Autor Thema: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?  (Gelesen 6713 mal)

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Offline Urias

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #25 am: 16.10.2016 | 15:53 »
"Ihr müßt nur den Passierschein A 38 verlangen." ;D

Kafka hat ja anscheinend mal geschrieben, dass die willkürliche und anonyme Bürokratie in einer Welt ohne Gott das ist was der Idee eines allmächtigen Gottes am nähesten kommt. Der würde sich eventuell auch als Inspirationsquelle für so einen Cosmic Horror ohne Übernatürliches anbieten.
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Ucalegon

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #26 am: 16.10.2016 | 16:19 »
Nicht umsonst gibt es vom Lovecraft Epigonen Ligotti die Three Tales of Corporate Horror.  ;)

Offline Rorschachhamster

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #27 am: 16.10.2016 | 17:06 »
Vielleicht etwas wie Chaplins "Modern Times"? Mit Arbeitern die irgendwie über Drogen und Psychologie oder so gefällig gemacht werden? Wobei die Übeltäter nicht mal Gesetze verletzt haben... Inklusive Kommunisten, Nazis und irren Esotherikern (ohne übernatüliche Fähigkeiten, aber das müssen die Spieler ja nicht wissen >;D) auf allen Seiten.
Oder soll es auch -schauder- realistisch sein? ;)

Edit: Hatte gerade das sehr verstörende Bild
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« Letzte Änderung: 16.10.2016 | 17:13 von Rorschachhamster »
Rorschachhamster
DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

Offline Jiba

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #28 am: 16.10.2016 | 17:16 »
Kafka hat ja anscheinend mal geschrieben, dass die willkürliche und anonyme Bürokratie in einer Welt ohne Gott das ist was der Idee eines allmächtigen Gottes am nähesten kommt. Der würde sich eventuell auch als Inspirationsquelle für so einen Cosmic Horror ohne Übernatürliches anbieten.

Nicht nur eventuell. Kafka ist der Autor für kosmischen Horror ohne Übernatürliches. "Der Prozess" ist super in der Hinsicht, aber auch "Ein Landarzt" und "In der Strafkolonie". Die ganze Atmosphäre ist sehr bedrückend.

Ich will immer noch eine "Kafkathulu"-Runde leiten.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline tartex

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #29 am: 16.10.2016 | 17:31 »
Schlusssatz aus Eine Kaiserliche Botschaft:

Zitat
Niemand dringt hier durch und gar mit der Botschaft eines Toten. – Du aber sitzt an Deinem Fenster und erträumst sie Dir, wenn der Abend kommt.

Nachfolgediskussion wäre: "Kafka und Spieler-Agency"  ;D
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Offline achlys

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #30 am: 18.10.2016 | 11:02 »
Bei Kafka zeigt sich immer die pessimistischste und damit ''hoffnungsloseste Seite des Menschen. Eignet sich hervorragend für existenzielle Bedrohungen.
Zu den 20ern passt thematisch neben Rassismus auch noch der 1.WK und seine traumatischen Auswirkungen, Nationalismus, Bohaime und (vordergründige) Lebenslust vs Armut und Ausbeutung.
An all diese Themen kann man existenzielle Bedrohungen anknüpfen.

Gesendet mit nem Smartphone. Tippfehler dürfen behalten werden.


Offline tartex

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #31 am: 18.10.2016 | 11:37 »
Danke!

Ich würde mich vor allem über konkrete Abenteuerideen in 2 Sätzen freuen.
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Offline Urias

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #32 am: 18.10.2016 | 12:03 »
Idee bezüglich Lebenslust vs. Armut: Eine Gruppe dekadenter Adeliger und Großbürger sucht sich innerhalb des vom Krieg Traumatisierten Subproletariats Leute aus und bezahlt sie um DINGE mit sich anstellen zu lassen. Denen die zurück kommen wird nicht geglaubt. Sie sprechen wirr, haben die Schrecken des Krieges nicht überwunden, sind weich. Der Grund? Eine kranke Mischung aus dekadentem Amusement und Sozialdarwinismus (Denk dir so eine Mischung aus Slumming, "Bum Fights" auf Crack und Eyes wide shut). Die im Krieg verschleuderte Masse wird erneut zum Spielball für die oberen Zehntausend. Der Ausbeutung ist nicht zu entrinnen.
« Letzte Änderung: 18.10.2016 | 12:04 von Stahlstadtkind »
Ohne Gott ging es nicht weiter, und so hab ich mich entschieden, / meiner ist jetzt der Alkohol. / Ich trank ein paar Schlücke und ich fand meinen Frieden / und ich fühlte mich kurzfristig wohl. - Joint Venture, Der trinkende Philosoph

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #33 am: 18.10.2016 | 12:15 »
Idee bezüglich Lebenslust vs. Armut: Eine Gruppe dekadenter Adeliger und Großbürger sucht sich innerhalb des vom Krieg Traumatisierten Subproletariats Leute aus und bezahlt sie um DINGE mit sich anstellen zu lassen. Denen die zurück kommen wird nicht geglaubt. Sie sprechen wirr, haben die Schrecken des Krieges nicht überwunden, sind weich. Der Grund? Eine kranke Mischung aus dekadentem Amusement und Sozialdarwinismus (Denk dir so eine Mischung aus Slumming, "Bum Fights" auf Crack und Eyes wide shut). Die im Krieg verschleuderte Masse wird erneut zum Spielball für die oberen Zehntausend. Der Ausbeutung ist nicht zu entrinnen.

Ja, der Film wäre herausfordernd umzusetzen. Weil die "Opfer" es "freiwillig" machen, um bezahlt zu werden, und es mit sich machen lassen, wird das Ganze noch verstörender. Gute Idee.

Das stalinistische System gibt ja auch sicher einiges her. Von Der Meister und Margarita wollte ich mich eh auch inspirieren lassen. Obwohl es da dann doch schon natürlich übernatürlich wird.
« Letzte Änderung: 18.10.2016 | 12:17 von tartex »
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Offline tartex

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #34 am: 18.10.2016 | 12:21 »
Cosmic Horror ist es dann halt natürlich nicht mehr.
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Ucalegon

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #35 am: 18.10.2016 | 13:13 »
Um das mal auseinanderzuklamüsern...

Existential Horror:
Neben Bryson Springs, d.h. im Prinzip Grapes of Wrath, kannst du dir auch mal Cold Harvest für Call of Cthulhu anschauen. Spielt im Stalinistischen Russland mit sehr unterschwelligem übernatürlichen Element - an den Rändern, wie du sagtest.

Mein Pitch für die 20er wäre das Große Kanto-Erdbeben von 1923. Ein zerstörtes Dorf irgendwo in den Bergen. Ein paar junge Überlebende müssen sich durch die Natur in die nächste große Stadt kämpfen, um Hilfe zu holen. Die Spieler(innen) sollen für ihre SC die großen Vorstellungen, die sie von der Stadt, Technologie etc haben ausformulieren. In der zerstörten Stadt angekommen werden sie - aus irgendeinem Grund - für Koreaner gehalten und geraten in die japanischen Pogrome nach dem Erdbeben hinein. Wenn sie überleben kehren sie desillusioniert in das immer noch zerstörte Dorf zurück.

Filmempfehlungen, die in eine ganz andere Richtung gehen, aber den Punkt hervorragend treffen, wären Picnic at Hanging Rock (1975) und Safe (1995).

Gibt insgesamt in Geschichte, Literatur und Film sicher mehr als genügend Beispiele und Hooks.

---
Cosmic Horror:

Tja, schwierig: Lovecrafts Prämisse, dass es da draußen irgendwelche unkontrollierbaren Kräfte gibt, geht nicht übernatürlich vielleicht irgendwie über religiöse Vorstellungen? Ansonsten vielleicht was mit Weltraumwetter: Geomagnetischer Sturm und so?

Offline tartex

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #36 am: 18.10.2016 | 15:55 »
kannst du dir auch mal Cold Harvest für Call of Cthulhu anschauen. Spielt im Stalinistischen Russland mit sehr unterschwelligem übernatürlichen Element - an den Rändern, wie du sagtest.

Das stand tatsächlich auch am Anfang meiner Überlegungen, aber ich habe es noch nicht gekauft/gelesen.

Für mich war die Frage dann halt: wenn man schon eine so wahnsinnige Periode spielt, als NKVD-Agenten in der Zeit, braucht man dann wirklich noch was Übernatürliches? Würde das nicht nur unnötig vom Wahnsinn ablenken?

Gut zu wissen, dass das dann anscheinend doch nicht zu einer Großen-Alten-Hatz im letzten Akt wird.

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Ucalegon

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #37 am: 18.10.2016 | 16:19 »
Das stand tatsächlich auch am Anfang meiner Überlegungen, aber ich habe es noch nicht gekauft/gelesen.

Für mich war die Frage dann halt: wenn man schon eine so wahnsinnige Periode spielt, als NKVD-Agenten in der Zeit, braucht man dann wirklich noch was Übernatürliches? Würde das nicht nur unnötig vom Wahnsinn ablenken?

Das Problem ist halt, den Horror reinzubringen und das braucht, finde ich, selbst bei einem Hintergrund wie diesem irgendwo noch die Leerstelle, die (hier existenzielle?) Unsicherheit. Das gefällt mir im Nachhinein auch an meinem Japan Pitch oben noch nicht so richtig, weil da zwar die SC in einer unerklärlichen, an die Existenz gehenden Situation sind, für die Spieler(innen) aber letztlich alles eindeutig ist.

Und Spiele wie Grey Ranks oder Night Witches, selbst Apocalypse Now als Inbegriff des Kriegs-Wahnsinns haben für mich eigentlich nichts mit Horror zu tun.

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« Letzte Änderung: 18.10.2016 | 16:23 von Ucalegon »

Offline tartex

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #38 am: 18.10.2016 | 16:41 »
Das Problem ist halt, den Horror reinzubringen und das braucht, finde ich, selbst bei einem Hintergrund wie diesem irgendwo noch die Leerstelle, die (hier existenzielle?) Unsicherheit. Das gefällt mir im Nachhinein auch an meinem Japan Pitch oben noch nicht so richtig, weil da zwar die SC in einer unerklärlichen, an die Existenz gehenden Situation sind, für die Spieler(innen) aber letztlich alles eindeutig ist.

Also einmal oder zweimal kann man das ja Durchziehen, weil Spieler bei Cthulhu ja mit dem Mythos rechnen, aber auf Dauer würde sich wohl das einstellen, was ich den Scooby-Do-Effekt nenne.

Und Spiele wie Grey Ranks oder Night Witches, selbst Apocalypse Now als Inbegriff des Kriegs-Wahnsinns haben für mich eigentlich nichts mit Horror zu tun.

Tatsächlich habe ich mir dann Night Witches statt Cold Harvest geholt.
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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #39 am: 13.11.2016 | 13:36 »
Lustigerweise bin ich zum Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich am meisten Cosmic Horror ohne Übernatürliches gibt, wenn man Ratten!, Bunnies&Barrows, The Barren oder meinetwegen sogar MouseGuard spielt, und die Helden anständig von diesen unnachvollziehbaren Menschen plattgemacht werden.

Alles eine Frage der Perspektive.

Der Fisch, der von einem Adler aus dem Wasser gerissen wird, und bevor er verendet, plötzlich den Himmel, den See und all diese Berge und Wälder von oben sieht: das ist echter Cosmic Horror, sogar noch mit Sense of Wonder garniert.

Die Frage, ob es unter Kaninchen Menschenkultisten gibt, die die Aufmerksamkeit derer erregen wollen, kann ich an dieser Stelle leider nicht beantworten.
« Letzte Änderung: 13.11.2016 | 13:38 von tartex »
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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #40 am: 13.11.2016 | 22:26 »
Die Frage, ob es unter Kaninchen Menschenkultisten gibt, die die Aufmerksamkeit derer erregen wollen, kann ich an dieser Stelle leider nicht beantworten.
Ähem... (Link geht auf YouTube)  ;D
Rorschachhamster
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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #41 am: 13.11.2016 | 23:45 »
Ähem... (Link geht auf YouTube)  ;D

Heftig. Ich habe aber den Eindruck, dass sind die Sanity-Loss-Regeln in Real Life, als dass er Kultist ist. Ob er das Lachen dieser Großen Alten auch vernehmen kann?

Die Straße, wie sie in Unten am Fluss beschrieben wird, ist ja auch Cosmic Horror pur.

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Offline KhornedBeef

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Re: Cosmic Horror ohne Übernatürliches?
« Antwort #42 am: 14.11.2016 | 11:59 »
Lustigerweise bin ich zum Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich am meisten Cosmic Horror ohne Übernatürliches gibt, wenn man Ratten!, Bunnies&Barrows, The Barren oder meinetwegen sogar MouseGuard spielt, und die Helden anständig von diesen unnachvollziehbaren Menschen plattgemacht werden.

Alles eine Frage der Perspektive.

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Brilliant.
Und das Kultisten-Kaninchen ist die I-Tüpfelchen.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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