Autor Thema: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor  (Gelesen 1782 mal)

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Offline Pendragon

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Ich bastel gerade an einem setting und öfters stellt sich die Frage: was sollte man alles beschreiben, abdecken...
Einige Settings sind über detailliert beschrieben andere wiederum zu ungenau.
Dabei geht es mir um ein Setting das sich möglichst gut zum spielen eignet nicht um bloße(ist jetzt nicht abwertend gemeint) Weltenbastelei!
Auch würde mich interessieren wie ihr beim Erschaffen eines Settings vorgeht. Was macht ihr zuerst, was kommt zum Schluss.

Offline Merlin Emrys

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #1 am: 22.11.2008 | 21:31 »
Ich bastel gerade an einem setting und öfters stellt sich die Frage: was sollte man alles beschreiben, abdecken...
Das ist meines Erachtens so eine typische "Meinungsangelegenheit", in der man extrem verschiedene Positionen vertreten kann, die man aber nie für allgemeingültig halten sollte. Ich bin der Ansicht, daß vor allem das eine Beschreibung verdient, was sich von der vorfindlichen Wirklichkeit unterscheidet. Ein System, das darauf angelegt ist, es in einer vorhandenen Stadt der Gegenwart zu spielen, muß diese Stadt nicht beschreiben, da man aus der  vorfindlichen Wirklichkeit alles übertragen kann, was man für das Spiel benötigt. Eine fiktive Stadt hingegen bedarf einer Beschreibung. Solange man in der Fiktion nicht über die "Wissenschaften" hinausgeht, die in der Gegenwart zur Verfügung stehen, muß man diese nicht weiter ausführen; führt man aber z.B. Magie ein, muß man Worte darauf verwenden, wie sie "Funktionieren soll". Dabei kann man auf Modelle zurückgreifen, die in der vorfindlichen Wirklichkeit bereits bekannt sind, dann genügt im Grunde ein solcher Hinweis; oder man erarbeitet ein eigenes Modell, dessen Konsequenzen dann aber eine ausführlichere Betrachtung verlangen.

Hinderlich wird der Hintergrund, wenn man für eine Gruppe von Charakteren eine spezielle Situaton bereitstellen möchte, aber die Elemente, die man dazu benötigt, dem schriftlich fixierten Hintergrund wiedersprechen bzw. nicht mit ihm zu vereinbaren sind. Ich tendiere dazu, die exakten Beschreibungen von Örtlichkeiten und Personen in eine Zeit zu verlegen, die nicht mit der Zeit, in der die Rollenspielsituation gedacht werden soll, übereinstimmt, sondern zeitlich eine Weile davor liegt. Der geneigte Spielleiter kann also entweder bestimmen, daß sich nichts wesentliches geändert hat, und vergleichbare Charaktere (mit anderem Namen :-) ) in die jeweiligen Rollen stecken, oder er kann ein ganz anderes "Personal" installieren. Und er kann in einem gewissen Rahmen die Örtlichkeiten seinem Bedarf anpassen.
Ein weiterer Punkt ist, daß ich einige Texte habe, die globale Beschreibungen liefern, aber gerade bei Personen und Orten schon aus Gründen des Umfangs nur exemplarische Beschreibungen geben kann. Sofern ein Abenteuerentwurf also nicht "einzigartige" Orte verlangt, sollte der geneigte Spielleiter auf eine im Hintergrund nur knapp umrissene Stadt ausweichen und diese (in Ähnlichkeit zu den beschriebenen) selbst "bauen" können (oder zumindest ist es so vorgesehen).

Auch würde mich interessieren wie ihr beim Erschaffen eines Settings vorgeht. Was macht ihr zuerst, was kommt zum Schluss.
Ich bewege mich in Kreisen, Spiralen, Ovalen und was dergleichen mehr ist durch den Schaffungsprozeß.
Am Anfang stand für mich Vorlagen, die ich kombiniert und abgewandelt habe. Dabei vertrete ich strikt das Primat des Hintergrunds, will sagen: Zunächst arbeite ich am Hintergrund, dann leite ich daraus Folgerungen z.B. für Regelmechanismen und exakte Regeln ab. Andererseits bringt mich das auf neue Ideen und Gedanken, die ich dann wiederum zunächst in den Hintergrund einbinde und dann wiederum überlege, was daraus für das Regelsystem folgt. Die grafische Gestaltung sowie das Einbinden von Bildern habe ich noch nicht begonnen, allerdings existieren erste Entwürfe zum Kartenmaterial.
Andererseits stand von Anfang am noch hinter dem Hintergrund der Anspruch, daß es auf eine bespielbare Welt hinauslaufen sollte. Die Spielbarkeit wiederum bedingt bestimmte Regelsetzungen, die dann die exakte Beschreibung des Hintergrunds mitbestimmen, v.a. in bezug darauf, was ich wie ausführlich und mit welchen Begriffen beschreibe.
« Letzte Änderung: 22.11.2008 | 21:33 von Merlin Emrys »

Offline Yvo

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #2 am: 28.11.2008 | 11:52 »
Alles, was nicht improvisiert werden kann, MUSS vorher ausgearbeitet sein.

Hierbei können die SL natürlich verschieden gut improvisieren und auch selber etwas ausarbeiten.

Außerdem müssen auch die Spieler eine Vorstellung von der Welt haben. Dabei sind Details nicht so wichtig. Wenn sie in die Stadt "Greifenwehr" gelangen, muss nicht unbedingt da stehen, wieviele Tavernen und Waffenschmiede sie hat und wie die alle heißen oder genau beschrieben werden, wie die Burg aussieht. Auch eine Einwohnerzahl von 50.000 sagt im Endeffekt wenig aus.
Wenn in der Beschreibung steht:

 "Greifenwehr ist eine riesige, prunkvolle Stadt und der Stolz des Reiches. In keiner anderen Stadt wird man soviele hochnäsige, verweichlichte Adelige und verwöhnte Großhändler antreffen können. Nirgendwo anders findet man solch reichverzierte Tempelanlagen und Villen. Nur im nördlichen Tremmer-Viertel der Stadt, das durch den Fluss ´Großer Jindell´ abgetrennt ist, herrscht ein anderer Ton. Hier liegen sich seit mehreren Jahren die Diebes-Banden der ´Schwarzen Ratten´ und der ´Gossenläufer´ in den Haaren und man sollte sich zu wehren wissen, wenn man Nachts dieses Gebiet aufzusuchen gedenkt."

...reicht dies völlig. Jeder hat etwa die gleiche Vorstellung von der Stadt und alles weitere lässt sich improvisieren. Zudem sind ein paar Ansätze für Abenteuer für den SL drin.
Butt-Kicker  100%, Storyteller 83%, Method Actor 75%, Specialist 75%, Tactician 67%, Power Gamer 50%, Casual Gamer 33%...

Offline Bitpicker

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #3 am: 28.11.2008 | 12:05 »
Ich find es persönlich sehr wichtig, dass das Setting einen plausiblen, quasi-historischen Anstrich bekommt. Das ist etwas, ann dem meines erachtens fast alle High Fantasy-Systeme massiv kranken: da werden einfach kopflos Dinge nebeneinandergestellt, ohne dass man den Eindruck hat, dass der dargestellte Ist-Zustand das Ergebnis einer Entwicklung ist, ein Punkt in einem fiktiven Geschichtsablauf, der eine erkennbare Vergangenheit und Zukunft hat.

Ich recherchiere häufig historische Epochen, um darin Rollenspiele anzusiedeln. Wenn man sich einmal eingehend damit beschäftigt  hat, erkennt man schnell, wie arm an Detail die meisten Fantasy-Welten in Wirklichkeit sind. Und aus meiner Sicht ist es dem Spiel-Erleben abträglich, wenn eine Spielwelt bloß eine Collage von Versatzstücken ohne Zusammenhalt ist.

Robin
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Offline Boba Fett

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #4 am: 28.11.2008 | 12:08 »
Was macht ihr zuerst, was kommt zum Schluss.

Als allererstes sollte die Überlegung stehen, was das neue Setting so besonders anderes ist, dass es eine Existenzberechtigung besitzt.
Solange man diese Frage nicht beantworten kann, sollte man gar nicht erst weitermachen.
Dann sollte man ein grobes Konzept aufsetzen.
Danach sollte man mindestens einen (besser drei) zentralen Konflikt im Setting einsetzen, um den sich die Handlung drehen kann.
Und daraus resultieren dann Konfliktparteien, Schauplätze, Situationen, Ereignisse.
Dann kommt die Frage, welche "Aufgabe" die Spielercharaktere haben? Gehören sie einer Partei an, sind sie neutrale in mitten der Konflikte? Welche Ziele haben sie möglicherweise, welche Abenteuer und Aufgaben gibt es für sie zu tun.
Daraus baut man dann ein Setting und setzt es auf.
Danach kann man ins Detail gehen. Am Besten sucht man sich dann ein spezielles Detail (einen Ort) aus, der dann im Detail formuliert wird. Dieser dient dann als erster zentraler Schauplatz. Welche Vertreter der Konfliktparteien sind vor Ort, welche Konflikte und Situationen entstehen daraus, welche Ereignisse führen zu Abenteuern?
Danach geht man zum nächsten Schauplatz und wiederholt das Ganze.

Ohne zentralen Konflikt ist ein Setting langweilig und wird zum Museum, durch das mal laufen und die Schönheit der Dinge bewundern kann - es muss aber was zu tun geben für die Spielercharaktere und es muss Motivationen geben, warum sie es tun.
Der zentrale Konflikt ist dafür der beste Aufhänger.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Grimnir

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #5 am: 28.11.2008 | 12:37 »
Hallo Pendragon!

Ich darf mal ganz bescheiden auf einige Blogeinträge von mir verweisen, wo ich mal ausgeführt habe, worauf man Wert legen sollte, wenn man ein Setting für ein Rollenspiel(!) schreibt:

Settingdesign
Plausibilitäten
Metaplotproblematik

Es grüßt
Grimnir
Selber Regelwerke schreiben zeugt IMHO von einer reaktionär-defaitistischen Haltung [...]

Vergibt Mitleidspunkte...
... und hetzt seine Mutter auf unschuldige Tanelornis (hier der Beweis)

Offline Joerg.D

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #6 am: 28.11.2008 | 12:52 »
Hallo Pendragon, soll das Setting zum Eigengebrauch oder für ein eher kommerziell genutztes Projekt entworfen werden?

Bei einem Setting zum Eigengebrauch würde ich die Wünsche der Spieler aufnehmen und in einem Maßgeschneiderten Setting verarbeiten, das mit den Spielen wächst.
« Letzte Änderung: 28.11.2008 | 12:58 von Jörg.D »
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline Pendragon

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Re: Settingbau-was muss alles rein/wie geht man vor
« Antwort #7 am: 2.12.2008 | 21:37 »
Erstmal an alle danke für die antworten!
@Grimnir: danke für die Links werde da mal rumstöbern:)

@Jörg.D: naja also jein. Es ist schon als Projekt gedacht später ein Setting zu haben das man auch veröffentlichen kann aber mit nicht zu hoch gesteckten ambitionen. Erstmal für den Hausgebrauch. Ich hatte halt einige Grundidee für ein Setting und seit dem schreibe ich dran...