Nu ma Butter bei die Fische. Wir verrennen uns hier, so denke ich, gerade an einem Teilaspekt des Themas.
Der Ausgangspost spricht ja nicht von LGBT allein, sondern versucht - wohlwollend gelesen - das Augenmerk darauf zu richten, dass unser Hobby weniger diskriminierend und mehr divers sein sollte. Da fallen zumindest mir ein paar - aus meiner Lebenswirklichkeit - deutlicher ausgegrenzte Gruppen als "schwule" und "lesbische" Menschen ein. versteht mich bitte nicht falsch - da kann ich Aendymion durchaus zustimmen: der prozeß der völligen Gleichberechtigung von LGBT-Menschen in unserer Gesellschaft ist noch lange nicht abgeschlossen. Ist ja noch nicht einmal der von Frauen. Aber dennoch empfinde ich, dass es da nennenswertere Gruppen gibt (ohne zu sagen, die bisher angesprochenen seien nicht nennenswert), die noch lange nicht so von der gesellschaftlichen Teilhabe profitieren, wie dies eben auf bereits heftig diskuttierte Gruppen zutrifft.
Stichwort: "Flucht". Selbst nach vorsichtigen Schätzungen befinden sich derzeit 65,6 Mio. Menschen in der Flucht und gerade bei uns in der BRD ist das Thema ja allzu aktuell und auch kontrovers und brisannt. Von daher stellt sich mir dir Frage ob es nicht an der Zeit wäre das Thema "Flucht & Flüchtlinge" auch verstärkt ins Spielgeschehen zu integrieren. Mir fällt nämlich auf, dass es in Rollenspielen - und ja: damit meine ich auch die in Amerika - quasi überhaupt keine Rolle spielt und sich scheinbar auch noch niemand die Mühe gemacht hat sich um die Integration von Flüchtlingen&Migranten in unser Hobby zu bemühen. Aendymion hat mich da nachdenklich gemacht, da er ja schreibt er gehe davon aus, dass sich die Spielerzahl durch höhere Präsenz steigern liese. Ich persönlich kenne aber nur einen Flüchtling der 1. Generation, also einen Geflüchteten, der bisher Kontakt mit dem Hobby hätte und das ist einer meiner Schüler und nun raten mal, wer den zum Rollenspielen brachte (unter anderem natürlich auch, um ihn besser integrieren zu können: auf diese Art konnte er leichter Kontakt zu Gleichaltrigen finden und auch der Spracherwerb wurde ihm erleichtert); bisher habe ich zwar davon Abstand genommen Flucht im Spiel zu thematisieren, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eine Kampagne aus der Sicht von Flüchtlingen den Spielern auch helefen könnte ihre Flucht zu verarbeiten, bzw. nicht-flüchtigen Spielern eine vielleicht andere Perspektive zum Thema Flüchtlinge aufzubauen.
Ich baue da auf Erfahrungen auf - vor Jahren habe ich eine DSA-Kampagne für eine ... sagen wir mal Gruppe von Menschen eher "rechter" Gesinnung geleitet (und das ist schon eine Untertreibung) in der sie nach und nach dahinter kamen, dass sie Mitglieder einer verfolgten Minderheit sind ... zunächst etwas heikel, ich denke jeder versteht was ich meine, aber der positive Effekt war überraschend hoch. Sagen wir mal, dass der Großteil der Spieler jetzt eher CSU wählen würden.
Ein weiteres Thema, dass eine "benachteiligte" Gruppe von menschen anspricht wäre das Thema "Behinderung". Auch behinderte Charaktere sind - so ich mich recht entsinne - eine quasi nicht berücksichtigte Gruppe im Rollenspiel, wenn man mal von verschiedenen Baukastensystemen absieht, aber da finde ich es eigentlich auch mehr als fragwürdig, wenn "blind" oder "im Rollstuhl" benannte Nachteile sind, die dem Charakter bei Erwerb Zusatzpunkte bringen. Oder anders gefragt: was würdet ihr von einem Rollenspiel halten, in dem "schwul" oder "transgender" in der Kategorie "Nachteile&Schwächen" stünden und euch Punkte generieren würden mit denen ihr dann goodies zum Ausgleich kaufen könnt. ich denek - aus Sicht behinderter Menschen - das das schon ziemlich aufstoßend sein kann, da man dann quasi auch noch im Hobby vorgeführt bekommt, dass man "anders" oder eben "nicht normal" sei. Pfui Spinne. Wenn ich das jetzt so aufschreibe kommt mir das doch schon ziemlich wiederwärtig vor ...
Noch so ein Thema - das auch bei uns nicht so stark wahrgenommen wird - sind religiöse Aspekte. Wer kümmert sich schon darum, dass das Christentum die meißtverfolgte Religion auf der Welt ist? Zumal es ja in modernen Zeiten geradezu salonfähig geworden ist sich über die Religion von Menschen lustig zu machen, diese zu belächeln oder gar auszugrenzen. Heute ist es nicht mehr so selbstverständlich zu sagen "Selbstverständlich glaube ich an Gott" und ich kenne auch Menschen, die aufgrund ihrer Religion/Religiösität einen Job verweigert bekommen haben. ich uss allerdings zugeben, dass ich jetzt spontan auch nicht weis, wie man das in den Rollenspielprodukten besser betonen könnte. Nur fällt mir auf, dass gerade Verlage dieses Thema immer wieder komplett umgehen und/oder ausschließen. Aber selbst neuzeitliche Settings gehen auf diesen aspekt menschlichen Lebens quasi gar nicht ein. Vermutlich zu viel Zündstoff.
Wenn man länger - so wie ich - über das Grundthema nachdenkt fallen einem sicher noch mehr Themen ein, die in unserem Hobby gar keinen Augenmerk bekommen und vielleicht gerade auch deshalb Menschen ausgrenzen/ausschließen. Nicht unbedingt aus "Böswilligkeit" sondern eher aus "Sorglosigkeit". Zum Beispiel gibt es - jenseits von ein paar Elfen-Klischees - auch keine mir bekannten Veganer oder Vegetarier in Rollesnpielen. und das Thema wird irgendwie komplett ignoriert. Aber: haben Veganer nicht auch ein Anrecht darauf mal positiv in einem Rollenspiel benannt zu werden, statt nur für billige Klischees herzuhalten.
Was spricht denn dagegen mal ein veganes Wirtshaus einzubauen, in dem der schwule gnomische Wirt gerade mit dem weißen Bürgermeister, der im Rollstuhl sitzt auf die Abenteurer wartet um über den nächsten Auftrag zu sprechen? In letzter Zeit gäbe es so viele Elfen-Flüchtlinge im Ort und die wolle man nicht - ob sie nicht die Fluchtursache bekämpfen könnten, damit das Pack wieder verschwände. und am Ende stellt sich dann - in einer epischen Schlacht um das Dorf - heraus, dass gerade diese Flüchtlinge ein bereicherndes Element waren, ohne das das Dorf niemals hätte gerettet werden können.
Vielleicht ein Bischen viel auf einmal, aber ich denke es ist verständlich worauf ich hinaus möchte.