Autor Thema: Barbiespiel und Umgang damit.  (Gelesen 1499 mal)

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Offline DerSchlund

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Barbiespiel und Umgang damit.
« am: 10.08.2017 | 11:47 »
Hi zusammen,

ich hab zur Vorbereitung für den heutigen Abend eure Tippsammlung aus dem "Tanelorn-Spiel-Ratgeber"-Thread gelesen. Unglaublich gute und simple Tips.

Zu meiner Frage:
Das letzte "Kapitel" in der ersten Tippsammlung beschreibt die mögliche Wirkung von Barbiespiel am Spieltisch. Grob zusammengefasst, wenn ich das richtig verstanden habe, wird dort beschrieben, dass der Spieler zwar sehr viel Details in seinem Character sieht und sich viel in seinem Kopf abspielt, aber der Rest davon nichts mitbekommt.
Nur wird kein wort darüber verlohren wie man damit als Spielleiter umgehen soll/kann bzw. ob man das überhaupt muss.

Interessant für mich ist dabei, dass ich so einen Spieler in meiner Gruppe zu haben scheine und ich mich sehr schwer mit ihm tue, weil ich für meine geplante Kampagne die Spieler dazu anleiten möchte etwas mehr Konfliktpotential in ihre Charactere zu stecken indem ich mit ihnen wenigstens je zwei Freunde/Helfer und Feinde/Konkurrenten bespreche.
Besagter Spieler allerdings tut sich damit entweder extrem schwer, verweigert das schlicht oder scheut sich davor zu beginn des Abenteuers schon in Konfliktsituationen zu sein.
Welches davon der Grund ist weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ich den letzten Grund garnicht nachvollziehen könnte, da Konflikte immer eine Storry vorrantreiben können und das Drama schaffen was diese so interessant machen kann.

Auf die letzte Frage von mir ob wir uns nochmal zusammen setzen wollen um seinen Character gemeinsam zu besprechen kam die Antwort, dass er das nicht möchte da er sonst wirklich die Lust daran verlieren würde. Ich bin jetzt also etwas in der sorge, dass ich nicht genug in der Hand habe um auch für seinen Char interessante Situationen und Motivationen zu schaffen. :(

Aber mache ich mir vielleicht zu viele sorgen und sich sollte ihn einfach mitlaufen lassen, weil er ja angeblich spaß hat auch wenn er so gut wie nichts macht?

mfg DerSchlund

Offline bobibob bobsen

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #1 am: 10.08.2017 | 11:54 »
Zitat
Aber mache ich mir vielleicht zu viele sorgen und sich sollte ihn einfach mitlaufen lassen, weil er ja angeblich spaß hat auch wenn er so gut wie nichts macht?

Wenn die Runde sonst läuft wäre ich da tollerant Man kann ihn ja immer wieder mal anspielen und dann schauen ob er reagiert wenn nicht auch gut.

Offline Duck

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #2 am: 10.08.2017 | 12:34 »
Welches davon der Grund ist weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ich den letzten Grund garnicht nachvollziehen könnte, da Konflikte immer eine Storry vorrantreiben können und das Drama schaffen was diese so interessant machen kann.

Bist du dir sicher, dass der besagte Spieler überhaupt an Story und Drama interessiert ist? Möglicherweise betrachtet er seinen Charakter wie eine mit viel Herzblut aufgebaute Modelleisenbahnanlage und befürchtet, dass du mit deinen Konflikten dort einen Godzilla reinsetzen willst, der die liebevoll konstruierten Häuschen und Landschaften zertrampeln könnte.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang diesen Satz (Hervorhebung von mir):
Zitat
weil ich für meine geplante Kampagne die Spieler dazu anleiten möchte etwas mehr Konfliktpotential in ihre Charactere zu stecken indem ich mit ihnen wenigstens je zwei Freunde/Helfer und Feinde/Konkurrenten bespreche.

Du schreibst, dass du gern mehr Konfliktpotenzial in die Charaktere bringen möchtest. Das kann aber nur funktionieren, wenn die Spieler dieser Charaktere auch mitziehen. Mein Vorschlag daher: Nehmt euch vor einem Spielabend mal eine halbe Stunde Zeit und besprecht gemeinsam, wie ihr eine gemeinsame Linie findet bzw. was "Konfliktpotenzial" für jeden einzelnen bedeutet.

Wenn ihr euch bereits geeinigt habt und nur der eine Spieler sich nicht an Konflikten beteiligen möchte, spricht meines Erachtens aber auch nichts dagegen, seinen Charakter aus dem Fokus der Konflikte zu nehmen und mitlaufen zu lassen. Du kannst ihm ja auch noch mal sagen, dass er dir nur Bescheid zu geben braucht, wenn er irgendwann doch stärker eingebunden werden möchte.
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Online Maarzan

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #3 am: 10.08.2017 | 12:54 »

Welches davon der Grund ist weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ich den letzten Grund garnicht nachvollziehen könnte, da Konflikte immer eine Storry vorrantreiben können und das Drama schaffen was diese so interessant machen kann.


Ich kenne das Problem auch und es sind Erfahrungen dieser Spieler mit SL, die von Story und Drama schwärmen, welche die entsprechenden Spieler traumatisiert haben ja nicht wieder für solchen Missbrauch empfindliche Charaktere bzw. Beiwerk einzuführen. 
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Offline KhornedBeef

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #4 am: 10.08.2017 | 13:03 »
Ich mag den Vergleich mit der Modelleisenbahn. Da betrachtet man ja auch jede Frage nach "Drama" (Wo könnte denn der Zug entgleisen? Wie reagiert der Bahnhofsvorsteher auf ein Feuer im Tunnel, schickt er die Feuerwehr oder verlässt er seinen Posten?) schnell als Terrorismus. Hier würde ich auch fragen, was denn die Interessen der restlichen Gruppe sind und ob er da still mitlaufen kann. Wobei die Frage ist, ob seine übrigen Spielinteressen nur speziell sind, oder ob er wirklich nur dabei ist um seinen Charakter erstellen zu können.
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Offline Derjayger

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #5 am: 10.08.2017 | 13:28 »
Ich bin jetzt also etwas in der sorge, dass ich nicht genug in der Hand habe um auch für seinen Char interessante Situationen und Motivationen zu schaffen. :(
Ich glaube, bei dem Spieler musst Du seinen Char nicht mit Motivationen u.ä. bespaßen.
Wenn es die anderen Spieler oder Du als SL diese Bespaßung hingegen einfordern, sind Deine Bespaßungen für Dich und diese anderen Spieler, nicht für den Barbiespieler selbst.
Ein Kompromiss könnte sein, mit dem Spieler zu vereinbaren, dass die von Dir gelieferten Konfliktsituationen relativ harmlos für seinen Char sind. Er hingegen könnte klarstellen, dass sein Char keine starken Motivatoren von außen braucht, sondern eh immer überall mitläuft, weil er Abenteurer ist und die Welt sehen will.
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Offline DerSchlund

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #6 am: 10.08.2017 | 15:30 »
@Duck und KhornedBeef

Aber wenn er seinen Character so liebevoll aufgebaut hat wieso kann er dann nicht auch den entspechenden Hintergrund betiteln? Wieso sich die Mühe machen einen Character leben einzuhauchen, wenn dieser am Spieltisch den toten Fisch macht?
Ich kenne ihn gut zumindest so gut, um zu wissen, dass er sich für seinen Character immer sehr viel Tiefe vorstellt. Davon bekommt man aber nie etwas mit. Für die anderen Mitglieder der Heldengruppe mag es ja ok sein, wenn so ein Character mysteriös erscheint und seine Geheimnisse hat, aber für mich als Spielleiter auch im dunkeln gelassen zu werden was seinen Char umtreibt finde ich schon fast als verweigerte Kooperation.

Ich hatte mich auch mal mit ihm unterhalten und sein Konsens war ja, dass ihm am P&P am meisten das Rollenspiel gefällt.. eben einen Character zu spielen. Ich als SL würde so jemandem auch gerne die Bühne dafür bieten, aber ich möchte nicht über "try and error"-Methode Wochenlang testen müssen was ihn bewegt.

Um die Metapher von euch aufzugreifen... man kann ja um seine liebvoll gestaltete Eisenbahnplatte besorgt sein... aber es sollte doch wenigstens auch die Eisenbahn zu sehen sein die auf ihr Fahren soll.

@Maarzan
Zitat von: Maarzan
Ich kenne das Problem auch und es sind Erfahrungen dieser Spieler mit SL, die von Story und Drama schwärmen, welche die entsprechenden Spieler traumatisiert haben ja nicht wieder für solchen Missbrauch empfindliche Charaktere bzw. Beiwerk einzuführen.

Kannst du mir ein Beispiel nennen? Ich kann mir nämlich solch Traume nur schwer vorstellen.

mfg DerSchlund


Online Maarzan

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #7 am: 10.08.2017 | 16:41 »

@Maarzan
Kannst du mir ein Beispiel nennen? Ich kann mir nämlich solch Traume nur schwer vorstellen.


Viel zu viele SL sehen die Beziehungs-NSC (BSC) der Spieler einfach nur als als infachstes Mittel um diesen entweder in die Scheiße zu reiten oder als Griff um ihn in irgendwelche widersinnige Abenteuer hineinzuzwingen, welche er ohne diese letztlcih Erpressung nie angegangen wäre.
So schnell wie der BSC erwähnt wurde, wird er entweder entführt, spektakulär umgebracht (habe ich nicht einen tollen Bösewicht kreiert und und jetzt darfst du dich rächen, toll nicht - wie im Kino...) oder wendet sich heimtückisch gegen den SC (aber du vertraust doch wohl deinem Bruder ...) .

Die Rolle des BSC wendete sich also in dem Moment, wo der SL ihn in die Finger bekam nahezu immer nahezu DIREKT in eine Belastung oder gar Bedrohung für den Charakter bzw. ein Druckmittel zur Lenkung.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline DerSchlund

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #8 am: 10.08.2017 | 17:28 »
@Maarzan

Oh mein Gott... ich würde mich hüten...

Zitat
...als als infachstes Mittel um diesen entweder in die Scheiße zu reiten oder als Griff um ihn in irgendwelche widersinnige Abenteuer hineinzuzwingen...

Einfaches Mittel -> ja
widersinnige Abenteuer -> nein
Sollten die Abenteuer die sich aus diesen GMCs (habe sie als Game-Master-Characters kennen gelernt) ableiten widersinnig sein so hat offensichtlich keine ausreichende Absprache vor Beginn der Kampagne statt gefunden was die Gruppe eigentlich erleben will.

Zitat
So schnell wie der BSC erwähnt wurde, wird er entweder entführt...

Immerhin ein mögliches Scenario, aber auch hier müssen die Umstände dieses Szenario denkbar erscheinen lassen und zwar für vor allem für den Character... dann kann das auch spannend werden.

Zitat
...spektakulär umgebracht...

Damit würde ich mir nur selber ins Knie schießen. Ich möchte ja, dass die Spieler auch Vertraute in der Spielwelt haben die sie für diverse Anliegen ansprechen können. Umgekehrt möchte ich als SL aber auch jemanden zur Hand haben der vollkommen Glaubwürdig auch mal auf die Spielercharactere zugehen kann, weil er ein Anliegen hat oder Informationen oder einfach um eine nette Szene zum Characterrollenspiel aufmachen zu können.
Außerdem setze ich damit nur das Vertrauen der Spieler in mich auf Spiel.

Zitat
oder wendet sich heimtückisch gegen den SC.

Genau diese Art von Spielerparanoia ist es die mir so viele Sitzungen auch als Spieler den Abend verdorben hat. Man kam nicht weiter weil man keinem getraut hat oder niemanden um Hilfe bitten wollte, weil das Geheimnis dann ja nicht mehr sicher wäre. Furchtbar.
Allerdings ist der SL mMn auch selber schuld. Die Spieler solltem dem SL soweit vertrauen können, dass er sie nicht betrügt oder hintergeht. Wenn einer dieser GMCs als Vertrauensperson gelten soll, dann hat er das auch zu sein. Dafür wurde er konzipiert und es wurde vorher auch abgesprochen.

Zitat
Die Rolle des BSC wendete sich also in dem Moment, wo der SL ihn in die Finger bekam nahezu immer nahezu DIREKT in eine Belastung oder gar Bedrohung für den Charakter bzw. ein Druckmittel zur Lenkung.

Grob gesagt sind dafür aber nunmal die Antagonisten zuständig... gerade die GMCs, welche per definition im Konflikt mit der Spielercharacter stehen.

Das Alles habe ich aber auch schon den Spielern vermittelt. Ich habe da keine Geheimnisse oder irgendwelche tricks, sondern bin ganz offen.

Einer der Gründe warum ich um diese GMCs im Hintergrund der einzelnen Spielercharactere gebeten habe ist schlicht um mir die Arbeit etwas zu erleichtern. Ich habe als Spieler mitlerweile einfach zu viele Abende erlebt wo sich Abenteuer ewig hingezogen haben, weil es keine eindeutige Motivation für meinen Char gab. Alle GMCs mussten erstmal durch Abenteuer etabliert werden. Warum ein Bösewicht ein Bösewicht ist musste erst über mehrere Sitzung aufgebaut und durch dutzende Szenen die epische Vorausdeutungen behinhalteten glaubwürdig gemacht werden. Das schlimmste dabei war, dass der SL dabei einfach nicht auf den Hintergrund eingegangen ist den ich mir für meinen Character erdacht habe.
Abschließend war der Endboss einfach einer der besiegt werden musste einfach weil er böse war. Am schlimmsten empfand ich das während der Borbarad-Kampagne die wir mal gespielt haben. Moralische Dilemma waren nie wirklich welche, weil ich als Spieler nie wirklich eine Wahl hatte sondern nur diese, welche gegen meine Überzeugung war.
Aber selbst das hatte nie Folgen.

Danach habe ich einfach für mich entschieden, dass ich kein Interesse mehr daran habe irgendwelche gescripteten ABs zu spielen sondern die Charactere und deren Motivationen sowie Hintergründe die Storry schreiben zu lassen.

mfg DerSchlund
« Letzte Änderung: 10.08.2017 | 17:34 von DerSchlund »

Offline Der Läuterer

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Re: Barbiespiel und Umgang damit.
« Antwort #9 am: 10.08.2017 | 18:31 »
Seit geraumer Zeit bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man als SL seine Spieler so nehmen muss, wie sie sind. Versuch sie nicht zu verändern, zu erziehen, oder ihnen etwas aufzuzwingen. Macht wenig Sinn und setzt vor allem einen Haufen Frust frei - besonders bei Dir als SL. Glaub mir, lass es besser bleiben.

Spieler, die ihre Chars einfach so mitlaufen lassen sind wichtig. Sie bereichern die Gruppe und machen sozusagen wenig Schmutz. Ich nenne sie gemeinhin Topfpflanzen. Sie machen immer mit, wenn nötig und sind ansonsten still. Damit bringen sie das Spiel zwar nicht voran, bremsen den Plot aber auch nicht aus.

Nichts ist schlimmer, als mehr als ein Alpha-Männchen in der Gruppe zu haben, die sich dann nur gegenseitig die Köpfe einhauen, weil jeder woanders seine Prioritäten setzt und andere Ideen verfolgt.

Ich habe nichts gegen das Barbie Spiel als solches. Dennoch ist es selbstgefällig und somit absolut irrelevant und nutzlos für jeden Plot.
Etwas davon ist zuerst mitunter ganz lustig, fängt dann aber schnell an, massiv zu nerven.
Power Gamer: 38% | Butt-Kicker: 8% | Tactician: 67% | Specialist: 38%
        Method Actor: 96% | Storyteller: 83% | Casual Gamer: 13%

Nur wenige Menschen sind stark genug, um die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit zu hören.
- Luc de Clapiers Marquis de Vauvenargues -