Autor Thema: Irgendwo in IRLAND  (Gelesen 44148 mal)

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Joran

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #300 am: 29.11.2016 | 21:58 »
Clive

"Ja", sage ich leise. Nicht mehr.

Ich bin nicht überrascht.

Ich schicke sie nicht fort.

Ich schließe die Augen und horche in die Dunkelheit.

Ich versuche ihren Duft einzufangen.
« Letzte Änderung: 30.11.2016 | 02:42 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #301 am: 2.12.2016 | 19:32 »
Die Frau hat eine Art Zeremonien Kopfschmuck angelegt
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1e/30/42/1e3042360c31d3fecea575dbf3cd859c.jpg
und ihre Haut glänzt im fahlen Mondschein, als habe sie sich frisch eingeölt. Es riecht nach frischen Gräsern und nach Sandelholz.

Seltsame Tiermenschen, allesamt mit den Köpfen afrikanischer Tiere, tanzen vor Deinen Augen und Du hörst das Schlagen afrikanischer Trommeln.
https://mir-s3-cdn-cf.behance.net/project_modules/max_1200/8ccd1436241521.5715df138e859.png
Ein leichter Brandgeruch liegt in der Luft. Zwischen das rhythmische Trommeln mischt sich das Knistern des brennenden Holzes.

"Was begehrst Du, Doktor?"
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/564x/86/74/91/8674916f5dd0ac193e5a63ec44678c3d.jpg
"Was ist Dein Begehr?"
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #302 am: 3.12.2016 | 16:05 »
Clive

"Was ist mein Begehr? ... Was für eine Frage! ... Die Zeit um vierzig Jahre zurückdrehen können? ... IHR Leben im Kongo gerettet zu haben? ... Ein anderes Leben gelebt zu haben, ein glückliches Leben, ohne das Meer in meinem Kopf, ohne die Patrone in meiner Tasche? ... Die frühere Matilde an meiner Seite zu haben, stark und ungebrochen? ... Ich weiß es nicht! Und das alles KANN NICHT SEIN!" Ich spüre, wie eine Träne an meiner Schläfe herabrinnt.

Ich atme tief ein und sauge den Geruch von Gras und Sandelholz in meine Lungen. Es ist zwar kein Zedernholz, aber es erinnert mich doch an meine Kindheit in Main. "Ich war so lange nicht mehr dort." Ich stelle mir vor, wie die vertrauten Bäume, in denen ich als Kind kletterte, heute wohl aussehen ...

Der Duft ist betäubend und sinnlich zugleich. Er verspricht Vergessen und Geborgenheit. Als wäre alles andere in diesem Augenblick gänzlich bedeutungslos im Vergleich zu einem Moment des Glücks. Ich erinnere mich an den Moment mit Emma. Ich erahne ihre geschmeidigen Bewegungen. Ich spüre, wie mein Körper sich nach der Nähe dieser Frau sehnt, nach ihrer Wärme, nach ihrer Lebendigkeit.

Aber ich bin, wer ich bin ... wer ich immer war. Nicht ohne Bedauern formen meine Lippe daher flüsternd die Worte:

"Ich begehre eine Freundin ... eine Gefährtin ... eine Vertraute. Ich begehre einen Menschen, in dessen Hände ich vertrauensvoll legen kann, was ich niemandem anzuvertrauen wage. Ich begehre einen Seelenverwandten, der aus freien Stücken bereit ist, mein Schicksal zu teilen. ... Vielleicht könntest Du ein solcher Mensch sein. Du bist stark.

Aber ja, ich begehre auch Dich!", gestehe ich. Erneut atme ich ihren verheißungsvollen Duft. "Aber ... sieh mich doch an! Ich bin gebrochen, alt und krank. Ich vermute, Du selbst bist das Geschenk, das Du mir überbringen sollst. Karim brachte ... eine Flöte? Die Zwillinge brachten einen Stab. Und Du brachtest ... Dich? Warum sonst solltest Du jetzt hier bei mir liegen?"

Ich streiche ihr sanft über die Wange.

"Kein Mensch sollte das Geschenk des einen für einen anderen Menschen sein. Ich habe derartiges mit ansehen müssen. Und es verfolgt mich. Ich würde mir das morgen nicht verzeihen.

Und ich will auch keinen Pakt schließen, dessen Inhalt ich nicht kenne.

Vergiss nicht: Du hast versprochen, mir und keinem anderen zu dienen, solange Du mein Gast bist", flüstere ich unverändert sanft. "Und warum bist Du nun hier in meinem Bett? In wessen Namen liegst Du hier bei mir?"
« Letzte Änderung: 3.12.2016 | 16:10 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #303 am: 4.12.2016 | 09:46 »
"Was würdest Du an Deinem Leben ändern wollen, Doktor, wenn Du etwas ungeschehen machen könntest. Aber überleg Dir gut, was Du Dir wünschst." Der letzte Satz entweicht ihrem Mund schärfer und schneidender als ihre Sätze zuvor.
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #304 am: 4.12.2016 | 10:10 »
Ove

Du liegst auf dem Bett und starrst in die Dunkelheit an der Decke. Die Finsternis ist total und noch immer prasselt der Regen auf das Dach.
Neben Dir liegt Kristine. Sie war erstaunlich ruhig nach den Worten von Clive. Aber vielleicht ist es nur die Schockstarre im Angesicht des Schreckens.
Wie lange liegst Du nun bereits wach? Stunden? Oder nur wenige Minuten? Vielleicht Jahre?
Dein Gehirn arbeitet. Fragen um Fragen jagen nach Antworten, doch alles löst sich in Seifenblasen auf und hinter der Finsternis wartet ruhig die Fratze des Grauens.

"Was wird nun werden?" Kristine's klare Stimme schneidet durch die Stille. "Wir können nicht immer fliehen, Ove, das weisst Du. Dieses Es holt uns immer wieder ein, nicht wahr?" Die Bettdecke bewegt sich leicht.

"Ich werde bei Dir bleiben, egal was geschieht. Unser beider Schicksal scheint eng mit dem des Doktors verbunden zu sein. Vielleicht auch mit dem von Fräulein Matilde."

Kristine deht sich zu Dir um und das Bett knarzt. "Wo ist sie eigentlich? Ich habe sie heute Abend weder gesehen noch gehört?"
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #305 am: 4.12.2016 | 11:32 »
Clive

"Was würde ich ändern wollen?", überlege ich und frage mich, ob Ayana meine Gedanken lesen kann ... oder ob es so offensichtlich ist, was ich mir wünsche. "Was würde ich ändern wollen? Vielleicht hätte ich meinen Frieden, wenn ich nie gelebt hätte? Was würde Ayana zu diesem Wunsch wohl sagen? Wie sollte sie hier sein, gäbe es mich nicht?

Ich würde mir vieles anders wünschen, aber es KANN NICHT SEIN. Es folgte alles einem Zweck, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe. Wie hätte ich IHRE Seele retten können? Wie hätte ich IHN bergen und in dem Tabernakel schützen können? Wie hätte ich Matilde kennenlernen sollen, wäre ich nicht nach Herm gegangen? Was wäre aus Matilde geworden, wäre ich nicht bei ihr gewesen? Selbst das Unrecht, das Ruairí widerfahren ist, hatte positive Folgen. Ich darf die Vergangenheit nicht ändern. Das ist uns Menschen nicht gegeben. Ich kann nur versuchen, jetzt das richtige zu tun."


Ich überlege, ob ich Ayanas Vergangenheit verändern könnte? "Was wenn ich sie früher getroffen hätte? Was wenn ich sie in meine Obhut genommen hätte, BEVOR sie in den Einfluss anderer geriet? Wäre sie dann so stark, wie sie jetzt ist? Hätte ich sie nicht von all dem ferngehalten, um sie zu schützen?"

Ich frage mich, ob Ayanas Frage nur der Versuch ist, mir ein anderes Geschenk zu machen. Bietet sie mir einen Zauber anstelle eines Körpers, um mich auf diese Weise 'einzufangen'? Ich versuche mir vorzustellen, über welche Macht Ayana verfügen müsste, um tatsächlich die Vergangenheit verändern zu können.

"Es gibt NICHTS, dass ich ändern könnte oder ändern dürfte. ... Es bleibt mir nur, in die Zukunft zu blicken und jetzt das richtige zu tun.

Ich wünschte mir, dass Du die Antwort auf meine Fragen bist. Ich wünschte mir, dass Du verkörperst, was ich mir für meine Zukunft erhoffe. Du bist der Strohhalm, an den ich mich jetzt, verlassen und alt, klammere. Aber Du verfolgst andere Ziele ... und Du brauchst mich wohl auch nicht lebend, wenn Du die Macht besitzt, die Vergangenheit zu ändern.

Darum ist die eigentliche Frage doch, was DU von MIR willst! Du weichst mir aus ...

Du hast versprochen, mir zu dienen. Und meine erste Bitte ist, dass Du mir die ganze Wahrheit sagst, warum Du hier bist und was das für mich bedeutet."

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #306 am: 5.12.2016 | 22:25 »
"Ich bin nicht hier, Doktor, um Deine fleischlichen Gelüste zu befriedigen."
http://40.media.tumblr.com/75d72be984e24434c34478ff1266b9e5/tumblr_n6vkyn5RJ21twidybo1_500.jpg

"Wenn Du das glaubst, bist Du ein Narr. Würde ich mich zu Dir legen, dann nur weil es MIR gefällt."
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/13/27/08/13270864297465caaad18d9057b065e7.jpg

"Du möchtest nichts an Deinem Leben ändern, Doktor? Nichts rückgängig machen? Nichts ungeschehen machen? Nicht doch etwas tun, was nicht von Dir getan wurde?"
https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/236x/1c/fd/21/1cfd213a5fd032d06fc2297cc76baf3f.jpg

"Das ist interessant. Überrascht mich aber nicht."

"Wenn Du etwas Konkretes wissen willst, Doktor, dann solltest Du auch konkrete Fragen stellen."
Sie streckt sich lasziev, geschmeidig wie eine Katze. "Ich werde Dir alles sagen, doch Du musst mich auch alles fragen, Doktor."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #307 am: 6.12.2016 | 16:23 »
Clive

Ich muss leise lachen, als Ayana ihre Krallen ausfährt und mir meine Grenzen aufzeigt. Damit kann ich umgehen. Das ist zumindest plausibel. Diese Sprache verstehe ich. Und in ihrem verletzten Stolz hoffe ich einen Blick auf den Menschen, bar jeder Maske, werfen zu können.

"Nun, Du hast Dich zu mir gelegt ... in mein Bett, oder nicht? Ich entschuldige mich, dass ich diese für mich nicht ganz alltägliche Situation missdeutet habe. Aber ich habe auch nie behauptet, kein alter Narr zu sein. Eigentlich war es ungefähr das, worauf ich Dich hinweisen wollte."

Dann werde ich wieder ernst: "Es gibt so vieles in meinem Leben, von dem ich wünschen würde, es wäre nicht geschehen oder anders verlaufen. Aber es IST geschehen. Es zu ändern würde bedeuten, mein ganzes nachfolgendes Leben zu verändern ... mich zu ändern. Und das erschiene mir nicht richtig. Wozu auch noch? Für die kurze Zeit, die noch vor mir liegt?"

Ich betrachte Ayana und die geschwungenen Konturen, die ihr Körper der Decke gibt. Ich möchte sie berühren, über ihre samtene Haut streichen. Ich versuche mir vorzustellen, welche Katze Ayanas geschmeidigen Bewegungen gleichen könnte. Zu den Großkatzen, die ich in Afrika beobachtet habe, gesellt sich in meiner Vorstellung schließlich auch Lord Penhews Katze1 und ich muss angesichts der enttäuschenden Vorstellung, Ayana verwandele sich in Penhews nackten Stubentiger, nochmals leise lachen. Es erstaunt mich selbst, dass ich angesichts dieser Situation so entspannt und gelassen bin. Aber ich fühle mich durch Ayanas Gegenwart nicht bedroht ... eher herausgefordert.

"Ich frage mich zunächst einmal, was mir die Ehre Deines Besuchs beschert", fahre ich fort und lasse mit der Formulierung zunächst offen, ob ich Ayanas Anwesenheit auf dem Manor allgemein oder ganz konkret ihren Besuch in meinem Bett meine.

"Wenn Du wie Karim und die Hölderlin-Zwillinge glauben solltest, ich sei auserwählt, Azathoth zu dienen, für ihn die Flöte zu spielen und zu tanzen, muss ich Dich enttäuschen: Ich bin ein diletantischer Flötenspieler und vermutlich ein noch schlechterer Tänzer. ... Ich hatte in meinem Leben nicht viel Zeit, mich mit solchen Dingen zu beschäftigen."

Erneut ernsthaft setze ich hinzu: "Außerdem habe ich das unbestimmte Gefühl, dass schon ein anderer Dämon Anspruch auf mich erhebt. Azathoth müsste sich da schon hinten anstellen."

Ich drehe mich zu Ayana herum und stütze meinen Kopf auf eine Hand.

"Dein Wunsch sei mir Befehl. Ich schätze, wir sollten uns auf eine lange Nacht einstellen. Ich habe viele Fragen. Hoffentlich sind diese ersten Fragen konkret genug, meine schöne Blume2: Was erhoffst Du Dir von Deinem Besuch bei mir? Was konkret willst Du hier erreichen? Und was würde das für mich bedeuten?"

1 vgl. 'Wieviel Pharao braucht der Mensch?'
2 Ayana = die schöne Blume (äthiopisch)
« Letzte Änderung: 6.01.2017 | 13:19 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #308 am: 7.12.2016 | 10:17 »
Ove
Durch meinen Kopf rasen viele bruchstückhafte Gedanken.
Nachdem Kristine und ich wortlos für Harry das Zimmer bereitet hatten, sind wir ebenso wortlos in unser Zimmer gegangen. An der Tür dreht ich mich noch einmal um und wünschte Harry eine gute Nacht.

Ich hatte mich versichert, dass alle Türen und Fensterläden gut verrriegelt sind und ich legte Collins Revolver in die oberste Schublade meiner Nachttischkommode, auf der eine kleine Lampe steht und auf die ich für gewöhnlich den Roman lege, den ich noch im Bett, bis kurz vor dem Einschlafen, lese.
Heute liegt dort kein Roman. Lediglich ein Wasserglas vom Vorabend steht dort noch. Halb leer getrunken steht es da.

Ich kann meine Gedanken kaum sortieren. Ich sehe immer wieder unseren "Einbruch" in die Ausstelllungshalle vor mir. Ich spüre wieder, wie die Maske tief in mich schaut, durch meinen Geist schneidet, wie ein heißes Messer durch warme Butter und dabei ein Stück aus meiner Geist heraus nimmt. Wie ein Schlachter mit gekonnter Bewegung das Filet aus dem Rind trennt: geschmeidig, fließend, schnell, routiniert, ohne etwas anderes zu beschädigen oder anzuschneiden als das, was er schneiden will. Am Ende hält er ein sauber herausgetrenntes Stück Fleisch in der Hand - so wie die Maske nun ein klitzekleines aber sauber herausgetrenntes Stück meines Geistes bei sich hält.

Ich sehe die afrikanische Schönheit, die in der Auktionshalle war. Ich stelle mir vor, wie Baxter es nicht schafft sie aufzuhalten. Ich sehe mich die Hände einsammeln. Die furchtbaren Hände, dir ich gleich vor Ort hätte verbrennen sollen. Oder die Maske, die wir hätten zertrümmern müssen. Aber hätte das irgendwas verändert? Vermutlich nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob Kristine wach liegt. Doch ich glaube es nicht. Wir liegen schon so lange hier. Sie muss eingeschlafen sein. Ich überlege mehrfach, ob ich mach dicht an sie schmiege, meinen Körper an ihren drücke, um ihre Wärme und Nähe zu spüren. Aber ich entscheide mich dagegen. Sie kann jede Minute an Schlaf gebrauchen. Ich will sie nicht aufwecken.

Ich zucke innerlich zusammen, als ich Kristines klare Stimme höre.
Ihre Worte haben eine überzeugende Kraft und Stärke.

Während ich überlege, was ich ihr antworten soll, schiebe ich mich näher und nehme sie in den Arm. Ich halte ihren ganzen Körper mit meinem... oder ist es umgekehrt? Vermutlich geben wir uns gegenseitig Halt. Ich genieße ihre Nähe und es beruhigt mich ihre Wärme zu spüren.

"Ja, ... du hast sicher Recht. Ich hatte gehofft, wir könnten weglaufen. Aber es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis 'Es' uns einholt. Ich weiß nicht, was 'Es' ist, aber... niemand kann ihm entfliehen. So sehr ich es mir auch wünsche. Wir müssen uns dem Unvermeidlich.... wir müssen uns 'ihm' stellen. ICH muss mich ihm stellen."

Mir ist völlig unklar, wie ich das tun soll. Aber ich weiß, dass ich es zumindest versuchen muss.

"Und wo Matilde ist, weiß ich nicht. Clive sagte mir nur, sie sei fort gegangen. Ich weiß aber nicht wohin und warum. Ob sie etwas gespürt hat? Ob sie sich "ihm" ebenfalls stellt? Ich weiß es nicht, Stine. Ich weiß es nicht. Sie hat aber sogar Luni hier gelassen. Ich kann nur hoffen, dass sie bald wohlbehalten zurückkommt. Wir sollten Clive morgen nach ihr Fragen und sie Suchen gehen. Vielleicht weiß sie mehr als wir."

Ganz sicher weiß sie mehr als wir. Sie hat viel mehr erlebt. Schlimme Dinge. Gute Dinge. Unverständliche Dinge. Aber weiß sie was sie zu tun hat? Weiß sie in der Hinsicht mehr als wir? Ich glaube, wir sollten sie suchen. Ich habe das Gefühl, sie kann uns der Lösung dieser Misere näher bringen.


Oh Matilde, warum hast du nicht mehr gesagt, bevor du verschwunden bist? Du hättest uns doch Hinweise geben können. Oder habe ich die übersehen?!


"Stine, hast du eine Ahnung, wo Matilde hin sein kann? Hat sie zu dir etwas gesagt, was nach einem Grund für ihre Abreise klang?", ich will das Wort "Verschwinden" vermeiden.

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #309 am: 7.12.2016 | 20:39 »
Ove

"Ich weiss auch nicht, wohin sie gegangen sein könnte. Sie hat mir nichts gesagt. Das letzte Mal habe ich sie, glaube ich, zur Mittagszeit gesehen."

"Aber sie ist auch immer so schrecklich in sich gekehrt. Ich konnte nie richtig warm mit ihr werden."

"Vielleicht ist sie ja nur für einen Einkauf in die nächste Stadt gefahren und wurde durch das schlechte Wetter aufgehalten? Was denkst Du?"
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #310 am: 7.12.2016 | 21:21 »
Clive

"Es war ein Fehler, Karim fortzuschicken. Die Zwillinge sind nur zwei Kasper; ich hätte ihr Blut trinken sollen. Ich wäre darin geschwommen." Ihre Stimme wird für einen Augenblick schneidend, als sie die Luft zwischen den Zähnen einsaugt.

"Ich weiss, dass meine Begleitung Dir nützen wird. Ich habe die Nebel beiseite geschoben. Ich werde Dich vor einigen Gefahren schützen können. Du bist wichtig. Zu wichtig. Du musst überleben. Und wenn Du überlebst, wirst Du Unsterblichkeit erlangen, als Auserwählter."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #311 am: 7.12.2016 | 23:47 »
Clive

Als Ayana meint, es sei ein Fehler gewesen, Karim fortzuschicken, stimmt mich das nachdenklich, denn ich selbst sah in Karim keine Bedrohung und ich habe ihm vielleicht sogar mein Leben zu verdanken. ... Es war merkwürdigerweise nicht Karim, sondern sein Geschenk, das mich beunruhigte. Dabei habe ich es nicht einmal gesehen. Es war nur die Angst vor dem, was es hätte sein können.

Doch als Ayana von der Unsterblichkeit spricht, entfährt mir ein: "Gott behüte!"

Obschon ich annehme, dass diese unbedachten Worte ein Fehler waren, setze ich nach: "Es gibt wohl nichts, was weiter von meinen Wünschen und Zielen entfernt wäre als ein ewiges Leben. ... Das ist eine schreckliche Vorstellung! ... Was Du als Verlockung darstellst, ist in Wahrheit eine unendliche Agonie ohne Aussicht auf Erlösung."

Ich schüttle den Kopf. "Ich muss Dich enttäuschen: Du irrst Dich! ... ICH bin NICHT wichtig. ... Ich bin nur ein alter Narr. ... ICH bin auch nicht in Gefahr. Ich habe den Tod lange genug vor Augen. Ich folge nur denen nach, die ich liebte. Der Tod alleine kann mich nicht schrecken. ... Es sind andere Dinge die mir Sorgen bereiten. Andere Menschen. Ich muss lange genug leben, um sie in Sicherheit zu bringen, nicht mehr."

Erneut frage ich mich: "Warum hier? Warum jetzt? Warum in meinem Bett? Was hat keine Zeit bis morgen?"

Ich seufze: "Du magst die Nebel beiseite geschoben haben, was immer das bedeuten mag. Aber meine Nebel hast Du nicht gelichtet. Ich sehe noch immer nicht klar, was Du Dir von diesem Besuch erhoffst. ... Warum glaubst Du ich wäre wichtig? Wichtig für wen?" ... "Denn da ist NIEMAND mehr, nachdem Matilde gegangen ist. ... Marie ist zu jung, als dass ich noch von großer Bedeutung für ihr Leben sein könnte. ... Nein, es gibt niemanden mehr ... nicht einmal in meinem Innern. Alles ist leergefegt. Ich muss nur noch übergeben, was ich behüte ... oder alles zerstören. Dann hält mich nichts mehr."
« Letzte Änderung: 7.12.2016 | 23:50 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #312 am: 8.12.2016 | 13:15 »
Ove

"Ja, vermutlich hat es eine ganz einfache Erklärung, wo Matilde nun hin ist. Vielleicht wollte sie auch einfach mal etwas Abstand zwischen sich und uns bringen. Ich glaube sie verbindet viel Unschönes mit Clive und zu einem gewissen Teil auch mit uns. Sie hat sich auch Vorwürfe gemacht, dass du mit in unsere Arbeit hineingezogen wurdest. Aber es ist wenn dann meine Schuld."

Ich atme tief durch, da ich merke, dass ich abzuschweifen drohe und die Schuldfrage werden wir sowieso nie klären können, und Kristine interessiert es auch nicht. 'Was passiert ist, ist passiert, Ove' hat sie immer wieder gesagt, wenn ich mir Vorwürfe gemacht habe. Oder auch nur, wenn ich so aussah als hätte ich mir welche gemacht.

"Sie wird sicherlich bald wieder kommen ... wir können Clive morgen nach ihr fragen. Vielleicht weiß er dann mehr. Es ist nicht ihre Art ganz wortlos zu verschwinden."
Zumindest glaube ich das.

"Und du hast Recht. Sie ist unnahbar. Sie ist eine attraktive Frau, aber sie ließ niemanden an sich heran... weder körperlich... aber erst recht nicht an ihre Gefühle. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sie vorher war. Und was sie so verändert hat. Sie muss, nach allem was ich gehört habe, eine sehr lebensfrohe Person gewesen sein. Früher."

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #313 am: 10.12.2016 | 19:28 »
Clive

Du spürst Ayana's Augen durch die Dunkelheit. "Weshalb hast Du Karim fort geschickt? Er hat Dir geholfen, vielleicht sogar Dein Leben gerettet. Und doch hat er Dir eine Todesangst eingejagt. Nun. Es ist Deine Entscheidung. Dein Weg."

"Du magst das ewige Leben nicht? Aber bedenke, man vermag auch die Unsterblichkeit zu erlangen und muss dennoch sterben. Nur dass einem ewig gedacht wird, Doktor. Bedenke die Namen der grossen Könige, Heerführer, Entdecker, Erfinder, Dichter und Musiker. Deren Namen sind unsterblich. Zu ihren Ehren werden sogar Standbilder errichtet und Strassen und Plätze nach Ihnen benannt."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #314 am: 11.12.2016 | 00:48 »
Clive

"An meinen Namen wird man sich nicht lange nach meinem Tod erinnern. Ich hinterlasse nichts, an das es sich zu gedenken lohnen würde. Und ich hinterlasse niemanden."

Es ist nur die Feststellung eines Umstandes, der mir schon vor vielen Jahren bewusst geworden ist. Ich habe es mir nicht ausgesucht. Aber es ist richtig so, wie es ist. Was hätte ich schon von mir weitergeben können? Ein schwermütiges Wesen und verbotenes Wissen, das die meisten Menschen in den Wahnsinn treibt? Darum habe ich auch einer Beziehung mit Emma keine Chance gegeben.

"Daran ist nichts falsch. Diejenigen, deren Namen in Erinnerung bleiben, haben selten persönlich große Taten vollbracht. Es waren andere Menschen, an deren Namen sich niemand mehr erinnert, die ihnen zur Größe verholfen haben. Menschen, deren Blut die Schlachtfelder getränkt hat. Menschen, die Schiffe durch gefährliche Gewässer gesteuert haben. Menschen, die sich auf den Feldern oder in Minen zu Tode geschuftet haben. Nach ihnen müssten die Straßen benannt werden. Aber die Menschen vergessen schnell. Und die Mächtigen bestimmen, welche Namen in die Geschichtsschreibung aufgenommen werden.

Es tut mir leid, wenn das bedeutet, dass ich eine Enttäuschung für Dich bin. Aber mir bedeutet es nichts, ob sich die Menschen im Allgemeinen nach meinem Tod noch an mich erinnern. Da ist kein Mensch mehr übrig, bei dem es mir wichtig wäre.

Karim hat mir keine Todesangst eingejagt. Es war sein Geschenk, das ich gefürchtet habe. ... Außerdem fühlte ich mich betrogen. Ein Pakt ist ein Vertrag ... eine Übereinkunft. Man muss sich dafür entscheiden, muss ihn schließen wollen. ... Die anderen wollten mich und Ove in eine Falle locken. Sie wollten uns hereinlegen. Sie versuchten, uns durch die Übergabe von Geschenken in eine Pflicht zu setzen, die wir nicht übernehmen wollten. ... So etwas mag ich nicht!"
« Letzte Änderung: 11.12.2016 | 10:49 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #315 am: 14.12.2016 | 19:04 »
Clive

"Du bist spassig, alter Mann. Und Du hast seltsame Ansichten, weisst Du das? Wenn jene, die die Strassen bauen, dann auch deren Namensgeber würden, dann gäbe es in England viele John Smith Strassen, in Irland wäre jeder Dorfplatz ein Jack Murphy Platz und in Deutschland wäre jede Brücke nach Hans Schmidt benannt." Ayana lacht herzlich.

"Du hast einen Pakt geschlossen. Der Pakt ist ein Vertrag. Du hast dich dafür entscheiden, die Hand haben zu wollen. Du wolltest sie. Du hast sie bekommen. Du bist der Meister der Rechten Hand."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #316 am: 14.12.2016 | 20:54 »
Clive

Das Adjektiv 'spaßig' wirkt mir in Bezug auf meine Person etwas deplatziert. Aber Ayanas samtenes Lachen hüllt mich ein, wie eine warme Decke. Ich genieße es zu sehr, als dass ich mir hierüber länger Gedanken machen würde.

"Würde man den Menschen, die eine Brücke bauen mehr Achtung entgegen bringen, wäre die Welt sicher ein besserer Ort. Ich hätte nichts dagegen", denke ich. Aber es würde nur von den aktuell wichtigen Fragen ablenken, wollten wir dies jetzt diskutieren.

Kurz bin ich versucht, darauf hinzuweisen, dass Ove die Hand an sich genommen hat, dass er sie wollte und dass dann vielleicht Collins als einziger den 'Auserwählten' korrekt identifiziert hat. Aber etwas hält mich davon ab. Natürlich will ich Ove nicht wieder in den Fokus rücken und in Gefahr bringen. Um seine Verfassung steht es auch so schon nicht zum besten. Und er und Kristine haben ihr Leben noch vor sich. Aber das ist es nicht alleine ... das ist nicht der entscheidende Grund, wie ich mir eingestehen muss. Tatsächlich fasziniert mich Ayana zu sehr, um sie jetzt schon zu vertreiben.

"Nun ... ich war kurz im Besitz der Hand. Das ist korrekt. Aber ich WOLLTE sie nie besitzen und habe sie nie berührt. Ich habe mich nur bereit erklärt, sie zu nehmen, um sie zu zerstören. Und ich habe sie zerstört. Wenn Du recht hast, bin ich der Meister von NICHTS.

Wenn das einen Pakt bedeutet, müssen schon viele Menschen vor mir ihn bereits geschlossen haben:

Da wären zum Beispiel Elisa Marquard. Ich kann nicht sicher sagen, ob sie dieses Kuriosum jemals in ihren Händen gehalten hat. Sie war Mitglied der Expedition; darum erscheint es naheliegend, dass sie den Fund auch begutachtet hat. Sie hat damals auch einige Fotos von der Tulcu-Hand angefertigt. Und ... wenn ich sie recht verstanden habe ... glaubte sie wohl, durch die Hand krank geworden zu sein. Jedenfalls wollte sie später die Hand besitzen ... wie schon ihr Vater, Gotthilf von Höllsang, vor ihr. Von Höllsang wollte die Hand zurück bringen, Mrs. Marquard erhoffte sich von ihr die Heilung ihrer Krankheit.

Und natürlich wäre James Mac Mannaman zu nennen, der die Hand ursprünglich mitgebracht hat und in seinem Labor bei einem 'Unfall' ums Leben kam."

An das von Frau Marquard berichtete Detail der Chlorgasvergiftung kann ich mich noch gut erinnern, rief sie doch Erinnerungen an den Krieg in mir wach.

"Mac Mannaman gabe die Hand zur Untersuchung an verschiedenen Spezialisten.

Und nach seinem Tod wechselte der Besitzer der Hand vermutlich noch mehrmals, bevor sie wieder in dem londoner Auktionshaus als Teil einer ... ungewöhnlichen ... Sammlung auftauchte.

Was ist mit all diesen Besitzern? Waren auch sie alle auserwählt?

Jedenfalls die mir bekannten Personen sind eines unnatürlichen Todes gestorben. Das wirft für mich die Frage auf, ob ich Karim überhaupt dafür dankbar sein sollte, dass er mir heute sein Mittel verabreicht hat. Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte mich dort auf der Dorfstraße liegen lassen!"

Ich denke kurz darüber nach, wie sich all dies sinnvoll zusammenfügen könnte. Die neuen Puzzle-Teile scheinen sich nirgendwo in das Bild einzufügen, das ich nunmehr seit über drei Jahren zusammenzusetzen versuche.

"Warum bist Du also hier? Ich verstehe es noch immer nicht. ... Du sagst, Du willst mich beschützen, weil ich der 'Auserwählte' sei. ... Dabei scheint den Auserwählten der Tod bestimmt zu sein. ... Bist Du also nur hier, um darüber zu wachen, dass ich auf die rechte Weise sterbe? Oder willst Du mich vor anderen Menschen schützen, die mich vor dem Schicksal eines Auserwählten bewahren wollen, indem sie mich töten? ... Erkläre es mir!"
« Letzte Änderung: 14.12.2016 | 20:55 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #317 am: 14.12.2016 | 22:54 »
Ayana's glockenhelles Lachen ist entwaffnend. "Du warst der Letzte, der die Hand wollte und an sich nahm, bevor die Sternenkonstellation am Himmel erschien."
"Und Du hast sie vernichtet? Du hast DIE HAND vernichtet?"

"Also zerstört. Sie ist demnach weg? Und kommt nicht wieder?"

"Die Wege des Herrn sind wahrhaftig unergründlich. Du bist wahrlich der Auserwählte, Doktor. Nur der Auserwählte würde es wagen, sich eines derartig mächtigen Gegenstands zu berauben und seinen einzigen Vorteil wegzugeben."

"Du bist ein Mann voller Überraschungen."

"Und Du bist ein Mann mit Überzeugungen. Vielleicht nicht klug, aber mit Überzeugungen."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #318 am: 15.12.2016 | 12:16 »
Clive

Das Lachen mag trügerisch sein. Aber es ist trotzdem Balsam für meine Seele, in dieser Situation überhaupt ein offenes Lachen zu hören. Ein Sinnbild für die Kraft des sich ständig erneuernden Lebens, das in der Dunkelheit auflodert ... wie ich es in meinem Leben schon wiederholt erlebt habe. Ich bade förmlich in diesem Lachen. Ich sehe die Gefahr, aber ich verdränge die Gedanken ... an die Katze und das Rotkehlchen1 ... an Merlin und Nimue ... Nur die Zeit kann zeigen, wer hier tatsächlich welche Rolle spielt! Und was habe ich schon zu verlieren?

"Ich habe nie behauptet, klug zu sein. Und ja, die Hand ist vernichtet. Ich denke nicht, dass sie wiederkehren kann. ... Vielleicht wird man sich also DOCH künftig meiner erinnern, .... als eines alten Narren, der eine so leichtsinnige Entscheidung getroffen und sich selbst damit ins Verderben gestürzt hat? Dann hätte ich mir letztendlich doch noch ein Denkmal gesetzt, indem ich zerstöre, statt erbaue. Zwar leider nicht so gloreich wie der listenreiche Odysseus, der Zerstörer Trojas, aber immerhin ..."

Was hatte ich als Reaktion auf die Offenbarung der Vernichtung der Hand erwartet? Jedenfalls nicht ihre Belustigung! Es hätte mich nicht überrascht, wäre sie bestürzt gewesen, weil sie der Hand eine rituelle Bedeutung beigemessen hätte ... im Sinne es einer heiligen Reliquie oder eines anbetungswürdigem Totems. Ich hatte befürchtet, dass Ayana wütend geworden wäre, etwa wenn sie selbst hierher gekommen wäre, um sich in den Besitz der Hand zu bringen. Die Leichtigkeit, mit der sie die Zerstörung der Hand akzeptiert, nimmt mich wieder ein Stück mehr für sie ein. Es stellt sie in dieser Sache 'auf meine Seite'.

Wieder versuche ich, aus Ayanas Worten mehr über diese Frau zu erfahren:

"Die Wege des Herrn sind wahrhaft unergründlich?", frage ich zweifelnd ins Dunkel. "Du bist eine Frau voller Überraschungen. Im einen Moment willst Du noch das Blut der Hölderlin-Zwillinge trinken und im nächsten preist Du den Herrn? Wenn Du Christin bist, dann bin ich wohlmöglich ein 'Narr um Christi willen'2 ..."

1 Clives Traum auf Herm
2 1 Kor 4, 10
« Letzte Änderung: 22.12.2016 | 20:08 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #319 am: 15.12.2016 | 18:52 »
"Ich zitiere gerne, Doktor. Und eine Christin bin ich nun wirklich nicht. Deine Kirche würde mich bestimmt als Heide und Barbar einstufen. In früheren Jahrhunderten bestimmt sogar als Hexe." Wieder lacht sie, als hätte sie einen Witz gemacht.

"Nun, Doktor, die Hand soll einer Kreatur gehört haben, so sagt es zumindest die Legende, die durch nichts zu verletzen ist, als durch sich selbst. Die Hand wäre somit die perfekte Waffe gegen diese Kreatur gewesen."

Sie kichert wie ein kleines Mädchen. "Aber wie alle Legenden, so ist auch diese etwas verrückt. Wie soll die Kreatur diese Hand verloren haben, wenn sie nur durch sich selbst zu verletzen ist? Entweder hat sie sich die Hand aus Langeweile abgenagt, oder an der Erzählung stimmt wohl etwas nicht."

"Wie auch immer. Du wirst diese Kreatur töten, Doktor, denn Du bist der Auserwählte."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #320 am: 15.12.2016 | 20:05 »
Clive

Ich horche auf. "Dies alles hört sich nicht danach an, als ob Braddocks Warnung berechtigt wäre. Wenn mich Ayana auffordert, dieses Wesen zu töten, von dem die Hand stammt, erscheint sie mir eher als eine Verbündete ... jedenfalls wäre sie das wohl gewesen, wenn ich noch jünger wäre. Das Wesen, von dem die Hand stammt, erscheint mir nicht wirklich freundlich gesonnen, wenn es bei den Tcho-Tcho lebt. ... Ich wünschte mir, Matilde wäre hier und ich könnte mich mit ihr beraten ... aber sie ist fort."

Ein kleiner unvernünftiger Teil von mir ist allerdings auch mit der gegenwärtigen Situation ganz zufrieden. Auch wenn Ayana mich nicht berührt, spühre ich doch die Wärme ihres Körpers ... ganz zu schweigen von ihrem Duft. Auch wenn ich alt und krank bin, bliebt dies nicht ganz ohne Wirkung auf mich. Und seit jenem Tag in London bin ich ... hungriger ... eher bereit mir zu nehmen, was ich begehre ...

"Aber wenn Braddocks Warnung unbegründet war ... welcher Fraktion gehört er an? Welche Interessen verfolgt er? ... Ich würde Ayana gerne nach ihm befragen, aber dann kann ich morgen vermutlich nicht mehr mit Braddock reden. ... Braddock stand in Verbindung mit dem Brandstifter aus London ... nehme ich an. Warum und wie ist der Brandstifter gestorben? Warum wollte er verhindern, dass Mrs. Marquard die Hand erhält? ... So viele Rätsel bleiben ... Zumindest nach dem Brand kann ich Ayana fragen, ohne die Anwesenheit von Braddock im Dorf zu erwähnen."

Aber zunächst wende ich mich einer grundlegenderen Frage zu:

"Warum soll ich diese Kreatur töten? Mir jedenfalls hat sie nichts getan ...

Soviel ich weiß, lebt sie bei den Tcho-Tcho auf dem Plateau von Leng ... so berichtete es jedenfalls Mrs. Marquard bevor sie starb. Welche schreckliche Gefahr geht von der Kreatur aus, obwohl sie so weit abseits jeder Zivilisation lebt?

Und schließlich ... ich bin weit entfernt von der körperlichen Verfassung, den Himalaya zu besteigen. Ich würde die Hochebenen von Leng nicht einmal erreichen!"
« Letzte Änderung: 15.12.2016 | 20:07 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #321 am: 18.12.2016 | 12:23 »
"Diese Kreatur ist ein Wesen aus den Tiefen des Universums. Eine uralte Kreatur, die alle Vorstellungskraft der Menschen sprengt. Du kannst sie nicht töten, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Du kannst sie bannen aber Du wirst es schwer haben, denn Du hast die sechs-fingerige Hand zerstört."

"Du wirst Deinen ganzen Mut und Deinen Einfallsreichtum brauchen, um zu bestehen."

"Und jetzt schlaf. Du musst morgen ausgeruht sein."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #322 am: 18.12.2016 | 13:38 »
Ove

"Schlaf gut." Kristine dreht sich zu Dir herüber und drückt Dir einen Kuss auf die Wange. "Morgen ist ein neuer Tag. Wir werden sehen, was dieser bringt. Vielleicht ist dann auch Matilde zurück. Sie würde ihren Luni doch niemals allein lassen."
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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #323 am: 18.12.2016 | 15:37 »
Clive

Ich schließe gehorsam die Augen und überlasse mich dem, was Ayana für mich geplant hat. Würde ich mich ihr überhaupt widersetzen können? Der Schlaf lässt auf sich warten und so denke ich über das Gesagte nach.

"Morgen werde ich mit Ove Braddock aufsuchen. Wir werden sehen, was er zu der Angelegenheit zu sagen hat. ... Aber vermutlich bin ich anschließend noch verwirrter als jetzt schon.

Kristine hat schon so viel durchgemacht. Ich wünschte, den beiden würde das hier erspart bleiben. Zumindest habe ich sie nicht in diese Misere gebracht, wenn Ayana die Wahrheit spricht. Es ist ein Trost, dass diese Hypothek nicht auch noch auf meinem Gewissen lastet."


Ich horche in die Dunkelheit und höre Ayanas Atem. Wieder nehme ich die Wärme ihres Körpers und ihren Duft nach frischem Gras und Sandelholz intensiv wahr. Ich würde sie gerne berühren. Ich versuche mich von diesen Gedanken abzulenken, indem ich Vermutungen darüber anstelle, woran sie gerade denken könnte. Aber es ist aussichtslos, Ayana durchschauen zu wollen. Und ich versuche mir einen Reim darauf zu machen, welche Bedeutung dem Kopfschmuck zukommen mag und warum sie ihn gerade jetzt angelegt hat. "Wartet sie nur darauf, dass ich eingeschlafen und ihr wehrlos ausgeliefert bin? Bin ich das nicht ohnehin schon? Warum sollte sie mich dann erst geweckt haben?" Aber unwillkürlich driften meine Gedanken schon wieder in andere Gefielde ab und ich frage mich, ob Ayana mich von nun an jede Nacht aufsuchen wird. Ich beschließe, mich dieser absurden Vorstellung hinzugeben ... zumindest für diese eine Nacht mich in der Vorstellung einer Zukunft zu ergehen, die nicht durch die Einsamkeit geprägt ist, die nun auch Matilde hinterlassen wird.

So gleite ich langsam in einen hoffnungsvollen Schlaf. ... Und das ist mehr, als ich nach diesem Tag hätte erwarten dürfen.

Und so gleite ich hinab in die eine erholsame Leere ...


Doch nach anfänglich ruhigem Schlaf kehren - wie meist - meine Träume zurück.

Ich befinde mich auf einer Insel. Es ist Herm. Ich folge der Bruchsteintreppe aus dem verwilderten Garten des Sanatoriums. Auf dem Boden liegt ein toter Vogel. Erneut durchschreite ich den Torbogen ohne Mauer und ohne Sinn.1

Als ich mich dem kleinen heruntergekommenen Hafen nähere, sitzen auf einer Mauer zwei Katzen. Eine Katze ist weiß wie Schnee und die andere Schwarz wie die Nacht. Die weiße Katze betrachtet mich aus kristallblauen Augen, kalt wie Eis und abgrundtief wie ein Aqaumarin. Die Augen der schwarzen Katze hingegen leuchten wie von einer inneren Glut erhellt, als wolle sie mich mit ihrem Blick verbrennen.

Die weiße Katze lässt sich hinter der Mauer in den Abgrund fallen. Ich frage mich, wie tief es dort wohl herabgeht und mache mir Sorgen. Die schwarze Katze streckt sich genussvoll in der Sonne und stolziert über die Mauer. Sie ist sich meines Blickes bewusst. Sie will gesehen werden. Sie weiß sich in Szene zu setzen. Gelassen springt sie in eine Mauernische mit einer Ikone. Ihr Gang wird eher noch aufreizender ... respektloser ... selbstsicherer. Dann springt sie auf meiner Seite der Mauer herab. Mir wird plötzlich bewusst, wie klein ich bin. Die Katze scheint hingegen immer größer zu werden. Als sie faucht und nach mir schlägt, versuche ich mich durch einen gewagten Sprung in Sicherheit zu bringen. Aber es gibt kein Entkommen. Sie spielt mit mir. Immer wieder fischt sie mich mühelos mit ihren Tazen aus der Luft. Sie will micht nicht töten ... noch nicht ... nicht ohne zuerst ihren Spaß mit mir gehabt zu haben. Die Jagd ist das Ziel ... der Tod nur der finale Höhepunkt.


Schweißnass erwache ich. Mein Herz pocht in meiner Brust. Die Schläge sind schwer und krampfhaft. Ich greife mir an die Brust.

"Wie lange wird Karims Mittel mich schützen?", überlege ich. "Vermutlich war es wirklich ein Fehler ihn fortzuschicken."

Ich rieche, wie sich der Duft von Sandelholz mit dem Geruch meines Schweißes vermischt. Wieder werde ich mir meines Alters und meiner Unvollkommenheit bewusst.

"Ob ich sie geweckt habe? ... Ob sie meine Träume sieht?"

Ich wage nicht, mich zu bewegen. Stattdessen horche ich in die Stille, bis sich behutsam mein Puls verlangsamt.

Ich nehme keine Regung wahr. "Liegt Ayana noch neben mir oder ist der Geruch nach Sandelholz nur eine Erinnerung? ... War Ayana überhaupt jemals in meinem Bett ... auf dem Manor? Oder ist das alles nur eine Einbildung ... ein Traum ... gewesen?" Für einen Moment bin ich verunsichert. Die Geschehnisse waren so absonderlich ... surreal ..., dass sie einem Traum entsprungen sein könnten. Erneut bin ich versucht, meinen Arm auszustrecken, aber fast fürchte ich, nur Leere vorzufinden.

Und so liege ich da und dämmere dem Morgen entgegen, denke über Matilde, Ayana und die Katzen nach, bis sich die Bilder in meinem Kopf zu vermengen beginnen und ich erneut in einen leichten Schlaf falle.

1 ein früherer Gang zum Hafen
« Letzte Änderung: 6.01.2017 | 13:13 von Joran »

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Re: Irgendwo in IRLAND
« Antwort #324 am: 20.12.2016 | 16:30 »
Ove
Ich liege noch eine Weile wach, nachdem sich Kristine zum Schlafen umgedreht hat.
Ja, morgen ist ein neuer Tag... hoffentlich wird es ein besserer Tag. Aber wenigstens haben wir wieder alle Möglichkeiten etwas aus dem Tag zu machen.

Ich drehe mich schließlich auch auf die Seite, mache das Licht aus und übergebe mich dem Schlaf.