Autor Thema: "Clever" ist kein Approach  (Gelesen 26490 mal)

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Offline Chruschtschow

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #100 am: 19.06.2017 | 13:03 »
Ich halte mich mit solchen Details auf? Du hast ein Detail ins Spiel gebracht! Wieso bringst du erst ein Detail ins Spiel, wenn es dann ignoriert werden soll?

Es ging nur darum irgendeine exemplarische Narration für einen Angriff zu finden, der in erster Ordnung mal als kraftvoll einzuordnen wäre. Die Details? Pfff ...

Doch! Du hattest das bestritten!
Chruschtschow: Wir reden nicht von irgendwelchem Pipikram, sondern dass der Spieler die Figur diametral zum Konzept handeln lässt. Da will ich was auf'm Tisch sehen, sonst muss ich damit rechnen, dass nur irgendein Teflon Billy Spotlight räubert.

Wenn du deine Meinung mittlerweile geändert hast, schön. Aber behaupte bitte nicht, du hättest dem nie widersprochen.

Halt, das ist kein Gegensatz zu meiner Meinung. Noch ein Mal von vorne. Ich baue wieder ein Beispiel, um es klarer zu machen. Nein, die Details sind nicht sonderlich wichtig. Es geht um das Prinzip dahinter.

Also nehmen wir mal ein obskurstmögliches Bizarrsetting an, in der Harry auf Conan einschlägt.

Möglichkeit 1: Es ist der späte Harry Potter, der wütende Typ aus Band 6 oder 7. Der hat durchaus einen hohen Wert in Kraftvoll, weil er tendziell mal gerne ziemliche Brachialaktionen startet oder magisch eher Leuten Kram aus der Hand schlägt oder sie umschubst, statt super subtil vor zu gehen. Sagen wir Kraftvoll +3. Der schlägt jetzt mit voller Wucht Conan. Ist das kraftvoll? Conan würde sagen: ROFL!!! Das passt in Harrys Zauberlehrlings-Kind-das-überlebt-hat-Konzept einfach nicht rein. Es steht ihm entgegen. Harry hat zornig auf Conan einschlagen. Aber kraftvoll würde das doch sicher keiner nennen, wenn der "Schlaghagel" abperlt wie leichter Nieselregen. Flink. Tollkühn. Klar. Aber hat die Methode Kraftvoll bei Harrys Aspekten die Konnotation "kann Leute mit seinen Fäusten umhauen"? Eher nicht.

Das meine ich damit, dass die Aktion einfach gegen sein Konzept geht. Seine Aspekte geben seinen Methoden Kontext. Und der geht einfach quer, wenn ich plötzlich aus der Figur Harry Potter ein Talent für wüste Kneipenschlägereien ableite. Hätte er diese Fähigkeit, hätte er Dudley zeitnah umgehauen.

Möglichkeit 2: Wieder Harry. Aber Callahan. Auch Kraftvoll +3. Der hat zornig auf Conan ein. Keine Diskussionen, der nimmt Kraftvoll, weil der Kontext von vorne bis hinten passt.

Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Daheon

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #101 am: 19.06.2017 | 13:24 »
Ist es denn wirklich sinnvoll, einem Spieler aufgrund von Aspekten, eine Handlung zu untersagen?
Ich denke, bei einer Begegnung zwischen Harry Potter und Conan sorgen die Aspekte der beiden dafür, dass eine rein körperliche Auseinandersetzung höchstwahrscheinlich zu Gunsten des Barbaren ausgehen wird. Und ich als SL würde mich durchaus gerne davon überraschen lassen, wen Harry Conan mit wildem Nerdrage eine Konsequenz verpassen würde.  ;)
Aber Handlungen auszuschließen führt doch eher zu Unzufriedenheit beim Spieler. (Ich denke, dass ist auch der Punkt, auf den Eulenspiegel hinaus möchte.)

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #102 am: 19.06.2017 | 13:34 »
Ein Tritt in die Kronjuwelen oder ein eiskaltes Ausstechen des Auges mit dem Zauberstab würden doch auch Conan beeindrucken.
Würgh....
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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #103 am: 19.06.2017 | 14:37 »
Ist es denn wirklich sinnvoll, einem Spieler aufgrund von Aspekten, eine Handlung zu untersagen?

So sagen es die Regeln. Wenn Aspekte einem Charakter Handlungsmöglichkeiten überhaupt erst eröffnen können (Turbo-Fate S. 17), dann gilt im Umkehrschluß auch, daß eben nicht einfach automatisch schon allein auf der Basis irgendeines Methodenwerts erst mal alles geht -- auch dann nicht, wenn der Charakter, wenn er die bewußte Möglichkeit denn hätte, dieselbe Methode benutzen würde und auf demselben Niveau hat wie einer, der tatsächlich über sie verfügt.

Dazu kommt noch speziell für das Beispiel vom sich unbedingt hauen wollenden Hänflingszauberer (alternativ können wir natürlich auch einen wütenden Hobbit nehmen): wenn ich jemanden angreifen will, dann sollte wenigstens prinzipiell die Möglichkeit bestehen, daß ich denjenigen tatsächlich mit meiner Vorgehensweise überhaupt halbwegs plausibel ausschalten kann. Ansonsten ist die Angreifen-Aktion von vornherein fehl am Platz.

Daheon

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #104 am: 19.06.2017 | 15:13 »
Aber ich kann doch als Spielerfigur auch einen Kampf beginnen, von dem ich weiß, dass ich ihn nicht gewinnen kann. Vor allen Dingen, wenn ich durch Aufgeben noch Fatepunkte scheffeln kann.

Also: "Das geht nicht weil Aspekt" ist wohl so ziemlich das Langweiligste, was ich als SL sagen kann.


Aber da bewegen wir uns schon ziemlich abseits des Themas Approaches.  :btt:

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #105 am: 19.06.2017 | 15:17 »
Aber ich kann doch als Spielerfigur auch einen Kampf beginnen, von dem ich weiß, dass ich ihn nicht gewinnen kann. Vor allen Dingen, wenn ich durch Aufgeben noch Fatepunkte scheffeln kann.

Also: "Das geht nicht weil Aspekt" ist wohl so ziemlich das Langweiligste, was ich als SL sagen kann.


Aber da bewegen wir uns schon ziemlich abseits des Themas Approaches.  :btt:

Eh. So ein Charakter kann normalerweise schon vieles andere nicht "weil Aspekt", und keinen stört's.

Nur beim Thema Klopperei, da regen sich plötzlich alle auf, wenn mal dieselbe Logik zum Einsatz kommen soll. ;)

Daheon

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #106 am: 19.06.2017 | 15:33 »
Eh. So ein Charakter kann normalerweise schon vieles andere nicht "weil Aspekt", und keinen stört's.

Nur beim Thema Klopperei, da regen sich plötzlich alle auf, wenn mal dieselbe Logik zum Einsatz kommen soll. ;)

OK, also doch noch ne Runde.  ;)
Ich denke schon, dass es klar ist, wenn z.B. eine Figur nicht fliegen kann, wenn es nicht durch einen Aspekt etabliert ist. Aber eine Faust machen und nach jemandem hauen kann doch wirklich jeder. Das mag nicht sinnvoll sein. Das mag nicht von Erfolg gekrönt sein. Und wenn die Figur einen Aspekt hat wie "Größter Feigling diesseits des Flusses" könnte ich ja auch verstehen, wenn der gereizt wird. Aber Dinge zu untersagen, nur weil sie vielleicht nicht zielführend sind (im Gegensatz zu in der Spielwelt nicht möglich, da liegt ein qualitativer Unterschied) halte ich für nicht gut. Und ich glaube auch nicht, dass das im Geiste der Fateregeln ist.

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #107 am: 19.06.2017 | 15:37 »
@Daheon:
Mir geht es ja auch weniger ums Ausschließen. Mit den richtigen Mitteln kann Harry P. sicher auch was reißen. Kampfwurst beschreibt da ja auch Narration, die eben den Einsatz einer Methode, Vorteilerschaffen oder ähnliches begründen kann, eben den Nerdrage, den Zauberstab im Auge etc.

Ich biege ja schon vorher ab. Ist das wirklich kraftvoll, wenn Harry auf Conan eindrischt? Der schmale Daniel Ratcliffe steht vor Arnold Schwarzenegger in den besten Jahren und schlägt mit kraftvollen Schwüngen auf ihn ein. Betrachtet das vor eurem geistigen Auge. Und dann fragt euch: Ist das wirklich "Kraftvoll"? Oder schaue ich lieber mal, was ich als treffendere Methode nehme, die näher an "albern" oder "selbstmörderisch" liegt. ;)

Der kann das gerne machen. Aber sicher hier nicht mit seiner kontextuell anders unterlegten Obermethode.
« Letzte Änderung: 19.06.2017 | 15:39 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #108 am: 19.06.2017 | 15:44 »
OK, also doch noch ne Runde.  ;)
Ich denke schon, dass es klar ist, wenn z.B. eine Figur nicht fliegen kann, wenn es nicht durch einen Aspekt etabliert ist. Aber eine Faust machen und nach jemandem hauen kann doch wirklich jeder. Das mag nicht sinnvoll sein. Das mag nicht von Erfolg gekrönt sein. Und wenn die Figur einen Aspekt hat wie "Größter Feigling diesseits des Flusses" könnte ich ja auch verstehen, wenn der gereizt wird. Aber Dinge zu untersagen, nur weil sie vielleicht nicht zielführend sind (im Gegensatz zu in der Spielwelt nicht möglich, da liegt ein qualitativer Unterschied) halte ich für nicht gut. Und ich glaube auch nicht, dass das im Geiste der Fateregeln ist.

Ich kann mir auch eine Luftpistole schnappen, auf einen Panzer zielen, und abdrücken. Ist das ein Angriff? Sprachlich gesehen sicher. Taugt die Fate-Aktion "Angreifen" dafür? Eher nicht -- ich kann hunderte von Schüssen verpulvern, ohne daß das den Panzer groß beeindruckt.

Letztendlich gehört es eben auch zu den Aufgaben der Spielleitung, den Spielern zu sagen, wann sie erst gar nicht zu würfeln brauchen, weil eh keine Chance auf Erfolg besteht. Das gilt nicht mal speziell nur für Fate.

Daheon

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #109 am: 19.06.2017 | 16:12 »
Darüber reden, seine Entscheidungen als SL begründen, da sind wir auf der selben Seite. Ich hatte mich an dem von mir als total empfundenen "Das geht nicht" gestört. Me bad  ;)

Abgesehen davon diskutieren wir ja auch sehr konstruierte Probleme, die man als Spieler und SL ja bereits im Vorfeld klären kann. Für mich sind die Methoden auch eher Mittel der Charakterbeschreibung. Ein Magier mit Kraftvoll +3 geht in meiner Vorstellung auch eher in Richtung Battlemage. Mächtige Zauber eines typischen D&D Hänflingzauberers würde ich wahrscheinlich eh über Stunts abhandeln. Habe allerdings auch noch nicht genug Spielerfahrung mit Magie in Fate für eine qualifizierte Meinung.

Eulenspiegel

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #110 am: 19.06.2017 | 18:21 »
Es ging nur darum irgendeine exemplarische Narration für einen Angriff zu finden, der in erster Ordnung mal als kraftvoll einzuordnen wäre.
Für dich ist "wie eine wilde Furie mit den Armen rumwirbelt" die Narration für einen kraftvollen Angriff? Ehrlich?

Zitat
Der schlägt jetzt mit voller Wucht Conan. Ist das kraftvoll?
Ja, in meinen Augen ist das kraftvoll.
Aber OK, du schreibst weiter unten, das ist in deinen Augen eher Flink und Tollkühn. Von mir aus. Ich will mich jetzt nicht darüber streiten, welcher Approach das ist.

Nehmen wir also deine Sichtweise, dass es Flink bzw. Tollkühn sei.
Dann wäre es RAW äußerst effektiv, wenn ein Flink-Magier bzw. ein Tollkühn-Magier mit voller Wucht zuschlägt.

zum Konzept:
Du musst unterscheiden zwischen "Konzept von Harry" und "Konzept von Conan"?
Passt es ins Konzept, dass Harry mal aus der Haut fährt und mit voller Wucht zuschlägt? Unter Umständen ja.
Passt es ins Konzept, dass Conan sich davon unbeeindruckt zeigt? Ja. Und deswegen hat Conan sicherlich auch passende Aspekte, die er im Kampf nutzen kann, um von Harry nicht besiegt zu werden.

Also nicht: "Ich bin Conan. Deswegen machen mir deine Angriffe nichts aus."
Sondern stattdessen: "Ich bin Conan. Deswegen nutze ich jetzt diesen und diesen und auch noch diesen Aspekt. Und wenn ich nicht vollkommen schlecht würfle, machen mir deine Angriffe nichts aus."
Hierbei ist es übrigens vollkommen egal, ob nun Harry Potter, Harry Dresden oder Harry Callahan mit voller Wucht zuschlägt.

Aber es geht auch nicht um das Konzept von Conan, sondern um das Konzept von Harry.

Zitat
Und der geht einfach quer, wenn ich plötzlich aus der Figur Harry Potter ein Talent für wüste Kneipenschlägereien ableite. Hätte er diese Fähigkeit, hätte er Dudley zeitnah umgehauen.
Ich habe doch nie behauptet, dass Harry ein Talent für Kneipenschlägereien hat. Aber er hat halt auch keine "Unfähigkeit" in Kneipenschlägerei.

Er wäre einfach ein durchschnittlicher Kneipenschläger: Weder gut noch schlecht. (So wie die meisten Magier im Harry-Potter-Universum.)

So sagen es die Regeln. Wenn Aspekte einem Charakter Handlungsmöglichkeiten überhaupt erst eröffnen können (Turbo-Fate S. 17), dann gilt im Umkehrschluß auch, daß eben nicht einfach automatisch schon allein auf der Basis irgendeines Methodenwerts erst mal alles geht
Dass alles geht, behauptet ja auch niemand. Es kommt eben darauf an, was man machen will.

Erstmal anhand der Bewegung:
- Gehen: Das können die meisten Personen. Deswegen braucht man dafür kein extra Aspekt.
- Fliegen: Das kann eigentlich niemand. Deswegen braucht man dafür einen extra Aspekt.
- Schwimmen: Die eine Hälfte kann schwimmen. Die andere Hälfte kann nicht schwimmen. Daher sollte man vorher mit dem SL absprechen, ob jeder SC ohne passenden Aspekt ein Nicht-Schwimmer ist oder ob SCs auch ohne passenden Aspekt schwimmen können.

Jetzt anhand des Kampfes:
- Faust ins Gesicht schlagen: Das kann fast jeder. Deswegen braucht man dafür kein extra Aspekt.
- Dem männlichen Gegner in die Eier treten: Das kann fast jeder. Dafür braucht man daher auch keinen extra Aspekt.
- Über den Feind drüber springen und ihn im Sprung mehrere Tritte verpassen. Das kann kaum jemand. Dafür benötigt man also einen passenden Aspekt.
- Auf den Gegner zuschlittern und ihm mit einen Beinfeger zu Boden bringen. Das kann auch kaum jemand. Dafür benötigt man also einen passenden Aspekt.

Ich kann mir auch eine Luftpistole schnappen, auf einen Panzer zielen, und abdrücken.
Es ging hier um "Faust vs. Kinn" und nicht um "Luftpistole vs. Panzer."

Dass Luftpistole vs. Panzer keinen Effekt hat, ist geschenkt. Das liegt aber NICHT an Aspekten. Selbst wenn jemand den Aspekt "Meisterschütze" hat, hat die Luftpistole gegen den Panzer keinen Effekt. Er trifft dank seinem Aspekt den Panzer vielleicht besonders gut. Es hat aber trotzdem keinen Effekt.

Ich denke mal, niemand wird sich darüber beschweren, wenn man hier auf Würfel verzichtet, und die Luftpistole keinen Effekt hat.

Aber zwischen "Luftpistole vs. Panzer" und "Faust vs. Kinn" liegt dann doch ein gewisser Unterschied. Eine Faust macht durchaus Schaden, wenn sie mit hoher Geschwindigkeit ein Kinn trifft. Daher hat hier der Spieler auch das Recht zu würfeln.

Offline Kampfwurst

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #111 am: 19.06.2017 | 19:22 »
Ist es denn wirklich sinnvoll, einem Spieler aufgrund von Aspekten, eine Handlung zu untersagen?
Eine Handlung ja. Eine Methode nicht. Das ist der springende Punkt.

Wichtig ist hierbei auch, nicht die Handlung mit ihrem Ziel zu verwechseln. Denn das Ziel kann ich auf ganz unterschiedliche Arten und Weisen erreichen, und da sollte ich solche wählen, die zu meinem Charakter passen, die das was ihn ausmachen unterstreichen.

Beispiel:
In einer Dresden Files Runde mit einigen Spielern aus meiner alten Shadowrun Runde haben diese einen Plan ausgeheckt, wie sie bei Kidnappern eindringen wollen um die Geiseln zu befreien. Das lief dann sehr viel mit "Sprengstoff besorgen" und ähnlichem typischen Shadowrun Kram. Als die Spieler fertig waren habe ich gesagt "Guter Plan, und jetzt erinnern wir uns daran, dass wir Magier sind und nicht bei Shadowrun." Der Plan wurde daraufhin ein wenig abgeändert, einige technische Lösungen wurden durch magische ersetzt, ein Vorgehen ganz gestrichen und durch etwas anderes ersetzt. Der Plan wurde daraufhin durchgezogen und das Ziel, die Geiseln zu befreien, wurde erreicht.

Durch das Verbot der 0815 Lösung habe ich den Spielern also nicht generell verboten ein Ziel zu erreichen, ich habe ihnen verboten auf dem Weg bestimmte Handlungen auszuführen, weil sie nicht zum Genre und erst recht nicht zum Charakter passten. Als der Magier dann den Sprengstoff durch Pflanzenmagische Lösungen ersetzt hatte, sah die Sache schon gleich viel runder aus.

Eulenspiegel

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #112 am: 19.06.2017 | 20:28 »
Durch das Verbot der 0815 Lösung habe ich den Spielern also nicht generell verboten ein Ziel zu erreichen, ich habe ihnen verboten auf dem Weg bestimmte Handlungen auszuführen, weil sie nicht zum Genre und erst recht nicht zum Charakter passten.
Verbot, weil es nicht zum Genre passt, ist in Ordnung. Aber Verbot, weil es nicht zum Charakter passt, ist ein unzulässiger Eingriff in den Sphäre des Spielers.
Der SL darf gerne entscheiden, was zum Genre passt und was nicht. Aber was zum SC passt und was nicht, sollte der Spieler entscheiden. Wenn der Spieler sagt, sein Magier hantiert gerne mit Sprengstoff herum, ist das prinzipiell legitim. (Wenn Sprengstoff zum Genre passt.)

Offline Jiba

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #113 am: 19.06.2017 | 20:53 »
Klar, aber: Das muss der Spieler auch kommunizieren, sodass das alle am Tisch wissen. Wenn es wirklich ein Dreh- und Angelpunkt seines Charakters ist, dann sollte er überlegen, einen Aspekt oder Stunt draus zu machen. Außerdem: Dem "Du kannst das nicht" geht in der Regel ein Gespräch am Spieltisch voran, wo der Spieler seinen Mitspielern durchaus überzeugend darlegen kann, dass sein schüchterner Stotternerd durchaus auch ein um sich tretendes Karate Kid ist. Das macht die Aktion legitim, weil sie so in der Narration verankert wird. Ich denke auch nicht, dass das jemand bestreiten würde.

Im Übrigen: Verbot, weil es nicht zum Genre passt ist mitnichten alleinige Sache des SLs. Genau wie: Verbot, weil es nicht zum Charakter passt. Die Entscheidungen fällt beide der ganze Tisch, im Konsens.
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Kampfwurst

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #114 am: 19.06.2017 | 20:58 »
Verbot, weil es nicht zum Genre passt, ist in Ordnung. Aber Verbot, weil es nicht zum Charakter passt, ist ein unzulässiger Eingriff in den Sphäre des Spielers.
Der SL darf gerne entscheiden, was zum Genre passt und was nicht. Aber was zum SC passt und was nicht, sollte der Spieler entscheiden. Wenn der Spieler sagt, sein Magier hantiert gerne mit Sprengstoff herum, ist das prinzipiell legitim. (Wenn Sprengstoff zum Genre passt.)

Was zum Charakter passt und was nicht ist teilweise auch Genrekonvention. Es geht ja aber auch nicht darum, dem Spieler eins auszuwischen. Es geht darum, den Spieler an seinen Charakter zu erinnern, um das Spiel für alle beteiligten cooler zu machen. Sonst läuft es nämlich irgendwann darauf hinaus, dass alle Spieler nur noch "ich greife ihn forceful an" sagen, und keine echte Beschreibung mitliefern. In manchen Systemen funktioniert das, da bringen die Aktionen die Beschreibung immer schon ein wenig mit. Fate tut das aber nicht.

Das darf im Übrigen auch nicht nur der Spielleiter. Wenn ein Mitspieler meint, eine gerade beschriebene Aktion sei unpassend, dann hat er durchaus ein Vetorecht und kann die Gruppe an die Genrekonventionen und an die Charakterbeschreibungen erinnern. Und dazu gehören eben auch typische Handlungen der verschiedenen Charaktere. Darüber kann man dann in jedem Einzelfall diskutieren, und ggf. hat man Aspekte, auf die man zeigen kann, die einem Recht geben (es kann ja immer sein, dass ein Spieler sich einen Charakter anders vorstellt, als man selbst).

Stell es dir als Fernsehserie oder Film vor. Charaktere werden durch ihre Aktionen charakterisiert, nicht durch Einblendungen von Fertigkeiten oder Attributen. Charaktere handeln für gewöhnlich innerhalb ihrer Fields of Expertise, wie auch immer diese gestrickt sind. Das funktioniert in einer Serie oder einem Film, weil da viele Schreiber drübergucken, bis es richtig passt. Bei einem Rollenspiel hast du das nicht, und oft merkt man gar nicht, wie man ggf. aus der Rolle fällt. Und an der Stelle können die anderen Spieler eben korrigierend einschreiten.

Das Resultat einer solchen Situation kann allerdings auch sein, dass das zwar normalerweise nicht passieren würde, aber DIESES EINE MAL! Und das ist dann eine echt wichtige Szene für den Charakter, weil sie ihn grundlegend verändern kann. Das ist gut, das ist interessant, das ist das was wir sehen wollen. Aber die Szene handelt dann eben in erster Linie von dieser Veränderung. Oder es bleibt halt wirklich ein einmaliges Ding.

Das ist eben das was ich versuche zu vermitteln, solche Situationen sind WICHTIG. Da braucht es keine Überlegung ob ich eine bestimmte Methode benutzen darf oder ob ich darauf Abzüge bekomme oder was. Die Szene macht etwas mit dem Charakter, sie ist ein wichtiger Bestandteil seiner Laufbahn.

Eine meiner Lieblingsszenen für sowas ist aus Dragonheart. Die Bürger kämpfen und der pazifistische Mönch steht auf seinem Hochsitz mit dem Bogen in der Hand. Dann zielt er auf den bösen Prinzen und murmelt vor sich hin "Du sollst nicht töten." Dann lässt er den Pfeil los und trifft den Prinzen ins Herz. Ob er Bogenschießen konnte oder nicht war an der Stelle vollkommen egal. Der interessante Teil der Szene ist es, wie er mit diesem moralischen Dilemma umgeht. Er hat gerade gegen eine seiner Grundüberzeugungen verstoßen. Da brauchst du nicht Würfeln, das ist ein Treffer, weil an der Stelle das einzig interessante passiert, wenn er trifft. Und das wird entsprechend über einen Compel abgehandelt und zieht noch allerhand nach sich.

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #115 am: 19.06.2017 | 21:08 »
@Jiba
Wie kommst du auf Karate Kid? Nur weil jemand aus der Haut fährt und auf jemanden einschlägt, wird er noch lange nicht zum Karate Kid.

Und Stunts macht man in Sachen, in denen man gut ist. Nur weil mein SC regelmäßig bei Rot über die Ampel geht, mache ich doch kein Stunt daraus.
Und wenn mein Charakter EINMAL etwas tut, ist das erst recht kein Grund, einen Stunt daraus zu machen.

Ja, was zum Genre passt und was nicht, ist Sache der gesamten Gruppe. Aber was zum SC passt und was nicht, ist Sache des Spielers. Da hat ihm niemand reinzureden. Du darfst gerne Hinweise und Ratschläge geben. Aber die letztendliche Entscheidung liegt beim Spieler.

@Kampfwurst
Nein, bei der Beschreibung ist es eher andersrum. Wenn der SL den Spieler einfach machen lässt, dann kommen die Beschreibungen von ganz allein.
Wenn der SL jedoch andauernd sagt: "Das würde dein SC niemals tun.", DANN würde der Spieler aufhören, Beschreibungen zu geben und stattdessen sagen: "Ich greife ihn forceful an. Wie mein SC angreift: Er greift so an, wie du denkst, dass das mein SC tun würde."
Beschreibungen fördert man nicht durch Verbote, sondern dadurch, dass man den Spielern Freiheiten gewährt.

zur Fernsehserie:
Ja, es gibt die alten Fernsehserien, wo jede Folge so endet, wie sie angefangen hat. Dort gibt es dann Null Überraschung, weil immer klar ist, wie die Protagonisten handeln.
Und dann gibt es die modernen Fernsehserien, die sich dadurch auszeichnen, dass die Protagonisten auch mal überraschend handeln. Wo der Zuschauer daneben sitzt und sich denkt: "Wow, das hätte ich jetzt nicht gedacht."

zu Dragonheart:
Richtig. Und genau das bekommt man hin, wenn man die Spieler machen lässt. Wenn der SL dem Spieler jedoch reinredet, dann würde der Spieler die Lust an eine solche Aktion verlieren.

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #116 am: 19.06.2017 | 21:29 »
Nur weil jemand aus der Haut fährt und auf jemanden einschlägt, wird er noch lange nicht zum Karate Kid.

Ne, dafür muss man Zäune streichen... (scnr)
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #117 am: 19.06.2017 | 21:32 »
Oder er war schon immer Karate Kid und hat es bisher nur gut verborgen.
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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #118 am: 19.06.2017 | 21:33 »
Eine meiner Lieblingsszenen für sowas ist aus Dragonheart. Die Bürger kämpfen und der pazifistische Mönch steht auf seinem Hochsitz mit dem Bogen in der Hand. Dann zielt er auf den bösen Prinzen und murmelt vor sich hin "Du sollst nicht töten." Dann lässt er den Pfeil los und trifft den Prinzen ins Herz. Ob er Bogenschießen konnte oder nicht war an der Stelle vollkommen egal. Der interessante Teil der Szene ist es, wie er mit diesem moralischen Dilemma umgeht. Er hat gerade gegen eine seiner Grundüberzeugungen verstoßen. Da brauchst du nicht Würfeln, das ist ein Treffer, weil an der Stelle das einzig interessante passiert, wenn er trifft. Und das wird entsprechend über einen Compel abgehandelt und zieht noch allerhand nach sich.

Passend zu diesem Thread:

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,103012.0.html

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #119 am: 19.06.2017 | 22:01 »
Eine meiner Lieblingsszenen für sowas ist aus Dragonheart. Die Bürger kämpfen und der pazifistische Mönch steht auf seinem Hochsitz mit dem Bogen in der Hand. Dann zielt er auf den bösen Prinzen und murmelt vor sich hin "Du sollst nicht töten." Dann lässt er den Pfeil los und trifft den Prinzen ins Herz. Ob er Bogenschießen konnte oder nicht war an der Stelle vollkommen egal. Der interessante Teil der Szene ist es, wie er mit diesem moralischen Dilemma umgeht. Er hat gerade gegen eine seiner Grundüberzeugungen verstoßen. Da brauchst du nicht Würfeln, das ist ein Treffer, weil an der Stelle das einzig interessante passiert, wenn er trifft. Und das wird entsprechend über einen Compel abgehandelt und zieht noch allerhand nach sich.

Es ist in meinen Augen auch interessant, wenn sich jemand entscheidet, gegen seine Überzeugung handelt und scheitert. Ich als SL würde würfeln lassen.  8)

Offline Chruschtschow

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #120 am: 19.06.2017 | 22:13 »
Fernsehserie:
Ja, es gibt die alten Fernsehserien, wo jede Folge so endet, wie sie angefangen hat. Dort gibt es dann Null Überraschung, weil immer klar ist, wie die Protagonisten handeln.
Und dann gibt es die modernen Fernsehserien, die sich dadurch auszeichnen, dass die Protagonisten auch mal überraschend handeln. Wo der Zuschauer daneben sitzt und sich denkt: "Wow, das hätte ich jetzt nicht gedacht."

Und wie kommt man da hin? Fatepunkte, Details hinzufügen, Vorteile erschaffen, Meilensteine. Harry P. will kraftvoll einen auf Harry C. machen? Schön. Nicht ab Werk, aber eben durch die dicke Palette an Werkzeugen, die Fate nun ein Mal zur Verfügung stellt. Vor allem die Fatepunkte sind für so etwas doch da. Und das meine ich damit, wenn ich zur Legitimation einer solchen Aktion was auf'm Tisch sehen will.

Eben genau das, was ich vor vielen Seiten meinte: "Wir reden nicht von irgendwelchem Pipikram, sondern dass der Spieler die Figur diametral zum Konzept handeln lässt. Da will ich was auf'm Tisch sehen, sonst muss ich damit rechnen, dass nur irgendein Teflon Billy Spotlight räubert."

Ich verstehe immer noch nicht, warum du das als Verbot interpretierst.
« Letzte Änderung: 19.06.2017 | 22:19 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #121 am: 19.06.2017 | 23:03 »
Fatepunkte sind letztendlich dafür da, dass mir etwas gelingt bzw. dass ich das erreiche, was ich will. Fatepunkte sind nicht dafür da, dass ich beschreiben darf, wie mein Charakter handelt.

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #122 am: 20.06.2017 | 06:10 »
Fate-Punkte sind RAW auch zum Faktenschaffen da, zum Schaffen von Fakten, die nicht selbstverständlich sind. "Mein Charakter ist/kann/war..." kann u.U. so ein Fakt sein, so nicht ein Aspekt oder das Genre das bereits hergibt.


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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #123 am: 20.06.2017 | 14:46 »
@Kampfwurst
Nein, bei der Beschreibung ist es eher andersrum. Wenn der SL den Spieler einfach machen lässt, dann kommen die Beschreibungen von ganz allein.
Wenn der SL jedoch andauernd sagt: "Das würde dein SC niemals tun.", DANN würde der Spieler aufhören, Beschreibungen zu geben und stattdessen sagen: "Ich greife ihn forceful an. Wie mein SC angreift: Er greift so an, wie du denkst, dass das mein SC tun würde."
Beschreibungen fördert man nicht durch Verbote, sondern dadurch, dass man den Spielern Freiheiten gewährt.
Du tust gerade so, als würde ich jede Aktion meiner Spieler kritisieren und einschränken wollen. Das ist absolut nicht der Fall, und ich weiß auch nicht woher du die Idee nimmst. Es ging zunächst mal um eine konkrete Situation. In der Situation ging es auch nicht um "das würde dein Charakter nicht tun", es ging um "das kann dein Charakter so überhaupt nicht, daher brauchst du gar nicht würfeln, da richtet der keinen Schaden an" als eine Mögliche Interpretation der Szene.

Bedenke, du warst immernoch auf dem Standpunkt, dass es darum geht das "forceful" zu verbieten, während es um die Aktion als ganzes geht, welche Methode auch immer dazu eingesetzt wird.

Ich lasse meinen Spielern gerne alle Freiheiten, und die nutzen sie meist auch. Und ich nehme mir ebenso die Freiheiten. Allerdings ist jeder Spieler (inklusive mir als Spielleiter) es den anderen schuldig, ein schlüssiges Erlebnis zu präsentieren. Wenn jemand nachfragt, weil für ihn etwas nicht passt (nochmal: das kann jeder sein, nicht nur der Spielleiter), dann ist das nicht sofort ein Verbot, dann ist das die Aufforderung mir die Situation schlüssiger zu präsentieren. Vielleicht habe ich mir deinen Charakter anders vorgestellt als du, und der Unterschied kommt jetzt das erste mal auf. Oder wir gehen von unterschiedlichen Grundideen aus. Dann kannst du mir erklären, warum die Aktion, die für mich gerade keinen Sinn macht, doch passt, und schon ist alles gut und du kannst es machen. Wenn das aber völlig aus der Luft gegriffen ist, und eben nicht zum Charakter passt, dann wünsche ich mir schon, dass du das  selbst einsiehst, wenn so eine Frage kommt, und man dich nicht zwingen muss. Es ist mir auch schon passiert, dass ich eine Aktion machen wollte, weil das die sinnvollste in der Situation war, aber sie war so völlig entgegen allem, was meinen Charakter ausmachte, und entsprechende Rückmeldung bekam ich von meiner Gruppe, dass das eben unglaubwürdig ist.

Und es ist nicht so, dass das ständig vorkommt. Meistens haben alle eine gute Vorstellung von ihren Charakteren und denen der anderen, sodass die Aktionen auch zur gemeinsamen Vorstellung passen. Und dann gibt es natürlich verschiedene Stufen des "nicht zum Charakter passen". Problematisch wird es für mich, wenn die Aktion dem Charakter diametral entgegengesetzt ist. Und das ist der Punkt, an dem ich wirklich einschreite. An andern Stellen frage ich höchstens mal nach, ob der Spieler nicht noch 1-2 Sätze Beschreibung nachliefern kann.
Die gleichen Ansprüche stelle ich auch an mich selbst. Wenn ich Unsinn rede und die Spieler sagen was, dann ändere ich die Aktionen meiner NSCs oder liefere eine bessere Beschreibung.

Es wirkt so als würdest du davon ausgehen, dass es hier um Spieler gegen Spielleiter geht, aber das Gegenteil ist der Fall.

Zitat
zur Fernsehserie:
Ja, es gibt die alten Fernsehserien, wo jede Folge so endet, wie sie angefangen hat. Dort gibt es dann Null Überraschung, weil immer klar ist, wie die Protagonisten handeln.
Und dann gibt es die modernen Fernsehserien, die sich dadurch auszeichnen, dass die Protagonisten auch mal überraschend handeln. Wo der Zuschauer daneben sitzt und sich denkt: "Wow, das hätte ich jetzt nicht gedacht."
Und genau das habe ich gesagt. Aber um so einen Wow-Effekt zu haben musst du erstmal einen Charakter so etabliert haben, dass man eben gewisse Dinge von ihm erwartet. Ein großer Teil warum wir einen Charakter toll finden ist eben genau die Art und Weise, wie er gewöhnlich Probleme löst.

Und wenn er dann mal davon abweicht, wow, dann ist das echt was besonderes, und dann sollte es auch als etwas besonderes behandelt werden. Nichts anderes habe ich gesagt.

In deiner zunächst beschriebenen Situation ging es darum, dass der Magier in einer Situation war, in der Magie verboten ist. Normalerweise löst er alle seine Probleme mit Magie, weil er eben Magier ist, das ist aber in dieser Situation nicht möglich, ohne ernsthafte Konsequenzen nach sich zu ziehen. Daraus ergeben sich die Interessanten Probleme für den Charakter in der Szene. Und eins dieser Probleme kann sein "ich greife in den Kampf ein ohne Magie zu wirken, auch wenn ich da überhaupt keine Chance habe."
Er könnte natürlich auch anders ansetzen und sagen "Scheiß auf das Verbot, der Typ hat meinen Kumpel beleidigt!"
Oder er könnte versuchen die Magie heimlich zu wirken um sich selbst stärker zu machen und dann normal in den Kampf gehen.

Oder vielleicht ist "ich schlag ihm auf die Fresse" gar nicht gegen das Charakterkonzept, und das Problem kommt gar nicht auf.

Auch hier wieder: Die Idee ist es nicht, dem Spieler über seinen Charakter eins reinzuwürgen. Das System versucht, den Charakter in Situationen, in denen er Probleme bekommt für diese Probleme zu kompensieren, damit er später in Situationen die ihm liegen besonders glänzen kann. Fate macht dies sehr radikal, ein Charakter ist dann nicht ein bisschen schlechter, er kann es dann gar nicht, damit ihm eben ein Fate-Punkt winkt. Ja, das ist ein wenig seltsam, und man muss sich ein wenig dran gewöhnen, aber so funktioniert nunmal das Spiel.

Zitat
zu Dragonheart:
Richtig. Und genau das bekommt man hin, wenn man die Spieler machen lässt. Wenn der SL dem Spieler jedoch reinredet, dann würde der Spieler die Lust an eine solche Aktion verlieren.
Erneut: du tust so als würde ich nichts anderes tun als reinzureden. Was ich versuche zu tun ist genau solche Situationen hervorzuheben. Wenn der Spieler dieses Mönchs einfach schießt ist das langweilig. Wenn ich hervorhebe, dass das etwas ist, was seinem Charakter eigentlich gegen den Strich gehen sollte, dann kann ich aus der Aktion das Besondere machen, das sie ist. In anderen Spielen lassen sich solche Besonderheiten einfach einbinden, Fate arbeitet auf genau solche Situationen hin und hebt sie dann mechanisch hervor. Auch das ist natürlich gewöhnungsbedürftig.

Offline piotr

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Re: "Clever" ist kein Approach
« Antwort #124 am: 21.06.2017 | 10:38 »
Im Sinne einer dringend notwendigen Feuerölung noch eine Möglichkeit, einen kraftvollen Magierangriff narrativ zu begründen:

M: Ich hau ihm auffe Fresse.
SL: Mit der Faust?
M: Yep
SL: Und was willst du erreichen?
M: Den Typen an die Wand zimmern. Mit Schmackes.
SL: Also dürfen wir davon ausgehen, dass dir da schon ein paar Blitze um die Faust züngeln und der Schlag (so er denn trifft) mit einem ordentlichen Knall vonstatten geht.
M: Klar, sonst kriege ich das mit meinen Spatzkrampfadern als Muskeln ja kaum hin.
SL: Bei absolutem Magieverbot in der Stadt
M: Sicher
SL: Dann hast du hier einen Fatepunkt, hau mit forceful rein, rechne mit der Stadtwache
M: SHORYUKEN!

(Bei nicht gegebenen Magieverbot kann man die Fatepunktverhandlung natürlich weglassen)