Autor Thema: Nachladen als Spielmechanik  (Gelesen 4083 mal)

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Re: Nachladen als Spielmechanik
« Antwort #25 am: 23.03.2018 | 18:01 »
OT:
Hast du dein MadMax-Setting eigentlich mal wo vorgestellt? Hat es eigene Regeln?
Ich wäre interessiert.

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Re: Nachladen als Spielmechanik
« Antwort #26 am: 23.03.2018 | 18:04 »
Eine Mechanik, die mir im Zusammenhang damit durch den Kopf geht, ist der "Volley"-Move bei Dungeon World. Da gibt's natürlich keine modernen Schußwaffen und entsprechend auch keine Clips oder Magazine, aber bei so was wie Bögen wird dann doch die Munition mitverwaltet (ein reguläres "Bündel" Pfeile hat also etwa einen Muni-Wert von 3 pro Standard-Gewichtseinheit). Dabei zieht man sich aber nicht etwa bei jedem Angriff stumpf immer einen Punkt vom Munitionswert ab, sondern das ist neben "weniger Schaden als erwartet" und "Treffer, aber jetzt ist der Schütze selber in Gefahr" einer von drei möglichen Haken bei einem ausgesprochenen Teilerfolg (Ergebnis 7-9 auf 2W6+Bonus), so daß sich der Spieler aussuchen kann, mit welchem Ergebnis er leben möchte.

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Re: Nachladen als Spielmechanik
« Antwort #27 am: 23.03.2018 | 18:06 »
Die Mechanik gefällt mir recht gut.

Ehrlich gesagt ist es mir auch schon egal, ob ich Pfeile oder Resourcenwürfel notieren muss. Sobald es mehr als eine Resource gibt, ist das für mich "worst of 2 worlds": man muss immer noch Notizen machen, aber gleichzeitig kann es zu unwahrscheinlich schnellen Resourcenverlust kommen.

Bei meinem Heimsystem wird im Gegensatz dazu Munitionsverlust bei einem Patzer mit Fernkampfwaffe angewandt. "Du hast nur noch einen Schuß übrig." Dabei bleibt aber offen, ob die Munition einfach aus war, oder verstreut/verloren wurde.
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Re: Nachladen als Spielmechanik
« Antwort #28 am: 23.03.2018 | 18:16 »
Also, der Spieler wählt aus wie kontrolliert oder wild er angreifen möchte und wählt entsprechend eine Würfel von W4 bis W12. Umweltfaktoren können darauf natürlich auch einwirken. Diesen Würfel wirft er mit seinem Angriffswurf und addiert ihr auch dazu (wir gehen hier mal von einem traditionellen Zielwert aus, welcher übertroffen werden muss). Je mehr man also ballert, desto wahrscheinlicher ist es also, dass man den Gegner damit auch trifft. Aber wenn der Muni-Würfel über dem derzeitigen Magazinstand liegt ballert man einfach nur wild in der Gegend rum bis die Waffe nur noch click! macht und man muss man nachladen. Das Nachladen ist dann jedoch keine zusätzliche Aktion, sondern ist schon mit dem Scheitern des aktuellen Angriffs (und der daraus entstehenden Konsequenzen) abgegolten.

Gefällt mir schon besser, aber warum der direkt verfallende Angriff?
Wenn die Waffe danach leer ist, kann ich mich wenigstens noch entscheiden, ob ich nachlade oder was anderes mache.

Verfällt aber der anstehende Angriff, dann ist das doch genau die selbe DoT-Reduktion wie sonst auch, nur dass ich da quasi retroaktiv zum Nachladen gezwungen bin (weil meine Waffe in der nächsten Handlung ja wieder startklar ist).
Sprich, die Entscheidungen, die sich aus einer leeren Waffe ergeben, fallen hinten runter und im Gegenzug bekomme ich das Abwägen, ob ich versuche, einen weiteren Angriff aus meinem abstrakten Munitionsvorrat rauszuholen.
Aber: Was gewinne ich dadurch, es nicht zu versuchen? Wenn ich für eine Aktion nachlade, greife ich garantiert nicht an. Wenn ich es versuche, verfällt ggf. der Angriff, aber danach funktioniert es sicher wieder und vielleicht klappts ja doch noch mal - warum sollte ich da jemals freiwillig "präventiv" nachladen, wenn ich sonst keine Vorteile daraus ziehe?

Jetzt noch eine optionale Zusatzregel: Wenn man eine Waffe nachläd, verschwindet das komplette Magazin im Nirwana. Ja, das ist unrealistisch, ich weiß, aber hört mich erst mal aus. Das ist hier Spieldesign und nicht Realitätssimulation, und im Spieldesign macht es Sinn mit Zuckerbrot und Peitsche zu arbeiten. Wir wollen die Spieler in eine Situation bringen, in welcher sie harte Entscheidungen fällen müssen.

Zuckerbrot und Peitsche ist das richtige Stichwort. Wenn man mit dem Thema Nachladen irgendwas spielmechanisch Interessantes machen will, kristallisiert sich hier für mich immer mehr raus, dass man das besser in Form von Boni als Gegenleistung für hohen Munitionsverbrauch macht und nicht als "Strafe".
Du willst mit der MPi Sperrfeuer schießen? Kostet dich ein Magazin.
Du willst für maximalen Schaden dein ganzes Magazin auf einen einzigen Gegner leeren? Die Formulierung sagt es schon: kostet dich ein Magazin.
Du willst mit dem MG in einer Runde mehrere Gegner angreifen? Kostet dich einen halben Gurt.
Du willst dich irgendwo weit im Hintergrund halten und ab und zu mal einen wohlgezielten Schuss abgeben? Glückwunsch, kostet dich nichts, das kannst du mit deinen 6 Magazinen am Mann stundenlang machen.

Und lustigerweise gibt es da sogar wieder einige Konstellationen, in denen man ziemlich plausibel halb volle Magazine in die Landschaft fallen lässt - jedenfalls für Spielzwecke plausibel genug ;)

Wenn ich Runde für Runde aus der Ferne auf meine Gegner schießen kann, ohne da eine "Regulierung" zu haben, dann gibt es einfach bald keinen Grund mehr, warum nicht jeder Charakter X Fernkampfwaffen dabei hat. Ich glaube, die Spieler würden sich sehr schnell sehr raffinierte Taktiken einfallen lassen, um gar nicht erst in einen Nahkampf zu kommen.

Zumindest für moderne Waffen ist in den allermeisten Systemen, die ich kenne, das Nachladen kein auch nur ansatzweise wirksames Regulativ*.
Da passiert genau das, was du beschreibst: Wer als einzige Seite Fernkampfwaffen hat, setzt die natürlich bevorzugt ein und wer als einzige Seite keine hat, versucht Bedingungen herzustellen, in denen die andere Seite ihre Fernkampfwaffen nicht nutzen kann oder möglichst wenig Nutzen aus ihnen ziehen kann.
Ich empfinde das aber auch nicht als echtes Problem, besonders dann nicht, wenn man was anderes spielt als Murderhobos, die auf andere Murderhobos treffen.

*Das ist mMn auch gut so, weil die Möglichkeit zum schnellen und unkomplizierten Nachladen moderne Waffen mit definiert. Da würde ich nicht aus irgendwelchen Balancing-Überlegungen heraus dran rumbasteln wollen.

oder ich kenne das auch aus First-Person-Shootern welche nicht den Munitionsstand anzeigen und man sich den merken muss und man dann nach ein paar Feuerstößen so ungefähr die Ahnung hat, dass das Magazin vielleicht noch einen oder zwei Feuerstöße hergibt, aber sicher sein kann man sich nicht).

Der Shootervergleich ist durchaus angebracht, aber aus einem ganz anderen Grund: Dort gibt es nämlich die Feuerpausen, in denen ein erfahrener Spieler automatisch nachlädt, um eben nicht kurz darauf mit leerer Waffe mitten im Schusswechsel zu stehen. Und wenn sich keine Gelegenheit ergibt, passiert genau das schon Angesprochene: Dann schießt man das Eisen sowieso leer und nutzt dann entweder Sekundärwaffen, Kampfmittel oder battlefield pickups oder muss darauf hoffen, die Nachladezeit zu überleben.
Da trifft man letztlich auch keine interessante Entscheidung und witzigerweise ist es für die meisten guten Spieler völlig irrelevant, ob es eine Munitionsanzeige gibt oder nicht.

Kurz: Die erzählerische Darstellung von ähnlich gelagerten Rollenspielkämpfen krankt daran, dass es angeblich keine Feuerpausen gibt, obwohl man in 10 oder 20 Sekunden genau einen Schuss abgegeben hat...

Die Anpassung der Magazingröße bei gleichzeitigem Beibehalten von konkreten und deterministischem Munitionsverbrauch halte ich hingegen für wenig zielführend (Warum hat mein M16 nur 6 Patronen im Magazin?!?).

Andersrum wird ein Schuh draus:
Das M16 hat dann 6 völlig abstrakte Angriffe "im Magazin". Wie viel Schuss das jeweils sind, ist völlig egal - muss ja nicht mal für jeden Angriff gleich viel sein.

Nur zum unteren Ende des Verbrauchs hin kommt man damit ein bisschen ins Schleudern, weil gerade solche Waffen dann schnell mal viel zu früh leer sind. Kann man mit einigen kleinen Extraregeln in den Griff kriegen, aber für mich ist der Schritt zurück zum konventionellen Munition zählen dann nicht mehr weit.


Randbemerkung:
und auch anderen Medien, z.B. der Klassiker Dirty Harry: I know what you're thinking. "Did he fire six shots or only five?" Well, to tell you the truth, in all this excitement I kind of lost track myself...

Callahan weiß da ganz genau, wie oft er geschossen hat - sonst funktioniert weder diese Szene für sich noch im Zusammenspiel mit dem Finale.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Nachladen als Spielmechanik
« Antwort #29 am: 24.03.2018 | 14:51 »
@YY: Das mit dem "Nachladen inklusive" ist wirklich ein no-brainer, dass stimmt. Aber wenn wir den Part raus nehmen wird es wieder interessant. Dann haben die Spieler bei relativ leerem Magazin die Möglichkeit vorzeitig nachzuladen oder einen weiteren Angriff zu riskieren. Falls dieser aufgrund der Munition fehlschlägt müssen sie in der nächsten Runde nachladen. Das vorzeitige Nachladen hat dann den Nachteil keinen Angriff in dieser Runde machen zu können (was je nach Situation schlimm oder egal sein kann) und die restliche Munition zu verschwenden. Der Angriff hat den Vorteil jetzt direkt angreifen zu können (mit ebenfalls situationsbedingt variabler Wichtigkeit) und mehr Angriffe aus dem Magazin raus zu holen. Allerdings birgt der Angriff dann auch das Risiko des Fehlschlags durch zu knappe Munition. Dies kostet den Charakter dann effektiv zwei Runden (einmal der verpatzte Angriff und dann die zweite Runde zum Nachladen).

Die Idee mit den "Alles oder nichts" Magazinen finde ich aber auch interessant. Man hat dann quasi zwei Arten von Angriffen zwischen denen die Spieler wählen können - Angriffe mit Munitionsverbrauch und solche ohne. Erstere machen mehr Schaden (und diverse Spezialeffekte) benötigen dann aber quasi einen Cooldown und verbrauchen Resourcen, letztere gehen immer sind aber weniger effektiv. Dadurch würde man nur noch kleine Kästchen zum wegstreichen benötigen (aber man braucht sie). Man könnte dann auch wieder Pyromancers SaWo Idee mit reinbringen und die Frage ob das Magazin durch einen "großen Angriff" geleert wird an den Angriffswurf knüpfen (welcher mit höhere Fertigkeit besser wird und somit seltener zu "Munitionsverbrauch" führt). Bei diesem System verliert man dann natürlich den Risiko-Faktor.
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Re: Nachladen als Spielmechanik
« Antwort #30 am: 24.03.2018 | 17:34 »
Das vorzeitige Nachladen hat dann den Nachteil keinen Angriff in dieser Runde machen zu können (was je nach Situation schlimm oder egal sein kann) und die restliche Munition zu verschwenden. Der Angriff hat den Vorteil jetzt direkt angreifen zu können (mit ebenfalls situationsbedingt variabler Wichtigkeit) und mehr Angriffe aus dem Magazin raus zu holen.

Ja, das ist der Punkt, an dem man das wohl mal ausprobieren muss.
Absehbar ist da mMn für die Art von Kämpfen, die in vielen Systemen die Norm darstellen, dass man damit entweder den Effekt der DoT-Reduktion vergrößert oder - sofern es das System sinnvoll hergibt - ausgiebig Sekundärwaffen genutzt werden.
Eben weil meistens die Gelegenheiten fehlen, in denen man eigentlich nachladen würde.

Man könnte dann auch wieder Pyromancers SaWo Idee mit reinbringen und die Frage ob das Magazin durch einen "großen Angriff" geleert wird an den Angriffswurf knüpfen (welcher mit höhere Fertigkeit besser wird und somit seltener zu "Munitionsverbrauch" führt).

Das würde ich vom Genre abhängig machen.
Z.B. modern-hartwurstig mit Schusswechseln zwischen größeren Gruppen inklusive den verschiedenen Spielarten von Feuer und Bewegung: Da verzichte ich lieber auf diesen Wurf, weil man auch mit noch so viel Training keine Munition sparen kann, wenn es darum geht, die Feuerüberlegenheit herzustellen und zu behalten. Hier gehört ein hoher Verbrauch einfach dazu und ist in dem Moment mMn in der Gesamtperspektive interessanter als die Möglichkeit, mit glücklichen Würfen ein bisschen länger agieren zu können.
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