Autor Thema: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?  (Gelesen 6902 mal)

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Offline Grubentroll

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Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« am: 14.06.2016 | 13:33 »
Nervt eigentlich noch jemanden die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?

Die erste DSA-Box waren zwei labbrige Hefte, aber man hatte ein komplettes Regelwerk mit dem man gut eine Weile spielen konnte, Monster, ein Soloabenteuer, ein Gruppenabenteuer, nebenbei noch eine perfekte Einführung ins Spiel, und und und.

Alles schnell und auf den Punkt erklärt mit sinnvollen Beispielen.
Die Red Box von D&D ja genau so.

Und heutzutage:

Dungeon World braucht 400 Seiten und hat eigentlich nur eine Kernregel die lautet "Würfel 2W6, und wenn 2-6: Fail, 7-9: irgendein Kompromiss passiert, und 10-12: du hast es geschafft.". Und ich lese gar nicht mal so selten von Leuten, die das Spiel trotzdem nicht kapieren, weil es das Buch nicht schafft es einem zu verklickern was es eigentlich will trotz ausschweifenden und nicht enden wollenden Sätzen.

Der ziemlich gute, von Spielern verfasste DW Guide bringt den Inhalt des Buches übrigens zehn Mal besser auf den Punkt mit kurzen packenden Beispielen. Das eigentliche DW Buch will man eigentlich nur noch als Referenz benutzen, wenn man was genauer nachschlagen muss.

Klar ist in dem DW-Buch auch noch eine World Building Anleitung, Waffen und Monster drin.
Aber alles in allem ist das doch echt drüber.

Ich habe mir mal Dungeon World rausgepickt, weil es für mich in meiner Sammlung der "schlimmste Täter" ist was das angeht, aber eigentlich kann man da fast jedes beliebige moderne Rollenspiel rausziehen, und sich über diese monströsen Seitenzahlen der Hardcoverbücher wundern.

Wie seht ihr das?

Achamanian

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #1 am: 14.06.2016 | 13:43 »
Volle Zustimmung!
Gerade, da ich so wenig Lesezeit habe, geht mir die (meistens ja auch ziemlich mittelmäßige) ausgewalzte Rollenspiel-Prosa oft tierisch auf den Sack. DSA5 habe ich deshalb schnell abgebrochen. Splittermond macht sich zwar auch schuldig, war für mich aber zumindest so interessant und so gut geschrieben, das ich es gerne gelesen habe. Ambivalent empfinde ich in der Beziehung FantasyAge, das bei den Regeln wirklich sehr knapp und klar ist und sich da fast mit DSA 1 messen kann, dann aber bei den Spielleitertipps in eine blödsinnige Geschwätzigkeit sondergleichen ausbricht (wahrscheinlich, damit man einen HC draus machen konnte ...). Wer braucht den bitte über dreieinhalb Seiten Psychogramme von Spielertypen? Numenera ist auch so ein Zwischending, Regeln sind schon recht kurz und knapp präsentiert, aber gerade in Sachen Weltbeschreibung wird viel diffus gelabert, und bei den Spielleitertipps wird's noch schlimmer. Schade ist daran, dass sich in dem ganzen Dahergeschwätze z.B. bei Numenera auch viel Nützliches verbirgt, aber es ist halt kaum sortiert und gefiltert. Stattdessen plaudert Monte Cook aus dem SL-Nähkästchen.

Es gibt aber auch viele positive Gegenbeispiele. Gerade lese ich DCC, das ist, obwohl Riesenwälzer, eigentlich gar nicht geschwätzig, halt nur unglaublich reich illustriert und voller Zauber- und Crit-Tabellen. Openquest ist auch ziemlich klar auf den Punkt und bringt immer wieder kleine Tipps und Meta-Erklärungen in Extra-Kästen.

Offline Greifenklause

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #2 am: 14.06.2016 | 13:44 »
Zu D&D kann ich nicht viel sagen, aber AD&D2nd war schon ein Ungetüm, dazu noch lieblos sortiert.
Deren "Redbox" wiederum war nur eine Frechheit in Form eines in zwei Bücher zerschnippeltes Ungetüm.

"Skills nPowers" also ungefähr AD&D2,5 war erst nach zweimaligem Lesen verständlich ...... und großartig: Im Anhang fand sich der Psioniker..... NACH DEN REGELN VON 2.0!!!  >:(

Also nein: Früher war nicht alles besser, sondern das meiste schlechter.

Ich gebe aber zu, dass man Ende des Jahrtausends bzw Anfang des neuen leider nicht nur versucht hatte, die alten Fehler auszumerzen, sondern auch zu immer komplexeren und komplizierteren Werken neigte.
Ich habe kein Problem, wenn man es vielen Leuten recht machen will, aber mit einem komplizierten RW kann man das gleich vergessen.

Deshalb mag ich DSA4.1 auch nimmer.

Aber jetzt seit ein paar Jahren neigt man wieder zu verständlicheren RW.
Sowohl Splittermond als auch DSA5 gehen in die richtige Richtung und manch andere wohl auch.

Die sind immer noch viel fetter als ihre Urväter, aber dafür auch mit liebevolleren Charaktermöglichkeiten bestückt. Und weniger Exploits. Und ausgeglichener
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Offline Der Nârr

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #3 am: 14.06.2016 | 13:46 »
Ich teile diese Kritik. Und die Schwatzhaftigkeit ist auch strikt von Regelumfang zu trennen. GURPS ist zum Beispiel sehr prägnant geschrieben - die Textfülle entspricht der Regelfülle, ist also keine Folge der Schwatzhaftigkeit.

Ein anderes Beispiel: Das Firefly RPG von MWP. Die Regeln werden in einem sehr langen Episodenguide vermittelt - man wird gezwungen ziemlich viel Nacherzählung der Fernsehserie lesen zu müssen, um die Regeln zu verstehen. Die Zusammenfassung der Regeln in klassischem Sinn sind so, dass die davon ausgehen, dass man nun eigentlich schon weiß wie es funktioniert. Einige Regeln oder Erklärungen tauchen auch nur im Episodenguide auf! Das ist irrsinnig, weil die Cortex+-Regeln nun eigentlich wirklich nicht kompliziert sind und diese ausschweifenden Erklärungen benötigen. Dazu wird es auch noch mit einem schrecklichen Stil gekoppelt, der wohl irgendwie den Sprachgewohnheiten der Serie entsprechen soll, das Lesen aber einfach nur erschwert (weil z.B. Sätze in den Regeln nicht mal den Regeln der Grammatik entsprechen). Dass das Inhaltsverzeichnis keine echte Hilfe ist, kommt dazu. Auch andere MWP-Publikationen finde ich in der Organisation der Bücher furchtbar, aber nicht alle.

Es scheint so, als vergessen die Designer von Rollenspielen manchmal, dass sie vornehmlich auch klar verständliche Spielregeln formulieren müssen. Ich möchte kein cooles Inhaltsverzeichnis, sondern ein aussagekräftiges. Ich möchte keinen abgefahrenen Stil, sondern präzise Regelsprache. Und ich hasse überflüssiges Geschwafel. Auch deutsche Publikationen neigen dazu, ausschweifend zu werden und spät auf den Punkt zu kommen. Ich frage mich dann immer: Wieso muss ich all das lesen? Wieso nicht einfach schreiben, was Sache ist?

Eine gute Organisation ist dafür auch wichtig, so dass man auch gezielt die Stellen findet und lesen kann, die für einen wichtig sind.

Ein Gegenbeispiel, dass es auch anders geht: Lamentations of the Flame Princess. Ich habe selten ein Regelbuch in der Hand gehabt, das so gut auf den Punkt kommt - selbst unter der OSR, die im Allgemeinen ja eher frei von Geschwafel ist, sticht es m.E. durch seine Prägnanz und gute Organisation hervor.
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Offline Tyloniakles

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #4 am: 14.06.2016 | 13:47 »
Dungeon World bietet schon noch einiges mehr: die Playbooks, Moves, GM-Regeln, Kreaturen, Ausrüstung, Fronts ...
Ich denke auch nicht, dass das Buch oder Spiel perfekt ist. Vielleicht wollten Knebel & La Torra den Kickstarter-Backern auch einfach etwas Material bieten. Der Umfang des Buches erschlägt einen aber auch nicht gerade.

Kern von PbtA-Spielen sind Playbooks+Moves. Man kann den Würfelmechanismus auch weglassen und einen Jenga-Turm (The Dread Geas of Duke Vulku PbtA RPG) oder ein Punktkauf-System nehmen (Undying PbtA RPG), oder einen Würfelpool (Blades in the Dark).

Was Du vielleicht besser finden würdest: World of Dungeons. Das ist so ziemlich auf das reduziert, was Du meinst, den Würfelmechanismus.

Achamanian

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #5 am: 14.06.2016 | 13:49 »
Es gibt ja auch den Unterschied zwischen: Ein komplexes Regelwerk im nötigen Umfang darstellen (macht für mich z.B. Splittermond)

und

Ein eigentlich einfaches Regelwerk auf 300 Seiten auswalzen, indem man es umständlich und in reich- (wenn auch nicht immer hübsch) verzierter Sprache zur Darstellung bringt, dann noch irgendwo dazwischenschreibt, was man immer schon mal wichtiges zum RSP ganz allgemein loswerden wollte und warum man das natürlich auch wieder anders sehen darf, und übrigens, in diesem Fall würfelt man dann doch einfach 2W20 statt einem, gerade, wenn einem das atmosphärischer erscheint, wobei man die Regeln durchaus erst einmal as written probieren sollte, um die Erfahrung kennenzulernen, denn Setting und Regeln greifen bei diesem Spiel ja ineinander, gerne auch mit einem Modifikator von +4 oder sogar +5, denn letztlich ist die Grundengine ja kinderleicht.

Offline KhornedBeef

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #6 am: 14.06.2016 | 14:01 »
Also, allgemein kann ich das nachvollziehen, Ich werde bei zuviel Durchwaten von Text auch manchmal unruhig. Auf der anderen Seite ist Night's Black Agents auch ein langes Stück, und ich finde es großartig als Grundregelwerk. Der Unterschied ist wohl, dass Kenneth Hite da nicht wirklich schwatzt (meinem Empfinden nach), sondern immer Inhalt liefert, entweder weil die spielerische Vision vertieft wird, oder weil er Ideen und Anregungen auskippt, die mir direkt etwas sagen. Er redet ja wenig über das konkrete Setting oder Autos oder was auch immer, und die Stadtbeschreibung sind schön weiter hinten gesammelt.
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Offline Greifenklause

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #7 am: 14.06.2016 | 14:11 »
Wie Rumpel sagt:
Als langjähriger DSA-Autist war Splittermond anfangs sehr ungewohnt für mich, aber nach zweimaligem Lesen hatte ich es intus und konnte - oh Wunder! - nach ner halben Ewigkeit wieder Charaktere im Kopf bauen.
Bei DSA5 war das wegen größerer Zahlen schwieriger (Ich kann nur kleine Zahlen speichern)

Aber vom Grundsatz hat Rumpel absolut recht:
-- Vernünftige Struktur
-- Masse im Verhältnis zur Klasse. Mehr Komplexität darf mehr Regeln fordern. Der böse Zwilling Komploziertheit aber nicht.
-- Klare Formulierungen per se
-- Klare Formulierungen von Grundregeln, gewünschten Optionalregeln und nicht nötigen Optionalregeln
-- Es hilft auch eine klare Formulierung der Prämissen: Was war den Autoren wichtig? Blingbling? Authenzität? Realismus gar? Oder vielleicht Balancing?
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Offline korknadel

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #8 am: 14.06.2016 | 14:18 »
Ich empfinde das tendenziell auch so wie Grubentroll, allerdings gibt es auch Ausnahmen, nämlich Spiele, die von ihrer Ausgewalztheit leben, ich denke da vor allem an Castle Falkenstein. Das ist im Grunde genau so geschrieben, wie man Regelwerke eigentlich nicht geschrieben haben möchte, aber das so gut, dass es einfach geil ist und Spaß macht.

Ich wundere mich oft, dass diese wahnsinnig dicken Bücher es trotzdem oft kaum schaffen, einem konkret die Atmosphäre zu vermitteln. DSA1 hat das trotz Knappheit seinerzeit ganz gut geschafft.
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Offline Grubentroll

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #9 am: 14.06.2016 | 14:21 »
Ich wundere mich oft, dass diese wahnsinnig dicken Bücher es trotzdem oft kaum schaffen, einem konkret die Atmosphäre zu vermitteln. DSA1 hat das trotz Knappheit seinerzeit ganz gut geschafft.

Ja, genau das ist eigentlich auch oft mein Hauptproblem. Irgendwie wird die Stimmung, die das Ganze heraufbeschwören soll einfach zerredet in diesen dicken Wälzern.

Achamanian

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #10 am: 14.06.2016 | 14:24 »
Ja, genau das ist eigentlich auch oft mein Hauptproblem. Irgendwie wird die Stimmung, die das Ganze heraufbeschwören soll einfach zerredet in diesen dicken Wälzern.

Evtl. sind wir da bei einem gemeinsamen Problem neuerer Fantasy-Literatur und neuer Rollenspiele: atmosphärische Dichte wird immer häufiger mit einer kleinteiligen Beschreibung verwechselt.

Scurlock

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #11 am: 14.06.2016 | 14:26 »
Ich bin mir nicht sicher, ob jetzt früher alles besser war oder die Wahrnehmung eine andere ist. Allerdings ist mir auch aufgefallen, dass viele Regelwerke zu viel labern und nicht auf den Punkt kommen, die eigentlichen Regeln in einem Wall of Text auch noch untergehen.
Aktuell beschäftige ich mich wieder sehr viel mit OSR und stelle fest, dass im Gegensatz zur 5E Regelsysteme wie LCC, Beyond the Wall, Blood & Treasure etc. viel weniger Worte brauchen, um ähnliche Dinge darzustellen. Bestes Beispiel ist in diesem Zusammenhang  Dungeonesque. Das Projekt ist noch nicht final, aber die mir vorliegende PDF ist deutlich klarer und besser formuliert als das Regelwerk der 5E. Es ist zwar nur die erweiterte OGL, aber zusammengestampft auf knapp 110 Seiten.

Viel extremer und nerviger als im Regelbereich empfinde ich aber die Schwatzhaftigkeit in Abenteuern. Hintergrundgeschichten und Raumbeschreibungen, die kein Mensch braucht, verschleiern den Blick auf die wirklich essentiellen Dinge, die für das Leiten des Abenteuers am Tisch wichtig sind. Auch hier sind viele OSR-Abenteuer deutlich weiter.         

Offline Greifenklause

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #12 am: 14.06.2016 | 14:31 »
Zu DSA1 und Konsorten
Die hatten damals aber auch kaum Konkurrenz durch komplexere Regelwerke

Aus heutiger Sicht würde ich bei
DSA1 o.ä. immer denken
"Und jetzt?" "Wie geht's weiter?" "Wo bleibt die Individualisierung?" "Und wenn ich gerade keine Stufe aufsteige...?" "Die paar Zauber, pff"

Ich hatte auch mal mit nem Eigenbau Science Fiction Spaß, das auf nem abgespeckten DSA1 basierte,
aber kommt in Nullkommanix an seine Grenzen bzw an Exploits und Nobrainer und Sachen, die sich nicht rund anfühlen.

Und gerade Feinschliff und Nachkorrektur sind es, die viel Platz verbrauchen können...
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Offline korknadel

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #13 am: 14.06.2016 | 14:34 »
Evtl. sind wir da bei einem gemeinsamen Problem neuerer Fantasy-Literatur und neuer Rollenspiele: atmosphärische Dichte wird immer häufiger mit einer kleinteiligen Beschreibung verwechselt.

+1

Aktuell beschäftige ich mich wieder sehr viel mit OSR und stelle fest, dass im Gegensatz zur 5E Regelsysteme wie LCC, Beyond the Wall, Blood & Treasure etc. viel weniger Worte brauchen, um ähnliche Dinge darzustellen. Bestes Beispiel ist in diesem Zusammenhang  Dungeonesque. Das Projekt ist noch nicht final, aber die mir vorliegende PDF ist deutlich klarer und besser formuliert als das Regelwerk der 5E. Es ist zwar nur die erweiterte OGL, aber zusammengestampft auf knapp 110 Seiten.

Viel extremer und nerviger als im Regelbereich empfinde ich aber die Schwatzhaftigkeit in Abenteuern. Hintergrundgeschichten und Raumbeschreibungen, die kein Mensch braucht, verschleiern den Blick auf die wirklich essentiellen Dinge, die für das Leiten des Abenteuers am Tisch wichtig sind. Auch hier sind viele OSR-Abenteuer deutlich weiter.         

Bei DCC (und auch anderen OSR-Spielen) vermitteln halt oft auch schon die Regeln die Atmo. In den Tabellen und Stats entdecke ich oft mehr Atmo- und Hintergrund-Krümel als in manch bemühter Prosa.
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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #14 am: 14.06.2016 | 14:41 »
Wie es der Zufall will, blättere ich gerade eine DSA1 Box erstmalig durch, hab ja nie mit DSA groß was gemacht. Und: die liest sich unglaublich schwatzig. Weil: ich weiß halt schon, was Rollenspiel ist, und da muss ich nicht mehr lesen, wie ich eine Geschichte beeinflussen darf: Was die arme Silvana da ertragen muss, so an den Pfosten im weißen Haus gebunden, und wie Held Alrik scheitert, sie zu retten, ehe ich Alrik sein darf, der das ja dann alles besser macht. Wäre das meine erste Box, die ich im Leben lese, wäre ich da drüber aber vmtl. dankbar.

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Offline Grubentroll

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #15 am: 14.06.2016 | 14:42 »
Dungeon World bietet schon noch einiges mehr: die Playbooks, Moves, GM-Regeln, Kreaturen, Ausrüstung, Fronts ...
Ich denke auch nicht, dass das Buch oder Spiel perfekt ist. Vielleicht wollten Knebel & La Torra den Kickstarter-Backern auch einfach etwas Material bieten. Der Umfang des Buches erschlägt einen aber auch nicht gerade.

Kern von PbtA-Spielen sind Playbooks+Moves. Man kann den Würfelmechanismus auch weglassen und einen Jenga-Turm (The Dread Geas of Duke Vulku PbtA RPG) oder ein Punktkauf-System nehmen (Undying PbtA RPG), oder einen Würfelpool (Blades in the Dark).

Was Du vielleicht besser finden würdest: World of Dungeons. Das ist so ziemlich auf das reduziert, was Du meinst, den Würfelmechanismus.

Ich will hier nicht Dungeon World runtermachen. Vom Konzept her finde ich das eine der spannendsten Sachen der letzten Jahre.
Hier geht's aber um die Darstellung der Regel(n), und die finde ich ehrlich gesagt komplett misslungen.

Offline Bad Horse

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #16 am: 14.06.2016 | 14:56 »
Im Vergleich mit den World-of-Darkness-Regelwerken aus den 90ern ist das Zeug heute alles ein Wunderwerk konkreter, zielgerichteter Prosa. ;)

Umständliche Beispiele gehen noch, finde ich. Beispiele sind ja gut - ohne die ausführlichen Beispiele im Dresden-Files-Regelwerk hätte ich nie verstanden, wie zum Kuckuck das alles gemeint ist. Ich mag aber keine ellenlange Selbstbeweihräucherung (Houses of the Blooded, anyone?).
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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #17 am: 14.06.2016 | 15:22 »
Onyx Path Publishing setzt die Tradition des extrem schwafeligen Schreibstil leider fort.
Zumindest bei den cWoD Büchern wo ich bisher reingeschaut hab.

Wobei Dungeon World da imho nicht besser wird.
Es ist ziemlich aufgeblasen und die Erklärungen eher schlecht bis lückenhaft (... man kann da ja mal versuchen rauszufinden was hold ist,... außer etwas das man ausgeben kann)
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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #18 am: 14.06.2016 | 15:29 »
Onyx Path Publishing setzt die Tradition des extrem schwafeligen Schreibstil leider fort.
Zumindest bei den cWoD Büchern wo ich bisher reingeschaut hab.

Die setzen in den V20-Sachen halt die Tradition von WW fort.  8]
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Offline Nocturama

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #19 am: 14.06.2016 | 15:34 »
Ich habe nichts gegen ausführlich erklärte Rollenspiele mit vielen (und gerne auch amüsanten) Beispielen. Nur die Regeln zu haben, finde ich im zweiten Schritt sinnvoll, also wenn ich schon weiß, worum es geht. Die Regeln alleine lösen bei mir selten einen "will ich spielen!"-Drang aus. Bzw. wenn es ungewöhnliches Regeldesign ist, brauche ich auch Spielbeispiele und ausführliche Erklärungen, um zu verstehen, was sich der Künstler dabei gedacht hat und richtig Lust drauf zu haben.
Aber für diesen zweiten Schritt gibt es ja meistens Cheat Sheets und Zusammenfassungen, mit denen man weitermachen kann.

Bei Dungeon World sehe ich eher das Problem, dass das Spiel einfach schlecht erklärt und schlecht organisiert ist - da ging's mir wie Grubentroll, erst nach dem Guide habe ich verstanden, was die eigentlich von mir wollen. Das passiert leider ab und zu mal bei Regelwerken, schwafelig oder nicht. Den Fireborn-Regelteil fand ich zum Beispiel auch extrem nervig zu lesen.

So insgesamt finde ich die modernen Regelwerke aber nicht wesentlich schwatzhafter als früher - wenn ich mir so anschaue, was bei vielen Kickstartern rauskommt, dann sehe ich da viele dünne Hefte (oder vielleicht unterstütze ich auch eher den Rules Light-Kram).
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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #20 am: 14.06.2016 | 15:36 »
Es geht ja auch nicht nur um die Schwatzhaftigkeit - letztlich geht dadurch auch einfach Platz für weitere sinnvolle Regeln verloren.

Schreibt man die Regeln kurz und knackig so kann man auf dem Kernkonzept aufbauend auch weitere Dinge gestalten und erhält dadurch viel mehr sinnvoll umsetzbare Spielsituationen als wenn man nur über Prosatexte arbeitet.

Offline Grubentroll

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #21 am: 14.06.2016 | 15:45 »
"Schwatzhaftigkeit" ist vielleicht auch der falsche Ausdruck.

Ich meine damit nicht unbedingt einen prosaisch gut ausgeschmückten Text der anhand eines Beispiels auf den Punkt erklärt, was Sache ist.

Sondern eher dieses Problem, dass für relative einfache Sachverhalte die man mit zehn Seiten beschreiben könnte am Ende ein paar hundert Seiten draufgehen mit irgendwelchem Gelaber und man hinterher irgendwie auch nicht schlauer ist.

Und ich mir dann schwer tu das alles filtern zu wollen, nur weil ich grad ne Regel suche.

Wenn ich mir ein neues System kaufe, dann schaue ich schon immer ob es wo ein Cheat Sheet zum runterladen gibt, dass ich dann eh die meiste Zeit referenziere, weil mich das fette Hardcover mit seinen Textwüsten stresst.

Eigentlich hätte ich gern so eine Art "tl;dr"-version des Buches.
« Letzte Änderung: 14.06.2016 | 15:50 von Grubentroll »

Offline Nocturama

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #22 am: 14.06.2016 | 16:08 »
Hmmm... ich glaube nicht, dass durch Prosatexte selten Platz für Regeln verloren geht. Manchmal braucht es halt etwas längere Erklärungen bei "einfachen" Regelkernen, damit es auch im Kopf "klick" macht - ging mir damals bei Primetime Adventures so, wo mir die Beispiele im Buch nicht ausgereicht haben und ich mir noch einige Actual Plays im Internet anschauen musste, bevor ich das Spiel so richtig verstanden hatte. Da hätte ich gerne ein paar mehr Beispiele im Regelwerk gehabt!

Eigentlich hätte ich gern so eine Art "tl;dr"-version des Buches.

Das geht mir allerdings genauso. So eine "Nur die Regeln"-Variante finde ich bei den meisten Regelbüchern sinnvoll. Habe ich erst mal geschnallt, wie alles funktioniert, geht es vor allem darum, schnell eine entsprechende Regel zu finden. Und die sind leider oft auf verschiedenen Seiten oder im Text verteilt, was dann zu rumblättern führt. Wobei man das Problem mit Textkästen oder Hervorhebungen etwas abmildern kann.
Ich benutze nach dem ersten Lesen auch meist Cheat Sheets.
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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #23 am: 14.06.2016 | 16:14 »
Ist am Ende auch einfach eine Qualitätsfrage. Gute Regeln zeichnen sich dadurch aus, dass sie verständlich sind und wenige Fragen offenbleiben wie sie angewendet werden können.

Offline Sashael

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Re: Die Schwatzhaftigkeit moderner P&P RPGs?
« Antwort #24 am: 14.06.2016 | 16:19 »
Es gibt ja auch Regelwerke, die erklären und erklären und geben Beispiele und Beispiele und zum Schluss kommt dann doch nur Buchstabensuppe raus, die man sich von einem Kenner des Systems erklären lassen sollte, damit man versteht, wo eigentlich der Kern des System ist. Und dann bekommt man oft ein "Also im Grunde ist es immer xWy plus deinen Blahbonus, wenn Situation F, dann addierst du Blub und wenn Situation T, dann subtrahierst du Blib". Und dafür hat das Regelwerk 120 Seiten gebraucht.

Und besonders liebe ich Regelfragmente in Fließtexten. Oder auf drei Seiten, aber nur eine erläutert die Regel wirklich und genau die wird im Index nicht erwähnt. Und Erläuterungen, die vollkommen kompliziert einen einfachen Sachverhalt beschreiben, sodass man die Regel dann doch nicht versteht.

Index ist auch immer wieder ein schönes Thema. Der wird auch oft sehr stiefmütterlich behandelt. Das schmerzt dann fast beim Suchen.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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