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Fragen zum Unterschied zwischen Turbo und Core plus Vorbereitungen

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nobody@home:
<Wurf auf Thread-Nekromantie, durchschnittliche Schwierigkeit...okay, geschafft>

Fate-Spielleitern würde ich generell empfehlen, beides zu lesen. Core hat nicht wirklich so viel mehr an Regeln als Turbo (auch wenn sie teils detaillierter beschrieben sind), dafür aber reichlich Beispiele, Erklärungen, und Spielleitertips, die in Turbo des schnelleren Starts wegen eher etwas unter den Tisch fallen. Und solange beide in elektronischer Form gratis zum Download bereit stehen, kann ich Kosten erst einmal nur sehr eingeschränkt als Einwand gelten lassen. ;)

Was die Unterschiede angeht...da gibt's ein paar, aber die meisten sind nicht so, daß man sie nicht bei Gefallen hin- und herportieren könnte. Wenn Turbo-Fate beispielsweise der Einfachheit halber jedem nur einen Stressbalken exakt gleicher Länge für alles und nur die drei Standard-Konsequenzfelder (keine extremen Konsequenzen, keine Extrafelder durch hohe Fertigkeitswerte oder Stunts) zugesteht, dann geht davon die Welt auch nicht gleich unter, und wenn man will, kann man das in Core genauso oder nach Belieben ähnlich handhaben.

Der eine Unterschied, der für mich tatsächlich etwas schwerer wiegt, ist der philosophische zwischen Fertigkeiten in Core und Methoden in Turbo. Wo Fertigkeiten nämlich durchaus festlegen, was ein Charakter tun kann (kämpfen, Kontakte knüpfen, Schlösser knacken), tun das Methoden eher nicht...und das bedeutet, daß ich mir die Antworten zu der Frage "ja, aber was kann mein Charakter eigentlich?" in Turbo-Fate woanders holen muß.

Die reine Tatsache, daß der Spielleiter entschieden hat, daß Schlösserknacken die "sorgfältige" Methode ist, um durch eine verschlossene Tür zu kommen, muß ja nicht automatisch bedeuten, daß jeder Charakter mit einem hohen Bonus in Sorgfältig auch gleich der große Einbrecherkönig ist -- im Gegensatz zu Fate Core, wo ein hoher Wert in Diebeskunst mir gerade diese Information gratis mit auf den Weg gibt. Vielleicht ist mein sorgfältiger Charakter ja nur ein verantwortungsbewußter Buchhalter, der sich mit dergleichen noch nie beschäftigt hat und in seiner Freizeit lieber Briefmarken sammelt? Um das zu beantworten, muß ich dann in Turbo eben nach anderen Gesichtspunkten wie z.B. Charakterkonzept (idealerweise, aber nicht unbedingt zwingend, mit einem passenden Aspekt unterlegt) oder Kampagnenprämisse urteilen...und das ist dann meiner Meinung nach schon ein Unterschied zwischen den beiden Systemen, an dem man bei Unachtsamkeit ein bißchen mit dem Gehirn hängenbleiben kann.

Zusätzlich funktionieren Methoden -- wieder meiner Meinung nach -- am besten, wenn man im Vergleich zu Fertigkeiten ein bißchen mehr "herauszoomt". Im obigen Beispiel nehme ich mir nicht so sehr erst vor, das Schloß zu knacken, und überlege dann, welche Methode genau mir plausibel den besten Bonus dazu verschafft, sondern der Versuch an sich ist -- für mich -- schon die sorgfältige Art, das nächstgrößere Problem zu lösen, nämlich, wie ich durch die <zensiert>e Tür komme. Ich könnte ja auch versuchen, sie kraftvoll einzutreten oder tückisch (mMn. nicht unbedingt die beste Übersetzung für "sneaky", but whatever) einem geeigneten NSC eine nette Lügengeschichte auftischen und ihn dazu bringen, die Tür für mich aufzuschließen.

(Analog würde ich im Spezialfall Kampf nicht so sehr jeden einzelnen Schlag bewerten, sondern mehr den augenblicklichen Ansatz des Charakters im Allgemeinen. Drischt er wild auf seinen Gegner ein, um ihn zu überwältigen? Versucht er ihn auszumanövrieren und durch seine Deckung zu schlüpfen? Kämpft er eher defensiv und wartet auf den richtigen Augenblick (der evtl. schon mal etwas auf sich warten lassen kann)? Danach würde ich persönlich gehen wollen, um als Spielleiter zu entscheiden, welche Methode gerade zur Anwendung kommt...und wenn das bedeutet, daß jeder Charakter eigentlich meistens seine beste Methode zum Tragen bringen kann, indem er einfach in einem dazu passenden Stil kämpft, soll's mir recht sein. Kampfstil und -taktik ist nun mal ein weites Feld. :))

sturmsaenger:
Ich würde dann auch mal einen FP ausgeben und den Aspekt "wiederbelebter Thread" aktivieren, um mir den Vorteil "kleinere Erkenntnis" zu verschaffen...

Was mir als Neuling, der gerade erst beide Regelwerke einmal gelesen hat, aufgefallen ist, ist ein deutlicher Unterschied in der Charakterentwicklung.
Da finde ich, ist man bei FAE im Methodensteigern einfach freier, weil man sich an keine Säulen oder Pyramiden halten muss. Man kann das steigern, was man möchte.

Das kommt mir im FC sehr umständlich vor. Wenn ich da meine beste Fertigkeit steigern will muss ich erst mal eine komplett neue lernen und dann noch mind. drei andere steigern, bis ich da hin komme, wo ich hin will. Hab ich das so richtig verstanden?
Das gefällt mir persönlich, als großer Freund des Burning Wheel-Ansatzes, dass man nur das steigern sollte, was man auch eingesetzt hat, so ganz und gar nicht.

Hypothese: Mein Charakter hat in einer Sitzung einen tollen Erfolg mit der Fertigkeit Diebeskunst (seine höchste mit +4) beim Öffnen eines wirklich komplexen Schlosses gewürfelt. Das fühlt sich für den Spieler so an wie: "Wow, dabei hat mein Charakter sicher was gelernt, bzw. das hat ihn auf eine Neue Stufe der Expertise gebracht". Gehen wir mal davon aus, dass Diebeskunst noch ein paar mal mehr entscheidend für den Charakter und die Geschichte eingesetzt wurde bis zum Erreichen des nächsten bedeutenden Meilensteins. Wir gehen auch einfach mal davon aus, dass die Fertigkeit jedesmal verwendet wurde, weil es in die Situation und zu den Aspekten des Charakter gepasst hat und nicht, weil ich ein Anti-Fate-Munchkin bin und diese Fertigkeit nur verwende, weil es meine beste ist.

Dann fühlt es sich für mich als Spieler aber irgendwie falsch an, dass ich beim Erreichen des Meilensteins Diebeskunst nicht steigern kann, sondern statt dessen völlig unmotiviert z.B. Fahren auf +1 nehmen muss, um meiner Säule ein breiteres Fundament zu bauen. Danach müsste ich noch z.B. Kraft, Wissen und Athletik steigern und bin dann insgesamt mindestens 12 Sitzungen von dem Grund entfernt, weshalb ich eigentlich motiviert war, Diebeskunst zu steigern. Echt jetzt?  :o

Wenn ich es richtig verstanden habe, regelt das FAE über das Capping bei +5. Wenn ich also möchte, könnte ich bei FAE mit Sorgfältig +3 starten und nach ca. 3 Sitzungen bei der analogen, beschriebenen Verwendungen wie oben, Sorgfältig beim ersten bedeutenden Meilenstein auf +4 bringen und nach weiteren ca. 3 Sitzungen sogar auf +5, womit dann aber auch das Maximum erreicht wäre und keine Weitere Entwicklung in der Methode möglich. Für eine weitere Charakterentwicklung müsste ich mich dann auf andere Methoden konzentrieren bis mein Charakter dann irgendwann alle Methoden auf +5 hat. Danach ist eine Weiterentwicklung in den Methoden nicht möglich und alle Charaktere sind in Bezug auf Methoden gleich gemaxed. Ist das soweit korrekt?

Ich glaube, mir würde was in der folgenden Art gefallen für FC:
- Verzicht auf die Säulenvorgabe
- 1. Bedingung für das Steigern einer Fertigkeit: mind. 5 Proben mit dieser Fertigkeit seit der letzten Steigerung nicht geschafft und ab Stufe Gut (+3) mind. 1 voller Erfolg
- 2. Bedingung für das Steigern einer Fertigkeit: Fertigkeit seit dem letzten bedeutenden Meilenstein mind. 2x eingesetzt

Das hätte für mich den Charme, dass man Fertigkeiten, mit denen man eigentlich nie versagt auch nur sehr schwer weiter verfeinern kann. Was ja auch der Realität recht nahe kommt. Am Anfang lernt man am besten am Misserfolg und findet heraus, was man falsch macht. Und später, wenn die Misserfolge weniger werden, braucht man schon mal einen besonderen Erfolg, um sich über die sonst angewandte Routine hinaus weitere Feinheiten der Fertigkeit zu erschließen.

Wie seht Ihr das?

Bad Horse:
Mir wäre es zu umständlich (und auch zu fehleranfällig), mitzuzählen, wie oft ich jetzt welche Fertigkeit eingesetzt habe.

Eine Variante, die mir einfallen würde (die mir eigentlich jetzt gerade einfällt...): Wir könnten das handhaben wie bei Ars Magica (ist zwar völlig anders, aber egal). Dafür müssten wir mehr Fertigkeitspunkte verteilen, vielleicht einen pro kleinem Meilenstein. Dieser Fertigkeitspunkt darf dann auf eine Fertigkeit gesetzt werden, die im Spiel verwendet worden ist. Wenn die Anzahl der Fertigkeitspunkte auf einer Fertigkeit dann höher ist als der zugeordnete Bonus, dürfen wir die Fertigkeit steigern.

Das ist natürlich auch mehr Buchhaltung, und ich habe keine Ahnung, wie sich das im Spiel auswirkt. Aber es fängt das "Ich habe doch total viel gediebeskunstet, und jetzt fahr ich besser Auto?" ab. Andererseits gibt es vermutlich eine weniger starke Kluft zwischen hohen und niedrigen Fertigkeiten als beim Weglassen der Säule.

Chruschtschow:
Es gibt ja ein paar mehr Fertigkeiten als Diebeskunst und Auto. Die ein oder andere ist vielleicht sinnvoller zum Steigern. Und ich komme ja komplett mit Fertigkeiten zum Steigern aus, die schon auf dem Charakterblatt stehen.

Dazu kommt, dass du eigentlich sehr frei in der Gestaltung deiner Fertigkeiten bist. Kleine Meilensteine gibt es am laufenden Meter. Damit kannst du durch die Pyramide durch tauschen. Bedeutende Meilensteine gibt es alle paar Abende, nur da kannst du +1 auf eine Fertigkeit packen. Um die +4 zu knacken, brauchst du aber eigentlich einen großen Meilenstein, denn die Steigerung von +4 auf +5 ist schon ziemlich stark. Und wenn du den ersten großen Meilenstein erreichst, hast du möglicherweise schon genug bedeutende Meilensteine hinter dir, dass die Pyramide passend aussieht und du eine zweite Fertigkeit auf +4 hast.

+4 ist viel und Fate-SC gelten in den meisten Settings als kompetent. Wirklich kompetent. Das sind definitiv keine Stufe 1-Noobs, sondern eher die Profis am oberen Ende der Nahrungskette in ihren Spezialgebieten. Letztlich sorgt diese Regel dafür, dass du eben bei deinem starken Skill nur eine langsame Progression hast. Es gibt halt nicht mehr so viel zu lernen.

Ansonsten gilt wie überall in Fate: Nimm, was du gebrauchen kannst. Lass weg oder ändere, was deiner Meinung nach in deinen Setting unpassend ist. It’s robust, flexible, and—most importantly—hackable.

sturmsaenger:

--- Zitat von: Chruschtschow am  5.11.2015 | 19:52 ---Es gibt ja ein paar mehr Fertigkeiten als Diebeskunst und Auto. Die ein oder andere ist vielleicht sinnvoller zum Steigern. Und ich komme ja komplett mit Fertigkeiten zum Steigern aus, die schon auf dem Charakterblatt stehen.
--- Ende Zitat ---

Ich dachte,  ich müsste erst mal einen 0er Skill auf +1 bringen und dann eine +1 auf +2, eine +2 auf +3, eine +3 auf +4 und kann dann erst von +4 auf +5.
Da es ja glücklicherweise so wenig Skills gibt in Fate, hat man ja schon die 10, die man als zum Charakterkonzept passend empfindet, nicht mehr auf 0. So kam ich zum "Fahren", dass da bei einem Fantasy Dieb mit recht hoher Wahrscheinlichkeit nicht den Weg in die Top-10 gefunden haben dürfte... Das restliche Hochverschieben wird wohl mit eher "sinnvollen" Skills passieren. Falls ich jetzt nicht gerade der archetypische Fluchtkutschenfahrer für die Diebesgilde werden will...

Da ich mit ner +5 auch das Maximale Lvl heben würde, geht das ja nur mit einem großen Meilenstein, stimmt. Da hatte ich auch nicht dran gedacht.

Sowas kommt raus, wenn man die Systeme nur rein theoretisch analysiert, weil man keine Gruppe hat, um's praktisch auszuprobieren... ;-)

Jedenfalls schon mal vielen Dank für die schnellen Antworten!

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