einen Tornado(!) kämpft? Zusätzlich gibt es noch eine Handvoll Spezialmanöver (etwa vergleichbar mit SW), allerdings ist auch hier die "DNA" des Systems klar zu erkennen, so dass man diese auch selbst ableiten und/oder modifizieren kann.
Zaubersystem:
Da das System Fantasywelten bespielbar machen soll, wird es wohl ein Zaubersystem haben. Da es ein Klassiker sein soll, nehme ich auch gerne etwas mit Spruchlisten, solange diese einigermaßen übersichtlich (für mich als SL) bleiben und die Spruchzauberer nicht im Laufe des Spiels die nichtmagischen Charaktere an den Rand der Bedeutungslosigkeit drängen.
Hatte ich erwähnt, dass dieses Rollenspiel für alles die selben Regeln benutzt? So auch hier. Die Kräfte sind flexibel genug, um jeden denkbaren Zauberspruch nachzubauen. Wer Freimagie (oder Q oder Dr.Manhattan) will, der nimmt einfach "Omni-Power" und kann damit... naja,
Alles halt (allerdings ist die Stufe dieser Kraft noch wichtig - auf niedrigen Stufen haben Kräfte nur geringe Reichweite, Dauer und Durchschlagskraft und Omni-Power ist verdammt teuer zu steigern...).
Da die Kräfte so gut mit den Fertigkeiten- und Ausrüstungssystem ineinander greifen (weil,...ich wiederhole mich...), sind auch Charaktere ohne magische Fähigkeiten (aber vergleichbaren Werten in Fertigkeiten oder Ausrüstung) nicht gearscht, wenn der Magier seine Zauber auspackt - in diesem System sieht man anhand der Zauberstufe sofort, wie schwer es wäre einem "Magischen Geschoss" auszuweichen, oder ob der Turmschild gegen den Feuerodem eines Drachen schützt.
Fertigkeitensystem:
In dem Bereich weiß ich, dass ich mit meinen Vorlieben die meisten Probleme mit Klassikern haben werde. Ich würde ein System bevorzugen, wo die Fertigkeiten einigermaßen abenteuertauglich sind, die Fertigkeitslisten so übersichtlich wie möglich bleiben und es - wenn möglich - eine systemimmanente Mechanik gibt, Fertigkeiten ins dramatische Abenteuergeschehen zu integrieren. Meine Erwartungen richten sich aber eher auf brauchbare Kampfsysteme aus, aber es wäre einfach ein schönes Plus, wenn auch das Fertigkeitssystem sinnvoll ins Abenteuerleben passt.
Die Fertigkeitenliste ist überschaubar (etwas mehr als bei SW, aber immer noch nicht viel) und jede Fertigkeit hat mindestens fünf verregelte Anwendungen, welche alle relevant sind (aufgrund der Konsistenz des Systemdesigns sind weitere Anwendungen sehr einfach zu improvisieren).
Charakterkonzept und Charakterentwicklung:
Ob Klassenkonzept oder "freie" Entwicklung (im Freiheitsverständnis dieser Systeme) ist mir eigentlich völlig egal. Charaktere sollen einigermaßen kompetent anfangen, aber dafür nur langsam und ohne brutale Sprünge stärker werden. Sie sollen sich merklich verbessern, aber nicht in dem Maßstab, dass sie dem Genre oder der Spielwelt "davonlaufen". Wichtig ist, dass sie alle im Kampf und außerhalb der Kämpfe etwas zum Spielgeschehen beitragen können - und wenn möglich nicht in einer Nische, die eigens für sie in die Abenteuer eingebaut werden muss (Negativbeispiel wäre der Naturbursche "Beduine", der nur in der Wüste "funktioniert"). Unter "kompetent anfangen" verstehe ich, dass ein Kampf mit einer Gruppe Orcs (sonstiges Standardmonster) für frische Charaktere nicht ungefährlich, aber bewältigbar ist, eine Begegnung mit einem oder zwei Ogern Risiken hat usw. und außerhalb des Kampfes Standardproben gelernter Fertigkeiten zu 75% gelingen.
Wie gesagt: Bei herausfordernden Aufgaben ("Gegner" von etwa gleichwertiger Stärke) stehen die Chancen etwa 50:50. Je höher/niedriger die Charaktere über/unter dem Niveau der Aufgabe sind, desto leichter/schwerer wird es für sie.
Das System verwendet 2W10, welche addiert werden. Bei einem Pasch explodieren diese Würfel (werden nochmal gewürfelt und das Ergebnis addiert). Die zu erreichende Schwierigkeit ergibt sich aus dem Vergleich der Werte ("11" ist Durchschnitt) und ist nach oben offen (Schwierigkeiten von 80+ sind für Normalos die versuchen gegen die mächtigeren Superhelden anzutreten keine Seltenheit - die Chancen, dass die 2d10 so oft explodieren, kann sich ja jeder selber ausrechnen).
GEGENANZEIGEN:
Nach soviel Lob muss ich auch etwas Kritik am System loswerden:
- die Quervergleichstabellen (zwei, eine für Erfolgswahrscheinlichkeit und eine für Effektgrad) sind OK und da dies die einzig relevanten Regeln sind, sind sie auch nicht wirklich der Rede wert, im Vergleich zur Regelwüste anderer Spiele. Trotzdem kann dieses Tabellenspalten-Gesuche am Anfang das Spiel etwas verzögern und eventuell auch Spieler abschrecken (weil, halt unsexy)
- Erfahrungspunkte, welche gleichzeitig als Schicksalspunkte fungieren. No-Go für mich, kann man aber problemlos rausschmeißen.
- Die "DC Heroes"-Boxen (die Beste: 1st Edition) kosten oft unanständig viel Schotter - eine preisgünstige Alternative ist hier der (nicht-lizensierte) Ableger "Blood of Heroes", der allerdings das Handicap der hässlichsten Zeichnungen in einem Rollenspielbuch, ever(TM) hat - kommt es einen auf die Regeln an und hat man eine schmalen Geldbeutel, so sollte man hier trotzdem zugreifen.
- die Kräfte sind per-default ziemlich breit aufgestellt - will man enger definierte Fähigkeiten, so muss man diese mit Limitations belegen, was den Statblock aufbläht (der Charakter mit dem längsten Stablock ist in diesem Spiel nicht etwa Superman oder Green Lantern (wie in jedem anderen Superheldensystem), sondern Batman). Eine mögliche Lösung dafür ist, vor Spielbeginn für das eigene Setting Kategorien von Fähigkeiten (Magieschulen etc.) zu erschaffen und somit eine gemeinsame Basis der Kräfte zu schaffen, was die Systematik erhöht.