Autor Thema: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.  (Gelesen 46815 mal)

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Offline TaintedMirror

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #50 am: 20.04.2017 | 14:36 »
Euer Austausch zeigt ganz schön, was passiert, wenn man gleichsam falsch herum anfängt, wie ich im Eingangsbeitrag geschrieben habe.

Definiere doch mal "falsch herum".  Was ist daran jetzt falsch und was ist an deiner Betrachtungsweise richtig. Unterfütter bitte deinen Ansatz mit etwas Substanz, damit wir hier eine besser Grundlage zum diskutieren haben.

Diese "Talente" sind eben nicht von gleicher Art.

Die Holzbearbeitung hat auf der Effekt-Seite verschiedene Erzeugnisse oder vielleicht Einnahmen oder dergleichen. Mit dem Schwimmen kann man aus Gefahrensituationen entkommen. Natürlich könnte man auch Schwimmen, um an einem Wettkampf teilzunehmen, um nach Perlen zu tauchen und vielleicht noch weitere Dinge. Diese Unterschiede verschwinden, wenn man mit dem Input anfängt.

Um bei DSA zu bleiben: Eben deswegen stehen sie ja unter anderen Kategorien. Dass beide als Talente bezeichnet werden und auch noch nach gleichem Mechanismus laufen ist halt der Einheitlichkeit zu schulden. Seltsam, dass sich darüber mal bei DSA beschwert wird. Die Talente sind halt nach innerweltlichen Bereichen abgesteckt und nicht nach metaspielerischen. Was auch Sinn macht, wenn man es zusammen mit der Charakterentwicklung betrachtet. Wann denn nun gewürfelt wird, wird hier doch noch gar nicht definiert. Diese Definition findet sich am Anfang des Regelwerkes und beinhaltet so Sachen wie: "schwierige Aktion" "relevante Konsequenzen", etc. Schwimmen kann als Perlentauchen zur Produktion und zum Verdienst angewendet werden. Holzbearbeiten kann mal das Sinken des Schiffes verhindern. Beide Talente sind da so breit, dass eigentlich sämtliche Trigger möglich sind.

Hinzu kommt, dass auch bei der Veranschaulichung was schief gelaufen ist: Diese Werte stehen auf dem primären Handout, besser bekannt als Charakterblatt, in der gleichen Kategorie und haben auch sonst keine Auszeichnungen, obwohl sie ganz unterschiedlich funktionieren.

In wie fern "schief gelaufen". Du gibst hier oft Wertungen ab, ohne dies zu begründen. Beide stehen auf dem Charakterblatt, weil sie zum Charakter gehören. Die Werte seine Haustiers stehen auf dem Haustierblatt, die Zufallstabellen im Abenteuer und die Patzertabelle im Regelwerk. Alles jeweils dort, wo man es sinnvoll zuordnen kann und braucht. Die Kategorien sind verschieden, wie schon oben erwähnt: Körperlich und Handwerk. Ausgezeichnet werden sie dadurch, dass sie unterschiedliche Werte haben, von anderen Attributen abhängig sind, andere SFs haben und ihre Beschreibung diesen Talenten eine innerweltliche Funktion zuordnet, sodass klar ist, wann welches der beiden Talente gewürfelt wird. Manche haben eigene Subregeln, wie etwa Schwimmen mit Schwimmdauer/Geschwindigkeit oder Holzbearbeiten zur Waffenverbesserung.

Online Isegrim

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #51 am: 20.04.2017 | 16:40 »
Euer Austausch zeigt ganz schön, was passiert, wenn man gleichsam falsch herum anfängt, wie ich im Eingangsbeitrag geschrieben habe. Diese "Talente" sind eben nicht von gleicher Art.

Die Holzbearbeitung hat auf der Effekt-Seite verschiedene Erzeugnisse oder vielleicht Einnahmen oder dergleichen. Mit dem Schwimmen kann man aus Gefahrensituationen entkommen. Natürlich könnte man auch Schwimmen, um an einem Wettkampf teilzunehmen, um nach Perlen zu tauchen und vielleicht noch weitere Dinge. Diese Unterschiede verschwinden, wenn man mit dem Input anfängt.

Naja, der Hauptunerschied ist mE, dass Schwimmen (oder ein umfassenderer Wert wie Athletik oä) in einem Abenteuerspiel eine gewisse Berechtigung hat, Holzbearbeitung (oder Handwerk oä) eher nicht. Aber das mag nur meine Meinung sein.

Warum man die Differenzierung, die du ansprichst, auf dieser Ebene machen sollte, erschließt sich mir nicht unbedingt. Wie du sagst, kann Schwimmen für verschiedenes genutzt werden, bspw auch für die Erzielung von Einkünften. Mit anderen Fertigkeiten ist das noch deulicher: Reiten, Computer, Taschendiebstahl, Kämpfen/Waffenfertigkeiten, alles kann für unterschiedliche Dinge genutzt werden: Vermeidung von Schaden bzw negativen Effekten für den Charakter, Austeilen von Schaden bzw negatve Effekte für andere, Einkommenserzielung, es sind immer verschiedene (wenn auch evtl nicht alle denkaren) Effekte möglich.

Es ist durchaus sinnvoll, sich zu überlegen, wann gewürfelt wird, bzw warum. Aber eine Differenzierung der Werte nach "Nutzungsmöglichkeiten" erscheint mir wenig sinnvoll. Wenn ein Charakter Kunstreiter ist, kann er daraus einen Beruf machen, und dennoch bei der wilden Verfolgungsjagd hoch zu Roß vermeiden, von seinem Pferd zu fallen. Wieso sollte man das auf dem Charakterbogen trennen?
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Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #52 am: 20.04.2017 | 17:42 »
Zur Frage, ob eine Fertigkeit etwas ermöglicht oder eine Handlung blockiert: Ich denke, das ist eine Frage der Sichtweise. Genauso wie ein Glas halb voll oder halb leer sein kann.

z.B. Schwimmen:
Sichtweise 1: Man kann grundsätzlich nicht auf die andere Seite des Flusses gelangen. Aber wenn man die Schwimmen-Probe schafft, gelangt man doch auf die andere Seite.

Sichtweise 2: Man kann grundsätzlich auf die andere Seite des Flusses gelangen. Aber wenn die Schwimmen-Probe misslingt, gelangt man doch nicht auf die andere Seite.

Beide Sichtweisen beschreiben exakt den gleichen Mechanismus. Beides ist das gleiche. (Genauso, wie ein halb volles Glas das gleiche ist wie ein halb leeres Glas.)

In wie fern "schief gelaufen". Du gibst hier oft Wertungen ab, ohne dies zu begründen. Beide stehen auf dem Charakterblatt, weil sie zum Charakter gehören. Die Werte seine Haustiers stehen auf dem Haustierblatt
Da habe ich die Erfahrung gemacht: Wenn eine Klasse standardmäßig ein Pet/Haustier hat, dann werden dessen Werte auf dem Charakterblatt eingetragen.
Das gleiche gilt auch für Werte, die nichts mit dem SC zu tun haben, aber dem Spieler dennoch Einflussmöglichkeiten einräumen (z.B. Gummipunkte). Diese werden standardmäßig auch auf den Charakterbogen eingetragen.

Naja, der Hauptunerschied ist mE, dass Schwimmen (oder ein umfassenderer Wert wie Athletik oä) in einem Abenteuerspiel eine gewisse Berechtigung hat, Holzbearbeitung (oder Handwerk oä) eher nicht. Aber das mag nur meine Meinung sein.
Beide Werte haben eine Berechtigung. Aber das eine ist eine Abenteuer-Fertigkeit. Das andere ist ein Crafting-Skill.

Abenteuer-Fertigkeiten setzt man eher im Abenteuer ein. Crafting-Skills werden eher zwischen den Abenteuern und in ruhigen Momenten eingesetzt.

Daher ist beides wichtig, aber zu komplett anderen Zeitpunkten. (Vorausgesetzt, man möchte einen Crafter spielen. Wenn man keine Lust auf Crafting hat, kann man natürlich auch auf die ganzen Crafting-Skills verzichten.)

Offline pharyon

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #53 am: 20.04.2017 | 18:28 »
@1of3: Danke für den Faden. Hat mir bereits jetzt schon etwas geholfen.

Zum Thema: Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es hierbei darum, als Rollenspiel - Entwickler / Designer zu berücksichtigen, warum er/sie sich für bestimmte Regeln - hier die Benutzung von Würfeln - entscheidet und sich auch der Alternativen bewusst ist.

Am Beispiel Schwimmen:
1. Wenn ich Schwimmen nicht zum Thema meines Spiels machen will, benötige ich hierfür nicht zwangsläufig  (!) einen Wert. Fällt ein Charakter in der Fiktion doch mal ins Wasser, kann ich auch beispielsweise erzählen, dass er nicht ertrinkt bzw. erfolgreich schwimmt. Oder ich mache es von einer Ressource (z.B. Ausdauer) abhängig.
2. Selbst wenn Schwimmen ein Thema sein können soll, benötige ich vielleicht den Wert, aber immer noch nicht zwangsläufig einen Würfel. Über die Werthöhe alleine kann ich als Designer ja auch schon Ergebnisse festlegen.

Zum Thema Regeln: Wann ist denn eine Probe "schwierig"? Wenn ich Spielregeln schreibe, habe ich ja auch die Option, Abläufe nach anderen, womöglich eindeutigen Anhaltspunkten zu formulieren. Das beeinflusst das Spiel auch enorm.

p^^
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Offline KhornedBeef

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #54 am: 21.04.2017 | 08:16 »
Zur Frage, ob eine Fertigkeit etwas ermöglicht oder eine Handlung blockiert: Ich denke, das ist eine Frage der Sichtweise. Genauso wie ein Glas halb voll oder halb leer sein kann.

z.B. Schwimmen:
Sichtweise 1: Man kann grundsätzlich nicht auf die andere Seite des Flusses gelangen. Aber wenn man die Schwimmen-Probe schafft, gelangt man doch auf die andere Seite.

Sichtweise 2: Man kann grundsätzlich auf die andere Seite des Flusses gelangen. Aber wenn die Schwimmen-Probe misslingt, gelangt man doch nicht auf die andere Seite.

Beide Sichtweisen beschreiben exakt den gleichen Mechanismus. [...]
Richtig. Aber die Sichtweise erstreckt sich allgemeiner auf die Kompenzen von Charakteren (Boromir-Mem-Bild: "You don't simply swim into Mordor") oder aber auf die Natur dieses konkreten Hindernisses ("Das ist ein krasser reißender Fluß" "das ist knöchelhoch"), wenn man sie von der Mechanik auf die Fiktion überträgt. Korrekt?
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Offline TaintedMirror

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #55 am: 21.04.2017 | 09:06 »
Richtig. Aber die Sichtweise erstreckt sich allgemeiner auf die Kompenzen von Charakteren (Boromir-Mem-Bild: "You don't simply swim into Mordor") oder aber auf die Natur dieses konkreten Hindernisses ("Das ist ein krasser reißender Fluß" "das ist knöchelhoch"), wenn man sie von der Mechanik auf die Fiktion überträgt. Korrekt?

Nicht zwingend. Tatsächlich sind solche Entscheidungen oft in der Mechanik oder besser gesagt in der Idee hinter dem Spielkonzept verankert. Wenn ich eher simulationistisch will, dann gehe ich so ran: Stellt x für einen in meiner Vorstellung normalen Menschen ein Hindernis dar? Hat der Char die Fertigkeit, dieses Hindernis zu überwinden? Gibt es ein Zufallselement basierend auf meinem Level der Abstraktion?
Somit ist hier eher die Idee, dass die Fertigkeit bzw. der erfolgreiche Würfelwurf etwas ermöglicht, was sonst nicht möglich wäre. Es ergeben sich also neue Optionen.

Gehe ich an die Sache eher erzählerisch ran, dann frage ich mich: Geht es hinter dem Hindernis weiter? Bedeutet ein Scheitern ein Stopp in der Handlung? Hier blockiert hlat der Misserfolg eher.

Bei mir ist es zum Beispiel so, dass es eben keine vorgeschriebene Geschichte gibt und ich daher keinen Verwendungszweck für die zweite Betrachtungsweise sehe. Natürlich ist mir klar, dass die Spieler immer erfolgreich sein wollen. Aber die Geschichte besteht halt im Endeffekt aus dem, was alle Figuren tun und was davon erfolgreich ist.

Daher ist die Mechanik für mich schon der Ansatzpunkt, wo es am ehesten zu überlegen gilt. Ich gönne es ja allen, die gerne einfach erzählen und wo man alles über Meister/Spieler-Entscheid regelt. Aber das ist für mich eine Herangehensweise, die ich nicht nachvollziehen kann und die mir auch bei mehrmaligen ausprobieren keinen Spaß gemacht hat. Für mich bringen halt die Würfel als quasi dritte Partei im Spiel etwas rein, was mir das ganze schmackhafter und auch spannender macht. Ich kann mich als Meister halt nie darauf verlassen, das eine Tür geöffnet wird oder ein Fluss durchschwommen oder ein Tisch gefertigt. Wenn ich das will, lass ich einfach nicht würfeln oder setze die Parameter anders. Die Möglichkeit hat man ja auch in klassischen Spielen.

Offline KhornedBeef

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #56 am: 21.04.2017 | 09:25 »
Auch wenn ich erzählerisch spiele, gerade dann, ist ein schwer zu überschwimmender Fluß halt auch in der Fiktion irgendwie herausfordernd oder es liegt am Charakter. Dér Unterschied zwischen Erzähler und Simulant läuft dann wesentlich häufiger beim Grund auf, warum da jetzt ein schwer zu überschwimmender Fluß ist, würde ich sagen. Simulation: Der ist schon immer da, das kann man  vorher herausfinden, und die Charaktere sind selbst schuld, wenn sie sich da ran wagen; Narrativ: Bogumil hat Angst vor Wasser, aber die Gruppe ist für die Verteidigung der Stadt auf seine Späherinformationen angewiesen.

Ich kann beidem etwas abgewinnen, aber ich würde in beiden Fällen ein ähnliches Bild dieses Flusses in meinem Kopf bilden (mindestens aus Bogumils Sicht!)
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Wulfhelm

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #57 am: 21.04.2017 | 12:53 »
Würfeln ist nicht dazu da, um festzulegen, wie es weitergeht. Das macht der Autor (bzw. die Autoren, also im klassischen Rollenspiel die Mitspieler einschließlich des Spielleiters) normalerweise, ohne Zufallsgeneratoren zu bemühen. Auch im Rollenspiel trifft das für fast die gesamte Handlung zu.

Würfeln ist dazu da, Unsicherheit und damit Spannung zu erzeugen. Es ist nur eine von mehrere Methoden dazu, aber eben diejenige, die beim Rollenspiel - vermutlich, weil es vom Wargame her kommt, aber auch einfach, weil es praktisch ist - die beliebteste ist.

Skillchecks und ähnliches gibt es, weil in einem klassischen Rollenspiel die Spieler in die Rolle einer Figur schlüpfen, und die Geschichte aus Sicht dieser Figur erleben. Daher sind die spannenden Fragen üblicherweise solche der Art "Schafft meine Figur das?" und nicht "Passiert in der Handlung jetzt dies oder jenes?", wie das bei einem weniger charakterzentriertem Erzählspiel sein könnte.

Ucalegon

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #58 am: 21.04.2017 | 13:29 »
Skillchecks und ähnliches gibt es, weil in einem klassischen Rollenspiel die Spieler in die Rolle einer Figur schlüpfen, und die Geschichte aus Sicht dieser Figur erleben. Daher sind die spannenden Fragen üblicherweise solche der Art "Schafft meine Figur das?" und nicht "Passiert in der Handlung jetzt dies oder jenes?", wie das bei einem weniger charakterzentriertem Erzählspiel sein könnte.

Dass traditionelles Rollenspiel meistens als eine Art Hürdenlauf daherkommt, will ich gar nicht abstreiten (Schaffe ich das? Schaffe ich dies? Schaffe ich jenes?), aber wäre es für die Hardcore-Immersionist(inn)en nicht trotzdem interessant, saubere Regeln dafür zu haben, wann sie ihre Proben würfeln und wann nicht? Ich meine, man muss ja trotzdem nicht gleich zu weniger charakterzentrierten Erzählspielen wie DSA oder Cthulhu gehen.

alexandro

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #59 am: 21.04.2017 | 13:59 »
Würfeln ist dazu da, Unsicherheit und damit Spannung zu erzeugen.

Wie willst du Unsicherheit und Spannung erzeugen, wenn du nicht zulässt, dass es mehr als einen möglichen Ausgang gibt? "Schafft meine Figur das?" ist eine belanglose Frage, wenn es innerhalb der Fiktion keinen Unterschied macht, ob sie es schafft oder nicht.
« Letzte Änderung: 21.04.2017 | 14:16 von alexandro »

Online nobody@home

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #60 am: 21.04.2017 | 14:37 »
Wie willst du Unsicherheit und Spannung erzeugen, wenn du nicht zulässt, dass es mehr als einen möglichen Ausgang gibt? "Schafft meine Figur das?" ist eine belanglose Frage, wenn es innerhalb der Fiktion keinen Unterschied macht, ob sie es schafft oder nicht.

Daß es mehr als einen möglichen Ausgang gibt, heißt ja nicht, daß die durch den reinen Akt des Würfelns selbst spontan erschaffen werden. Erst mal muß sich jemand -- SL, Regelschreiber oder sonstwer -- überlegen, welche Möglichkeiten es nun eigentlich geben soll, dann kann man einen Zufallsgenerator einschalten, um eine (oder mehrere) von denen auszuwählen.

Beispiel: Die Kletterregeln eines (nicht unbedingt guten) hypothetischen Systems sagen dir, daß dein Charakter je nach Würfelergebnis entweder nach oben kommt oder an irgendeinem Punkt abstürzt und Fallschaden nimmt. Die Möglichkeit "kommt auf halbem Weg nicht mehr weiter und kehrt vorsichtig um" ist vom Systemdesigner nicht vorgesehen worden, also kann dieses an sich plausible Ergebnis auch nicht eintreten...und keine noch so hohe Zahl von Kletterwürfen wird das spontan mal eben ändern, solange die verwendete Regel die gleiche bleibt. Ist daran jetzt irgendwie der Würfel schuld? Doch wohl eher nicht -- die Festlegung, daß es nur so oder so weitergehen kann, aber nicht anders, stammt ja nicht von ihm.

alexandro

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #61 am: 21.04.2017 | 14:50 »
Es geht nicht um erschaffen, es geht um festlegen.

Und die Spannung kommt ja primär aus der Erschaffung und weniger aus dem Würfeln.

Wulfhelm

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #62 am: 21.04.2017 | 15:58 »
Wie willst du Unsicherheit und Spannung erzeugen, wenn du nicht zulässt, dass es mehr als einen möglichen Ausgang gibt?  "Schafft meine Figur das?" ist eine belanglose Frage, wenn es innerhalb der Fiktion keinen Unterschied macht, ob sie es schafft oder nicht.
Die unterstrichenen Teile hast Du jetzt woher?

alexandro

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #63 am: 21.04.2017 | 16:13 »
Würfeln ist nicht dazu da, um festzulegen, wie es weitergeht. Das macht der Autor (bzw. die Autoren, also im klassischen Rollenspiel die Mitspieler einschließlich des Spielleiters) normalerweise, ohne Zufallsgeneratoren zu bemühen. Auch im Rollenspiel trifft das für fast die gesamte Handlung zu.
[...]
Daher sind die spannenden Fragen üblicherweise solche der Art "Schafft meine Figur das?" und nicht "Passiert in der Handlung jetzt dies oder jenes?", wie das bei einem weniger charakterzentriertem Erzählspiel sein könnte.

Normalerweise ist Erfolg/Misserfolg der Figur gleichbedeutend mit einer Handlungswendung (wenn nicht, dann läuft was falsch). Die Frage "Schafft meine Figur das?" ist also niemals Selbstzweck (bzw. würde keine Spannung erzeugen, wenn sie es wäre), sondern dient dazu herauszufinden, was in der Fiktion als nächstes passiert.

Offline Oberkampf

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #64 am: 21.04.2017 | 16:28 »
Erfolg/Misserfolg muss im "klassischen" Spiel aber nicht bedeuten, dass das Würfeln eine Auswirkung darauf hat, wie es (das Spiel, die Geschichte, das Abenteuer usw.) weitergeht, sondern kann auch einfach über die Kosten einer Aktion entscheiden. Gerade bei Skill- oder Attributsproben würde ich das oft so sehen.
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Wulfhelm

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #65 am: 21.04.2017 | 17:01 »
Ich formuliere es noch mal, damit es nicht mehr mißverstanden werden kann (obwohl, man weiß nie...)

a.) Wie es in der Handlung innerhalb eines Rollenspiels weitergeht, wird durch im Konsens als verbindlich anerkannte Äußerungen der Mitspieler festgelegt.
b.) Spielregeln können einen verbindlichen Rahmen schaffen, in dem sich diese Äußerungen zu bewegen haben.
c.) Würfel (oder andere Zufallsmechanismen) können innerhalb dieser Regeln Unwägbarkeit schaffen, um damit Spannung zu erzeugen.

Oder noch einfacher:
Ich brauche keine Würfel, um festzulegen, wie es weitergeht. Ergo ist "festlegen, wie es weitergeht" nicht der Zweck des Würfelns.
Rollenspiel nur mit a.) geht. Rollenspiel nur mit a.) und b.) geht auch. Rollenspiel nur mit c.) geht nicht. Bzw. ist es - und das sage ich mal ganz ohne Scheu - dann kein Rollenspiel.
« Letzte Änderung: 21.04.2017 | 17:02 von Wulfhelm »

alexandro

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #66 am: 21.04.2017 | 17:07 »
Damit trennst du aber zwei Dinge, welche untrennbar zusammengehören.

Würfeln erzeugt Spannung in Kombination mit der Interpretation im Rahmen dessen, wie die Handlung weitergehen kann. Würfeln allein erzeugt niemals Spannung, ebenso wenig wie Handlungsentscheidungen allein.
 
Oder ganz genau aufgeschlüsselt:
a) kein Würfeln + entscheiden wie es weitergeht = keine Spannung
b) Würfeln + nicht entscheiden wie es weitergeht = keine Spannung
c) Würfeln + entscheiden wie es weitergeht = Spannung

Wulfhelm

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #67 am: 21.04.2017 | 17:13 »
Weißt Du, wenn Du Dich allen Ernstes an der Vorstellung aufhängen möchtest, ich könnte irgendwie gemeint haben, Würfel einfach nur so aus Jux und Dollerei durch die Gegend zu werfen, werde ich Dir da keine Steine in den Weg legen. Aber drüber zu reden bringt nichts.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #68 am: 21.04.2017 | 21:12 »
Würfeln ist nicht dazu da, um festzulegen, wie es weitergeht. Das macht der Autor (bzw. die Autoren, also im klassischen Rollenspiel die Mitspieler einschließlich des Spielleiters) normalerweise, ohne Zufallsgeneratoren zu bemühen. Auch im Rollenspiel trifft das für fast die gesamte Handlung zu.
So oft wie sich bei uns schon die Handlung durch ein unerwartetes Würfelergebnis verändert hat (Patzer sind hier prädestiniert), würde ich widersprechen. Wie stark ein Würfelergebnis die Handlung beeinflusst hängt v.a. von der Art der Planung und dem Grad an Improvisation ab — also wie viel Raum es für Handlungsänderungen gibt.
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Wulfhelm

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #69 am: 21.04.2017 | 21:39 »
Ich probiere es jetzt noch einmal per Analogie, danach kann ich nur noch resigniert auf meine Signatur rekurrieren...

Zu sagen, die Würfel seien dazu da, zu bestimmen, wie es mit der Handlung weitergeht, ist so ähnlich wie die Aussage, die Schachuhr sei dazu da, zu bestimmen, welche Züge als nächstes gemacht werden.

Die Frage war "Warum wird gewürfelt"? Das wird mit einem Zweck beantwortet: "Um zu bestimmen, wie es weitergeht". Das ist aber nicht der Grund. Und genau so wenig ist Würfeln ein notwendiges Mittel, um den genannten Zweck zu erfüllen. Also ist diese Antwort offensichtlich unzureichend.

Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #70 am: 21.04.2017 | 21:44 »
Das Problem mit der deutschen Sprache ist, dass "Warum" mehrere Bedeutungen hat. Und je nachdem, welche Bedeutung man meint, erhält man eine andere Antwort.

Ich erkläre es mal am Beispiel "Autofahren":
1. Warum fahre ich Auto? Finale Antwort: Damit ich schneller am Ziel bin.
2. Warum fahre ich Auto? Methodische Antwort: Damit ich mich schneller fortbewege.

Hierbei ist "mich schneller fortzubewegen" kein Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zum Zweck. Das eigentliche Ziel ist es, schneller am Ziel zu sein. Das erreiche ich aber, indem ich mich schneller fortbewege. Und das erreiche ich wiederum, indem ich Auto fahre.

Das gleiche gilt auch beim Würfeln:
1. Warum würfel ich? Finale Antwort: Damit Spannung aufgebaut wird.
2. Warum würfel ich? Methodische Antwort: Damit kein Mensch, sondern ein lebloses Objekt entscheidet, wie es weitergeht.

Und wie beim Auto gilt auch hier:
"Ein lebloses Objekt soll entscheiden, wie es weitergeht" ist kein Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zum Zweck. Das eigentliche Ziel ist es, Spannung aufzubauen. Das erreiche ich dadurch, dass kein Mensch, sondern ein lebloses Objekt entscheidet, wie es weitergeht. Und das erreiche ich wiederum durch würfeln.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #71 am: 21.04.2017 | 21:51 »
Die Frage war "Warum wird gewürfelt"? Das wird mit einem Zweck beantwortet: "Um zu bestimmen, wie es weitergeht". Das ist aber nicht der Grund. Und genau so wenig ist Würfeln ein notwendiges Mittel, um den genannten Zweck zu erfüllen. Also ist diese Antwort offensichtlich unzureichend.
Über Zufallstabellen können wir da näher dran kommen: Wenn du eine Geschichte durch Zufallstabellen beschreibst, definierst du mit minimalem Aufschrieb ein riesiges Feld an möglichen Geschichten.

Die Regeln legen fest, wie Situationen abgehandelt werden. Zusammen mit der Settingbeschreibung und den Charakterbeschreibungen wird dadurch ein weites Feld von Geschichten eröffnet. Ohne ein Zufallselement gäbe es nur eine einzige Geschichte, und alle könnten im vorneherein wissen, was passiert.

Bei Geschichten ist nicht nur wichtig, wie sie ausgehen, sondern auch, wie der Weg dahin aussieht. Sonst wären typische Serien nicht spannend (die Helden gewinnen fast immer). Auch dieser Weg wird durch Würfel festgelegt. Ohne die große Zahl von plausiblen Geschichten wären solche Serien langweilig — wenn sie sich zu sehr auf eine einzige Formel verlassen, werden sie auch langweilig (siehe z.B. Dragonball nach Band 100 oder so).

Würfel legen fest, dass immer viele unterschiedliche Wege möglich sein müssen (weil niemand den Ausgang des Wurfes von vorneherein genau wissen kann).
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Eulenspiegel

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #72 am: 21.04.2017 | 21:58 »
Naja, bei typischen Geschichten vermute ich mal, dass der Autor nicht würfelt wie es weitergeht, sondern selber entscheidet. Trotzdem ist es spannend.

Spannung kann prinzipiell dadurch entstehen, dass nicht ich entscheide, wie es weitergeht. Ob nun der SL oder der Würfel entscheidet, wie es weitergeht, ändert nichts an der Spannung. Letztendlich kann sogar ein Mitspieler entscheiden, wie es weitergeht. Auch das kann spannend sein.

Ich denke, das Problem ist, dass ein SL nicht die Erfahrung eines guten Autoren hat. Während ich einem Autoren zutraue, spannende Wege einzuschlagen, traue ich das vielen SLs nicht per se zu. Dafür sind dann die Würfel notwendig.

Offline ArneBab

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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #73 am: 21.04.2017 | 22:53 »
Ich denke, das Problem ist, dass ein SL nicht die Erfahrung eines guten Autoren hat. Während ich einem Autoren zutraue, spannende Wege einzuschlagen, traue ich das vielen SLs nicht per se zu. Dafür sind dann die Würfel notwendig.
Ich denke, damit triffst du einen wichtigen Aspekt. Ein zweites Problem ist, dass die SL jede Woche eine neue Geschichte erzählt, als Hobby, ein Autor oder eine Autorin eher eine pro Monat, in Vollzeit.

Allerdings ist das nicht alles: Rollenspiele sind nicht nur eine Geschichte: Sie sind auch eine Herausforderung. Und die Regeln geben ein verlässliches Gerüst, mit dem Spielerinnen und Spieler die Herausforderungen einschätzen können. Darauf aufbauend können sie Entscheidungen treffen. Das wäre mit reinen SL-Entscheidungen schwerer, weil sie da nicht wissen, auf welchen Kriterien sie ihre Entscheidungen aufbauen können.
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Re: Würfeln? Du fängst wahrscheinlich falsch rum an.
« Antwort #74 am: 21.04.2017 | 23:04 »
Ich denke, damit triffst du einen wichtigen Aspekt. Ein zweites Problem ist, dass die SL jede Woche eine neue Geschichte erzählt, als Hobby, ein Autor oder eine Autorin eher eine pro Monat, in Vollzeit.

Ein drittes (oder zumindest zweieinhalbtes) ist sicher, daß die SL "in Echtzeit" entscheiden muß. Wenn der Autor mal mit sich uneins ist, wie's jetzt im nächsten Absatz weitergehen soll, kann er pausieren und sich mit irgendwas anderem beschäftigen, notfalls auch mal eine Nacht oder zwei drüber schlafen -- versuch speziell Letzteres mal mitten im Abenteuer am Spieltisch. ;)