Autor Thema: Ist Ignoranz Trumpf?  (Gelesen 5816 mal)

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Shadom

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #25 am: 28.04.2018 | 08:02 »
Seitdem ich mehr  Spiele kenne und meinen Tellerrand erweitert habe, habe ich besseres Rollenspiel.
Nicht mehr, aber besseres.
Ich leite Kurzkampagnen von 1-2 Jahren mit 1 Termin alle 2 Wochen. Das Tanelorn Treffen und die gelegentliche Überraschung zuhause dienen für Oneshots.


Ich bin so zufrieden wie noch nie mit meinem Rollenspiel. :)


Soviel Spaß hatte ich früher mit Vampire, DSA und Shadowrun nie.
Sicher gab es Momente wo ich als Teenie mehr gelacht und überraschter war, natürlich hatte ich da auch für mein Rollenspiel prägende Ereignisse, die man eben nur einmal haben kann, aber der Moment to Moment Spaß / Minute Durchschnitt ist jetzt wesentlich höher.

Offline Mogelpack

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #26 am: 28.04.2018 | 08:34 »
Zitat
Hätte ich mich nie für andere Spiele, Player Empowerment, etc. interessiert, sondern wäre bei einfachen unkomplizierten Rollenspiel ohne viel Nachdenken geblieben, könnte ich mir schnell und problemlos neue Runden auch nach einem Umzug suchen und würde nicht über Dinge nachdenken, die mich als einzigen stören, was mir die Runde verleidet.

Für mich hört sich der Eingangspost eher nach Sentimentalität an. Die Wehmut an vergangene, bessere Zeiten, als Rollenspiel noch richtiges Rollenspiel war. Kennt jeder auf die ein oder andere Art und Weise.

Was hält uns als Speilleiter denn davon ab, mit den entsprechenden Angaben bei der Spiellersuche, denn genau die Leute zu finden, die zu unserem Angebot passen.
"Suche Spieler die für eine lange Kampagne mit Plot-Orientierten Abenteuern die das System X mal richtig ausspielen wollen"
Klar, solche Spieler sind schwer zu finden (zumal wenn man eher ländlich wohnt). Aber wie bereits geschrieben, sentimental oder angefressen wegen kurzer Mini-Kampagnen sind andere auch.

Deshalb nicht über den Tellerand zu schauen, empfinde ich als Fehler. Ich bin froh über die Vielzahl der Angebote. So leide ich eher unter der "Qual der Wahl".

Grüße vom Mogelpack
"Du hast mich in einer seltsamen Phase meines Lebens getroffen."
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Offline Megavolt

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #27 am: 28.04.2018 | 08:37 »
Ich hatte großartige Runden mit 7te See 1st und bei ADnD und DSA 3 hatte ich jahrelang einen Heidenspaß als Spieler. Mittlerweile mag ich die Spiele nicht mehr mit der Kneifzange anfassen.

Möglicherweise mattert System eben doch nicht.

Ich habe meinerseits meinen Fokus sehr stark eingeengt, mache nur noch wenig, das dafür dann aber intensiver. Nicht nur beim Rollenspiel, auch bei Brettspielen und (vor allem) beim Tabletop.
Natürlich schaue ich noch, was es so gibt und lese auch interessiert mit. Aber ich habe auch gelernt, realistisch einzuschätzen, was ich spielen möchte, wofür ich Zeit habe, wofür ich Mitspieler finde.
Weniger (Zeug) ist mehr (Zeit und Genuss).*

Das habe ich vor allem bei Brettspielen ebenfalls gemacht, deshalb freut mich hier deine Aussage, und ich kann das bestätigen: Die sinnvolle Regel lautet: Erst schauen, was man realistisch spielen wird, und dann kaufen. Im Endeffekt schrumpft dadurch meine Brettspielsammlung, und so wie man eine gute Suppe einkocht, wird sie immer besser. :)
Bei Rollenspielen sehe ich das Problem nicht so, ich spiele parallel sowohl ziemlich stabile Runden wie in der guten alten Zeit als auch wild gemischt jeden Quatsch gleichzeitig nebenher.
« Letzte Änderung: 28.04.2018 | 08:41 von Megavolt »

Offline Radulf St. Germain

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #28 am: 28.04.2018 | 08:49 »
Für mich hört sich der Eingangspost eher nach Sentimentalität an. Die Wehmut an vergangene, bessere Zeiten, als Rollenspiel noch richtiges Rollenspiel war. Kennt jeder auf die ein oder andere Art und Weise.

So hatte ich den OP nicht verstanden. Er sagt ja nicht "schade, dass wir nicht mehr so spielen wie früher" sondern "schade, dass ich mittlerweile das Rollenspiel nicht mehr genießen kann, weil ich zu viel über Rollenspieltheorie weiß und deshalb das Spielen so wie früher nicht mehr genießen kann". Das kann ich gut verstehen - seit ich z.B. mehr über Design weiß fallen mir Fehler in diesem Bereich nun einfach mehr auf. Auch eigene Dinge von früher finde ich jetzt hässlich.

Offline Der Läuterer

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #29 am: 28.04.2018 | 10:45 »
Das Wort, welches das Problem beschreibt, heisst 'Entmythisierung'.

Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, wie es war, als wir noch klein waren und an das Christkind glaubten?

Und wie sieht das heute aus? Muss ich mehr schreiben?
Power Gamer: 38% | Butt-Kicker: 8% | Tactician: 67% | Specialist: 38%
        Method Actor: 96% | Storyteller: 83% | Casual Gamer: 13%

Nur wenige Menschen sind stark genug, um die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit zu hören.
- Luc de Clapiers Marquis de Vauvenargues -

Luxferre

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #30 am: 28.04.2018 | 11:40 »
Das Wort, welches das Problem beschreibt, heisst 'Entmythisierung'.
Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, wie es war, als wir noch klein waren und an das Christkind glaubten?
Und wie sieht das heute aus? Muss ich mehr schreiben?

Nicht alle verlieren ihren Glauben, ihre Hoffnung oder ihre Träume.
Aber ich verstehe sehr gut, was Du meinst. Wenn man "erwachsen" wird (und in der Kindheit angefangen haben sollte), dann ist diese verklärte Nostalgie sicherlich einem Teil der unschuldigen und naiven Kindheit/Jugend zuzuschreiben.

Gegenfrage: ist diese Entmythisierung ein Fachbegriff aus der Psychologie oder Anthropologie?

Offline Zarkov

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #31 am: 28.04.2018 | 12:19 »
Gegenfrage: ist diese Entmythisierung ein Fachbegriff aus der Psychologie oder Anthropologie?

Meistens spricht man bei sowas eher von Entzauberung; Entmythisierung hat, zumindest in der Theologie, eine Sonderbedeutung.
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline Bad Horse

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #32 am: 28.04.2018 | 23:10 »
Ich hatte vor einigen Jahren mal so eine Phase, wo mir vieles irgendwie entzaubert und nicht-so-geil vorkam - gerade, weil ich durch das Aufkommen  der Indie-Spiele extrem großartige Runden gespielt habe.

Aber dann habe ich beschlossen, dass einfach mal nicht jede Runde hochdramatisch und oberaffengeil sein muss, sondern das gute, solide Runden auch Spaß machen. Mittlerweile spiele ich sowohl meine 25 Jahre alte Ars-Magica-Runde als auch brandneuen Indie-Scheiss und bin damit sehr glücklich - also würde ich sagen: Ignoranz ist vielleicht Trump, aber nicht Trumpf.  :)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Derjayger

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #33 am: 28.04.2018 | 23:46 »
OP:

Erstens:
Du redest u.a. von einer Sehnsucht weg vom System-Hopping. Vielleicht hilft's sich statt dessen in einem Setting (statt System) niederzulassen und es mit verschiedenen System bespielen. Das kriegt man nach meiner Erfahrung immer ganz gut hin (vielleicht mit ein bisschen Bastelei oder dem Bespielen eines anderen Teils der Spielwelt).

Wenn ich mich im Real Life umsehe, sehe ich immer wieder Kleingruppen von älteren DSA-Veteranen, die so gut in der Materie* stecken, dass es ein großer Teil ihres Lebens zu sein scheint. Ich finde das immer sehr schön, v.a. dass sie sich so heiter austauschen können. Dieser Übergang vom Spieltisch in den gemeinsamen Alltag kann wahnsinnig schön sein. So war's doch am Anfang mit den besten Kumpels, oder nicht?

System-Treue hingegen habe ich noch nie als etwas erlebt, das mit der Zeit schöner wird, sondern im Gegenteil, mich nerven dann immer mehr Macken. Zumal ich ein System nicht so "zauberhaft" finden kann wie ein Setting, denn ich sehe es als abstraktes Gerippe, das bloß unauffälliger werden kann, je besser ich es kenne und mag.

*: Setting = Aventurien! Vom System höre ich sie nie reden.


Zweitens:
"Auch was Leitstile und Abenteueraufbau angeht, mach ich mir manchmal mehr um die Struktur Gedanken als um den Inhalt. Und das stört mich erheblich. Ich will immerhin auch Story erleben."

Falls ich Dich richtig verstanden habe: Au ja, kenn ich, hab' ich für mich erfolgreich gelöst:
- Wenig vorbereiten und viele Zufallsgeneratoren nutzen (z.B. https://donjon.bin.sh/fantasy/random/#type=encounter;enc-type=Road). Die stichpunktartigen Ergebnisse fantasievoll aufblasen und miteinander verbinden. So wirst Du am Tisch überrascht, anstatt Dein Skript erneut durchzunudeln.
- Im Spiel vieles so anlegen (vorbereitet oder improvisiert), dass Du für dich klare Bedingungen setzt und rücksichtslos* durchziehst, z.B. "ok, in 5 Runden stürzt die Bude ein wenn die Spieler sie nicht stabilisieren". Das macht es mehr zu einem Spiel für Dich selber anstatt einer Dienstleistung für die Spieler.

*: gesunden Menschenverstand beachten.
« Letzte Änderung: 29.04.2018 | 00:02 von Derjayger »
D&D 5E Quick-Combat (Mechanik, um Kämpfe erzählerisch und schnell als Group-Check abzuhandeln) -> wieder online

D&D 5E Buying Magic Items (Wie man 1. Inventar von Magiegeschäften generieren und 2. mit der Suche nach spezifischen magischen Gegenständen umgehen kann)

Offline Runenstahl

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #34 am: 29.04.2018 | 02:28 »
Bei mir ist es auch eher das Gegenteil vom OP.

Wir sind damals mit DSA angefangen in einer Zeit als es praktisch keine Alternativen gab. Da war DSA okay aber es gab da vieles was mich störte (vor allem am Setting, bei späteren Editionen dann auch am System). Wir haben im Laufe der Jahre (inzwischen so ca. 30) einige Systeme durchprobiert. Vieles davon habe ich über Jahre gespielt und tatsächlich liebevolle Erinnerungen daran. Aber ohne was neues zu probieren hätte ich nie die Chance gehabt Jahrelang D&D zu spielen, Jahrelang mit Feng Shui zu rocken und zuletzt L5R mit einem PbtA-Hack zu bespielen (die Kampagne läuft noch und steht kurz vor ihrem zweijährigen Jubiläum).

Im Laufe der Jahre hat sich vieles geändert. Zuletzt haben sich sogar die letzten Überbleibsel der Ursprungsgruppe abgespalten und sind ihren eigenen Weg gegangen. Ich selbst kann jedoch für mich sagen das ich mich glücklich schätzen darf so tolle Runden zu haben. Besonders die jungen Spieler, die in den letzten Jahren dazu gestoßen sind, bringen unglaublich viel Begeisterung und Freude am Spiel mit. Das ich mich im Laufe der Jahre (bzw Jahrzehnte) von so einigen Spielern getrennt habe deren Spielstil absolut nicht mit meinem harmonierte und nur für Streit und Ärger sorgte war in jedem Fall die richtige Entscheidung.

Es stimmt schon, das vieles von dem was wir ausprobiert haben schnell wieder im Regal landete. Dennoch gehören auch solche Erfahrungen einfach dazu. Nur wer sich verändert kann sich verbessern ! Und noch eine Theorie: durch die "Früher war alles Besser" Brille sieht man die Vergangenheit nicht immer ganz objektiv. Wer das System gewechselt hat, der hat das getan weil er mit seinem derzeitigen System nicht voll zufrieden war. Wäre man auf Krampf bei diesem System geblieben hätte man das Hobby vielleicht schon längst aufgegeben. Ich kann für mich z.B. sagen, das wenn es bis heute nur DSA geben würde, ich kein P&P Spieler mehr wäre.

Viele Systeme heutzutage sind in vielen Punkten mMn einfach besser als ihre Vorgänger. Man hat meist mehr Freiheiten, das Balancing ist besser und es gibt inzwischen für wirklich jeden Geschmack ein System. Von Extra-Crunchy bis Superlight ist da alles dabei und das auch noch in Geschmacksrichtungen für jedes Setting.

Kurz: Wer mit dem derzeiten System/Setting unzufrieden ist, der sollte keine Scheu haben mal was neues zu probieren. Und wenn das "Neue" nicht rockt kann man ja immer noch mit dem guten alten Regelwerk seiner Wahl weitermachen.
« Letzte Änderung: 29.04.2018 | 02:35 von Runenstahl »
"Reading is for morons who can't understand pictures"
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Offline Rhylthar

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #35 am: 29.04.2018 | 09:45 »
Ich kann Ludovico da schon verstehen.

Wenn ich an meine Gruppe aus der Hochzeit meiner Rollenspielzeit denke, wäre die jetzige Situation ein Alptraum für mich. Schon damals hatte ich schon ein paar Spieler dabei, die gerne "System-Hopping" betrieben. Ihre Aufmerksamkeitsspanne für ein System glich dem einer Beutelratte und gefühlt den größten Spaß hatten sie beim Erschaffen neuer Charaktere. Und eben nicht, weil sie mit dem anderen System unzufrieden waren, sondern einfach, weil es ständig was Neues sein musste.

Damals beschränkte sich das auf 3 - 4 Systeme, da konnte man es noch ein wenig steuern. Heute würde ich wohl nicht über 2 - 3 Spielabende (wovon einer Charaktererschaffung wäre) hinauskommen, weil ja noch so viel in der Pipeline ist.

Zum anderen, nämlich "unbedarft am Spieltisch sitzen ohne über irgendwelche Rollenspiel-Theorien nachzudenken...nun, da kann ich nur sagen: Ignoranz ist ein Segen!  ^-^

In der Zeit, als die ganze Theorie aufkam, habe ich lieber WoW gespielt, ist also an mir vorbeigelaufen. Und sie interessiert mich auch heute nicht die Bohne als Spieler. Ich habe Vertrauen in den SL, spiele einfach...und mache die simple Entscheidung: Gefällt oder gefällt nicht.

Als SL achte ich auf Wünsche der Spieler und gucke, ob sie mit meinen Vorstellungen kompatibel sind. Und dann wird gespielt; passt etwas nicht, wird drüber gesprochen. Aber dass ich mir vorher komplett Gedanken über die ganzen Theoriebegriffe mache...nö.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline tanolov

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #36 am: 30.04.2018 | 10:13 »
Ignoranz ist zumindest ein Segen.

Die Spiele die ich früher gespielt habe waren vor allem eins: mechanisch unspielbar. Egal ob das jetzt DSA, WoD oder Shadowrun war, ein gutes, spielbares System das "Out of the Box" flüssig funktionierte waren das alle nicht. Wir haben dann das gemacht was wohl die meisten machen und einfach so viele Hausregeln eingeführt, dass das Endergebnis nichts mehr mit dem ursprünglichen Spiel zu tun hatte. Das ist auch eine valide Strategie aber sie hängt davon ab das einer aus der Gruppe sich den Arsch abarbeitet um das ganze am laufen zu halten.
Meiner Erfahrung nach sind die "20 Jahre ein System und 12 Jahre eine Kampagne"-Gruppen dann auch solche die einen Spieler haben (in der Regel der GM) der ein vielfaches der Nettospielzeit dafür aufwendet die Runden möglichst flüssig zu halten. Die Qualität der Runde hängt dann auch überproportional vom GM ab.
Hier ist Ignoranz hilfreich, weil die ganze extra Arbeit die sie sich machen überhaupt nicht nötig ist. Sobald man mehr Einflüsse gesammelt hat bekommt man zwar seine Gruppe effizienter in den Griff, hat weniger Konflikte und muss weniger Zeit für das gleiche Ergebnis investieren, aber man will den ganzen neuen Scheiß natürlich auch spielen.


Offline KhornedBeef

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #37 am: 30.04.2018 | 10:27 »
Das war jetzt ein langer kohärenter Abschnitt, warum das Problem eher die vorhandene Zeit ist, und dann ein paar drangefrickelte Worte über das Vorhandensein von zuvielen Systemen. Da behauptest du dann, die viele Extraarbeit wäre nicht nötig, oben das Gegenteil. Ich glaube, Amigo, du hast die Kurve zur Anfangsthese nicht bekommen, das passiert mir auch manchmal  ;)
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Offline Boba Fett

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #38 am: 30.04.2018 | 11:00 »
Ich hatte vor einigen Jahren auch mal so eine Phase wie Ludovico, aber die ging ganz schnell vorbei, als ich mich daran erinnerte, wie bescheiden mein Rollenspiel der ersten Jahre war und das wir nur weitergemacht haben, weil wir es nicht besser wussten. Und dass es in dieser Zeit unglaublich viele Spieltermine gab, von denen alle frustriert nach Hause gingen, weil es einfach keinem Spaß gemacht hat - und niemand konnte genau benennen warum das so war.
Genau DAS ist heute anders.
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Offline Dreamdealer

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #39 am: 30.04.2018 | 11:12 »
Ignoranz ist sicherlich kein Segen, aber zuviel Wissen auch nicht!

War früher alles besser, nö, sicherlich nicht, was früher aber deutlich ausgeprägter war, war der Sense-of-Wonder.
Dieses erste Mal, welches durch jahrelanges Spielen einfach Routine gewesen ist. Einen alten Hasen kann man
halt nicht mehr so schnell hinter dem Ofen hervorlocken. Vielleicht sucht man außerhalb des Tellerrandes nach dem
Neuen, dem Unbespielten, aber ganz selten überrascht ein System, ein Setting oder ein Spielleiter einen nochmal
nach 20-30 Jahren RPG Erfahrung. Es gibt aber diese raren Momente des "wie früher! TM", der Jüngste ist bei mir
auch schon wieder 5 Jahre her: Bobas Cyberpunk 2020- Legends

Mehr "RPG-Wissen" hat mir als Spielleiter unheimlich viel gebracht und hoffentlich auch meinen Spielern.
Sich einfach mal bewußt zu machen, dass nicht alle aus den selben Gründen Rollenspiel spielen und an
verschiedenen Dingen Spaß haben, ist zwar banal, aber unglaublich hilfreich. Andersherum kann es aber
tatsächlich hinderlich sein, jetzt wo ich für mich weiß, was ich mag, bin ich deutlich kritischer und sogar viel
schneller unzufrieden beim Spielen, wenn ich nicht meine Lieblingskost bekomme.
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Offline tanolov

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #40 am: 30.04.2018 | 11:15 »
Das war jetzt ein langer kohärenter Abschnitt, warum das Problem eher die vorhandene Zeit ist, und dann ein paar drangefrickelte Worte über das Vorhandensein von zuvielen Systemen. Da behauptest du dann, die viele Extraarbeit wäre nicht nötig, oben das Gegenteil. Ich glaube, Amigo, du hast die Kurve zur Anfangsthese nicht bekommen, das passiert mir auch manchmal  ;)

Das kam dann wohl nicht so richtig rüber:
Die aufgewendete Zeit ist nur deshalb nötig, weil die Systeme nicht genug selbst arbeiten und oft aufgrund der schlechten Systeme auch noch zusätzliche interpersonelle Probleme hinzukommen. Das ist einfach ein ordentlicher Batzen Arbeit den der GM hat. Wenn man eine Vielzahl von Systemen kennt ist die Wahrscheinlichkeit groß, das man irgendwo anders bereits eine funktionierende Lösung für das Problem hat und nur noch anwenden muss. Das spart Zeit und nerven, aber man will ja dann auch das ganze neue mal ausprobieren und kommt so nicht drumherum das zu spielen. Mal ganz davon abgesehen das 2/3 der RPG Probleme mit "play a different game" gelöst werden können.
Je besser man sich auskennt, desto besser weiß man auch was nützliche und sinnlose Arbeit ist und niemand arbeitete gerne für nichts.

Offline Greifenklause

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #41 am: 30.04.2018 | 12:15 »
Ignoranz ist sicherlich kein Segen, aber zuviel Wissen auch nicht!

War früher alles besser, nö, sicherlich nicht, was früher aber deutlich ausgeprägter war, war der Sense-of-Wonder.
Dieses erste Mal, welches durch jahrelanges Spielen einfach Routine gewesen ist. Einen alten Hasen kann man
halt nicht mehr so schnell hinter dem Ofen hervorlocken. Vielleicht sucht man außerhalb des Tellerrandes nach dem
Neuen, dem Unbespielten, aber ganz selten überrascht ein System, ein Setting oder ein Spielleiter einen nochmal
nach 20-30 Jahren RPG Erfahrung. Es gibt aber diese raren Momente des "wie früher! TM", der Jüngste ist bei mir
auch schon wieder 5 Jahre her: Bobas Cyberpunk 2020- Legends

Mehr "RPG-Wissen" hat mir als Spielleiter unheimlich viel gebracht und hoffentlich auch meinen Spielern.
Sich einfach mal bewußt zu machen, dass nicht alle aus den selben Gründen Rollenspiel spielen und an
verschiedenen Dingen Spaß haben, ist zwar banal, aber unglaublich hilfreich. Andersherum kann es aber
tatsächlich hinderlich sein, jetzt wo ich für mich weiß, was ich mag, bin ich deutlich kritischer und sogar viel
schneller unzufrieden beim Spielen, wenn ich nicht meine Lieblingskost bekomme.
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Offline JohnnyPeace

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #42 am: 30.04.2018 | 12:16 »
Hmm, ich schreibe das glaube ich um es für mich selbst zu sortieren. Für Außenstehende mag das nicht so spannend sein.

Bisher habe ich stets in langjährigen Gruppen mit weitgehend stabiler Besetzung (und mehr oder weniger häufig wechselnden Meistern) gespielt. Die erste endete mit dem Abi bzw. als wir uns in dieser Zeit mehr für anderes interessierten, die zweite als das Studium endete, die dritte läuft und hat immerhin schon mehrere Familiengründungen überstanden.
Ich schätze es sehr in langjährigen Gruppen zu spielen, die Mitspieler sind vertraut, Querelen in der Gruppe können offen ausgetragen werden. Die ganzen Gruppenstreitigkeiten, über die ich hier gelegentlich lese sind mir eher fremd bzw. lassen sich schnell lösen. Wir kennen die Vorstellungen der anderen von einem gelungenen Abend oder einer gelungenen Kampagne und respektieren dies zumeist. Zugegebenermaßen gillt das nicht für die erste Gruppe als Jugendlicher, aber da sinds einfach die besten Freunde gewesen.
Es sind immerhin drei unterschiedliche Gruppen, dadurch habe ich auch neue Spielweisen kennengelernt und mein Hobby hat sich "entwickelt". Ohne das wäre es sicherlich eintöniger und weniger reizvoll und damit wahrscheinlich auch schon zu Ende gegangen.
Auch spiele ich in diesen Gruppen seit Jahren DSA und damit sind wir wohl alle tief in die Materie eingestiegen. Daß wir uns alle in Aventurien so gut auskennen trägt, so vermute ich zumindest, auch zum Teil dazu bei, daß die Gruppen über so lange Zeit stabil blieben. Ich könnte mir vorstellen, daß das mit häufig wechselnden Systemen etwas anders gelaufen wäre.
Ich denke, wir sind auch stets Kompromisse eingegangen, was die Besonderheiten von DSA anging und angeht. Wir haben uns soweit an die ja schon manchmal anstrengend umfangreichen Regeln und das komplexe Setting gehalten, um eben für alle das DSA-Feeling und damit auch den zusammenhaltenden Faktor entstehen zu lassen, gleichzeitig da auch immer genug aufgegeben und abgewandelt, damit daß, was an DSA oft kritisiert wird (wenig Spielraum, sperrige Regeln, Railroading, überdetailiert) einem schönen Spielerlebnis nicht im Weg steht. Wie gesagt, Kompromisse.
Glücklicherweise haben sich stets Subgruppen der Runden, vielleicht mit ein oder zwei "Extras" gefunden, in denen wir dann in "One-Shots" oder "Few-Shots" andere Systeme ausprobieren konnten. Früher hauptsächlich Shadowrun, in den letzten Jahren hauptsächlich Cthulhu in den unterschiedlichsten Spielweisen. Daneben aber auch vieles andere. Sowohl die Abi-Runde als auch die Studiums-Runde trifft sich immer noch ein bis zwei mal im Jahr zum Spielen.

Wenn ich das so schreibe muss ich nochmal feststellen, daß ich allen drei Runden sehr dankbar bin, sind fast alles gute Freunde geworden.
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Offline Mithras

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #43 am: 30.04.2018 | 16:52 »
Ich spiele und leite seit Ende der 90er und kann das ganze Grob in 5 Zeiträume unterteilen:
1) SL für AD&D zu Schulzeiten mit meinen Freunden
2) als Spieler bei 2 Gruppen mit Hârnmaster, Cthulhu, Vampire, DSA und Degenesis
3) als SL in Gruppe 1 mit jeweils Cthulhu, D&D und Warhammer Fantasy
4) als SL und Spieler in Gruppe 2 mit Cthulhu, D&D/Pathfinder, Warhammer Fantasy, Freihändler, MERS und Hârnmaster
5) und schließlich Spieler in meiner neuen Gruppe 3 mit Midgard

Jeder dieser Zeitabschnitte hat mir andere Spielsysteme nähergebracht und mein Stil zu leiten verbessert. Zeitabschnitt 3 mit Gruppe 1 könnte ich Rückblickend weglassen und die Leute gern vergessen, aber auch das hat mich etwas gelehrt. Ich kenne mittlerweile viele Systeme und würde gerne alle davon spielen und/oder leiten. Vermutlich wird das nie funktionieren und das ist eine schmerzhafte Erkenntnis. Aber mir tut es nicht leid alle gespielten, geleiteten Systeme und auch alle anderen zu kennen. Weil es meinen Horizont erweitert hat und ich heute besser leite und spiele als früher, wenn auch deutlich weniger als zu Schulzeiten oder zum Einstieg in die Arbeitswelt. Und weil ich es besser vermag auf Spieler einzugehen und Abenteuer anzupassen, ist es für mich ein Fortschritt. Ich finde es viel schlimmer das es Gruppen gibt die nur in Ihrer Blase vor sich hinspielen und ignorant allen anderen Rollenspielen gegenüber sind. Und meiner Erfahrung nach damit auch gegenüber anderen Ideen, Spielstilen und Menschen die dieses Hobby anders betreiben als sie selbst.

Mein Fazit für mich ist also: nein, Ignoranz ist keinesfalls Trumpf. Aber Aufgeschlossen zu sein schon!
"Le jeu c'est sérieux!"

Tolkien ist stark überbewertet und seine Bücher nach Der kleine Hobbit furchtbar zäh und langatmig. Das beste was er zustande gebracht hat, war die Vorlage für die Drei besten Fantasyfilme zu liefern, die bisher gedreht wurden.

Ich spiele lieber AD&D statt Pathfinder und Cyberpunk 2020 statt Shadowrun.

Offline Lord Verminaard

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #44 am: 30.04.2018 | 17:39 »
Diese Art nostalgischen Schwelgens ist mir auch nicht fremd. Die Frage ist halt, was wäre gewesen, wenn man nicht über den Tellerrand geschaut hätte? Wäre es dann einfach so weitergegangen? Oder hätte es sich im Sande verlaufen? Wäre irgendwann so oder so die Luft raus gewesen? Dazu ganz anekdotisch von mir: Als ich 2002 das Tanelorn fand, war ich in genau dieser Situation. Das "goldene Zeitalter" war ohnehin vorbei.
  • In der Vampire-Runde war bei zwei von vier Leuten die Motivation am Schwinden, und zusätzlich machte der SL dann noch den Fehler, das Ganze "schnell noch" zu einem epischen Finale Railroaden zu wollen, nachdem vorher gerade das explorative, "soziale" Spiel die Stärke der Runde gewesen war. Darüber zerlegte sich die Runde dann gänzlich, bevor es überhaupt zu dem Finale kam. Die zwei besagten Spieler spielen heute überhaupt kein Rollenspiel mehr und haben auch kein Interesse mehr daran.
  • Star Wars d6 hatte einen Zeitsprung und ein Reboot mit komplett neuen Charakteren und neuer Prämisse (Schmuggler statt Rebellen) hinter sich, zwei Stammspieler waren ausgestiegen, nicht die gleichen Leute wie in der Vampire-Runde aber das gleiche Thema, sie hatten viel um die Ohren und Rollenspiel war ihnen einfach nicht mehr so wichtig. Die Runde war noch nicht tot aber die Luft war raus, ich als Dauer-SL litt unter SL-Burnout, Termine waren sehr, sehr unregelmäßig und wurden dann oftmals größtenteils verquatscht, statt zu spielen.
  • DSA3 hatte personelle Überschneidungen mit den beiden anderen Runden und daher auch Spielerverluste zu beklagen, die Kampagne war auf ca. Stufe 14 an einem TPK hängen geblieben (shocking ich weiß) und dann einfach nicht mehr neu gestartet worden.
  • Meine Homebrew-Conan-Runde war zur Ruhe gesetzt und spielte in gleicher Besetzung beim SL der vorgenannten DSA3-Runde die Phileasson-Saga, aber irgendwo auf dem Bahngleis zu den Nebelinseln war auch da die Luft raus, obwohl es anfangs noch viel Spaß gemacht hatte, sodass auch diese Runde im Sand verlief, ohne jemals offiziell beendet worden zu sein.
Es waren Spielerlebnis auf dem Tanelorn-Treffen und der NordCon, die mein Feuer fürs Rollenspiel neu entfachten. Hätte ich das Tanelorn damals nicht gefunden, weiß ich nicht, ob ich heute überhaupt noch spielen würde. Insofern kann die Nostalgie eben auch trügen, wenn man denkt, es wäre einfach immer so weitergegangen. Andererseits gibt es natürlich auch Beispiele von Runden, wo es tatsächlich so war.
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Offline KhornedBeef

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #45 am: 30.04.2018 | 17:59 »
Das kam dann wohl nicht so richtig rüber:
Die aufgewendete Zeit ist nur deshalb nötig, weil die Systeme nicht genug selbst arbeiten und oft aufgrund der schlechten Systeme auch noch zusätzliche interpersonelle Probleme hinzukommen. Das ist einfach ein ordentlicher Batzen Arbeit den der GM hat. Wenn man eine Vielzahl von Systemen kennt ist die Wahrscheinlichkeit groß, das man irgendwo anders bereits eine funktionierende Lösung für das Problem hat und nur noch anwenden muss. Das spart Zeit und nerven, aber man will ja dann auch das ganze neue mal ausprobieren und kommt so nicht drumherum das zu spielen. Mal ganz davon abgesehen das 2/3 der RPG Probleme mit "play a different game" gelöst werden können.
Je besser man sich auskennt, desto besser weiß man auch was nützliche und sinnlose Arbeit ist und niemand arbeitete gerne für nichts.
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Offline Maarzan

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #46 am: 30.04.2018 | 18:16 »
Wenn man eine Vielzahl von Systemen kennt ist die Wahrscheinlichkeit groß, das man irgendwo anders bereits eine funktionierende Lösung für das Problem hat und nur noch anwenden muss. Das spart Zeit und nerven, aber man will ja dann auch das ganze neue mal ausprobieren und kommt so nicht drumherum das zu spielen. Mal ganz davon abgesehen das 2/3 der RPG Probleme mit "play a different game" gelöst werden können.

Meienr Erafhrung nach: Nicht wirklich.

Passend ist dann doch nichts so wirklich, nur die Menge an "Verbesserungen", die man einpflegen muss/will udn die selbstgesetzte Messlatte steigt erheblich - und damit der Aufwand zur eigenen Zufriedenheit.
Aber ganz ohne neue Impulse würde man vermutlich auch irgendwann unzufrieden - und sei es wegen der sich einstellenden Eintönigkeit und dann doch irgendwann auffallenden Problemen auch ohen exterene Vergleiche/Anstöße.
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Online Weltengeist

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #47 am: 30.04.2018 | 19:18 »
Hmm, interessantes Thema. Ich bin mir nicht mal sicher, dass es nur ein Thema ist. Gedanken, die mir beim Lesen des Eingangspostings durch den Kopf gegangen sind:

  • Früher war alles besser trifft bei mir gar nicht zu. Die besten, geilsten, genialsten, unvergessensten Runden hatte ich, als ich um die 40 war. Obwohl ich spiele, seit ich 14 bin.
  • Kurioserweise hatte ich viele dieser tollsten Runden mit einem System, das ich all die Jahre gehasst habe. Es lag also gar nicht am System! Warum man trotzdem immer nach etwas besseren sucht? Perfektionismus, verbunden mit dem Sieg der Hoffnung über die Erfahrung...
  • Eine Auswahl zu haben ist natürlich immer ein Problem. Früher lautete der Vergleich eben: "DSA1 oder Skat?" Und da war es für DSA1 nicht schwer zu gewinnen. Das ist ein bisschen so, wie wenn du in einem 50-Seelen-Kaff wohnst und es da nur ein einziges Mädchen im heiratsfähigen Alter gibt. Dann ist das wahrscheinlich die Liebe deines Lebens - wenn du dagegen die Auswahl des Berliner Nachtlebens hättest, würdest du womöglich dein Leben lang nach dem perfect match suchen.
  • Grundsätzlich glaube ich tatsächlich, dass man nicht schlecht fährt damit, sich irgendwann auf ein System + Setting einzuschießen und es so lange mit Hausregeln zurechtzubiegen, bis es für die eigenen Bedürfnisse passt. Ein Problem kriegt man aber, wenn nicht alle mitziehen mögen oder wenn man eine neue Gruppe aufbaut - Neuspieler stehen meist nicht auf 30 Seiten Hausregeln und ein System, das mit dem Original nur noch die Form des Würfels gemeinsam hat.
  • Ein Spiel 20 Jahre lang zu spielen, finde ich im Gegensatz zu Ludovico aber gar nicht erstrebenswert. Eine Kampagne durchzubringen reicht mir schon; danach freue ich mich, mal was anderes zu machen - schon weil einem im immer gleichen Setting etwas die Ideen ausgehen. Ich schaue ja im Kino auch nicht ausschließlich Star Wars (nur so als Beispiel).

Nun aber zur eigentlichen Frage:

Zitat
Ist Ignoranz in unserem Hobby nicht doch Trumpf?

Hätte ich mich nie für andere Spiele, Player Empowerment, etc. interessiert, sondern wäre bei einfachen unkomplizierten Rollenspiel ohne viel Nachdenken geblieben, könnte ich mir schnell und problemlos neue Runden auch nach einem Umzug suchen und würde nicht über Dinge nachdenken, die mich als einzigen stören, was mir die Runde verleidet.

Nein, könntest du nicht. Denn die anderen haben sich ja weiterentwickelt. Sie kennen und mögen neuere Systeme, und sie haben auch andere Erwartungen. Wenn du da reinmarschierst und eine Runde DSA1 oder D&D1 spielen willst, dann spielen die anderen vielleicht mal mit, aber eher als Realsatire.

Und dass du ohne den Systemwechsel nicht trotzdem angefangen hättest, dir Gedanken über gutes Leiten zu machen, wage ich auch zu bezweifeln. Wenn du der Typ dafür bist, dann passiert das irgendwann.

Und last but not least: Wenn du der Systemwechsler-Typ bist, dann hättest du es vermutlich keine 30 Jahre mit dem gleichen System ausgehalten. Deine Alternative wäre dann eben nicht gewesen: "Ich probiere mal ein anderes System aus", sondern "Ich höre mit dem Rollenspielen ganz auf." Erstrebenswerter? Ich denke nicht. Wobei...

Ich kann mich nicht an eine denkwürdige Ingame-Szene in den letzten 10 Jahren erinnern.

Ach du meine Güte. Und du spielst echt immer noch? Warum?
Aber im Ernst: Wenn du in den letzten 10 Jahren keine einzige erinnernswerte Szene hattest, dann liegt das nicht am Systemwechseln. Es liegt an den Spielern an deinem Tisch. Ich kenne Leute, mit denen kann ich mich an einem beliebigen Tag unter einem beliebigen Spielleiter mit einem beliebigen (!!!) System - völlig egal ob DSA4, Inspectres, Monster of the Week, Fate oder D&D - zusammensetzen, und es kommt was Unvergessliches dabei raus. Und einige von diesen Leuten sind auch hier im Tanelorn unterwegs...

Davon ab kann ich aber auch die ganz alltäglichen Bier-und-Brezel-Runden genießen. Ich muss sie nicht mit den geilsten Erlebnissen vergleichen, die ich je hatte, und dann enttäuscht sein. Wenn man den Gedanken zu Ende denkt, wären tolle Erlebnisse im Leben ja generell etwas schlechtes, weil alles andere danach nur noch fade wäre. Ich bin dankbar dafür, dass ich das trennen kann.
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -

Offline firstdeathmaker

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #48 am: 5.06.2018 | 09:00 »
Also ich spiele hauptsächlich nur ein einziges System zur gleichen Zeit. Ich mag Systeme, die viele Inhalte haben, in denen man stöbern kann um sich zu Abenteuern inspirieren zu lassen. Ich hab aber auch nicht ganz so viel Zeit für P&P, so alle 2 Wochen komme ich dazu. Dafür bleibe ich sehr lange dabei. Meine Hauptrunde besteht seit über zwei Jahren und die nebenrunde hat jetzt auch schon 6 sessions hinter sich und ich hoffe, dass das noch viele mehr werden.

Denkbare Momente kann man aber glaube ich in jedem System erleben. Liegt doch rein an den Mitspielern und dem Spielleiter. Ich hab hier im Forum viel für mich als Leiter und Spieler gelernt, aber bisher nicht festgestellt, dass mich dieses Wissen davon abgehalten hat, Rollenspiel selbst in einem sehr umfangreichen Regelwerk zu genießen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich Regeln und Spielstile nicht dogmatisch sehe. Ich erkenne vielleicht, wenn ein anderer Spielleiter gerade etwas railroaded, rege mich darüber aber nicht groß auf, sondern nehme das einfach als kurzzeitigen Fakt hin und stell mich der Aufgabe. Ich hab gelernt, wann ich über etwas tiefer nachdenken möchte und wann ich ohne Nachdenken Spaß habe. Da ich im Beruf sehr viel nachdenken und analysieren muss, geht es mir beim Rollenspiel nicht unbedingt darum, dass weiter ausleben zu müssen. Daher schaltet ich ganz bewusst ab, optimiere meinen Helden nicht analytisch sondern nach Lust und Laune und gestalte meine Abenteuer in erster Linie nach Unterhaltungsaspekten mit viel Raum für Chaos. Ich bin im Moment zufrieden damit, auch wenn ich gerne über den Tellerrand schaue.

Offline Sphinx

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Re: Ist Ignoranz Trumpf?
« Antwort #49 am: 5.06.2018 | 10:23 »
Ich mag Systeme gerne und finde meist wieder irgendwas was ich toller finde als das was ich aktuell verwende. Allerdings hab ich vor einer weile entschieden mich auf ein System festzulegen. Und auch wenn ich Komplexe Systeme in der Vorstellung toll finde, merke ich wie oft mir jetzt noch Fragen aufkommen oder ich Regeln Falsch verwende beim ehr Regelleichten Dungeons and Dragons 5e. Auch Profis die seit 20 Jahren nur DnD Spielen machen noch Fehler.

Ich hab auch mittlerweile das Gefühl das mir zu komplexe Regeln zu sehr im Weg stehen. Auch wenn ich oft denke...och das ist jetzt bei DnD doch etwas zu sehr vereinfacht und etwas mehr xyz wäre schön. Nein es reicht völlig aus ohne es komplizierter zu machen.
Jetzt mag man natürlich Fragen: "Warum nicht ein System was noch Simpler ist oder ein reines Storyteller System?". Gute Frage irgendwie geht es ganz ohne regeln nicht an mich, Regeln sind irgendwie ein Bühnenboden auf dem man Spielt. Alle sind daran gebunden, es eicht alle auf die selbe Basis ein.

Also ich hab vor Standhaft zu bleiben und mich auf mein System einzuschießen. Und nutzte die Zeit lieber um mich in anderen Bereichen weiter zu entwickeln. Besseres Storytelling, Charakter Darstellung,.... Gibt so viel wo ich noch viel mehr raushohlen kann abseits der Regeln.