Autor Thema: Rumpels dumme Fragen zur OSR  (Gelesen 60814 mal)

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Offline Settembrini

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #400 am: 25.10.2017 | 18:25 »
Das mit dem besseren Verständnis kann ich mir so erklären: Rettungswürfe, Angriffswürfe und Hitpoints sind bei D&D Abstraktionen der Modellierung für einen bestimmten zeitlichen (1' Kampfrunde) und räuml. Maßstab und kommen aus dem KoSim-Bereich.

Ich unterstelle Dir mal einfach, daß Du mit abstrakterer Modellierung eben im RSP sonst nichts zu tun hattest, aber bei Storygames ja schon, nur eben nicht abstrahierende, maßstabsbezogene Simulationsmodellierung, sondern abstrahierende Modellierung beliebiger Story(telling)konzepte. Und da siehst Du vlt. eine Parallele?

Das wäre aber ein Zugang von hinten durch die Brust ins Auge, um ehrlich zu sein.

D&D macht nur in Kampagnen wirklich Sinn, das ist so.
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Achamanian

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #401 am: 25.10.2017 | 18:33 »

Das wäre aber ein Zugang von hinten durch die Brust ins Auge, um ehrlich zu sein.

Da widerspreche ich dir nicht. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich eben von DSA ziemlich direkt zu BRP-Systemen gegangen und lange in der Ecke geblieben bin. Und da ist man dann eben sehr viel weiter weg von Old School D&D, als ich es bisher immer vermutet hätte. Und gleichzeitig ist man mit PbtA in mancher Hinsicht wieder sehr viel näher dran.

Schön jedenfalls, schon mal eine Bestätigung für die Kampagnentheorie zu haben. Evtl. ist das auch einfach offensichtlich, ich bin aber bisher nie darauf gekommen, dass das bei OSR der Fall ist. Auch da bin ich eben BRP-artige Systeme gewohnt (und da würde ich im weiteren Sinne sogar Fate mit reinnehmen wollen), die auch und teilweise sogar besser für One-Shots funktionieren.

Offline Blechpirat

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #402 am: 25.10.2017 | 23:54 »
Auch da bin ich eben BRP-artige Systeme gewohnt (und da würde ich im weiteren Sinne sogar Fate mit reinnehmen wollen)

Ich habe ja keine Ahnung von OSR, und lese lediglich gelegentlich vergnügt die etwas kreativeren Sachen. Aber wie du es schaffst Fate und %100 Systeme in eine Schublade zu quetschen... das kann ich wirklcih nicht nachvollziehen. Ich kann mir keinen größeren Gegensatz vorstellen.

trendyhanky

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #403 am: 25.10.2017 | 23:57 »
Zitat
Aber wie du es schaffst Fate und %100 Systeme in eine Schublade zu quetschen... das kann ich wirklcih nicht nachvollziehen. Ich kann mir keinen größeren Gegensatz vorstellen.

Bezieht sich wohl auf das hier: "BRP-Spiele verhalten sich da ganz anders und binden alles sehr klar an die Fähigkeiten der imaginierten Figuren zurück."

Finde ich ebenfalls schräg

Rumpels Begründung für die Einführung der Fatepunkte-Ökonomie is allerdings amüsant-interessant

Offline Settembrini

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #404 am: 26.10.2017 | 06:16 »
Also Rumpel, das Einfachste ist: Du spielst mal einfach D&D. Dann wird sich ganz viel erklären. OSR ist ja eine bestimmte D&D-Geschmacksrichtung, alle Erklärungen rekurrieren auf die gemeinsame D&D Erfahrung. Wenn das fehlt, dann ist es irgendwie alles eben schwer einzusortieren.
In Deutschland wäre es am Schlauesten, weil die OSR ja auch gerade auf die 3.5-artigen Auswüchse entstanden ist, mal bei einer Pathfinder Kampagne mitzumachen. Denn das "Neue" an der OSR ist eine Re-Innovation, ein D&D Revisionismus gegen das Konzern-D&D. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Vlt. ist dieses Gegen-den-Konzern Ding, was ja auch immer wieder viele kreative Geister anlockt, was das einzige ist, was die OSR irgendwie mit anderen Indie-Richtungen gemein hat. Ist aber eben meta und nicht so konkret wie Du manchmal den Eindruck zu haben scheinst.
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Achamanian

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #405 am: 26.10.2017 | 09:35 »

In Deutschland wäre es am Schlauesten, weil die OSR ja auch gerade auf die 3.5-artigen Auswüchse entstanden ist, mal bei einer Pathfinder Kampagne mitzumachen.

Habe ich vor etwa zwei Jahren, fünf oder sechs Sitzungen lang, bei einem SL, den ich seit meiner Kindheit kenne und bei dem ich jahrelang DSA-Kampagnen mitgespielt habe. Ich bin dann tatsächlich wegen des Regelsystems ausgestiegen, weil ich einfach nicht bereit war, mich mit dem Wust von (insbesondere Kampf-)Regeln auseinanderzusetzen. Pathfinder ist für mich seitdem das Negativ-Beispiel für ein überladenes Regelwerk schlechthin.
Ich glaube, da bin ich mit einem OSR-Spiel wie LotFP insofern besser beraten.


@Blechpirat: Zu Fate/BRP möchte ich eh noch mal einen eigenen Thread machen, aber ja, ich bin nach wie vor überzeugt, dass beides von den Grundprinzipien her der gleichen Designschule entstammt und die Fate-Punkte-Dynamik nur ein - wenn auch entscheidender - Aufsatz darauf ist.

Offline Der Nârr

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #406 am: 26.10.2017 | 09:51 »
Analog dazu ist auch klar, dass HP anders als in Spielen der BRP-Familie in praktisch gar keinem Bezug zur Toughness stehen müssen, sondern nur ein Maß dafür darstellen, wie schnell eine Figur sich im Kampf aus dem Spiel nehmen lässt.

Ich glaube, da hapert das Verständnis noch ein wenig. Natürlich sind die Hit Points eine Abstraktion, aber sie haben eben nicht gar nichts mit Toughness zu tun. Natürlich spielt die Toughness eine Rolle, aber es spielen auch andere Faktoren eine Rolle: etwa die Verteidigungsfähigkeit (also eine erworbene Charakterkompetenz - darum haben Krieger einen höheren Würfel als Magier) oder meinetwegen auch unverschämtes Glück. Also alles, was einem dabei hilft, Schaden zu vermeiden - außer der Rüstung eben, die ist ja in der AC drin, so gesehen aber könnte man auch die Fähigkeit, eine Rüstung optimal einzusetzen, wieder in den HP aufgenommen sehen.

Recht schön erklärt finde ich das beim Alexandrian, obwohl ich das sicher hier schon mal verlinkt habe: http://thealexandrian.net/wordpress/1034/roleplaying-games/explaining-hit-points

Das ist kein Storygame-Mechanismus, sondern ein abstrahierter Simulations-Mechanismus.

Der Unterschied zu BRP besteht darin, dass die BRP-Lebenspunkte tatsächlich nur deine Fähigkeit, Schaden auszuhalten wiedergeben aber nicht deine Fähigkeit, Schaden zu vermeiden oder zu widerstehen. Das ist in BRP auf andere Einzelwerte aufgeteilt, wie etwa eine aktive Parade, Dodge, Fertigkeiten die du steigern kannst... In D&D wird das und mehr eben unter Hit Points subsummiert.

Es ist bei D&D wichtig zu verstehen, dass kein einziger dieser Werte einer realweltlichen Eigenschaft entspricht, auf die du so mit dem Finger zeigen könntest. BRP hingegen verfolgt schon eher diesen Anspruch (genauso wie GURPS), auch wenn BRP auch hie und da von Abstraktionen Gebrauch macht.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Abstraktionen in D&D immer ihren Fuß in der Realität haben und nicht in der Überlegung, wie eine Geschichte weiter laufen soll. Und das haben dann D&D und das BRP, aber auch etwa Traveller, durchaus gemeinsam und das unterscheidet sie etwa von Risus.
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Achamanian

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #407 am: 26.10.2017 | 10:29 »
Es ist bei D&D wichtig zu verstehen, dass kein einziger dieser Werte einer realweltlichen Eigenschaft entspricht, auf die du so mit dem Finger zeigen könntest. BRP hingegen verfolgt schon eher diesen Anspruch (genauso wie GURPS), auch wenn BRP auch hie und da von Abstraktionen Gebrauch macht.

Der entscheidende Punkt ist, dass die Abstraktionen in D&D immer ihren Fuß in der Realität haben und nicht in der Überlegung, wie eine Geschichte weiter laufen soll. Und das haben dann D&D und das BRP, aber auch etwa Traveller, durchaus gemeinsam und das unterscheidet sie etwa von Risus.

Ich muss zugeben, dass ich diesen Fuß in der Realität einfach nicht erkennen kann. Da gibt es für mich mehrere Gründe: An vorderster Stelle natürlich das HP-Polster, dass es höherstufigen SC eben unmöglich macht, im Kampf gleich zu Beginn einem Einzeltreffer zum Opfer zu fallen. Mir ist klar, dass z.B. Angriffe aus dem Hinterhalt da noch mal was anderes sind und gerade bei OSR-Spielen evtl. schlicht nicht mit den Kampfregeln abzuhandeln sind. Bleibt aber immer noch die große Lücke, dass ein hochstufiger SC im Schlachtgetümmel entweder „weichgeklopft“ oder mit magischer Hilfe außer Gefecht gesetzt werden muss. In der Durchschnittszeit, die verschieden kompetente Abenteurer überleben, wird dann vielleicht wieder ein Schuh draus, das hilft mir aber wenig, wenn ich den isolierten SC/Kampf als vordringlich interessante Ebene betrachte.
Es gibt aber noch mehr – das Levelling mit dem extrem raschen Fähigkeitszuwachs, der nur insofern in Bezug zu den tatsächlichen Tätigkeiten des SC steht, dass es XP-abhängig ist. Der Bezug lautet also: Bist du ein erfolgreicher Abenteurer, wirst du in deinem durch die Klasse vorgegebenen Kompetenzbereich auf breiter Front rasch besser. Was ich so gerne hinnehme, nur, dass das Ausmaß des Kompetenzzuwachses mir in keinem Verhältnis zu stehen scheint. Zwischen Charakteren der ersten, der fünften, der zehnten, der fünfzehnten und der zwanzigsten Stufe liegen doch Abgründe der haushohen Überlegenheit (sorry für die gemischte Metapher …). Das geht – wie auch der „in Runde 1-5 unantastbare Kämpfer“ - für mich wesentlich besser mit der Vorstellung von Menschen zusammen, die zu mythischen Heldengestalten werden, die sich mit ihren Fähigkeiten buchstäblich mehrere Stufen jenseits der Normalsterblichen bewegen. Da Settembrini gerade Pathfinder als legitime Referenz ins Spiel brachte, kann ich da sogar aus eigener Erfahrung sprechen, da für mich hier bereits der Zuwachs meines Charakters an Macht- und Handlungsfähigkeit von der 3. bis zur 6. Stufe absurd erschien (und – was nun aber er Pathfinder geschuldet ist und nichts mit Old School zu tun hatte – extrem nervig, weil man sich ständig mit neuen Feats auseinandersetzen musste). Man geht durch fünf Verliese, und schon ist man vom Anfänger zum Achilles geworden?

Nur, um richtig verstanden zu werden: Ich will das gar nicht kritisieren. Ich finde aber tatsächlich die Aussage, Spiele aus der D&D-Familie stünden mit einem Fuß in der Realität, nicht nachvollziehbar. Auch wenn ich jeweils nur kurze Kampagnen mit Pathfinder, DCC und AD&D2 mitgespielt habe, habe ich doch den deutlichen Eindruck zurückbehalten, dass man eben damit leben muss, dass im Kampf im besten Fall ein gewisses spaßiges Unsinnsgefühl vorherrscht, und dass der Schritt von „Oh Scheiße, Orks!“, zu „Hihi, Orks!“ ein ziemlich kleiner ist. Und da fühle ich mich dann doch eher mit einem Fuß in Buffy, die am Anfang von Staffel 7 noch ihre Liebe Mühe mit einem atavistischen Übervampir hat, während die selben Viecher ein paar Folgen später von ihr und ihren Freunden im Dutzend weggepfählt werden. Wie gesagt, nicht schlecht, aber eben was ganz anderes. Für mich ist es sehr viel nachvollziehbarer, dass einfach als dramaturgische Konvention einer D&D-Kampagne zu betrachten.

Offline Der Nârr

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #408 am: 26.10.2017 | 10:44 »
Ich verstehe dein Argument, bin mir aber nicht sicher, ob du da nicht einen logischen Fehlschluss begehst.

Die Regeln sind ja alles andere als perfekt und dass die zugrunde liegenden Modelle nicht transparent sind, macht es nicht leichter. Aus mangelnder Korrektheit der Regeln aber einen anderen Ansatz abzuliten scheint mir nicht schlüssig zu sein. Die Regeln sind einfach nicht immer gut.

Tendentiell ist aber natürluch mindestens ein Genreelement gegeben: Zero to Hero in einer Frontier-Situation. Das Spiel ust daauf ausgerichtet und alles, was nicht diesem Zweck dient, ist im Grunde erst mal Ballast. Dies ist aber vielleicht das Storyelement, das du dann in den Regeln wiederfindest.

Es gibt interessanterweise auch OSR-Spiele, die die Core Story verändern (z.B. White Lies),aber im Kern bei D&D-Regeln für die alte Core Story bleiben. Das verstehe ich dann auch nicht.

Durch die Vielzahl an Spielen verschiedener Autoren wird jedenfalls nichts an Klarheit gewonnen.
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Offline D. Athair

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #409 am: 26.10.2017 | 11:58 »
In Deutschland wäre es am Schlauesten, weil die OSR ja auch gerade auf die 3.5-artigen Auswüchse entstanden ist, mal bei einer Pathfinder Kampagne mitzumachen.
Mir ist noch nicht ganz klar, warum gerade du dabei bist "tactical railroads" zu verschreiben.
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Offline afbeer

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #410 am: 26.10.2017 | 17:16 »
Der tactical Railroad ist doch nur die Ausprägung durch den Adventure Path.

Eine Kampagne vom SL für die Spieler auf der Spielwelt entworfen mit Handlungsmaschine (SCNR) ist etwas anderes und natürlich auch mit Pathfinder Regeln erlebbar.

Offline Settembrini

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #411 am: 26.10.2017 | 17:21 »
Die OSR ist ja auch eine Reaktion auf Encoun4rdization.
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Offline YY

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #412 am: 26.10.2017 | 18:04 »
Die Regeln sind ja alles andere als perfekt und dass die zugrunde liegenden Modelle nicht transparent sind, macht es nicht leichter. Aus mangelnder Korrektheit der Regeln aber einen anderen Ansatz abzuliten scheint mir nicht schlüssig zu sein. Die Regeln sind einfach nicht immer gut.

Der Aussage, dass sich im D&D-Sektor aufgrund reiner Verstrahltheit der Regeln vieles der Bewertung entzieht, würde ich mich sogar anschließen.

Allerdings ist/wäre das ein enormes Armutszeugnis für alle Folgeeditionen und die nähere Verwandtschaft, dass man nicht wenigstens im Nachhinein Gründe findet, das Zeug weiter so zu machen. Denn dann gingen alle Begründungen in Richtung "das haben wir schon immer so gemacht" / "Zweifle Er nicht an den Schriften des St. Gygax" - und das braucht echt keiner.


Ich tendiere daher dazu, Rumpels Perspektive allein deswegen erst mal so stehen zu lassen, um die Diskussion am Laufen zu halten  :)
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Viral

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #413 am: 26.10.2017 | 18:13 »
Die Regeln sind ja alles andere als perfekt und dass die zugrunde liegenden Modelle nicht transparent sind, macht es nicht leichter. Aus mangelnder Korrektheit der Regeln aber einen anderen Ansatz abzuliten scheint mir nicht schlüssig zu sein. Die Regeln sind einfach nicht immer gut.

Der Aussage, dass sich im D&D-Sektor aufgrund reiner Verstrahltheit der Regeln vieles der Bewertung entzieht, würde ich mich sogar anschließen.

Das kommt halt sehr stark auf die Edition an: AD&D 1 ist da deutlich besser als die Nachfolgeedition. Da wurde vorallem ab 3.X das alles deutlich intransparenter. Man hat für die Edition zwar dann die Regeln vereinfacht, aber eben die dahinterliegenden Modelle nur unzureichend berücksichtigt. Dafür sind die Editionen 3.x und höher didaktisch deutlich besser aufbereitet als die vorherigen Editionen.
« Letzte Änderung: 26.10.2017 | 19:17 von viral »

Samael

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #414 am: 26.10.2017 | 19:23 »
AD&D 1 ist da deutlich besser als die Nachfolgeedition.

Inwiefern? Bzw.: Nein, finde ich nicht.

alexandro

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #415 am: 26.10.2017 | 19:41 »
Besser als AD&D 2nd - sicherlich. Aber 3.x hat einiges für die Transparenz des Spiels getan und Strukturen aufgebrochen, welche in Vorgängereditionen als "gygaxgegeben" nicht hinterfragt wurden.

Ähnlich verhält es sich ja auch mit den 2nd und 3rd Wave OSR-Spielen - während die erste Generation einfach die Regeln nachgebaut hat, versuchten die späteren Spiele einen anderen Zugang zu dieser Spielweise zu schaffen und haben dabei auch massiv die Regeln des ursprünglichen Spiels permutiert. Nur halt mit dem KISS-Ansatz, statt (wie beim Magic-Konzern) mit exception-based-design.

Achamanian

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #416 am: 26.10.2017 | 19:49 »
Aus mangelnder Korrektheit der Regeln aber einen anderen Ansatz abzuliten scheint mir nicht schlüssig zu sein.

Ich würde jetzt auch nicht so weit gehen, zu unterstellen, dass D&D als "Storygame" in gleichen Sinne wie z.B. Fiasco oder PbtA entwickelt wurde - ich meine nur, dass ich manche Mechanismen besser verstehe, wenn ich sie analog z.B. zu Moves bei PbtA betrachte.

Ich bin da im Moment wohl auch sehr durch meine SWN-Lektüre beeinflusst. Da interpretiert Kevin Crawford seine Regeln teilweise stark in so eine Richtung, z.B. mit dem Hinweis, das klassen Konventionen sind, die sicherstellen, dass jeder seine Nische hat oder z.B. mit einem Beispiel zum Rettungswurf, in dem der erfolgreiche Rettungswurf gegen Gift bedeutet, dass der SC einfach nicht die volle Dosis abbekommen hat - d.h. der SC hat mit zunehmender Stufe eine bessere Chance, einfach Glück gehabt zu haben. Das meine ich mit auf Kampagnenlänge dramaturgisch gedacht: Es geht zwar nicht um isolierte: "In dieser konkreten Situation sollte storymäßig jetzt eigentlich das passieren, also unterstützen wir das durch Regeln", sondern: "Wenn man lange/mehrere Kampagnen spielt, sollten die erfahrenen Helden nicht dauernd durch versaute Rettungswürfe draufgehen, sondern nur manchmal." Deshalb gibt es dann halt sinkende "Glück gehabt"-Rettungswürfe (die dann je nach Regelversion evtl. noch durch Attributsboni beeinflusst werden, welche dann vielleicht den im Vergleich eher marginalen Einfluss von Eigenschaften des Charakters wiederspiegeln sollen).
Okay, im Endeffekt sage ich vielleicht auch nichts anderes als "D&D war, ist und bleibt quer durch fast alle Editionen und Varianten Zero to Hero", also hast du wohl recht mit:

Tendentiell ist aber natürluch mindestens ein Genreelement gegeben: Zero to Hero in einer Frontier-Situation. Das Spiel ust daauf ausgerichtet und alles, was nicht diesem Zweck dient, ist im Grunde erst mal Ballast. Dies ist aber vielleicht das Storyelement, das du dann in den Regeln wiederfindest.


Offline +12vsMentalDamage

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #417 am: 26.10.2017 | 20:38 »
Die OSR ist ja auch eine Reaktion auf Encoun4rdization.

Was ist "Encoun4rdization"?


Edit:
Und wie hat diese zur Entwicklung der OSR beigetragen oder diese verstärkt?
« Letzte Änderung: 26.10.2017 | 21:16 von +12vsMentalDamage »
Russkij wojennyj korabl', idi na chuj

Achamanian

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #418 am: 26.10.2017 | 20:55 »
Was ist "Encoun4rdization"?

Wollte ich auch fragen ...

Samael

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #419 am: 26.10.2017 | 21:47 »
Besser als AD&D 2nd - sicherlich.

In welchem Aspekt genau besser?

Ich meine so ähnlich sind sich keine zwei anderen Editionen des Spiels wie AD&D 1 und 2....

Und was gerne vergessen wird: Viele der eher ungeliebten Regeln der 2nd (proficiencies...) sind ausdrücklich und vollständig optional.

Bis auf hier und da gewisse Ausprägungen sind das ja darüberhinaus fast identische Spiele. Diese Annahme der klaren Überlegenheit der ersten Edition, die ja durchaus auch anderswo weitverbreitet ist, hält m. E. einem kritischen Blick in keinster Weise stand.



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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #420 am: 26.10.2017 | 21:58 »
Was ist "Encoun4rdization"?


Edit:
Und wie hat diese zur Entwicklung der OSR beigetragen oder diese verstärkt?

Encounterization meint den Trend der DnD-Versionen 3 und 4, Das Spiel in scharf voneinander getrennte Herausforderungssequenzen zu zerlegen, die jede für sich abgearbeitet werden, anstatt die Geschehnisse im Spiel organisch aus Aktionen und Reaktionen erwachsen zu lassen. Ich vermute, das eigentliche Problem dahinter ist der in diesen DnD-Editionen vornehmlich propagierte Combat as Sports, also der Ansatz, dass die Spielleitung die Gruppe mit Herausforderungen konfrontiert, für die die Angemessenheit die wichtigste Prämisse ist und nicht die Plausibilität. Die OSR dagegen verfolgt einen Combat as War-Ansatz. Man lese dazu z.B. einen erläuternden Post auf EnWorld. Wer also CaW wollte, hieltvon DnD 3 und 4 Abstand. Daraus hat sich die OSR entwickelt.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #421 am: 26.10.2017 | 23:00 »
Vielen Dank; gerade der Link ist da sehr informativ.
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Offline D. Athair

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #422 am: 27.10.2017 | 01:58 »
Encounterization meint den Trend der DnD-Versionen 3 und 4, Das Spiel in scharf voneinander getrennte Herausforderungssequenzen zu zerlegen, die jede für sich abgearbeitet werden, anstatt die Geschehnisse im Spiel organisch aus Aktionen und Reaktionen erwachsen zu lassen.
Gut beschrieben. Wobei Herausforderungssequenzen natürlich auch noch andere Konsequenzen mit sich bringen und zwar in Bezug auf Exploration und Story-Planung/-Freiheit.

Um "faire/schaffbare" Herausforderungen zu generieren ist Vorausplanung nötig. Prozessual und auf Basis von Hintergrund und Handlungsmaschine sind "faire Herausforderungen" (egal ob auf den Kampf bezogen oder nicht) kaum zuverlässig herstellbar. 3E und 4E sind darauf - gerade wenn man Belohnungsfaktoren, Charakterbau und nicht zuletzt offizielle Abenteuer/Kampagnen anschaut - schon irgendwie getrimmt. Auch wenn man keine der beiden Editionen unbedingt so spielen muss. Beide Spiele haben genug Werkzeuge für andere Spielweisen. Wenn man aber mit SL spielt, die sich auf Fertigabenteuer stützen und Mitspieler hat die deutlich mehr Bock auf Powergaming als auf taktisches Spiel haben, dann ist die Chance recht gut viel mit "Encounterization"  zu tun zu bekommen.

Das ist für mich auch ne zentrale Differenz zwischen "old school" und "new school" D&D. Und wenn man da weitergräbt, dann bemerkt man schnell, dass es bei "old school" und oft auch bei der OSR um abstrahierte Simulation geht. Nicht im Sinne von Weltensimulation (wie bei RuneQuest & Co) sondern um eine Art der Simulation und Abstraktion, die den "alten" Wargames mit Umpire entspringt.
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Achamanian

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #423 am: 27.10.2017 | 10:47 »

Das ist für mich auch ne zentrale Differenz zwischen "old school" und "new school" D&D. Und wenn man da weitergräbt, dann bemerkt man schnell, dass es bei "old school" und oft auch bei der OSR um abstrahierte Simulation geht. Nicht im Sinne von Weltensimulation (wie bei RuneQuest & Co) sondern um eine Art der Simulation und Abstraktion, die den "alten" Wargames mit Umpire entspringt.

Ich vergesse immer wieder die Wargame-Wurzeln von D&D. Stimmt, wenn man von einem Spiel mit Einheiten kommt, die mehr als nur eine Person repräsentieren, dann ergeben natürlich auch Hit Points einen (simulationistischen) Sinn. Übertragen auf individuelle Figuren knirscht da für mich aber der Bezug zur fiktiven Wirklichkeit doch gehörig.
Man könnte wieder zu BRP gehen und sagen, dass RuneQuest damals eigentlich nur den nächsten Schritt gegangen ist und die Wargame-Altlasten, soweit sie nicht zur Darstellung individueller Figuren passten, beseitigt hat.
Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch die oben verlinkten (Danke!) Ausführungen zu Combat as War und Combat as Sport – auch, wenn „alte“ D&Ds eher für „Combat as War“ gedacht gewesen sein mögen, stellen sie ja auch gute Werkzeuge für „Combat as Sport“ dar, da sich Encounters auch dort schon gut über Levels und Hit Dice ausbalancieren lassen, wenn man will (vermute ich zumindest, mache mir aber eigentlich in keinem System jemals große Gedanken über solches Balancing, deshalb spreche ich da nicht aus Erfahrung). BRP-Spiele bieten diese Möglichkeit kaum oder gar nicht, da seine ich eigentlich keine Alternative zu „Combat as War“; selbst, wenn man anhand der Spielwerte versucht, ein balanciertes Encounter zu erstellen (was schwer sein dürfte), dann ist bei BRP die Chance hoch, dass es früh im Gefecht durch Freakrolls in die eine oder andere Richtung kippt – und dann hätte man sich das ganze Balancing auch gleich sparen können. RQ/BRP begünstigen auch eher die „Wenn es zu einem offenen Gefecht kommt, in der keine Seite einen ernsthaften Vorteil auf ihrer Seite hat, ist etwas schiefgelaufen“-Haltung.

So, das war jetzt auch vom Hundertsten ins Tausendste. Schön, dass mir zur Abwechslung auch mal eine Parallele zwischen BRP und OSR bewusst wird!

Offline Settembrini

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Re: Rumpels dumme Fragen zur OSR
« Antwort #424 am: 27.10.2017 | 14:05 »
Also: Mit dem BRP-Vergleich bist Du immer schonaml auf der richtigen Spur. Denn. BRP ist ja genau von solchen Leuten gemacht worden, die die D&D-Denke nicht mit Ihrer LARP-Erfahrung (SCA) zusammenbekommen haben.
Und.
Die Argumente "gegen" D&D und die Injurien (Altlasten etc.) Sind seit 1977 ausgelutscht und zehntausende Male geführt worden. Was wir also vorliegen haben, ist einfache RQ-Perspektive. Da brauchen wir keine Storygames bemühen.

Nun, wenn man aber OSR verstehen will, muß man offen sein und D&D verstehen wollen. D&D bevor es zum Konzernprodukt wurde. Und dann einfach mal davon ausgehen, daß Basic und aber vor allem 1E voll entwickelte Spiele sind. Die Spiele mit dem größten Einfluß auf die Unterhaltungs-Kultur der letzten 40 Jahre!
Wenn man die einfach mal so nimmt, wie sie sind, dann wird einem alles klar.

Wenn man auf seiner RQ-Sicht beharrt, dann möge man zum Tentacles oder ähnlichen Veranstaltungen gehen. Aber D&D, nun, ist halt D&D.

Über den Einfluß von D&D erklärt sich ja auch der "Realitätsbezug": Es ist etwas eigenes, modelliert sich selbst, aber EINE physische Realität. Inspiriert von Appendix N und was Du und Deine Freunde rein packen. Es hat aber AUCH Turnierströmungen, die kann man aber ignorieren oder eben abfeiern.
Aber zu sagen: "Ich bin auf der 13 Stufe!!", die Relevanz dessen, der Bezugsrahmen, die eigene Realität, die das hat: Kommt von AD&D First Edition. Geschwindigkeit des gerechtfertigten Stufenanstiegs: 1st Ed. Alles andere ist eine Modifikation dessen, rekurriert darauf und sagt: "Hah, bei uns geht es nun schneller, weil das die Marktforschung ergeben hat!" (daher kommen die neuen Anstiegslevel seit 3e, aus der Marktforschung nicht aus sich selbst).

Mir ist es übrigens nicht nachvollziehbar, bei der Quellenlage, qarum die irgendwelche Kevin-Literatur zu Rate ziehst? Lies doch einfach das DMG. Da steht doch alles drinne erklärt, von Gary persönlich. Denn das haben damals alle gemacht und da wollte die OSR hin zurück, manche an andere Orte, aber das ist der Nullmeridian. Ohne das zumindest im Spiel zu rezipieren, wirst Du die, die davon ausgehen, nie verstehen, wirst Dich verirren, weil das Koordinatensystem keinen Ursprung, oder einen falschen hat.

Fußnote: 1 Stufe entspricht der Kampfkraft eines Soldaten. Von der Chainmail-Sicht aus, daher kommt das. 1 Figur hält einen Treffer aus (= 1HD). Auf jeder Stufe hält man einen Treffer mehr aus. usw. usf. Keine Luft- und Raumfahrttechnik...

caveat lusor, sie befinden sich in einer Gelben Zone - Der PESA RHD warnt!

Abenteuerpunkt. das fanzine des autorenkollektivs.
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