Autor Thema: Hard SF mit Bordmitteln  (Gelesen 9790 mal)

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Offline YY

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #50 am: 21.09.2017 | 15:13 »
Natürlich muss ein bestimmtes Maß an Simulation sein, aber das muss nicht für alles was im Spiel vorkommt während des Spiels geschehen.

Keine Frage.
Das sollte sogar der Normalfall sein, weil ein SL, der 20 Minuten am Abakus hantiert, das Spiel schon ein bisschen ausbremst  ;D

Man darf halt "nur" nicht spontan irgendwelchen Unfug einbringen.
Für vieles ist das in erster Linie Gewöhnungssache, aber weil ich so gerne Steine in eine bestimmte Richtung schmeiße:
Bei Star Trek findet man das ständig. Da muss(te) halt vor Allem die Folge fertig werden und man hatte keine Zeit und Muße, um zu sagen: Check das mal jemand, wir drehen so lange was anderes.


Trotzdem muss das Abenteuer sich nicht um den Treibstoffverlust drehen und kann trotzdem Hard SF sein.

Wie ich weiter oben schrieb:
Es macht sogar den allerwenigsten Spaß, wenn solche Sachen Abenteuerkern sind. Als Aufhänger u.Ä. ist das aber in Ordnung.

Trotzdem ist es möglich, dass die Dinge, die nicht direkter Spielgegenstand sind, einen harten wissenschaftlichen Bezug zur Realität haben ohne simuliert bzw. eigenhändig ausgerechnet werden zu müssen.

Wenn es schon jemand anderes für mich vorbereitet hat, ist das völlig in Ordnung. Genau so, wenn ich im Spielverlauf an der Stelle mit konkreten Zahlen etwas sparsamer bin, um mich da nicht in die
Nesseln zu setzen.
Solange man einen halbwegs guten Riecher dafür hat, was geht und was nicht geht, wird da nicht viel schiefgehen.


D.h. du bereitest eine Liste mit solchen Details vor? Improvisierst?

Ein bisschen von beidem. Meistens habe ich im Vorfeld schon eine kleine Auswahl im Kopf, auf deren Einbringung ich gezielt hinarbeite und der Rest ergibt sich spontan.


Ich hatte YYs Kommentar jetzt im Sinne einer anderen Herangehensweise verstanden, für die Raumfahrt irgendwie exemplarisch ist. Aber das Phänomen, dass Dinge sich komplett anders verhalten als vermutet oder vom Klischee vorgegeben, hat man ja immer mal wieder und auch zu beachten, wenn man bspw. ein historisch verankertes Rollenspiel schreibt/spielt. Oder eines über psychische Krankheiten.

Ja, das Prinzip ist das Gleiche. Da gibt es schon große Schnittmengen zu historischer Darstellung, "guten" Technothrillern usw.

Raumfahrt ist deswegen für die Herangehensweise ein so gutes Beispiel, weil es da keine Diskussion geben kann. Richtige Zahlen einsetzen, zwingend das gleiche Ergebnis erhalten wie alle anderen, die das ausrechnen.

Bei alternate history, "richtiger" geschichtlicher Darstellung oder in der Psychologie gibt es echte Unwägbarkeiten und noch viel mehr jene, die mit "das wäre aber in echt ganz anders" um die Ecke kommen. Das bekommt man natürlich auch abgedeckt, aber solche Einwürfe haben ihren Platz wenn überhaupt drei Schritte später und nicht dort, wo es um die Verdeutlichung der Herangehensweise geht.


Vielleicht wollen manche im Rollenspiel wirklich komplizierte Berechnungen über Trägheit und Masse, für manche ist das aber irrelevant und spielen (gefühlt) dennoch Hard-SF. Hard-SF könnte ich auch mit Fate spielen  ;).

Genau das macht Hard SF eben aus. Gefühl hin oder her, die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache.
Wenn da keine Zahlen genannt würden, wäre Feuersänger zufrieden (oder hätte wenigstens nichts zu motzen  ;) ).
Wenn man aber welche nennt, müssen sie stimmen und mit dem Rest zusammenpassen.

Das bedeutet nicht, dass man immer jeden Scheiß bis ins Allerletzte ausrechnen muss, erst recht nicht a) während der Sitzung und b) als Spieler.
Es bedeutet aber sehr wohl, dass man aufpassen sollte, nicht versehentlich irgendwelche Wundertechnologien zu postulieren, die dann natürlich keinerlei Auswirkungen haben, weil man gar nicht auf dem Schirm hat, wie abgefahren das gerade ist.
Und das passiert in Sachen Raumfahrt ziemlich schnell, weil man das auch als handelsüblicher SF-Autor eben nicht mal gerade so abschätzen kann.


Das Regelwerk ist dabei völlig egal. Da gibt es erst mal nur den Unterschied, ob mir das System solche Sachen in vereinfachter Form ausspucken kann oder ob meine Überlegungen völlig entkoppelt vom Regelwerk stattfinden müssen.
Wenn man in die Details geht, muss man bei Fate u.Ä. ggf. etwas mehr aufpassen, nicht von der Spielmechanik aufs wissenschaftliche Glatteis geführt zu werden.

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Turning Wheel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #51 am: 21.09.2017 | 15:22 »
Ich würde entweder simulationistisch spielen (z.B. Gurps) oder sehr frei erzählerisch (z.B. Idee!).
Fate hätte mir zu viele hippe Spielmechaniken, die mir die Wissenschaftlichkeit überschreiben.

@ YY: Ja, sieht schon sehr so aus, als würden wir uns verstehen. :)
« Letzte Änderung: 21.09.2017 | 15:25 von Turning Wheel »

Ucalegon

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #52 am: 21.09.2017 | 15:28 »
Ich hätte das Problem, dass du noch nicht gesagt hast, worum sich dein Abenteuer oder deine Kampagne eigentlich drehen soll.

Wie gesagt, ich bin gar nicht auf der Suche nach irgendwas. Ich will ja wissen, was ihr macht und wie ihr vorgeht, wenn ihr Hard SF spielt/in der eingangs formulierten hypothetischen Situation wärt. Und du schriebst, du würdest was mit Gesellschaft/Psychologie machen.

Also um dir ganz konkrete Sachen zu empfehlen, müsste man wissen was du machen willst bzw. in welche wissenschaftliche Richtung du gehen willst.
Optimalerweise ist das auch noch eine, die deine Spieler cool finden, aber nicht so viel drüber wissen. Z.B. wenn einer deiner Spieler Tierarzt ist, würde
ich lieber nichts Hartes in Richtung Medizin machen, weil du dann keinen Blumentopf gewinnen kannst.

Hm. Das würde ich genau umgekehrt sehen und hoffen, dass der Tierarzt coole Sachen einbringt. Es geht ja dabei nicht darum, sich oder anderen irgendwas vorzumachen, sondern zusammen ein möglichst spannendes Rollenspiel zu spielen. (Andererseits spiele ich auch viel SL-los).


Offline Turning Wheel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #53 am: 21.09.2017 | 15:51 »
Klar, wenn die Spieler sich bei der Story bzw. der Entscheidung auch einbringen dürfen, ist große Expertise unter den Spielern gewünscht.

Du kannst dir ja mal das hier anschauen. Das ist meine eigene SF-Welt (allerdings recht alt und nicht mehr so cool):
http://wiki.flyinggames.de/doku.php?id=2222:start
Es sit keine reine Hard-SF-Welt. Es gibt auch mystische Einflüsse (z.B. Psi).

Offline Archoangel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #54 am: 21.09.2017 | 16:27 »
Ich will ja nicht unken, aber ...

Was soll dieses Hard-SF denn sein? Realistisch gesehen kann es höchstens im Jahre 2042 spielen, da ich Prognosen über 25 Jahre hinaus für zu gewagt halte ... wer hätte den schon 1995 unser heutiges 2017 voraussagen können?

Also von einem Hard-SF zu reden, dass gar zwei, drei, fünfhundert Jahre von jetzt an spielt, sich aber gleichzeitig über "magische" Effekte zu beschweren ist schlicht gesagt Lötzinn: lass mal einen menschen aus dem 30-jährigen Krieg in das heutige Hier und Jetzt springen - der versteht gar nichts und alles was er wahrnimmt ist für ihn/sie Magie. Entsprechend schwierig dürfte es jetzt sein Aussagen über eine potentielle Zukunft (und Technik) zu treffen, wie sie in 500 Jahren sein könnte. Stichwort: Smartphone. Vor 25 jahren quasi undenkbar und in fats keinem SciFi der zeit auch nur angedacht. Wenn, dann hattest du deutlich größere Geräte mit deutlich eingeschränkterer funktion und Reichweit, die einen unglaublichen Energiebedarf hatten.

Entsprechend bleibe ich bei DSA - 100 Billionen Jahre. Das Setting hat genügend Platz für so ziemlich alles und letztlich kann ein mensch, dessen technisches Verständnis dem Meinen um mehrere Hundert Jahre zurückliegt ohnehin alles was ich tue nicht in Technik/Magie unterscheiden.
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Ucalegon

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #55 am: 21.09.2017 | 16:31 »
Du kannst dir ja mal das hier anschauen. Das ist meine eigene SF-Welt (allerdings recht alt und nicht mehr so cool):
http://wiki.flyinggames.de/doku.php?id=2222:start
Es sit keine reine Hard-SF-Welt. Es gibt auch mystische Einflüsse (z.B. Psi).

Danke für den Link. Ich lese mal rein.

Ich will ja nicht unken, aber ...

Was soll dieses Hard-SF denn sein? Realistisch gesehen kann es höchstens im Jahre 2042 spielen, da ich Prognosen über 25 Jahre hinaus für zu gewagt halte ... wer hätte den schon 1995 unser heutiges 2017 voraussagen können?

Darum geht es mir wie gesagt nicht und ich möchte dazu hier auch nichts lesen. Streitet euch bitte woanders darum.

Offline Turning Wheel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #56 am: 21.09.2017 | 17:33 »
In welchem Jahr wolltest du es denn ansiedeln? So ganz grob?
Wie Expanse im 23. Jhd?
Meine Welt ist ja ziemlich genau die Zeit und auch grob das Setting. Nur halt zwischen 1989 und 2010 geschrieben. :D
Ich schätze mal ein paar Ideen kannst du rausziehen.

Offline Feuersänger

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #57 am: 21.09.2017 | 18:29 »
Also von einem Hard-SF zu reden, dass gar zwei, drei, fünfhundert Jahre von jetzt an spielt, sich aber gleichzeitig über "magische" Effekte zu beschweren ist schlicht gesagt Lötzinn: lass mal einen menschen aus dem 30-jährigen Krieg in das heutige Hier und Jetzt springen - der versteht gar nichts und alles was er wahrnimmt ist für ihn/sie Magie.

Das ist ein Strohmann, weil man das überhaupt nicht vergleichen kann. Im Barock gab es noch gar keine Wissenschaft. Da haben sie noch versucht, mit Handzentrifugen Blei in Gold zu verwandeln. Inzwischen wissen wir über die Natur um so viele Größenordnungen besser bescheid, da muss jeder Vergleich ins Leere laufen. Wie Lesch immer so schön sagt: "falls wir uns irren, irren wir uns verdammt gut" -- denn unsere ganze heutige Technologie vom CD-Player über Flashspeicher, Halbleiter und GPS bis hin zum (Versuchs-)Fusionsreaktor basiert auf unserem wissenschaftlichen Modell von der Natur, wenn das also grob falsch wäre, könnten wir diese Debatte hier überhaupt nicht führen.

Natürlich können wir nicht sämtliche Entwicklungen der nächsten 300 Jahre voraussehen. Das verlangt ja auch niemand. Aber zumindest, dass es allerhöchstwahrscheinlich auch in 300 Jahren KEIN Perpetuum Mobile geben wird und die Hauptsätze der Thermodynamik immer noch gelten werden, _das_ kann und sollte man als gegeben voraussetzen.

Umgekehrt ist es sogar legitim, bereits gemachte Erfindungen zu ignorieren. Wie etwa Rocketpunk: was wäre, wenn wir zwar nukleare Raumschiffe hätten, aber keine Computer um sie zu steuern? Das ist okay weil man damit keine bekannten Naturgesetze verletzt; man geht lediglich von einer Alternativhistorie aus.

Wenn ein Autor mal eben einen 1G-Antrieb postuliert, ohne sich um die physikalisch-technischen Probleme zu scheren, ist das für mich so schon ein Problem, aber da könnte ich mich evtl noch zähneknirschend mit abfinden. Endgültig auseinander fällt es allerdings, wenn der Autor sich auch keine Gedanken über die anderweitigen Implikationen einer solchen Technologie gemacht hat. Wie zum Beispiel der Sachverhalt, dass ein jedes derartiges Raumschiff gleichzeitig eine Massenvernichtungswaffe vom Schlage einer Zarbombe oder eines ganzen planetaren Wasserstoffbombenarsenals ist.
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Eulenspiegel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #58 am: 21.09.2017 | 23:20 »
Dasselbe gilt für Beispiel Nr.2: Die Hauptsache ist, dass das Triebwerk sich eben in ein paar Tagen nicht reparieren lässt und das Schiff irgendwie abgebremst werden muss (btw was war denn eure Lösung?).
Wir hatten zuerst einen Großteil unserer Luft gezielt abgelassen. Die ausströmende Luft war sozusagen einer Art Mini-Antrieb, der uns etwas zur Seite gedriftet hat. Das hat zwar nicht ausgereicht, um uns abzubremsen. Aber wenigstens flogen wir jetzt nicht mehr im Volltempo auf den Planeten zu, sondern im Volltempo knapp an dem Planeten vorbei. - Was uns zwar nicht sofort tötet, aber immer noch blöd ist, da wir auf der anderen Seite dann mit der gleichen Geschwindigkeit weiter in die Unendlichkeit fliegen.

Während wir die Erde passiert haben, haben wir den Frachtcontainer und ein weiteres Modul vom Raumschiff abgesprengt. Die Sprengung erfolgt so, dass die beiden Teile von der Erde weg und in Flugrichtung beschleunigt wurden. Aufgrund der Impulserhaltung wurden wir dadurch ein wenig abgebremst und Richtung Erde beschleunigt. Das hat ausgereicht, um uns in einen halb-stabilen Orbit um den Planeten zu bringen.

Zitat
Ergänzend vielleicht: wo sich durch die technischen (Un)Möglichkeiten harte Einschränkungen ergeben?
Darüber habe ich noch nie groß nachgedacht.
Aber ja, Einschränkungen sind durchaus ein Punkt, wo sich Hard SF bemerkbar macht.

Auf der anderen Seite macht sich Hard SF aber auch bei Möglichkeiten bemerkbar: Wenn du Geräte zweckentfremdest und sie für eine Aufgabe einsetzt, für die sie nicht gedacht sind. Wichtig ist jedoch, dass man kein Technobabbel verwendet "Ich kalibriere mal eben die Phalanx, um..."
Sondern, dass man wirklich genau beschreibt, wieso das funktioniert. Letztendlich entscheidet dann kein Würfelwurf, sondern die anderen Mitspieler entscheiden, ob das funktioniert. Dabei entscheiden die Mitspieler nicht aufgrund von narrativen Argumenten, sondern rein auf Basis von Plausibilität und ob sie glauben, dass so etwas funktionieren würde.

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #59 am: 21.09.2017 | 23:25 »
Und ihr konntet all diesen Krams machen ohne das die Orbitalkontrolle bei euch nachgefragt und Notfallprozeduren von Rettung bis Abwehr  eingeleitet wurden?
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Eulenspiegel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #60 am: 21.09.2017 | 23:37 »
Notfallprozedur bei Abwehr wäre wahrscheinlich gewesen: Sie würden uns ein paar Raketen oder Laserstrahlen entgegenschicken, die uns pulverisieren. Das ist nicht passiert, da wir ja am Planeten vorbei geflogen sind, für den Planeten also keine Gefahr darstellten.

Notfallprozedur für Rettung gab es zu diesem Zeitpunkt nicht, da wir eine zu hohe Geschwindigkeit hatten. Als wir dann im halb-stabilen Orbit waren, sah das anders aus. Da konnten wir dann ganz regulär ein Reparaturteam anfordern, das uns in einen stabilen Orbit gebracht hat, uns beim Andocken an eine Station geholfen hat, wo das Triebwerk dann repariert werden konnte.

alexandro

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #61 am: 22.09.2017 | 13:11 »
Das ist ein Strohmann, weil man das überhaupt nicht vergleichen kann. Im Barock gab es noch gar keine Wissenschaft. Da haben sie noch versucht, mit Handzentrifugen Blei in Gold zu verwandeln. Inzwischen wissen wir über die Natur um so viele Größenordnungen besser bescheid, da muss jeder Vergleich ins Leere laufen. Wie Lesch immer so schön sagt: "falls wir uns irren, irren wir uns verdammt gut" -- denn unsere ganze heutige Technologie vom CD-Player über Flashspeicher, Halbleiter und GPS bis hin zum (Versuchs-)Fusionsreaktor basiert auf unserem wissenschaftlichen Modell von der Natur, wenn das also grob falsch wäre, könnten wir diese Debatte hier überhaupt nicht führen.

Sorry, aber das ist ein noch größerer Strohmann. Im Barock gab es durchaus Wissenschaft und sehr fundierte Erkenntnisse (z.B. über den Aufbau unseres Sonnensystems). Natürlich gab es auch Verirrungen, aber geschenkt - selbst heute gibt es Leute die an die Hohlerde oder Heillkristalle glauben: wenn jemand in 300 Jahren auf uns zurückblickt wird er sicher (wenn er seine Beispiele ebenso selektiv herauspickt, wie du es hier tust) sagen "Na klar konnten sie damals noch nichts Vernünftiges wissen, schau dir mal an, wie die Wissenschaft damals aussah!". Ebenso wäre es nicht das erste Mal, dass funktionierende Technologien auf komplett falschen Annahmen basieren, aber das ist ein anderes Thema.

Der Punkt ist, dass Hard-SciFi darauf fußt, dass unsere Erkenntnisse über die Welt richtig sind und wesentliche Naturgesetze nicht mal eben so über den Haufen geworfen werden. Ob das realistisch ist, steht gar nicht zur Debatte: es gehört einfach zum Genre.
« Letzte Änderung: 22.09.2017 | 15:15 von alexandro »

Pyromancer

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #62 am: 22.09.2017 | 13:22 »
Meine härteste Hard-SF-Runde hab ich mit dem Corporation-Regelkern geleitet, das ging auch in Richtung Transhumanismus mit menschlichen Anbauteilen und Kram, das wollte ich da durch Zahlen abgebildet haben. Meine zweit-härteste Hard-SF-Runde war mit Turbo-Fate.

Das Setting hab ich in beiden Fällen selbst gebaut.

Ucalegon

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #63 am: 22.09.2017 | 13:23 »
Meine härteste Hard-SF-Runde hab ich mit dem Corporation-Regelkern geleitet, das ging auch in Richtung Transhumanismus mit menschlichen Anbauteilen und Kram, das wollte ich da durch Zahlen abgebildet haben. Meine zweit-härteste Hard-SF-Runde war mit Turbo-Fate.

Das Setting hab ich in beiden Fällen selbst gebaut.

Ein paar Highlights würden mich da sehr interessieren.  :d Besonders, wie du mit Fate da ran gegangen bist. Wie hast du das vorbereitet?

Pyromancer

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #64 am: 22.09.2017 | 13:43 »
Ein paar Highlights würden mich da sehr interessieren.  :d Besonders, wie du mit Fate da ran gegangen bist. Wie hast du das vorbereitet?

Ich mag Weltenbau, und ich mag es auch, da mit Zahlen rumzuspielen - seien das jetzt die Schubkräfte von Raumschiff-Antrieben oder die Wirtschaftsleistungen interstellarer Gesellschaften. Am Ende muss ich, damit ich mich gut vorbereitet fühle, ein stimmiges Bild der Welt in meinem Kopf haben; dann kann ich das nämlich auch an meine Spieler vermitteln. Und wenn das Fundament stabil ist, dann lässt es sich auch leicht darauf herum improvisieren, wenn die Spieler auf einmal Dinge wissen wollen, an die man vorher nicht gedacht hat.

Regeltechnisch hat sich das alles bei Turbo-Fate gar nicht niedergeschlagen, und die Vorbereitung hat sich da prinzipiell auch nicht von der Corporation-Runde unterschieden.

Offline Feuersänger

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #65 am: 22.09.2017 | 23:04 »
Der Punkt ist, dass Hard-SciFi darauf fußt, dass unsere Erkenntnisse über die Welt richtig sind und wesentliche Naturgesetze nicht mal eben so über den Haufen geworfen werden. Ob das realistisch ist, steht gar nicht zur Debatte: es gehört einfach zum Genre.

Darauf können wir uns einigen.
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Offline Ainor

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #66 am: 23.09.2017 | 18:17 »
Für mich verhält sich Hard-SciFi zur Space Opera wie Mittelalter zur Fantasy, d.h. alles was offensichtlich nicht dazugehört fliegt raus.
Also: keine Überlichtgeschwindigkeit, keine Raumschiffe die wie Schiffe fliegen, kein Psi etc., und Aliens müssen biologisch plausibel sein.
Trotzdem ist das Thema Raumfahrt oder ähnliche Zukunftstechnik, womit es sich von Cyberpunk oder Postapokalypse abgrenzt.

Allerdings gibt es keinen Grund anzunehmen dass Hochrealismus die einzige Möglichkeit ist in so einem Setting zu spielen.
Ein Mittelaltersetting funktioniert auch ohne superrealistisches Kampfsystem. Entsprechend kann man auch Hard-SciFi spielen ohne dass
die Regeln die gesammte Physik vollständig simulieren.

Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Eulenspiegel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #67 am: 23.09.2017 | 18:22 »
Stimmt, die Regeln müssen nicht die gesamte Physik simulieren. Aber das Setting muss realistisch sein. Und die Regeln dürfen nicht dem Setting widersprechen. Womit einige cineastische Regelwerke sich durchaus nicht mit Hard SF vertragen.

Ansonsten sollten Regeln nach Möglichkeit das Genre unterstützen: Wenn das Genre (Hard SF) den Fokus auf Realismus legt, die Regeln aber z.B. den Fokus auf das Erzählen von interessanten Geschichten legt, dann kann man mit den Regeln zwar Hard SF spielen, sie unterstützen das Spiel aber nicht.

alexandro

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #68 am: 25.09.2017 | 15:15 »
Wieso muss sich das widersprechen? Wenn der Fokus auf das Erzählen interessanter Geschichten liegt, dann definiert das Regelwerk in der Regel, was ein sinnvoller Beitrag zur Geschichte ist und was nicht (bzw. liefert ein Framework, auf dessen Basis die Spielgruppe das selber festlegen kann). Für Hard-SF würde man also sehr ergebnisorientiert herangehen - statt extrem eng definierte Regeln zu schreiben, die alle Sachen aus dem Spiel ausschließen, welche bei Hard-SF nicht gehen (sollen), würde man andersherum fragen "Was soll denn alles Teil des Spiels sein?" und den Kanon der akzeptablen Spielbeiträge auf diese Weise definieren. Auf diese Weise kann man auch durchaus sehr gut Hard-SF spielen, wenn man als System FATE oder Everway verwendet.

Ebenso verhält es sich bei eher leichteren Systemen: wir haben eine Weile Battletech mit dem Silhouette-System gespielt. Das System hat zwar recht brauchbare Fahrzeugregeln, die sind aber ein ganzes Stück abstrakter und bilden solche Sachen wie Wärmeentwicklung, Trefferzonen oder besonders empfindlich Schwachpunkte der Mechs (gesamte Muni im linken Bein) eher nicht ab - trotzdem waren sie Teil des Spiels, sei es durch die kontextsensitive Interpretation von Würfelergebnissen oder auch durch die großzügige Anwendung von Boni, wenn ein Settingfakt hier wichtig erschien. Ähnlich verhält es sich bei Hard-SF: man muss nicht den exakten Treibstoffverbrauch kennen, man muss nur grob wissen, ob es wahrscheinlich, unwahrscheinlich oder fast unmöglich ist, dass ein beschädigtes Raumschiff mit einem Bruchteil des Treibstoffs doch noch sein Ziel erreicht - die Definition was im Setting geht (und was nicht) erfolgt eher deskriptiv - statt numerisch - muss deswegen aber nicht zwingend weniger realistisch sein.

Eulenspiegel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #69 am: 25.09.2017 | 23:34 »
Wieso muss sich das widersprechen? Wenn der Fokus auf das Erzählen interessanter Geschichten liegt, dann definiert das Regelwerk in der Regel, was ein sinnvoller Beitrag zur Geschichte ist und was nicht
Ich glaueb, du vermischst hier die beiden Absätze.

Im ersten Absatz geht es um cineastisches Spiel. Das heißt, man kann sich mit akrobatischen Manövern durch Gegnerhorden metzeln, im Matrixstyle Kugelna usweichen oder wie McGyver mit Kaugummi und Bleistift einen Fahstuhl in Gang setzen. Diese Regeln sind alle nicht realistisch und widersprechen daher einem realistischen Setting.

Im zweiten Absatz bin ich dann auf erzählorientierte Spiele eingegangen. Und dort habe ich ausdrücklich gesagt, dass sie dem Setting nicht widersprechen. Aber sie unterstützen es halt auch nicht!

Zitat
Ähnlich verhält es sich bei Hard-SF: man muss nicht den exakten Treibstoffverbrauch kennen, man muss nur grob wissen, ob es wahrscheinlich, unwahrscheinlich oder fast unmöglich ist, dass ein beschädigtes Raumschiff mit einem Bruchteil des Treibstoffs doch noch sein Ziel erreicht
Richtig.
Aber weißt du aus dem Stehgreif, ob das wahrscheinlich, unwahrscheinlich oder fast unmöglich ist? Ich weiß es nicht. Klar, ich könnte mir ein Luft&Raumfahrtbuch schnappen und es herausfinden. Aber eigentlich will ich, dass mir bereits das Regelwerk eine Antwort liefert. Und Fate hilft mir dabei nicht.

Sicherlich: Sobald ich weiß, ob es wahrscheinlich, unwahrscheinlich oder fast unmöglich ist, kann ich Fate benutzen. Aber dann ist es bereits zu spät. Ich will das Regelwerk benutzen, um die Wahrscheinlichkeit herauszufinden.

Bei Hard SF mit Fate dürfte wahrscheinlich so etwas wie "Rettet Mark Watney - Der Film" herauskommen. Das Buch ist eines der besten Hard SF, die ich kenne. Der Film widerspricht nicht wirklich dem Roman, ist aber fast kein Hard SF mehr.

Offline Chruschtschow

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #70 am: 26.09.2017 | 06:51 »
Auf der anderen Seite steht für mich das Problem, dass es für ein Rollenspiel echt schwer ist, Spielregeln für eine realistische Modellierung von Raumschiffen und deren Bewegung zu kreieren. Wie auch? Das ist ja nun ein Mal wortwörtlich Rocket Science und zwangsläufig nur mit einem gewissen Aufwand simulierbar. Das Wahrscheinlich, Unwahrscheinlich, Fast unmöglich, das mir ein entsprechendes System anbietet, fußt zwangsläufig auf Spieldesignentscheidungen, weniger auf Kepplerschen Gesetzen.

Wie viele Leute simulieren hier denn tatsächlich die planetaren Bewegungen in ihren Sonnensystemen und berechnen dann die passenden Zeitfenster, um mit optimalem dv von Planet zu Planet zu kommen, ggf. mit Swingby. In realistischer Simulation ist das nämlich sehr entscheidend für den Unterschied zwischen Leicht und Unmöglich.
« Letzte Änderung: 26.09.2017 | 06:53 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

Rollenspiel in und um Paderborn - Die Rollenspielergilde e.V. - www.rollenspiel-paderborn.de

alexandro

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #71 am: 26.09.2017 | 08:35 »
Im zweiten Absatz bin ich dann auf erzählorientierte Spiele eingegangen. Und dort habe ich ausdrücklich gesagt, dass sie dem Setting nicht widersprechen. Aber sie unterstützen es halt auch nicht!

Wie sie diese Art von Spiel unterstützen, hatte ich weiter oben schon geschrieben.

Klassische Rollenspiele versuchen mit den Regeln "alle Lecks zu stopfen" und nur das durchzulassen, was dem Hard-SF-Genre entspricht. Das gelingt selten und oft hat man dann ein extrem kompliziertes Regelwerk oder eines, welches eben doch nicht alle Möglichkeiten bedacht hat und Sachen zulässt, welche nicht zu Hard-SF passen.

Erzählspiele unterstützen das Spiel dadurch, dass sie sehr ausführlich erklären, wo man mit dem Spiel hin will und was in dem Setting geht (und was nicht). Auf dieser Grundlage kann man schon recht gut entscheiden, ob eine bestimmte Aktion jetzt sinnvoll für das Setting ist oder nicht.

Das was du "cineastische Rollenspiele" nennst sind normalerweise nur extrem regelleichte Spiele, welche zu den Regelmechaniken bestimmte Erzählkonventionen mitliefern. Diese lassen sich aber leicht austauschen: statt zu beschreiben wie man "im Matrixstyle Kugeln ausweicht" könnte man die selbe Mechanik auch anwenden, um zu beschreiben, wie man sich zu Boden fallen lässt und panisch in Richtung Deckung robbt, während die Kugeln knapp hinter dir den Boden durchsieben. Auf diese Weise widersprechen diese Regeln (oder zumindest deren Mechaniken) dem Setting nicht.
« Letzte Änderung: 26.09.2017 | 22:07 von alexandro »

Offline Turning Wheel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #72 am: 26.09.2017 | 13:21 »
Auf der anderen Seite steht für mich das Problem, dass es für ein Rollenspiel echt schwer ist, Spielregeln für eine realistische Modellierung von Raumschiffen und deren Bewegung zu kreieren. Wie auch? Das ist ja nun ein Mal wortwörtlich Rocket Science und zwangsläufig nur mit einem gewissen Aufwand simulierbar. Das Wahrscheinlich, Unwahrscheinlich, Fast unmöglich, das mir ein entsprechendes System anbietet, fußt zwangsläufig auf Spieldesignentscheidungen, weniger auf Kepplerschen Gesetzen.

Wie viele Leute simulieren hier denn tatsächlich die planetaren Bewegungen in ihren Sonnensystemen und berechnen dann die passenden Zeitfenster, um mit optimalem dv von Planet zu Planet zu kommen, ggf. mit Swingby. In realistischer Simulation ist das nämlich sehr entscheidend für den Unterschied zwischen Leicht und Unmöglich.

Ich habe mir für meine Hard-SF-Kampagne eine Draufsicht vom Sonnensystem ausgedruckt, wo die Positionen der Planeten auf ihrer Bahn im Lauf eines Jahres abgetragen waren. So konnte ich im Verlauf der Monate immer schnell abmessen, wie groß die Distanzen waren. Und die Spieler konnten das natürlich auch sehen.

Ucalegon

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #73 am: 26.09.2017 | 13:32 »
Auf der anderen Seite steht für mich das Problem, dass es für ein Rollenspiel echt schwer ist, Spielregeln für eine realistische Modellierung von Raumschiffen und deren Bewegung zu kreieren. Wie auch? Das ist ja nun ein Mal wortwörtlich Rocket Science und zwangsläufig nur mit einem gewissen Aufwand simulierbar. Das Wahrscheinlich, Unwahrscheinlich, Fast unmöglich, das mir ein entsprechendes System anbietet, fußt zwangsläufig auf Spieldesignentscheidungen, weniger auf Kepplerschen Gesetzen.

Wie viele Leute simulieren hier denn tatsächlich die planetaren Bewegungen in ihren Sonnensystemen und berechnen dann die passenden Zeitfenster, um mit optimalem dv von Planet zu Planet zu kommen, ggf. mit Swingby. In realistischer Simulation ist das nämlich sehr entscheidend für den Unterschied zwischen Leicht und Unmöglich.

Brad Murray befasst sich damit gerade für die Neuauflage von Diaspora.

Ich stimme dir absolut zu, deswegen bin ich ja so an best practices interessiert. Wie mache ich das in einem Rollenspiel? Sowohl in einem Sim-lastigen als auch in erzählerischen. In beiden kann ich jedenfalls nicht "immer jeden Scheiß bis ins Allerletzte ausrechnen [...], erst recht nicht a) während der Sitzung und b) als Spieler" um YY zu zitieren.

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #74 am: 26.09.2017 | 19:33 »
Auf der anderen Seite steht für mich das Problem, dass es für ein Rollenspiel echt schwer ist, Spielregeln für eine realistische Modellierung von Raumschiffen und deren Bewegung zu kreieren.
Natürlich ist es verdammt schwer!

Aber es gibt halt zwei Typen von Mensch.
Typ1: "Das ist schwer? Challenge accepted!"
Typ2: "Das ist schwer? Ich schau mich mal nach etwas anderem um, was leichter ist."

Dass etwas schwer ist, bedeutet nur, dass man es nicht im Vorbeigehen lösen kann, sondern dass man echte Arbeit* investieren muss.

*Der Regeldesigner muss  Arbeit investieren. Je mehr Arbeit der Regeldesigener investiert, desto weniger Arbeit haben anschließend die Spieler.

Klassische Rollenspiele versuchen mit den Regeln "alle Lecks zu stopfen" und nur das durchzulassen, was dem Hard-SF-Genre entspricht.
Und nicht-klassische Rollenspiele lassen einfach alles durch.

Zitat
Erzählspiele unterstützen das Spiel dadurch, dass sie sehr ausführlich erklären, wo man mit dem Spiel hin will und was in dem Setting geht (und was nicht). Auf dieser Grundlage kann man schon recht gut entscheiden, ob eine bestimmte Aktion jetzt sinnvoll für das Setting ist oder nicht.
Nein. Erzählspiele erklären nicht, was in dem Spiel geht. Nehmen wir doch mal das Beispiel von weiter oben mit dem beschädigten Raumschiff: Ist es wahrscheinlich, unwahrscheinlich oder fast unmöglich, dass das Raumschiff sein Ziel erreicht? Darauf bietet das Erzählspiel keine Antwort.

Funktionieren Spiegelrüstungen gegen Laser in der Wüste? Darauf bietet das Erzählspiel auch keine Antwort.

Wie lange kann ein Mensch ohne Raumanzug im Vakuum überleben? Lange genug, um von einer Luftschleuse in die nächste zu hechten?
Kann ich die Luft im Raumanzug als Antrieb verwenden, wenn ich ein Loch in den Raumanzug schneide? Bzw. was passiert, wenn mein Raumanzug bei einem Gefecht ein Loch abbekommt?
Was macht eine Atombombe, die im Vakuum gezündet wird?
Was passiert, wenn ich auf dem Erd-Mond landen will und einige Kilometer über dem Boden die Triebwerke ausfallen?

Alles Fragen, auf die Erzählspiele keine Antwort liefern.

Zum anderen Punkt "sie erklären, wo man mit dem Spiel hin will": Genau das ist das Problem! Das Erzählspiel sagt: "Ich will zu plotorientieren Ereignissen." Das Genre sagt jedoch: "Ich will eine technisch exakte Simulation und die Ereignisse, die realistisch sind."
Das heißt, das Erzählspiel will in die eine Richtung, das Genre will in eine andere Richtung.

Zum cineastischen Rollenspiel:
a) Nur weil du nur regelleichte cineastische Spiele kennst, heißt es nicht, dass es nur regelleichte cineastische Spiele gibt.

b) Es macht einen Unterschied, ob man einer Kugel ausweicht oder sich auf den Boden fallen lässt.
1. Wenn der Gegner 20 Meter vor dir steht und auf dich schießt, braucht die Kugel etwa 3 Hunderstelsekunden, um dich zu erreichen. Du brauchst jedoch eine halbe Sekunde, um dich auf den Boden fallen zu lassen. Das heißt, du hast gerade mal 6% deiner Bodenfall-Aktion getätigt, wenn dich die Kugel trifft.

In Cineastischen Systemen ist es jedoch kein Problem, der Kugel auszuweichen, egal wie nah der Gegner steht.

2. Selbst wenn ich mich schnell genug zu Boden werfe, um der ersten Kugel zu entkommen, trifft mich spätestens die zweite Kugel. Weil wenn ich erstmal auf dem Boden liege, kann ich mich nicht noch tiefer fallen lassen. "Kugel ausweichen" funktioniert jedoch gegen mehrere Schüsse.

2. Fast jeder kann sich auf den Boden fallen lassen. Aber in cineastischen Systemen kann nicht jeder den Kugeln ausweichen, sondern nur bestimmte Leute.

3. Bei Kugel ausweichen sieht man es oft, dass der SC sich so dem Gegner nähert, um ihn in den Nahkampf zu zwingen. Wenn man sich zu Boden fallen lässt, ist es jedoch fast unmöglich, sich dem Gegner zu nähern: Dieser kann schneller rückwärts laufen als du vorwärts kriechst.

Das heißt, wenn ich Regeln für "Kugeln ausweichen" nehme und es als "zu Boden fallen" interpretiere, widerspricht das gleich in mehreren Punkten dem Setting.