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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: tartex am 10.10.2025 | 10:08

Titel: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 10:08
Ich habe meinen Leitstil gerade mental abgeklopft und habe dabei zwei Problemstellen entdeckt, die vor allem der eine oder andere Old Schooler hier evtl. als "unmoralisch" empfinden würde. Ich finde in beiden Fällen kann man mir Illusionismus vorwerfen. Ich tue es ja selbst, aber gleichzeitig klappt es einfach recht gut. Würde gerne wissen, ob das andere auch so sehen.

Also würde ich gerne mehr Meinungen dazu hören.

1. Ich leite immer wieder diesselben Abenteuer für unterschiedliche Gruppen. Ich kenne die ziemlich gut [Edit: das ist eigentlich unerheblich, bei der Vorbereitung der nächsten Session von selbstgestalteten Kampagnen läuft es nicht anders] und habe eigentlich auch mit dem Improvisieren als Spielleiter nie Probleme. Wenn die Spieler dabei mit unkonventionellen Ideen aufkreuzen, freue ich mich, und lasse die auch spätestens nach nicht zu schweren Würfen klappen. Am Ende dieser Sessions kann ich es mir, dann aber öfters nicht verkneifen zu sagen, dass die Spieler wieder mal alle meine Erwartungen gesprengt haben und wie sehr sie mich doch in die Bredouille bringen. Das ist dann glatt gelogen, aber kommt meist gut an. Letztens hat eine Spielerin einem gemeinsamen Nichtspielerfreund erzählt, wie sie vor gut 2 Jahren meine Session gehackt hätte, dabei habe ich nur zugelassen, dass sie mit einem Riesenhammer eine Holzwand zum Nebenraum einschlägt (im Abenteuer nicht vorgesehen) und dabei so getan, als wäre damit alle Planung vernichtet.

Ist das Illusionismus?


2. In den langen, sebstgestalteten Kampagnen, die ich leite, bereite ich immer nur die nächsten 1 bis 2 Session vor. Ich habe zwar ein grobes Gerüst für das jeweilige Abenteuer (im Durchschnitt so 8 Sessions), aber gestalte dann doch öfters so um, dass genau die nächste Session cool und mysteriös wird. Die Spieler sind z.B. sicher, dass das dunkle Gebäude, dass sie gegen Ende der Session betreten voll wichtig ist? Ich blende bedeutungschwanger aus und bereite dann da etwas bis zu nächsten Session vor, damit ihr Erwartungshaltung auch erfüllt wird.
Der Überbösewicht am vorbereiteten Abenteuerschauplatz/der Sandbox z.B. wird schon viel früher durch gutes Spiel oder Würfeln enttarnt. Dann füge ich einfach eine weitere Verstrickung ein, damit ich den Schauplatz noch länger verwenden kann.

Ist das Illusionismus?
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Smoothie am 10.10.2025 | 10:11
ob das Illusionismus ist, weiß ich nicht, aber es klingt nach einer sehr guten Spielleitung!
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Maarzan am 10.10.2025 | 10:28
1 nein.
2 ja.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: nobody@home am 10.10.2025 | 10:28
Puh...ich meine, es klingt für mich erst mal stark nach Illusionismus (ob es auch gleich als "Falle" zählt, müssen andere entscheiden). Persönlich würde ich diese konkreten Situationen als SL wohl anders abhandeln -- beispielsweise muß ja nicht zwingend alles, was ich für ein Abenteuer vorbereitet habe, dann auch konkret in genau diesem Abenteuer auf jeden Fall abgehakt werden, sondern das läßt sich oft recyclen und zählt in jedem Fall schlicht als Übung -- und wäre auch als Spieler einigermaßen enttäuscht, wenn ich jemals herausfinden sollte, daß mich die SL über meine "tolle Leistung" schlicht beschwindelt hat...

...aber auf der anderen Seite sind ja Rollenspiel und Leiten zuallererst mal "nur" So-tun-als-ob, ich kann also schlecht mit der Rollenspielpolizei und dem großen moralischen Vorschlaghammer vorbeikommen, bloß, weil da jemand einen im Detail etwas anderen Leitstil pflegt als ich. };)
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Schalter am 10.10.2025 | 10:29
Was Smoothie sagt. Wenn Illusionismus, dann im besten Sinne, weil Deine Spieler ja Spaß bei Deinen Runden haben.
Anders gefragt, warum ist es Dir wichtig, Dir Illusionismus nicht selbst vorwerfen zu müssen? Welche Art von Spielgefühl strebst Du denn an?
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Sashael am 10.10.2025 | 10:30
Wo ist die "Falle"?
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Maarzan am 10.10.2025 | 10:38
Wo ist die "Falle"?

Mal schauen, wie lange das mit Fall 2 gut geht. Irgendwann merken die Spieler ggf. daß es egal ist, was sie vorher machen und wenn es "zu schnell" geht doch wieder eine neue, bisher nicht vorgesehene Komplikation gibt.

Und wenn das vorher als Sandbox verkauft worden ist, könnte das dann Unmut erzeugen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 10.10.2025 | 10:44
Hatten die Spieler Spaß?
Mehr ist eigentlich nicht wichtig.

Klar gibt es die Leute, die das mit einem lässigen "Aber die hatten doch die FALSCHE Art von Spaß (TM)!" erwidern würden, aber ZENSIERT und dann ZENSIERT und zwar mit Schmackes, bis ZENSIERT...  ^-^
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 10:54
Und wenn das vorher als Sandbox verkauft worden ist, könnte das dann Unmut erzeugen.

Also die Sandbox ist ja der Abenteuerschauplatz mit den vorgegebenen NSCs, in dem man sich relativ frei bewegen kann, weil alle möglichen Richtungen ausgestaltet sind.

Ich denke es ist auch immer noch eine Sandbox, wenn während des Spiel zusätzliche Elemente hinzufügt.

Das sehe ich persönlich nicht als das Problem an - und ich sage auch nie, ob jetzt etwas eine (voll ausgearbeitete) Sandbox ist oder nicht.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Sashael am 10.10.2025 | 10:58
Mal schauen, wie lange das mit Fall 2 gut geht. Irgendwann merken die Spieler ggf. daß es egal ist, was sie vorher machen und wenn es "zu schnell" geht doch wieder eine neue, bisher nicht vorgesehene Komplikation gibt.

Und wenn das vorher als Sandbox verkauft worden ist, könnte das dann Unmut erzeugen.
Bubble-Überlegungen.

Wenn ich an meine SpielerInnen der letzten 35 nachdenke, würde das keine/r von denen bemerken.

Wenn ich aus meiner (mir bewussten) Bubble heraus argumentieren müsste, würde ich Spieler, die so aktiv sind, dass sie solche Sachen bemerken und bemängeln, als mythische Wesen der Fantasie abtun.

Ich bin Spieler gewohnt, die prinzipiell Probleme damit haben, überhaupt einem übergreifenden Plot über mehr als vier Sessions zu folgen und die zum Spiel auftauchen, um JETZT Spaß zu haben. Ob da die nächste Bedrohung "zu schnell" auftaucht, realisieren die gar nicht.

Illusionismus als Werkzeug per se zu verteufeln geht imo an der realen Spielerschaft vorbei.
Nur wer alle Infos hat, sieht die Probleme und das sind nur die SLs.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Maarzan am 10.10.2025 | 11:00
Bubble-Überlegungen.

Wenn ich an meine SpielerInnen der letzten 35 nachdenke, würde das keine/r von denen bemerken.

Wenn ich aus meiner (mir bewussten) Bubble heraus argumentieren müsste, würde ich Spieler, die so aktiv sind, dass sie solche Sachen bemerken und bemängeln, als mythische Wesen der Fantasie abtun.

Ich bin Spieler gewohnt, die prinzipiell Probleme damit haben, überhaupt einem übergreifenden Plot über mehr als vier Sessions zu folgen und die zum Spiel auftauchen, um JETZT Spaß zu haben. Ob da die nächste Bedrohung "zu schnell" auftaucht, realisieren die gar nicht.

Illusionismus als Werkzeug per se zu verteufeln geht imo an der realen Spielerschaft vorbei.
Nur wer alle Infos hat, sieht die Probleme und das sind nur die SLs.

Und weil es noch nie jemand bemerkt hat, gibt es ja auch die ganze Diskussion erst gar nicht, ne?
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 11:06
Hatten die Spieler Spaß?
Mehr ist eigentlich nicht wichtig.

Das ist natürlich immer das Argument für Illusionismus.

Ich persönlich empfinde, dass Illusionismus den langfristigen Spielspass für den kurzfristen Spielspass riskiert. Es ist ungefähr so wie die Performance eines Unternehmens für die Quartalszahlen zu optimieren, weil mehrjährige Strategie sowieso nicht im Blickfeld ist.

Wenn ich als Spieler einmal durchschaue, dass es eh fast egal ist, was ich mache, bin ich deutlich weniger im Spiel involviert. Bei Railroading kriegt man das in einer halben Session raus, bei Illusionismus dauert das sicher länger.

Andererseits kenne ich genügend Spieler, die sich manchmal kaum an die vorletzte Session der Kampagne erinnern. Bei denen ist es wahrscheinlich egal.

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 10.10.2025 | 11:08
@tartex
Du als Spielleitung darfst auch dramaturgisch handeln und Dir Freiheit zum Improvisieren gestatten.

Das ist auch Teil des guten Spielleitens, lass Dir von Purist:innen der einen Schule (mit der man sicher auch Spaß haben kann) nichts anderes einreden.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 10.10.2025 | 11:12
Ich persönlich empfinde, dass Illusionismus den langfristigen Spielspass für den kurzfristen Spielspass riskiert. Es ist ungefähr so wie die Performance eines Unternehmens für die Quartalszahlen zu optimieren, weil mehrjährige Strategie sowieso nicht im Blickfeld ist.

Das ist durchaus ein Argument. Da hängt es davon ab, ob die Spieler das genauso sehen. Bei manchen Videospielen merke ich auch, daß bestimmter Kram nun mal gescriptet ist, und ich da nichts dran ändern kann, aber wenn der Rest des Spiels mich dennoch herausfordert, nehme ich das als atmosphärische Beilage durchaus gerne hin. Ist aber wohl bei jedem anders.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: nobody@home am 10.10.2025 | 11:16
Das ist durchaus ein Argument. Da hängt es davon ab, ob die Spieler das genauso sehen. Bei manchen Videospielen merke ich auch, daß bestimmter Kram nun mal gescriptet ist, und ich da nichts dran ändern kann, aber wenn der Rest des Spiels mich dennoch herausfordert, nehme ich das als atmosphärische Beilage durchaus gerne hin. Ist aber wohl bei jedem anders.

Wobei ein Unterschied zwischen Rollen- und Videospiel normalerweise natürlich darin besteht, daß man nur in einem der beiden Fälle dasselbe Szenario mehrfach als Spieler durchnudeln kann...was dann wiederum das Bemerken eines Unterschieds zwischen "fest vorgegebenem Skript" und "spontaner Handlung" aus leicht nachvollziehbaren Gründen enorm erleichtert. :)
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Weltengeist am 10.10.2025 | 11:18
Das ist natürlich immer das Argument für Illusionismus.

Ich persönlich empfinde, dass Illusionismus den langfristigen Spielspass für den kurzfristen Spielspass riskiert. Es ist ungefähr so wie die Performance eines Unternehmens für die Quartalszahlen zu optimieren, weil mehrjährige Strategie sowieso nicht im Blickfeld ist.

Wenn ich als Spieler einmal durchschaue, dass es eh fast egal ist, was ich mache, bin ich deutlich weniger im Spiel involviert. Bei Railroading kriegt man das in einer halben Session raus, bei Illusionismus dauert das sicher länger.

Andererseits kenne ich genügend Spieler, die sich manchmal kaum an die vorletzte Session der Kampagne erinnern. Bei denen ist es wahrscheinlich egal.

Ich finde das ein sehr kluges Argument (also das mit dem "langfristiger vs. kurzfristiger Spielspaß"). Allerdings gibt es da auch noch den psychologischen Effekt, dass die meisten Menschen das sehen, was sie sehen wollen. Sie verlieren daher im vorliegenden Fall nicht unbedingt den Spaß, sondern halten auch für sich selbst die Illusion "Wir sind halt einfach die Krassesten und haben dem Spielleiter immer wieder alles durcheinandergebracht" beliebig lange aufrecht.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Crimson King am 10.10.2025 | 11:19
Beides ist kein Illusionismus. Ich sehe nicht, dass irgendwo verborgen hinter einem Schleier Spielerentscheidungen entwertet werden.

Gerade bei 2. wird ja sogar die Spielerentscheidung aufgewertet. Wichtig ist, was die Spieler als wichtig ansehen, nicht was die SL als wichtig ansieht. Da werden Spieler heimlich ermächtigt statt entmachtet.

Ich würde tartex darin Recht geben, dass Illusionismus spielspaßgefährdend ist, nämlich wenn er auffliegt und die Illusion zerbricht. Wenn die Spieler eigentlich die Erwartung haben, dass ihre Entscheidungen relevant sind, ist die Erkenntnis, dass dem nicht so ist, ein Killer.

Wenn die Spieler wiederum damit klar sind, dass insgeheim viel gescriptet wird, ist es eh kein Illusionismus, sondern Partizipationismus.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Sashael am 10.10.2025 | 11:20
Und weil es noch nie jemand bemerkt hat, gibt es ja auch die ganze Diskussion erst gar nicht, ne?
Andererseits kenne ich genügend Spieler, die sich manchmal kaum an die vorletzte Session der Kampagne erinnern. Bei denen ist es wahrscheinlich egal.

Schön für dich, Maarzan, dass du so aktive Spieler hast.

Ich kenne fast ausnahmslos Spieler aus dem Folgezitat.

Zwei Bubbles halt.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: KhornedBeef am 10.10.2025 | 11:31
Weltengeist legt den Finger in die Wunde  >;D nennen wir es denn Masquerade-Effekt


Aber das ja war ja nicht gefragt. Problem beim Railroad: Spielerentscheidungen werden entwertet. Illusionismus würde ich vorwerfen, wenn das versteckt geschieht. Wer die Entscheidungen der Gruppe zu einem Teil der Welt macht, hält für mich ja eher Abstand davon
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 11:43
Ich glaube ich kann meine ursprüngliche Fragestellung dank eurer Beiträge jetzt zuspitzen:


Ist Player Empowerment (zumindest teilweise) Illusionismus?  :o
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Maarzan am 10.10.2025 | 11:55
Ich glaube ich kann meine ursprüngliche Fragestellung dank eurer Beiträge jetzt zuspitzen:


Ist Player Empowerment (zumindest teilweise) Illusionismus?  :o

Ich weiß nicht genau, wie du "Player Empowerment" definierst, aber eigentlich muß einem Spieler klar sein, daß wenn er (handlungsnahe) Fakten in der Spielwelt setzen darf, der Spielleiter keine feste (handlungsbezogene) Spielwelt haben kann , ergo diese spontan anpassen muß - kein Illusionismus.

Spekulieren ist aber noch kein Fakten setzen.

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: 1of3 am 10.10.2025 | 12:07
Illusionismus gibt es genauso wenig wie die ganzen anderen Säue, die regelmäßig durchs Dorf getrieben werden.

Spieler tun auch nichts. Also doch, sie tun eine Menge. Eine Menge ganz unterschiedlicher Sachen. Und aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Spieler gehen aber nicht in das Haus am Ende jener Sitzung. Sie lassen Charaktere in das Haus gehen. Warum tun sie so? Wollen sie Spannung? Was ist falsch daran ihnen das zu geben? Vielleicht ist es aber auch etwas anderes. Keine Ahnung.

Vorgestern schlug ein Spieler vor, dass die Bauerfrau neben der spukigen Kuhweide doch ein Alien sein könnte. Klar, gern. Hab ich sie direkt mit den Nickhäuten blinzeln lassen. Nachricht verstanden: "Komm mal zu Potte hier. Mehr Weirdness bitte."

Ich würde wahrscheinlich nicht versuchen meinen Oberschurken zu retten. Wo der herkommt sind schließlich noch mehr. Aber bitte, Geschmackssache. Eher mache ich eine Figur spontan zum Oberschurken, weil ich wieder Überplottung geübt habe und die Zeit drängt.

Du möchtest wissen, ob du schlecht spielst? Ich vertrau dir, dass du weißt was du tust.

Ninjas:

Ich sehe du hast deine Fragestellung . Player Empowerment ist ein auf Defizit gegründeter Begriff. Komplett unnötig.

Wir kommen am Tisch gleichberechtigt zusammen und manipulieren dann auf vielfältige Weisen an der Fiktion rum. Die basalste ist: Jemand sagt was, alle finden das gut.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Wonko am 10.10.2025 | 12:23
+1

Du solltest dich nicht fragen: Oh je, ist das jetzt Illusionismus, also mache ich alles falsch, weil Illusionismus ja böse böse ist, richtig?

Du solltest dich fragen: Verbessert mein Handeln den Spielspaß? In Beispiel 2 steht vielleicht ein kurzfristiges Spaßerhöhen mit einem langfristigen Spaßvermindern in Konflikt. Gut analysiert, was kann ich tun? Es gibt aber auch den Konflikt zwischen dem Ausspielenlassen und der Anforderung, spannende Szenen zu schaffen. Ist es wirklich besser, die Spieler 5 Warenhäuser abklappern zu lassen und ihnen jedes Mal zu sagen, dass da nichts passiert oder, noch schlimmer, irgendeine nichtssagende Füllszene zu spielen in etwas, was eigentlich ein actiongepackter Spionagethriller sein sollte? Wirklich? Oder kann ich irgendwie einen Zwischenweg finden, um dieses Instrument nicht alt werden zu lassen, wie jeden anderen Taschenspielertrick, den wir Spielleiter mit der Zeit entwickelt haben? Kommt sicher auf den Einzelfall an, nicht darauf, das auf irgendeinen Schlagwort zu reduzieren.

Dein erstes Beispiel finde ich übrigens problematischer, weil du hier out of game täuschst. Ist es nur eine Übertreibung, derer sich letztlich alle bewusst sind, die nur den Unterhaltungswert erhöht oder lügst du deinen Spielern was vor? Bist du also ein Bühnenmagier oder ein Hochstapler? Das können nur du und deine Gruppe beantworten.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 12:30
Illusionismus gibt es genauso wenig wie die ganzen anderen Säue, die regelmäßig durchs Dorf getrieben werden.

[...]

Ich sehe du hast deine Fragestellung . Player Empowerment ist ein auf Defizit gegründeter Begriff. Komplett unnötig.

Wir kommen am Tisch gleichberechtigt zusammen und manipulieren dann auf vielfältige Weisen an der Fiktion rum. Die basalste ist: Jemand sagt was, alle finden das gut.

Also was ich hier hauptsächlich rauslese ist, dass du gegen Begriffe bist.

Weil Begriffe eine Verkürzung sind? Das wir schon sehr allgemein philosophisch.

Ich bin jedenfalls für Begriffe und Begrifflichkeit.

Das alle am Tisch gleichberechtig zusammenkommen, würde ich auch in Frage stellen. Ist natürlich schöner libertärer Idealismus, aber ich sehe die Welt nicht so.

Unterschiedliche Spieler haben unterschiedliche Ansprüche und Vorlieben.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Feuersänger am 10.10.2025 | 12:45
Ein bisschen Illusionismus ist vielleicht gar nicht mal so schlecht, zumindest im Vergleich zu manchen Alternativen.

Z.B. wenn die Spieler in einer scheinbaren Sackgasse stecken, weil das Abenteuer erst weitergehen kann wenn sie den Hinweis XY haben, und dieser Hinweis entweder übersehen wurde oder schlicht noch nicht im Spiel ist. Sowas hatten wir mal in einer Kaufkampagne, an die der SL sich sklavisch gehalten hat, und da stand eben im Text "An Tag 7 passiert folgendes", und bevor das nicht passiert war konnten wir halt 3 Tage lang nur nasebohren, weil alle unsere Bemühungen selber die Handlung voranzutreiben uns nur gegen die Wand laufen ließen.

Oder wenn der nächste Plotpunkt sich in Planquadrat X-23 befindet, und um diesen zu finden gibt es überhaupt keinen Hinweis, sondern die Spieler dürfen die ganze Karte von Hand absuchen. Da kann man dann auch Sitzung um Sitzung verplempern.
Allerdings würde ich mir dann eher wünschen, dass der SL einen Wegweiser / Hinweis in die richtige Richtung einbaut, selbst wenn vom Abenteuer nicht vorgesehen, und nicht dass das erstbeste random ausgesuchte Hexfeld/Planquadrat/Gebäude "zufällig" korrekt ist. Denn _das_ merkt dann glaub ich auch der harmloseste Spieler, dass da was nicht mit rechten Dingen zugeht.

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: manbehind am 10.10.2025 | 13:58
Illusionismus ist für mich ein Spielleiterstil (im Gegensatz zu einem Spielleitermittel), um Übergänge zwischen vorab festgelegten Szenen und Handlungsverläufen so zu gestalten, dass sie unabhängig davon funktionieren, was die Spieler tun. D. h. die Spielsituation resultiert nicht aus den Entscheidungen der Spieler, sondern die Entscheidungen erklären nur, warum die Spielsituation so ist, wie vom Spielleiter beschrieben.

Von daher:

1 - nein
2 - nein
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: ghoul am 10.10.2025 | 14:26
Stößt du gesetzte Tatsachen um, wenn es passt?
Oder wartest du möglichst lange, ehe du etwas festlegst, um erst zu sehen, was die Spieler daraus machen?
Das wären Indikatoren für Illusionismus.

Wenn nur zufällig etwas abgespielt wird, was du dir noch nicht überlegt hast, und dann arbeitest du es aus, wäre das legitimes Sandbox-Spiel. Es gibt ja auch ganz praktische Grenzen bei der Vorbereitung.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 10.10.2025 | 14:37
Stößt du gesetzte Tatsachen um, wenn es passt?

Sind die Tatsachen den Spielenden bekannt? Dann geht das Umstoßen nicht.

Sind sie ihnen nicht bekannt, dann ist es die Schrödinger-SL-Jongliermasse, die genutzt werden kann, um in einen richtig schönen gemeinsamen Flow zu geraten. 🙂

Hier ist das Ganze wunderbar von gilborn aufgeschlüsselt (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,130542.msg135282664.html#msg135282664) im Thread darüber, ab wann etwas im  Spiel verbindlich wird.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: First Orko am 10.10.2025 | 14:46
Wir kommen am Tisch gleichberechtigt zusammen und manipulieren dann auf vielfältige Weisen an der Fiktion rum. Die basalste ist: Jemand sagt was, alle finden das gut.
:d

Mehr als das kann und muss man zu solchen, als Fragestellung getarnten Provokationen wirklich nicht mehr schreiben.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 14:54
Mehr als das kann und muss man zu solchen, als Fragestellung getarnten Provokationen wirklich nicht mehr schreiben.

Eine ganz schön heftige Unterstellung. Ich arbeite wirklich daran ein besserer Spielleiter zu werden und mache mir dazu eben Gedanken.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Namo am 10.10.2025 | 14:55
ob das Illusionismus ist, weiß ich nicht, aber es klingt nach einer sehr guten Spielleitung!

Das war genauso mein Gedankengang auch. Wenn alle Spaß haben, ist das doch alleine das worum es geht. Alles ist doch letzten Endes auch eine Illusion beim Rollenspiel. Schon alleine in alle. RPG Systemen die Level basiert arbeiten. Die Illusion einer Welt in der die Gegner "zufällig" immer dem Niveau der Spielergruppe entsprechen um eine Herausforderung darzustellen. In der der Bösewicht erst dann gestellt wird, wenn er besiegbar ist etc.

Ich gebe zu, ich spiele auch gerne mit diesen Dingen. Mutmaßen die Spieler, dass ein Nebensatz, ein NSC oder eine Ortschaft vermeintlich ganz wichtig war, lasse ich sie mit kryptischen Aussagen um Dunkeln. Vielleicht sind sie an etwas dran oder nicht. Und wenn dies später tatsächlich wichtig wird-war das von Anfang an so geplant? Wer weiß es schon. Alles ist möglich. Da könnte man auch sagen: ne Leute, der skurrile Zwerg war einfach nur ein skurriler Zwerg. Aber genau die Ungewissheit empfinde ich auch als einen Teil des Spaßes.

Das Thema "Spieler gestalten die Welt mit" findet bei mir eher passiv statt. Ich sage dazu häufig out of game allgemein nur, dass der Ursprungsentwurf der Kampagne ganz anders ausgesehen hat und ihr Taten und Aussagen diese stark verändert haben. Das freut die Spieler schon auch immer. "Wir und unsere Entscheidungen sind relevant in dieser Welt!". Was da genau im Detail geschieht findet in meiner SL Kammer statt.

Ich finde da Überlegungen in Richtung Hochstapelei schon eher verletzend. Da ist der Schritt zu Lügner nicht mehr weit. Wobei ich den Vergleich Magier und Rollenspiel-SL sehr passend finde.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Feuersänger am 10.10.2025 | 15:12
btw, mir ist noch was eingefallen.
So wie tartex gerne so tut, als würden die Spieler ihm ständig alles zerschießen und in die Bredouille bringen, tue ich gerne so, als wäre ich darauf aus die SC umzubringen. Wobei ich natürlich außerhalb der Kämpfe beteuere, dass ich das gar nicht vorhätte. Um dann im Kampf wieder enttäuscht zu stöhnen, wenn ein starker Angriff gegen einen SC fehlgeschlagen ist. (Wir spielen natürlich mit offenen Würfen, aber ich lege ja fest wie stark die Gegner sind.)
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: First Orko am 10.10.2025 | 15:15
Eine ganz schön heftige Unterstellung. Ich arbeite wirklich daran ein besserer Spielleiter zu werden und mache mir dazu eben Gedanken.

Ich könnte zu deiner Ausgangsfrage noch was Konstruktives schreiben. Allein, mir fehlt das Verständnis wie die Beantwortung von deiner "Zuspitzung":
Zitat
    Ist Player Empowerment (zumindest teilweise) Illusionismus?  :o

dem eigenen Spielstil helfen soll. Weil, wen dem so sein sollte: Na und?
Ist doch egal welches Wort für wen was bedeutet.
Du willst über das Spiel und Techniken reden?
Rede über das Spiel und was für dich funktioniert (hast du ja schon: was du tust, funktioniert) und was nicht.
Aber durch die Frage steht das für mich in nem völlig anderen Licht.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Namo am 10.10.2025 | 15:22
btw, mir ist noch was eingefallen.
So wie tartex gerne so tut, als würden die Spieler ihm ständig alles zerschießen und in die Bredouille bringen, tue ich gerne so, als wäre ich darauf aus die SC umzubringen. Wobei ich natürlich außerhalb der Kämpfe beteuere, dass ich das gar nicht vorhätte. Um dann im Kampf wieder enttäuscht zu stöhnen, wenn ein starker Angriff gegen einen SC fehlgeschlagen ist. (Wir spielen natürlich mit offenen Würfen, aber ich lege ja fest wie stark die Gegner sind.)

Stimmt, das hatte ich noch vergessen. Mache ich auch. Niemals würde ich mich freuen, wenn die Gegner zu nem TPK führen würden. So machen als ob kann man aber ja. Als Spieler ist es doch auch immer irgendwie das coolste die Pläne und Gegner des SL zu durchkreuzen bzw zu legen. Zumindest bis zu einem gewissen Grad.

Ich glaube das Thema ist aber auch der Unterschied zwischen einer Gruppe die schon ewig zusammenspielt und ständig neuen Gruppen in denen man sich und seine Vorlieben nicht kennt. Wir sind so aufeinander eingegroovt, das wir über viele Dinge überhaupt nicht sprechen müssen. Die Spieler wissen, dass sie mir vertrauen können und ich weiß umgekehrt, dass sie nie auf die Idee kämen das Abenteuer nur aus Spaß an meinem Ärger zu derailen. Wir wollen alle zusammen Spaß haben und kenne  die Zutaten die es von beiden Seiten dazu braucht. Und die Konfliktsituation im Rahmen eines Kampfes mit moderatem trashtalk macht dann auch mal Spaß.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: HEXer am 10.10.2025 | 15:28
Ich finde, es kommt halt immer auf die Erwartungshaltung der Beteiligten an. Zwei Beispiele: Wenn ich zum Beispiel HârnMaster leite, ist allen klar, dass ist eine riesige Open World mit festen Setzungen. Da kann ich nachvollziehen, wenn Spieler das Fertige Setting entdecken möchten. Oder sogar erbost wären, wenn ich Dinge, die sie sich angelesen haben, willkürlich ändere. Wenn ich Shadowdark oder Malmsturm leite, dann ist es eher so, dass am Tisch allen klar ist, dass da viel im Spiel entsteht. Beides versuche ich offen zu kommunizieren bzw. deutlich zu machen.

Den Spielern hinterher zu erzählen, dass sie meine Pläne über den Haufen geworfen hätten, obwohl das nicht so war, würde ich persönlich nicht machen. Ich halte das einerseits nicht für nötig und andererseits von da her etwas schwierig, weil es dann eben nicht mehr in der Ebene der Fiktion ist, sondern auf der rein sozialen realweltlichen Ebene. Ich habe bislang auch gute Erfahrungen damit gemacht, abzuklären ob und inwieweit die Mitspielenden gerne wüssten, wann eine Szene improvisiert oder angepasst ist. Für mich (!) nimmt das dann das Negative aus dem Illusionismus.

Ich würde das Thema auch nicht zu hoch hängen. Es ist nur ein Aspekt unter vielen, die Einfluss auf das Rollenspiel haben.


Was ich nicht verstehe: Wo ist denn in diesem Thread eine Provokation gewesen?

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: klatschi am 10.10.2025 | 17:54
Ich nutze das (mit Einschränkungen) bei Detektivabenteuern immer - allein um den von Feuersänger beschriebenen Fall zu umgehen. Ich mach das nicht Willy nilly, schaue aber dass jeder wichtige Hinweis an mehreren Orten gestreut werden kann.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Quaint am 10.10.2025 | 18:10
Spielt es denn ne Rolle? Ich mein wenn die Leute Beispiel 1 feiern, du da aber unehrlich warst, dann behalt das halt für dich? An sich bin ich ja ein Freund von ehrlichem und offenem Umgang miteinander. Aber ab und an mal eine little white lie ist doch jetzt so ungewöhnlich nicht.
Und bissle auf die Erwartungen und Wünsche der Spieler eingehen wie in Beispiel 2 finde ich tendentiell auch gut.

Natürlich gibt es Leute, die sagen, ein SL soll wie so ein persönlichkeitsfreier Automat die Spielwelt getreulich und neutral darstellen und die Regeln konsequent anwenden, aber so ganz mein Stil ist das ohnehin nicht.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 18:36
Ich könnte zu deiner Ausgangsfrage noch was Konstruktives schreiben. Allein, mir fehlt das Verständnis wie die Beantwortung von deiner "Zuspitzung":

Diese Zuspitzung ist mir in dem Moment eingefallen als ich die Antwort darüber las. Ist natürlich bewusst übertrieben.

Will nur anmerken, dass ich viel deutlich mehr Indie als OSR leite. Ich liebe beides.

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: ghoul am 10.10.2025 | 18:39
Sind die Tatsachen den Spielenden bekannt? Dann geht das Umstoßen nicht.

Sind sie ihnen nicht bekannt, dann ist es die Schrödinger-SL-Jongliermasse, die genutzt werden kann, um in einen richtig schönen gemeinsamen Flow zu geraten. 🙂
Illusionismus .
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 10.10.2025 | 18:53
... oder anspruchsvolle, hervorragende Rollenspielleitung - hängt wohl von der Einstellung ab, würde ich sagen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: ghoul am 10.10.2025 | 19:10
... oder anspruchsvolle, hervorragende Rollenspielleitung - hängt wohl von der Einstellung ab, würde ich sagen.

Das ist die Bringe-ghoul-dazu-andere-Spielstile-abzuwerten-Falle, aber ich werde nicht hineintappen.
Netter Versuch, Zed.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 10.10.2025 | 19:49
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: HEXer am 10.10.2025 | 19:59
Och Leute… bitte back to topic?
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: klatschi am 10.10.2025 | 20:16
Weder verbale „Fallen“ noch Sticheleien noch der Versuch, irgendeine moralische Überlegenheit herzustellen, bringen den Faden weiter. Ich finde es gut, dass die Eskalationen gleich umgangen werden. Danke, lassen wir es auch dabei.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 10.10.2025 | 20:23
Ich habe meinen Leitstil gerade mental abgeklopft und habe dabei zwei Problemstellen entdeckt, die vor allem der eine oder andere Old Schooler hier evtl. als "unmoralisch" empfinden würde. Ich finde in beiden Fällen kann man mir Illusionismus vorwerfen. Ich tue es ja selbst, aber gleichzeitig klappt es einfach recht gut. Würde gerne wissen, ob das andere auch so sehen.

Also würde ich gerne mehr Meinungen dazu hören.

1. Ich leite immer wieder diesselben Abenteuer für unterschiedliche Gruppen. Ich kenne die ziemlich gut [Edit: das ist eigentlich unerheblich, bei der Vorbereitung der nächsten Session von selbstgestalteten Kampagnen läuft es nicht anders] und habe eigentlich auch mit dem Improvisieren als Spielleiter nie Probleme. Wenn die Spieler dabei mit unkonventionellen Ideen aufkreuzen, freue ich mich, und lasse die auch spätestens nach nicht zu schweren Würfen klappen. Am Ende dieser Sessions kann ich es mir, dann aber öfters nicht verkneifen zu sagen, dass die Spieler wieder mal alle meine Erwartungen gesprengt haben und wie sehr sie mich doch in die Bredouille bringen. Das ist dann glatt gelogen, aber kommt meist gut an. Letztens hat eine Spielerin einem gemeinsamen Nichtspielerfreund erzählt, wie sie vor gut 2 Jahren meine Session gehackt hätte, dabei habe ich nur zugelassen, dass sie mit einem Riesenhammer eine Holzwand zum Nebenraum einschlägt (im Abenteuer nicht vorgesehen) und dabei so getan, als wäre damit alle Planung vernichtet.

Ist das Illusionismus?


2. In den langen, sebstgestalteten Kampagnen, die ich leite, bereite ich immer nur die nächsten 1 bis 2 Session vor. Ich habe zwar ein grobes Gerüst für das jeweilige Abenteuer (im Durchschnitt so 8 Sessions), aber gestalte dann doch öfters so um, dass genau die nächste Session cool und mysteriös wird. Die Spieler sind z.B. sicher, dass das dunkle Gebäude, dass sie gegen Ende der Session betreten voll wichtig ist? Ich blende bedeutungschwanger aus und bereite dann da etwas bis zu nächsten Session vor, damit ihr Erwartungshaltung auch erfüllt wird.
Der Überbösewicht am vorbereiteten Abenteuerschauplatz/der Sandbox z.B. wird schon viel früher durch gutes Spiel oder Würfeln enttarnt. Dann füge ich einfach eine weitere Verstrickung ein, damit ich den Schauplatz noch länger verwenden kann.

Ist das Illusionismus?

Zu 1.

Nein.

Wenn deine Spieler Dinge tun, die im Abenteuer zwar nicht vorgesehen aber im Spiel theoretisch möglich sind, dann ist es doch eigentlich sinnvoll die auch zuzulassen.

Die Täuschung, die Du hier betreibst: Dass Du als SL aufgrund ihres Einfallsreichtums geschwitzt hast.
- Hat im Spiel selbst eigentlich keinerlei Relevanz

Sie können schließlich tatsächlich Einfluss nehmen


Zu 2.

Jein

Die Täuschung, die Du betreibst, ist die, deine Spieler glauben zu lassen dass dein Abenteuer bereits fertig ausgearbeitet ist.

Wobei ich mir nicht mal sicher wäre, dass sie Dir das auch abkaufen.
(Dafür leiten zu viele faule Meister nach diesem Prinzip)

Sprich: Es kann auch sein, dass sie das bereits ahnen.
(Muss natürlich nicht)


Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: HEXer am 10.10.2025 | 20:40
Wobei ich mir nicht mal sicher wäre, dass sie Dir das auch abkaufen.
(Dafür leiten zu viele faule Meister nach diesem Prinzip)

Auch hier fände ich es schön, wenn wir darauf verzichten könnten, andere und ihre Spiel(leitungs)stile herabzusetzen. Danke.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 10.10.2025 | 20:45
Auch hier fände ich es schön, wenn wir darauf verzichten könnten, andere und ihre Spiel(leitungs)stile herabzusetzen. Danke.
Und ich dachte, der „lazy Dungeon Master“ wäre eine Lektüre bzw. Stil, der das Wort „faul“ nicht negativ wertet?  :think:

Edit.
Schließlich geht es doch dabei um „Arbeitsersparnis“ als erklärtes Ziel.


Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: nobody@home am 10.10.2025 | 20:49
Und ich dachte, der „lazy Dungeon Master“ wäre eine Lektüre bzw. Stil, der das Wort „faul“ nicht negativ wertet?  :think: :think:

Für "lazy" mag das im Englischen stimmen. Das hat, glaube ich, nicht ganz dieselbe Doppelbedeutung und damit Implikationen wie das deutsche "faul". :think:
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 10.10.2025 | 20:51
Für "lazy" mag das im Englischen stimmen. Das hat, glaube ich, nicht ganz dieselbe Doppelbedeutung und damit Implikationen wie das deutsche "faul". :think:

Dann bitte ich um eine bessere Übersetzung
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: HEXer am 10.10.2025 | 21:22
Und ich dachte, der „lazy Dungeon Master“ wäre eine Lektüre bzw. Stil, der das Wort „faul“ nicht negativ wertet?  :think:

Zum Einen sind das starke kulturelle und sprachliche Unterschiede. Und darüber hinaus sind es zwei völlig unterschiedliche Dinge wenn sich Sly Flourish selbst als lazy bezeichnet oder du andere als faul. Insbesondere in dem Kontext in dem du es tatest, weil sich da die negative Lesart m. Mn. nach noch mehr aufdrängt. Wenn du deine Aussage neutral formulieren wolltest, könntest du sowohl auf "faul" wie auch auf einen Ersatz dafür verzichten:

Zitat
Die Täuschung, die Du betreibst, ist die, deine Spieler glauben zu lassen dass dein Abenteuer bereits fertig ausgearbeitet ist.

Wobei ich mir nicht mal sicher wäre, dass sie Dir das auch abkaufen.
(Dafür leiten zu viele […] Meister nach diesem Prinzip)
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 10.10.2025 | 21:39
Zum Einen sind das starke kulturelle und sprachliche Unterschiede. Und darüber hinaus sind es zwei völlig unterschiedliche Dinge wenn sich Sly Flourish selbst als lazy bezeichnet oder du andere als faul
Damit meinte ich SL, die nach dem „lazy DM“ Prinzip leiten.

So und nicht anders.

Wenn solche harmlosen Übersetzungen nicht mehr gehen, kann man hier künftig nur noch mit Anwalt oder gar nicht mehr schreiben.

Fände ich schade


PS.
Ja, es war salopp formuliert. Und sicher nicht für jeden auf Anhieb zu erkennen.
Da habe ich für die Uhrzeit vielleicht Zuviel erwartet.


Da es direkt an tartex adressiert war: Da bin und bleibe ich hoffnungsvoll.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 10.10.2025 | 22:26
Die Täuschung, die Du betreibst, ist die, deine Spieler glauben zu lassen dass dein Abenteuer bereits fertig ausgearbeitet ist.

Wobei ich mir nicht mal sicher wäre, dass sie Dir das auch abkaufen.

Also ich glaube nicht jemals gesagt zu haben, dass das Abenteuer komplett vorbereitet wäre. Ich sage aber auch nicht, dass ich das Abenteuer erst in die Richtung ausbaue, die sich abzeichnet. Und dass das auch ein wenig von der Stimmung bin, in der ich gerade bin. Bzw. wenn wir schon 2 Sessions Intrigenspiel hatten, denke ich es wäre an der Zeit die Zaunpfähle Richtung Action zu schwenken.

Da ist für mich halt der Hund begraben: wenn ich moderierend Eingreife, damit jeder ungefähr gleich viel Spotlight kriegt, ist das im Grunde schon Illusionismus für mich. Pragmatisch nachvollziehbar, aber nicht formvollendet Elegant.

Ist wahrscheinlich wirklich ein Kompromiss, weil ich alle 2 Wochen eine Session liefern will, und man sie Vorbereitungazeit meist begrenzt ist.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 10.10.2025 | 23:05
Da ist für mich halt der Hund begraben: wenn ich moderierend Eingreife, damit jeder ungefähr gleich viel Spotlight kriegt, ist das im Grunde schon Illusionismus für mich. Pragmatisch nachvollziehbar, aber nicht formvollendet Elegant.

tartex, ich weiß nicht, wieso warum Du Deine Improvisationsfähigkeit und Deinen gut funktionierenden Pragmatismus als "Illusionismus-Falle", als "Problemstelle" und als "nicht formvollendet elegant" bezeichnest.

Du erfüllst alle Aufgaben, die eine Spielleitung erfüllen sollte: Du sorgst für Abwechslung, auch beim Spotlight, und hast im Blick, was Deiner Gruppe Freude macht, und sei es, dass sie Dich "ins Schwitzen bringen".

Eine Bedrohung des langfristigen Spielspaßes durch von Dir gut begründbare, moderate Eingriffe Deinerseits ist ein Schreckgespenst und kein Automatismus!

Wenn Deine Gruppe nicht OSR gebucht hat sondern einfach schönes Rollenspiel, dann gibt es keine Grunderwartungen in Bezug auf Abwesenheit von Illusionismus. Du kannst die Gruppe mal sanft in eine Richtung führen und ihnen trotzdem auch mal harte Kämpfe ohne Netz und doppelten Boden anbieten - das ergänzt sich, das nimmt sich nichts.

Ganz sicher haben sie bei Dir nicht gebucht, zu konsequenten OSR-Spielenden erzogen zu werden, und auch Dein flexibler SL-Stil kann langfristig Spannung bieten und wahrscheinlich sogar mehr Tiefe durch Player-Empowerment als Stile, die SL-Flexibilität ablehnen.

Zitat
Ich denke es ist auch immer noch eine Sandbox, wenn während des Spiel zusätzliche Elemente hinzufügt.

Ab.So.Lut!

Eine Sandbox muss nicht starr sein. Vielleicht darf sie sogar nicht starr sein: Der für mich schönste Moment ist, wenn ich das schwebende Gefühl bekomme, dass die Welt zu leben beginnt, dass NSCs auf Ideen kommen, auf die  i c h  niemals kommen würde - und ich als SL sie "nur" beschreibe. Dieser Flow funktioniert nur, wenn die Welt Elementen Raum zum Entstehen, Wachsen und Verschwinden bietet, und ich auf SCs und NSCs flexibel eingehen kann.

Und wenn Deine Gruppe OSR gebucht hat, dann gestehe ihnen, dass Du hier und da etwas flexibler als SL bist. Sie werden das zu Kenntnis nehmen, Dir sagen, dass Du das toll machst, und Dein Gewissen kann rein sein: Deine gelingende Art der flexiblen Spielleitung ist Deiner Gruppe bekannt und von ihr akzeptiert und sicher auch geschätzt.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Jenseher am 10.10.2025 | 23:58

Die Täuschung, die Du betreibst, ist die, deine Spieler glauben zu lassen dass dein Abenteuer bereits fertig ausgearbeitet ist.

Wobei ich mir nicht mal sicher wäre, dass sie Dir das auch abkaufen.


Als Spieler gab es bei mir einige Situationen, in denen der Meister nach einer Sitzung (oder nach der Kampagne) aufgelöst hat, dass gesamte Sitzungen improvisiert waren. Bei unserem Immersions-basierten Rollenspiel waren das ab und an die besten Sitzungen. Nicht immer, aber ab und zu.

Auf jeden Fall war alle improvisierten Sitzungen immer einige Größenordnungen besser alle Kaufabenteuer, die wir jemals gespielt haben.

Wir haben niemals darüber nachgedacht, etwas in Frage zu stellen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Murphy am 11.10.2025 | 01:03
Es IST doch Illusionismus und grossartiges Rollenspiel zugleich. Und es geht solange gut, wie die Illusion aufrecht erhalten wird. Der Zaubertrick ist solange spannend, bis man den simplen Trick dahinter kennt. Danach ist es Geschmacksache. So wie Detektivfälle mit PbtA bei Brindlewood Bay zu lösen. Eine interessante Beschäftigung, aber eben nicht das Lösen eines echten Detektivfalles. Ein wenig wie Solitaire spielen. Zeitvertreib, der Spass machen kann.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: 1of3 am 11.10.2025 | 07:29
Es IST doch Illusionismus und grossartiges Rollenspiel zugleich. Und es geht solange gut, wie die Illusion aufrecht erhalten wird. Der Zaubertrick ist solange spannend, bis man den simplen Trick dahinter kennt. Danach ist es Geschmacksache.


Ist das so? Also du nimmst an, dass es regelmäßig eine Art paradiesischen Zustand der Unschuld gibt, wo man das noch nicht weiß, und erst danach sich individuelle Geschmäcker ausbilden.

Das ist eine hübsche Erzählung.

Man löst aber auch sonst nie "echte" Detektivfälle beim Rollenspiel. Man kann ein Frage-Antwort-Spiel machen, wobei die eine Person eine Lösung kennt und die andere in gewisser Weise nach Informationen fragt.

Das ist genauso Kunst.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: manbehind am 11.10.2025 | 07:49
Also die Sandbox ist ja der Abenteuerschauplatz mit den vorgegebenen NSCs, in dem man sich relativ frei bewegen kann, weil alle möglichen Richtungen ausgestaltet sind.
Das sehe ich tatsächlich anders:

Eine Sandbox ist ein Abenteuerschauplatz, der Grenzen hat. D. h. innerhalb dieser Grenzen sind Handlungsverläufe möglich und plausibel, während der konkrete Verlauf nicht definiert ist, sondern sich durch die Handlungen der SCs und/oder der NSCs ergibt.

Mögliche Richtungen sind nicht ausgestaltet, aber die Handlung kann sich in alle möglichen Richtungen entwickeln, d. h. die Sandbox zwingt dazu, Lösungen und Handlungsverläufe zu improvisieren.

Ich glaube ich kann meine ursprüngliche Fragestellung dank eurer Beiträge jetzt zuspitzen:

Ist Player Empowerment (zumindest teilweise) Illusionismus?  :o
Nein.

Also ich glaube nicht jemals gesagt zu haben, dass das Abenteuer komplett vorbereitet wäre. Ich sage aber auch nicht, dass ich das Abenteuer erst in die Richtung ausbaue, die sich abzeichnet. Und dass das auch ein wenig von der Stimmung bin, in der ich gerade bin. Bzw. wenn wir schon 2 Sessions Intrigenspiel hatten, denke ich es wäre an der Zeit die Zaunpfähle Richtung Action zu schwenken.

Da ist für mich halt der Hund begraben: wenn ich moderierend Eingreife, damit jeder ungefähr gleich viel Spotlight kriegt, ist das im Grunde schon Illusionismus für mich. Pragmatisch nachvollziehbar, aber nicht formvollendet Elegant.

Ist wahrscheinlich wirklich ein Kompromiss, weil ich alle 2 Wochen eine Session liefern will, und man sie Vorbereitungazeit meist begrenzt ist.
Das Problem, das ich sehe, ist, dass der Begriff "Illusionismus" von dir nicht bestimmt wird und daher konkret bedeutungslos ist, d. h. wer glaubt, das gleiche zu meinen, wie du, der stimmt dir zu oder im umgekehrten Fall eben auch nicht. Denn was Illusionismus für dich ist, ist offen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Murphy am 11.10.2025 | 08:30


Ist das so? Also du nimmst an, dass es regelmäßig eine Art paradiesischen Zustand der Unschuld gibt, wo man das noch nicht weiß, und erst danach sich individuelle Geschmäcker ausbilden.

Das ist eine hübsche Erzählung.

Man löst aber auch sonst nie "echte" Detektivfälle beim Rollenspiel. Man kann ein Frage-Antwort-Spiel machen, wobei die eine Person eine Lösung kennt und die andere in gewisser Weise nach Informationen fragt.

Das ist genauso Kunst.

Um hübsche Erzählungen geht es doch gerade. Also ich mag hübsche Erzählungen...

Ein "echter" Detektivfall hat einen Verlauf, das was geschehen ist. Herauszufinden (oder zu erahnen) was geschehen ist, ist der Sinn von Detektivarbeit. PbtA kann Spass machen, wems Spass macht, aber es ist das gemeinsame Erfinden eines Falles und nicht das Lösen dessen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: nobody@home am 11.10.2025 | 08:41
Um hübsche Erzählungen geht es doch gerade. Also ich mag hübsche Erzählungen...

Ein "echter" Detektivfall hat einen Verlauf, das was geschehen ist. Herauszufinden (oder zu erahnen) was geschehen ist, ist der Sinn von Detektivarbeit. PbtA kann Spass machen, wems Spass macht, aber es ist das gemeinsame Erfinden eines Falles und nicht das Lösen dessen.

Wobei die Detektivfälle, die man im Rollenspiel löst, ohnehin nie "echter" sind als die von Sherlock Holmes, Miss Marple, und Columbo in ihren jeweiligen Geschichten auch. Reale Ermittlungsarbeit ist (vermute ich zumindest stark, eventuell mitlesende Detektive mögen mich korrigieren :)) noch mal ein ganz anderes Faß als die romantisch/dramatisch verklärte Darstellung in Buch, Film, und sonstigen Medien...
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 11.10.2025 | 08:47
Also ich glaube nicht jemals gesagt zu haben, dass das Abenteuer komplett vorbereitet wäre. Ich sage aber auch nicht, dass ich das Abenteuer erst in die Richtung ausbaue, die sich abzeichnet. Und dass das auch ein wenig von der Stimmung bin, in der ich gerade bin. Bzw. wenn wir schon 2 Sessions Intrigenspiel hatten, denke ich es wäre an der Zeit die Zaunpfähle Richtung Action zu schwenken.

Da ist für mich halt der Hund begraben: wenn ich moderierend Eingreife, damit jeder ungefähr gleich viel Spotlight kriegt, ist das im Grunde schon Illusionismus für mich. Pragmatisch nachvollziehbar, aber nicht formvollendet Elegant.

Ist wahrscheinlich wirklich ein Kompromiss, weil ich alle 2 Wochen eine Session liefern will, und man sie Vorbereitungazeit meist begrenzt ist.
Achso

Ich glaube ja,dass gewisse Anpassungen an die Bedürfnisse der Gruppe in vielen Runden vorkommen.

Ob das jetzt schon Illusionismus ist...
Hängt vielleicht vom Geschmack der jeweiligen Spieler ab.

Ich, als SPL, würde Anpassungen begrüßen, wenn sie der Gruppe helfen mehr Spaß zu haben.
Um den geht es ja letztendlich.

Ist mMn. daher eine Frage des Gruppenvertrages.

( Ich zeichne jetzt trotzdem mal eine Form, die für manche Geschmäcker drüber wäre:
Die Helden kommen am Ende der Sitzung zu einer Höhle. (SL hat noch keine Ahnung was da drin ist).
Paar Spieler stellen aus Vorfreude Spekulationen an, die der SL für die nächste Sitzung verwendet.
(Und das kommt wieder und wieder vor)

Irgendwann schnallen die SPL dass es möglicherweise nicht an ihren hellseherischen Fähigkeiten liegt.  Sondern dass die SL häufig blank ist, und sich den Fortlauf des Abenteuers quasi "diktieren " lässt.
Hier könnte sich dann uU. mancher tatsächlich getäuscht fühlen.
Bzw. enttäuscht sein.



Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Sashael am 11.10.2025 | 08:57
Oder anfangen, seine Abenteuerwünsche als "Spekulationen" zu verkaufen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: DonJohnny am 11.10.2025 | 09:04
Ich würde sagen, das Beispiel aus dem Eingangspost ist kein Illusionismus im klassischen Sinn. Soweit ich das verstanden habe ist ein wesentliches Merkmal des Illusionismus die Entwertung der Spielerentscheidungen. Also dass die Entscheidungen der Gruppe irrelevant sind für da was passiert (wie beim Quantenoger, es ist egal welche Türe man öffnet, die Gruppe will eigentlich den Schatz, landet aber beim Oger, egal welche Türe geöffnet wird).

In dem Beispiel passiert das Gegenteil, die Wünsche und Vorstellungen der Gruppe wird hergenommen um das Spielgeschehen weiterzuentwickeln. Es ein gewisser Stil, ohne das zu werten, der Vor- und Nachteile hat und mit dem viele Gruppen Spaß haben. Ja, Oldschoolrollenspiel ist da nicht aber mei...
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Murphy am 11.10.2025 | 09:08
Wobei die Detektivfälle, die man im Rollenspiel löst, ohnehin nie "echter" sind als die von Sherlock Holmes, Miss Marple, und Columbo in ihren jeweiligen Geschichten auch. Reale Ermittlungsarbeit ist (vermute ich zumindest stark, eventuell mitlesende Detektive mögen mich korrigieren :)) noch mal ein ganz anderes Faß als die romantisch/dramatisch verklärte Darstellung in Buch, Film, und sonstigen Medien...

Jetzt bin ich aber komplett desillusioniert.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Murphy am 11.10.2025 | 09:11
Ich würde sagen, das Beispiel aus dem Eingangspost ist kein Illusionismus im klassischen Sinn. Soweit ich das verstanden habe ist ein wesentliches Merkmal des Illusionismus die Entwertung der Spielerentscheidungen. Also dass die Entscheidungen der Gruppe irrelevant sind für da was passiert (wie beim Quantenoger, es ist egal welche Türe man öffnet, die Gruppe will eigentlich den Schatz, landet aber beim Oger, egal welche Türe geöffnet wird).

In dem Beispiel passiert das Gegenteil, die Wünsche und Vorstellungen der Gruppe wird hergenommen um das Spielgeschehen weiterzuentwickeln. Es ein gewisser Stil, ohne das zu werten, der Vor- und Nachteile hat und mit dem viele Gruppen Spaß haben. Ja, Oldschoolrollenspiel ist da nicht aber mei...

Illusionismus geschieht da, wo man den Spielenden (nicht Chars) etwas vorgaukelt, das so eigentlich nicht ist oder wäre. Trifft schon zu.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: nobody@home am 11.10.2025 | 09:14
Jetzt bin ich aber komplett desillusioniert.

Nur so entkommt man der Illusionismus-Falle halt. ~;D
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: manbehind am 11.10.2025 | 09:43
Illusionismus geschieht da, wo man den Spielenden (nicht Chars) etwas vorgaukekt, das so eigentlich nicht ist oder wäre. Trifft schon zu.
Rollenspiel ist Illusionismus  :d
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: HEXer am 11.10.2025 | 09:44
Und Eskapismus.

 >;D
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: DonJohnny am 11.10.2025 | 09:50
Illusionismus geschieht da, wo man den Spielenden (nicht Chars) etwas vorgaukelt, das so eigentlich nicht ist oder wäre. Trifft schon zu.

Ja, dann das mit dem Rollenspiel lieber ganz sein lassen. Lieber das Skript von einer Arte-Doku vorlesen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Murphy am 11.10.2025 | 09:51
Rollenspiel ist Illusionismus  :d

Eben genau nicht.

Ja, wir tun so, als ob.
Aber basierend auf Regeln.

Eine Illusion täuscht die Rezipienten. Und die Täuschung von Spielenden steht nicht zwingend auf dem Programm. Bei meiner Art von Rollenspiel sogar möglichst gar nicht.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 11.10.2025 | 10:15
Eine Illusion täuscht die Rezipienten. Und die Täuschung von Spielenden steht nicht zwingend auf dem Programm.

Improvisation durch die Spielleitung ≠ Illusion. Illusion ist nicht immer „Täuschung“, bei der Vorteilsnahme mitschwingt.

Man täuscht seine Freunde ja nicht, oder? Bei der Nutzung des Begriffes „Täuschung“ sind wir wieder einmal nah an der „Argumentation“, die einen SL-Stil hervorhebt und andere Stile moralisch abwertet.

Welchen Vorteil will denn eine täuschende Spielleitung für sich erlangen? Mehr Spielspaß für alle?

Zitat
Bei meiner Art von Rollenspiel sogar möglichst gar nicht.

Ich freue mich aufrichtig für Dich, dass Du Deinen idealen Stil gefunden hast. Aber was soll die Mühe, diesen Stil als moralisch höherwertig zu promoten?
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.10.2025 | 10:30
Ist Player Empowerment Illusionismus?

Ich denke, in deinem Fall fühlt es sich vielleicht so an, weil du so tust, als gehörten die Player Empowerment Inhalte zum von dir geplanten Verlauf. Zumindest liest es sich so. Da IST unbestreitbar eine Täuschung enthalten: es sind die Ideen anderer, nicht deine. Und diese Verschleierung ist imo unnötig, weil es auch ohne geht. Wenn du offen sagst, dass du Impulse aus der Gruppe aufgreifst, um sie in die Story einzubauen, ist doch alles taco. Du musst noch nichtmal irgendwas kennzeichnen, obwohl auch das imo kein Problem wäre.

Und last but not least: etwas Illusion gehört zu jeder guten Show dazu. Das macht aber die Show nicht zu einer Illusion. Und selbst wenn: alle wissen, dass eine Zaubershow purer Illusionismus ist. Wir freuen uns trotzdem - oder gerade deswegen - darüber. Es wird nur uncool, wenn der Zauberer behauptet, es wäre wirklich echte Magie.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Murphy am 11.10.2025 | 10:42
Definition von Illusion:
Eine Illusion ist eine falsche Wahrnehmung, bei der reale Sinneseindrücke fehlinterpretiert werden; sie ist eine Art Täuschung oder trügerische Hoffnung, die von realen Sinneseindrücken ausgeht, aber anders wahrgenommen wird als sie tatsächlich ist.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Nachtfrost am 11.10.2025 | 10:43
Den Spielern das Gefühl zu geben das Abenteuer "gesprengt" zu haben, damit sie sich an ihrem Triumph erfreuen können ist doch einfach nur eine kleine White Lie. Da es weder intime stattfindet, noch die Spielerentscheidungen entwertet sehe ich keinen Illusionismus. Wie man zu White Lies steht muss jeder für sich entscheiden.
Ich sage, wenn es die Spieler anregt außerhalb der Schuhschachtel zu denken, sie ein gutes Gefühl mit nach Hause nehmen und es sogar nach Jahren eine tolle Erinnerung ans RPG ist: Go for it!
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: DonJohnny am 11.10.2025 | 10:56
Wenn du offen sagst, dass du Impulse aus der Gruppe aufgreifst, um sie in die Story einzubauen

Genau so mache ich das. Ich hab einen Rahmen in dem viele Dinge fest von mir ausgearbeitet sind und innerhalb dieses Rahmens nehme ich das Spielgeschehen und entwickle das Spiel auf Grundlage von dem was die Spieler gemacht haben weiter. Und das sag ich denen auch. Muss ich auch, ich will, dass die in der Spielwelt frei spielen können und dass die wissen, dass ihre Handlungen das Spielgeschehen beeinflussen und dass ich gerade nicht von denen erwarte, Dinge die ich mir in meiner Genialität ausgedacht habe runterspielen müssen, egal ob jetzt linear gerailroaded oder 2D-gesandboxed oder was auch immer.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 11.10.2025 | 10:59
Täuschen: Definition aus dem Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/taeuschen?amp)

Zitat
Bedeutung
a) jemandem absichtlich einen falschen Eindruck vermitteln; jemanden irreführen
BEISPIELE
jemanden täuschen
lass dich [von ihr] nicht täuschen!
ich sehe mich in meinen Erwartungen getäuscht (meine Erwartungen haben sich nicht erfüllt)
wenn mich nicht alles täuscht, … (wenn ich mich nicht sehr irre, …)
〈auch ohne Akkusativ:〉 er hat in der Klausur getäuscht (mit unerlaubten Mitteln gearbeitet)
b) einen falschen Eindruck entstehen lassen
BEISPIELE
das Neonlicht täuscht
das Haus ist nicht so hoch, das täuscht
c) einen Gegner zu einer bestimmten Reaktion, Bewegung verleiten, die man dann zum eigenen Vorteil ausnutzen kann
Gebrauch
besonders Sport
BEISPIEL
sie täuschte geschickt

Das Wortfeld von „Täuschen“ liegt nicht ausschließlich auf böswilliger Intention, aber überwiegend.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Sphinx am 11.10.2025 | 11:08
Das erstes finde ich erst mal nur nett. Alle fühlen sich besser, passt doch.

Das zweite Beispiel ist natürlich Illusionismus. Aber gehört doch ehr in die Schublade Zeitmanagment. Man kann als Spielleiter nicht alles vorbereiten, also macht es doch Sinn erst dann einen Bereich gezielt vorzubereiten wenn man sicher ist das er auch besucht wird. Es ist doch für Spieler dann auch Spannender etwas gut ausgearbeitetes und Spannendes zu finden als ein Improvisiertes 08/15 etwas.

Ich bin aber auch davon überzeugt das Illusionismus nicht negativ sein muss.
Das ist jetzt nicht belegbares, aus eigener Erfahrung, vermuten Meinerseits: Die Mehrheit der Spieler möchten genau das.

Ich hatte auch schon mal den Fall in einem Abenteuer. Die Spieler kommen um eine Ecke und sehen ein paar Dämonen die eine Gruppe Menschen Jagen. Die Scene war eingefroren bis die Spieler dort vorbei kommen. 4 Spieler fanden es normal, einer hat sich dran gestört das es ja genau dann passiert wenn sie dort ankommen.
Die Frage die ich dann hatte: Macht es einen unterschied wenn ich vorher Würfel und sie zufällig Rechtzeitig kommen? Also weder zu früh wenn Niemand dort ist, oder nachdem die NSCs abgeschlachtet worden sind.
Für die Spieler stellt es sich doch absolut gleich. Sofern ich nicht offen würfel und erkläre worauf ich würfel.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Nachtfrost am 11.10.2025 | 11:16
Frag den einen Spieler doch ob er es bevorzugt, dass beim Spielen nix passiert, weil die Chars zu früh oder zu spät vorbei kommen. Ist ja auch realistischer...  ::)
Also ich bevorzuge es da eher wie in einem Action-Film, dass die Handlung da stattfindet wo die Protagonisten sind.

Edit: Und ich leite meine Sandbox-Kampagne auch so, dass ich Optionen anbiete (sei es als POIs oder verschiedene verfolgbare Handlungsstränge) und dann die Spieler explizit frage was sie dann beim nächsten Mal machen wollen, um es dann gezielt vorzubereiten. So respektiere ich die Spieler-Agenda und meine eigene Zeit. Als Familienvater mit mehr-als-Vollzeitbeschäftigung habe ich keine Zeit übrig um random eine Sandbox auszuarbeiten die dann zu 80% links liegen gelassen wird. Ich habe eine grobe Struktur und bette dann die ausgearbeiteten Teile darin ein.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.10.2025 | 11:29
Das Wortfeld von „Täuschen“ liegt nicht ausschließlich auf böswilliger Intention, aber überwiegend.

Wo liest du das? Steht da nirgendwo.

Tartex war iirc auch derjenige, der darüber nachdenken wollte, ob Schauspiel = Lüge ist. Da sind wir imo am Knackpunkt. Ist eine Täuschung (Erzeugung einer Illusion) per Definition verwerflich? Ich denke: nein. Es konmt auf das Motiv an.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: nobody@home am 11.10.2025 | 11:31
Ich hatte auch schon mal den Fall in einem Abenteuer. Die Spieler kommen um eine Ecke und sehen ein paar Dämonen die eine Gruppe Menschen Jagen. Die Scene war eingefroren bis die Spieler dort vorbei kommen. 4 Spieler fanden es normal, einer hat sich dran gestört das es ja genau dann passiert wenn sie dort ankommen.
Die Frage die ich dann hatte: Macht es einen unterschied wenn ich vorher Würfel und sie zufällig Rechtzeitig kommen? Also weder zu früh wenn Niemand dort ist, oder nachdem die NSCs abgeschlachtet worden sind.
Für die Spieler stellt es sich doch absolut gleich. Sofern ich nicht offen würfel und erkläre worauf ich würfel.

Mich hätte da eher gestört, daß es keine Vorwarnung gab, obwohl so eine Jagd ja vermutlich nicht komplett geräuschlos vor sich geht und die SC also bereits vor der bewußten Ecke eigentlich etwas hätten hören müssen. Das bezieht sich aber nur auf diesen Aspekt des konkreten Einzelfalls -- daß die Spieler ohne geeignete Vorinformationen ganz allgemein höchstens blinde Vermutungen darüber anstellen können, was ihnen zum zukünftigen Zeitpunkt T am Ort X wohl begegnen mag, ist einigermaßen trivial, und entsprechend wäre es genauso plausibel gewesen, wenn sie (a) tatsächlich niemanden getroffen hätten, (b) nur den Menschen oder nur den Dämonen begegnet wären, aber nicht beiden zusammen, oder (c) nur noch das bereits verlassene Schlachtfeld hätten besichtigen können. Wie genau die Spielleitung das jeweils entschieden haben mag, bleibt  so lange verborgen, wie diese das nicht selbst klarstellt.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 11.10.2025 | 11:38
Das Problem, das ich sehe, ist, dass der Begriff "Illusionismus" von dir nicht bestimmt wird und daher konkret bedeutungslos ist, d. h. wer glaubt, das gleiche zu meinen, wie du, der stimmt dir zu oder im umgekehrten Fall eben auch nicht. Denn was Illusionismus für dich ist, ist offen.

Das wäre doch der ideale Ausgang dieses Threads: ich kann meinen Illusionismus-Begriff schärfen - oder gar den der ganzen Welt - und wir können auch für andere Formen der Spieltäuschung eine brauchbares Vokabular entwicklen.

Falls es dieses Vokabular eh schon gibt, freue ich natürlich auf entsprechende Hinweise.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: ghoul am 11.10.2025 | 12:41
Das sehe ich tatsächlich anders:

Eine Sandbox ist ein Abenteuerschauplatz, der Grenzen hat. D. h. innerhalb dieser Grenzen sind Handlungsverläufe möglich und plausibel, während der konkrete Verlauf nicht definiert ist, sondern sich durch die Handlungen der SCs und/oder der NSCs ergibt.


Ich finde diesen Fokus auf Begrenzungen merkwürdig. Es geht doch bei dem Begriff um die Möglichkeit des Modellierens, wie tartex korrekt schrieb. Das ist für die SL wichtig, nicht die räumliche Begrenzung.
Wenn du Gygax Schlachtberichte (https://vintagewargaming.blogspot.com/2012/06/battle-of-brown-hills-early-chainmail.html) liest, ist das Geschehen auch größer als die physische Sandbox, in der er die Chainmail-Schlacht dann modellierte. Es geht nicht um die Grenzen, sondern um die Modellierung. Die Grenzen sind nur praktische Limitierung. Das lässt sich direkt auf RPG-Kampagnen-Modellierung übertragen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 11.10.2025 | 12:47
Genau so mache ich das. Ich hab einen Rahmen in dem viele Dinge fest von mir ausgearbeitet sind und innerhalb dieses Rahmens nehme ich das Spielgeschehen und entwickle das Spiel auf Grundlage von dem was die Spieler gemacht haben weiter. Und das sag ich denen auch. Muss ich auch, ich will, dass die in der Spielwelt frei spielen können und dass die wissen, dass ihre Handlungen das Spielgeschehen beeinflussen und dass ich gerade nicht von denen erwarte, Dinge die ich mir in meiner Genialität ausgedacht habe runterspielen müssen, egal ob jetzt linear gerailroaded oder 2D-gesandboxed oder was auch immer.
Das was die Spieler bereits erspielt haben, aufzugreifen und für die nächsten Abenteuer weiterzuentwickeln (Bsp Haben im letzten Abenteuer Kontakte geknüpft, diese Kontakte werden in den nächsten Abenteuern vertieft etc.)
Ist doch einfach sich organisch entwickelndes Rollenspiel.

Hat mit Illusionusmus nichts zu tun.


Wenn es jetzt aber (Ohne Wissen /Willen der SPL) keine echten Überraschungen/Rätsel mehr im Abenteuer gibt, weil der SL dieses überwiegend durch SPL Input spontan erschafft, um es dabei so aussehen zu lassen, als hätte er das alles selbst vorbereitet, dann wird es zu Illusionusmus.

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: ghoul am 11.10.2025 | 12:54
Das was die Spieler bereits erspielt haben, aufzugreifen und für die nächsten Abenteuer weiterzuentwickeln (Bsp Haben im letzten Abenteuer Kontakte geknüpft, diese Kontakte werden in den nächsten Abenteuern vertieft etc.)
Ist doch einfach sich organisch entwickelndes Rollenspiel.

Hat mit Illusionusmus nichts zu tun.


Wenn es jetzt aber (Ohne Wissen /Willen der SPL) keine echten Überraschungen/Rätsel mehr im Abenteuer gibt, weil der SL dieses überwiegend durch SPL spontan erschafft, um es dabei so aussehen zu lassen, als hätte er das alles selbst vorbereitet, dann wird es zu Illusionusmus.

Was Issi sagt.
Letztendlich liegt die Crux in der inneren Haltung der SL.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Maarzan am 11.10.2025 | 13:05
Technisch gesehen sehe ich mit "Quasi alles was die Spieler sich ausdenken funktioniert" für genauso Spielerentscheidungen entwerten, wie " Quasi alles was sie sich ausdenken funktioniert nicht" . Letztlich ist es dann egal, was man macht, hat ja auch so Erfolg (oder auch die n.te vorgeschlagene Lösung, kurz vor Toreschluss hat Erfolg, die anderen vorher sicher nicht)

Darüber hin weg zu täuschen wäre Illusionismus.

Wenn die Spieler aber mit diesem Spielstil wissentlich konform gehen, muß diese Herangehensweise nicht falsch sein sondern kann  ein regulärer Spielstil sein und es wäre auch kein Illusionismus.

Die Variante, Spieler schauen was der SL hören will, um voran zu kommen, wäre Schnitzeljad/ Trailblazing.
Die Variante der SL läßt erfolgreich sein, was die Spieler erzählen (oder ggf auch die Variante was sie Richtung Ende der Sitzung erzählen) hat meines Wissens nach noch keine Bezeichnung.

Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: HEXer am 11.10.2025 | 13:24
Eben genau nicht.

Ja, wir tun so, als ob.
Aber basierend auf Regeln.

Eine Illusion täuscht die Rezipienten. Und die Täuschung von Spielenden steht nicht zwingend auf dem Programm. Bei meiner Art von Rollenspiel sogar möglichst gar nicht.

Die Regeln tun dasselbe, weil sie ja nicht die Realität real und vollständig abbilden. Ergo kann ein Rollenspiel nichts anderes als eine (Selbst-) Täuschung sein. Wenn man das so formulieren möchte. Ich fände zur Abgrenzung vom unabgesprochenen "Illusionismus" den englischsprachigen Begriff "Make Believe" (dein "tun als ob") daher sinnvoll, wenn er so definiert wird, dass es ein konsensuales (Selbst-) Täuschen ist.

Dass der Bereich natürlich komplexer ist, mit vielen Graustufen zwischen den beiden Extrema, halte ich für nachvollziehbar. Dennoch könnte es bei der Betrachtung (insbesondere auf den moralischen Aspekt bezogen) hilfreich sein, diese beiden Facetten zu bedenken.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: DonJohnny am 11.10.2025 | 13:50
@Issi @Ghul: Ich glaub ihr habt recht. Ich hab im Eingangspost das mit Umgestalten übersehen. Ich denke so würde ich das auch nicht machen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: flaschengeist am 11.10.2025 | 16:31
@Tartex: Ich kann mich im Kern der Perspektive anschließen, dass du offenbar für diese Gruppe viel richtig machst. Ob der "Preis" der Gruppe zu hoch ist (schöne Quartalsergebnisse aber langfristig siehts mau aus) könnt ihr nur gemeinsam entscheiden. Mein Angang wäre also, das offen zu besprechen.


Die Täuschung, die Du betreibst, ist die, deine Spieler glauben zu lassen dass dein Abenteuer bereits fertig ausgearbeitet ist.

Wobei ich mir nicht mal sicher wäre, dass sie Dir das auch abkaufen.
(Dafür leiten zu viele faule Meister nach diesem Prinzip)

Sprich: Es kann auch sein, dass sie das bereits ahnen.
(Muss natürlich nicht)

Als Spieler gab es bei mir einige Situationen, in denen der Meister nach einer Sitzung (oder nach der Kampagne) aufgelöst hat, dass gesamte Sitzungen improvisiert waren. Bei unserem Immersions-basierten Rollenspiel waren das ab und an die besten Sitzungen. Nicht immer, aber ab und zu.

Auf jeden Fall war alle improvisierten Sitzungen immer einige Größenordnungen besser alle Kaufabenteuer, die wir jemals gespielt haben.

Wir haben niemals darüber nachgedacht, etwas in Frage zu stellen.


An der Stelle möchte ich Issi beispringen: Ich spiele sowohl Kaufabenteuer als auch bei SLs, die viel improvisieren. Egal wie gut jemand improvisiert, sein Repertoire ist natürlich wie das von uns allen begrenzt. Mir persönlich ist jedenfalls bislang noch kein "Impro-SL" untergekommen, der mich nach hinreichender Spielzeit bei ihm noch so überraschen konnte, wie als hätte er ab und an mal ein Kaufabenteuer aus "fremder Feder" dazwischen geschoben. Irgendwann sind einfach die Muster klar (mag allerdings bissel Berufskrankheit sein, Mustererkennung ist im Grund ein Kernaspekt meiner Arbeit).
Klar gibt es viele grottige Kaufabenteuer, mir geht es jetzt aber um Variation und die ist eben größer, wenn eine Person nicht immer im Wesentlichen aus ihrem "Impro-Repertoire" schöpft.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Zed am 11.10.2025 | 18:16
Wo liest du das? Steht da nirgendwo.

Ja, ich lese die böswillige Intention "heraus" (Hervorhebungen durch mich):

Zitat
Bedeutung
a) jemandem absichtlich einen falschen Eindruck vermitteln; jemanden irreführen
BEISPIELE
jemanden täuschen
lass dich [von ihr] nicht täuschen!
ich sehe mich in meinen Erwartungen getäuscht (meine Erwartungen haben sich nicht erfüllt)
wenn mich nicht alles täuscht, … (wenn ich mich nicht sehr irre, …)
〈auch ohne Akkusativ:〉 er hat in der Klausur getäuscht (mit unerlaubten Mitteln gearbeitet)
b) einen falschen Eindruck entstehen lassen
BEISPIELE
das Neonlicht täuscht
das Haus ist nicht so hoch, das täuscht
c) einen Gegner zu einer bestimmten Reaktion, Bewegung verleiten, die man dann zum eigenen Vorteil ausnutzen kann
Gebrauch
besonders Sport
BEISPIEL
sie täuschte geschickt
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.10.2025 | 19:19
Ja, ich lese die böswillige Intention "heraus" (Hervorhebungen durch mich):

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: ghoul am 11.10.2025 | 19:21
Es ist der Thread von tartex. Wenn er Illusionismus für vermeidenswert hält (womit er nicht allein ist), ist das sein geschmackliches Vorrecht in seinem Thread.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: gunware am 11.10.2025 | 19:45
Ich würde Schwierigkeiten haben, beide Beispiele im Eingangsposting als Illusionismus zu bezeichnen. Für mich (RPG relevanter) Illusionismus ist etwas, was durch Beschreibungen In-Play stattfindet, damit fällt Beispiel 1 sofort raus. Beispiel 2 könnte man meinen, dass es da die Einordnung als Illusionismus schon kniffliger wäre, aber auch da sehe ich nicht, dass die Entscheidungen der Charaktere irrelevant wären. Ubd damit fehlt die Grundlage des Illusionismus, wie ich es verstehe.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 13.10.2025 | 13:44
Ich würde Schwierigkeiten haben, beide Beispiele im Eingangsposting als Illusionismus zu bezeichnen. Für mich (RPG relevanter) Illusionismus ist etwas, was durch Beschreibungen In-Play stattfindet, damit fällt Beispiel 1 sofort raus. Beispiel 2 könnte man meinen, dass es da die Einordnung als Illusionismus schon kniffliger wäre, aber auch da sehe ich nicht, dass die Entscheidungen der Charaktere irrelevant wären. Ubd damit fehlt die Grundlage des Illusionismus, wie ich es verstehe.
Die Frage ist doch was ist der Grund warum SPL sich überhaupt echten Einfluss auf das Abenteuer / Problem wünschen?

Sie wollen dadurch Einfluss auf die Lösung nehmen. Sie wollen es auf ihre Art lösen können.

Kann man denn überhaupt noch von Einfluss auf die Lösungen sprechen, wenn es ( ohne dass sie das wissen) zuvor gar kein echtes Problem gab? (Sondern nur ein scheinbar vorgegebenes)

Klar könnte man jetzt sagen: Sie haben doch Einfluss. Da sie ( ohne es zu wissen) Problem und Lösung selbst erschaffen.

Aber das hat für die SPL die echte Rätsel lösen wollen nicht den selben, ja eigentlich überhaupt keinen Wert.
Da auch hier der ganze Einfluss auf die Lösung komplett für die Tonne ist.


Ähnlich ist das auch bei gängigen Definition von Illusionismus: Ihr Einfluss ist auch nur ein scheinbarer. Auch wenn es hier im Unterschied zumindest ein echtes, vorher feststehendes Problem, ein echtes Abenteuer gibt.

Ob man nun für beides unterschiedliche Begriffe braucht, darüber kann man sich streiten.

Entwertet, wird der Wille von SPL, die lieber tatsächliche Herausforderungen wünschen, in beiden Fällen.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Crimson King am 13.10.2025 | 14:29
Es ist der Thread von tartex. Wenn er Illusionismus für vermeidenswert hält (womit er nicht allein ist), ist das sein geschmackliches Vorrecht in seinem Thread.

Die negative Konnotation von Illusionismus resultiert aus der Forge-Definition des Begriffs, also Illusionismus als Vorgaukeln von Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Spieler, während die SL selbst hinter dem Schirm die Strippen zieht und die volle Kontrolle über den Handlungsablauf behält. Diese Vorgehensweise ist meines Erachtens zurecht negativ besetzt, aber keines der beiden Beispiele aus dem Eingangspost entspricht diesem Vorgehen. Ich gewinne andererseits den Eindruck, dass praktisch niemand hier im Thread die Forge-Definition als Diskussionsgrundlage verwendet. Will man Illusionismus aber allgemeiner verstehen, sehe ich keine Notwendigkeit mehr für die grundsätzlich negative Konnotation. Die Spieler glauben, dass sie ein Geheimnis gelüftet haben, während ich als SL einfach auf Basis der Spielerideen improvisiert habe? So What!
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 13.10.2025 | 17:27
Die Spieler glauben, dass sie ein Geheimnis gelüftet haben, während ich als SL einfach auf Basis der Spielerideen improvisiert habe? So What!

Die Spieler verstehen früher oder später, dass sie gar kein Geheimnis gelüftet haben. Dass sie bei konsequenter Anwendung dieser Technik nie ein Geheimnis lüften, weil es gar keine Geheimnisse gibt.

Mein momentaner Stand zum Thema: mit dem richtigen Mix kann man das manchmal machen. Der Illusionismus ist weniger ein moralisches Problem (Verwendung dieses Begriffs natürlich mit Augenzwinkern), sondern ein handwerkliches Problem. Jeder Trick wird durchschaut, wenn man ihn zu oft anwendet.

Ich finde auch nicht, dass man alles vorher absprechen muss: ich kläre die Spieler nicht über die Techniken, die ich einsetze auf, weil ich ja gar nicht weiß, worauf ich bei einer Session in 2 oder 3 Monaten Lust habe. Als Spielleiter der dazu bereit ist alle zwei Wochen eine Session zu bieten, nehme ich mir es heraus, dass ich mit meiner momentanen Stimmung gehen. Sonst könnte das regelmäßige Liefern für mich zur Qual werden. Zusätzlich bitte ich alle paar Monate die Spieler doch mal das Leiten zu übernehmen. Meisten kriege ich dann als Antwort: "ich bin noch nicht so weit, aber vielleicht nächstes Jahr."
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 13.10.2025 | 18:15
Es ist ja auch so: Wenn diese Techniken sich einigermaßen rumsprechen.
Oder wenn sich jmd einfach mal anfängt zu fragen warum er scheinbar nur bei SL X diese hellseherischen Fähigkeiten besitzt, bei SL Y dagegen auch regelmäßig mal daneben liegt.
Oder wenn sich ein SL seiner Improvisations Techniken so sicher wird, dass er über kurz oder lang vor lauter Selbstüberschätzung ne Spur zuviel aufträgt, und dabei noch erwähnt, dass er eigentlich kaum Zeit zum Vorbereiten hatte.

Oder oder:

Dass nicht wenige SL ganz oder teilweise blank in ihre Sitzungen gehen, ist glaube ich kein großes Geheimnis mehr.

Jeder, der auch nur zum Spaß hier mitgelesen hat, wird sich vllt.bei seiner nächsten Runde fragen, wie das bei seiner SL so ist.
Und ob es nicht doch hier und da arge Zufälle, bestimmte Häufungen, und geschenkte Erfolge gibt, die keine hätten sein dürfen.


Bin da bei tartex.
Das eine Mal blank sein, wird keinem auffallen.
Das paar Mal wahrscheinlich auch nicht.
Aber wenn das zum bequemen Standard wird, würde ich als SL meine SPL diesbezüglich nicht zu sehr unterschätzen.


Edit.
Es kann natürlich sein, dass die Runde damit klar kommt, auch wenn sie das ahnt oder weiß.
Nur drauf verlassen würde ich mich jetzt nicht.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: tartex am 13.10.2025 | 18:32
Nur zur Klarstellung: ich bereite prinzipiell immer vor - halt nicht unbedingt das komplette Abenteuer, sondern die Abzweigung, die in der letzten Session gewählt wurde. Öfters reicht das dann auch für mehrere Session. Würde ich großflächig ausarbeiten, wäre das viel mehr Arbeit.

Improvisiert wird, wenn es sich doch anders entwickelt als ich es erwartet habe. Das kommt oft genug vor um einen gewissen Mix zu erhalten.

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Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: 6 am 13.10.2025 | 18:37
Ich würde das, was hier beschrieben wurde, immer noch einfach als Kayfabe und nicht als Illusionismus bezeichnen, eben weil der Begriff "Illusionismus" im Rollenspiel anders verwendet wurde und eine negative Beiklang hat.
Ich z.B. WEISS als Spieler dass der SL sowohl Option 1 als auch Option 2 verwendet und gerade Option 2 emfinde ich als Spieler als echte Wohltat im Spiel.
Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: flaschengeist am 13.10.2025 | 18:38
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Titel: Re: Die Illusionismus-Falle
Beitrag von: Issi am 13.10.2025 | 18:44
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~;D

Oh, ich glaube ich wäre dann wahrscheinlich, (chaotisch böse, wie ich bin), direkt mit meiner Figur ins nirgendwo aufgebrochen ;D