Autor Thema: Woher die Abwehrhaltung?  (Gelesen 10709 mal)

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Offline Der Tod

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Woher die Abwehrhaltung?
« am: 21.06.2018 | 09:35 »
Ausgehend von diesem Thread, und der Frage, warum neue Spiele/Systeme (hier pbtA) nicht etwa mit Neugierde, sondern oft mit direkter Ablehnung begrüßt werden.

Die spürbare Schutz- und Abwehrhaltung erlebe ich mehrmals im Jahr auch hinter dem Messestand. Rollenspieler (und Rollenspielerinnen, aber weit weniger stark) zahlen Eintritt, kommen auf die Messe, kommen zum Stand, nehmen die Bücher verschiedener kleiner und großers RPGs in die Hand, erklären dann aber mit leicht herablassendem Blick, sie hätten ja schon seit Jahr und Tag DSA, Splimo, D&D, Shadowrun, Runequest o.ä. Und das sei ja alles ganz nett, aber jetzt müsse man sie doch erstmal davon überzeugen, dass das, was sie da vor sich haben, BESSER sei. Ein anstrengendes und meist aussichtloses Unterfangen, wie man sich denken kann.

Meiner persönlichen Einsicht nach liegt das an etwas, dass ich die "Deutsche 1-Spiel-Politik" nenne. Das bedeutet, der deutsche Rollenspieler(tm) ist eigentlich nur auf der Suche nach dem einen, perfekten RPG für seine eine Endloskampagne, die ihn mit ins Grab begleiten wird. Und sobald dieser heilige Gral gefunden wurde, gehen die Scheuklappen hoch. Denn jedes neue System muss ja zwangsläufig eine an das Lieblingsspiel gerichtete Herausforderung oder gar Beleidigung bedeuten - oder sogar heimlich implizieren, dass man irgendetwas seit 20 Jahren oder so falsch gemacht hat. Was mir in der hiesigen Community (jetzt nicht zwingend das :t:!) fehlt, ist das Selbstverständnis dafür, dass es mehrere Spiele gleichzeitig geben kann, die alles etwas gut oder schlecht können, und man nichts dadurch verliert, verschiedene 'Werkzeuge' für verschiedene 'Aufgaben' zu nehmen.

Liege ich falsch? Wie seht ihr das?
« Letzte Änderung: 21.06.2018 | 09:45 von Der Tod »

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #1 am: 21.06.2018 | 09:46 »
Ich habe festgestellt, das wenn man mir nicht das Besondere eines RPGs erklären kann aka warum sollte ich das Spielen wollen, es meist auch keinen Grund dafür gibt.

Es muss mir einen Grund dafür liefern in das Spiel Geld, Platz und Zeit zu investieren und dieser muss mir dann auch noch gefallen.
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline LushWoods

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #2 am: 21.06.2018 | 09:50 »
Schön das ich nicht als Einziger diesen Eindruck habe.

Ich glaub die meisten dieser Leute wollen eigentlich nicht überzeugt werden, die wollen was Negatives finden um die Bestätigung zu finden das ihr Lieblingsspiel eigentlich doch das Beste ist.
Is aber nur eine Vermutung, ich bin kein Psychologe.
Desweiteren sind Nerd-Grognards halt doch irgendwie schon so ein eigenes, ganz spezielles Völckchen.

Überspitzt beschrieben, sehe ich da so einen DSA-Freak, der mit angeekeltem Gesichtsaudruck eine DW-Ausgabe bei dir am Stand in die Hand nimmt, lustlos drin herumblättert und dich anschnauzt ihm doch mal zu erklären, was dieses "Powered by irgendwas oder wie das heißt, wer denkt sich eigentlich so einen blöden Namen aus ..." denn so toll macht, das alle darauf abfahren.
Ein ähnliches Bild sehe ich in digitaler Form in den pbtA-Threads.
Da würde ich dann relativ schnell die Reißleine ziehen, was ich hier auch immer wieder mache, wenn ich sehe das gut gemeinte Erklärungen einfach nichts bringen.

Offline Darius der Duellant

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #3 am: 21.06.2018 | 09:51 »
Sich über das eigene Hauptsystem in weitere einzuarbeiten kostet Geld und Zeit. Man verliert also erst einmal Ressourcen die man nicht mehr in seine (RPG) Hauptspaßquelle investieren kann.
Diesen "Verlust" muss das neue System erst Mal halbwegs sicher wieder aufwiegen, damit sich diese Transaktion lohnt.
Der Grad der (empfundenen) Zufriedenheit mit dem Hauptsystem beeinflusst das ganze IMHO Recht stark.
Wenn ich mit System X weitestgehend zufrieden bin und keine Zeit für mehrere Runden habe, warum sollte ich dann was anderes anfassen?
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Noir

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #4 am: 21.06.2018 | 09:56 »
Das bedeutet, der deutsche Rollenspieler(tm) ist eigentlich nur auf der Suche nach dem einen, perfekten RPG für seine eine Endloskampagne, die ihn mit ins Grab begleiten wird. Und sobald dieser heilige Gral gefunden wurde, gehen die Scheuklappen hoch.

Daran sehe ich übrigens nichts verwerfliches. Wenn ich einmal ein System gefunden habe, dass mir immensen Spaß macht und all meine Bedürfnisse mindestens ausreichend - eher besser - anspricht ... warum sollte ich dann nicht skeptisch gegenüber neuen Spielen sein? Und warum sollte ich überhaupt ein neues Spiel finden müssen? Deshalb ist die Frage "Was macht dieses Spiel besser als XYZ?" oder "Warum sollte ich das spielen?" durchaus legitim, wie ich finde. Das sollte aber natürlich in freundlichem - wenigstens nicht unfreundlichem - Ton passieren.

Ein neues Spiel kann da mitunter durchaus sowas wie eine Herausforderung oder ein Gegner sein. Denn die Zeit, die ich in ein eventuelles neues System investiere (inklusive Spielabend) hätte ich auch mit meinem Lieblingsystem verbringen und damit gesicherten Spaß haben können.

Deshalb ist die Frage, ob sich solche Spiele überhaupt an "alte Hasen mit Lieblingssystem" wenden (sollten)?

/EDIT: Darius war schneller.

Offline Grubentroll

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #5 am: 21.06.2018 | 09:57 »
An sich finde ich die von dir kritisierte Haltung gar nicht mal so doof.

Ich persönlich finde es schwierig gerade heutzutage bei der Komplexität der System mehr als eins einigermaßen gut drauf zu haben.
Wir sind ja nicht mehr in DSA/D&D-Version1-Zeiten mit 5 bis 6 Attributen, Attacke, Parade, Rüstung und fertig ist der Abenteurer.

Dass man sich dann lieber auf ein System konzentriert ist für den "Otto-Normal-Spieler" der sich nicht dauernd für neue Regelmechanismen interessiert dann die bessere Strategie.

Offline Crimson King

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #6 am: 21.06.2018 | 10:01 »
Ich kann nicht beurteilen, wieviele Spieler tatsächlich kein Interesse am Blick über den Tellerrand haben. Allerdings spielen da sicherlich mehrere Faktoren eine Rolle. Zeit und Geld sind dabei rational gut greifbare Aspekte. Da kommt aber sicherlich noch eine emotionale Verbundenheit mit dem Leib- und Magensystem hinzu. Das passt dann auch zwangsläufig am besten zur eigenen Spielweise, weil System und Spielweise über Jahre hinweg miteinander verzahnt wurden und man sich darin wohlfühlt, während Veränderungen an mindestens einem der beiden Aspekte zu Aufwand führen und auch ein gefühltes Risiko, etwas liebgewonnenes zu verlieren. Neben emotionaler Verbundenheit kommt also noch eine emotionale Ablehnung gegenüber Veränderung hinzu.

Ich persönlich schaue mir neue Sachen im Übrigen auch gerne an, würde aber, wenn ich selber leite, für Kampagnen zu Hause auch auf Bewährtes setzen.
« Letzte Änderung: 21.06.2018 | 10:03 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Offline KhornedBeef

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #7 am: 21.06.2018 | 10:01 »
Ich verstehe das Problem nicht. Warum Leute, die emotional in etwas investiert haben, erstmal abwehrend sind? Ist ja nicht P&P-spezifisch.
Auf der anderen Seite, da kommt jemand an den Stand, wo jemand ein Produkt verkauft, und fragt, warum er das Produkt kaufen soll. Ja natürlich, wonach frage ich denn sonst, wenn ich nicht per Lotterie neue Spiele aussuche und die dann kaufe?? Das mache ich bei jeder anderen Investition doch auch. Klar, wenn einer da schon raushängen lässt, dass er alles kacke findet, ist die Frage wohl nicht ganz ehrlich. Aber trotzdem, wenn jemand dich fragt, warum er dein Spiel und nicht DSA/Splimo/FATAL nehmen soll, und du hast keine Antwort darauf, ist dein Produkt vielleicht überflüssig auf dem Markt.
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Shogoth64

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #8 am: 21.06.2018 | 10:03 »
ich sehe das ein bisschen anders. Natürlich gibt es Leute, die sich was auf das von ihnen gespielten Systeme einbilden, aber die Suche nach dem EINEN System, mit dem man seine Endloskampagne spielen kann, dürfte ein Länderübergreifendes Phänomen sein. Genauso übrigens wie die andere Sorte von Spielern, welche gerne herablassend von sich behauptet, dass sie sooooo unabhängig und Indie seien und Systeme immer nur für Oneshots nutzen.

Offline Kaskantor

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #9 am: 21.06.2018 | 10:04 »
Die Frage die sich mir hier stellt, wäre dann aber, wenn jemand absolut überzeugt von seinem Haussystem ist, warum schaut er dann überhaupt nach neuen Spielen?

Ich bin bekennender Systemhopper und bringe die Spiele, die ich schon alle gelesen/ getestet habe nicht mehr zusammen.

Trotzdem komme ich aus einer sehr klassischen Rollenspielecke (DnD, Shadowrun...) und bei mir hat es erst so in den letzten Jahren, schätze mal ab 2014 , damit angefangen mir meinen Horizont auch mal mit kleineren Spielen zu erweitern.

Bei mir liegt es ehrlich gesagt hauptsächlich an meinen Mitspielern, die wiederwillig mit mir was Neues probieren, aber auch erst dann, wenn ich sie mit Engelszungen berieselt habe, nur um dann doch wieder in altbekanntes (bei uns hauptsächlich DnD) zu verfallen.
Der Hauptgrund mMn liegt darin, dass sie im Gegensatz zu mir einfach keine Lust haben sich in neue Systeme einzulesen und abseits des Spielens, sich nicht mit RSP beschäftigen wollen. Wobei auch bei einem DnD5 bei weitem nicht alle Möglichkeiten genutzt werden, aus oben genannten Gründen. Das zählt auch nicht für alle aus meiner Gruppe, für manche mehr für manche weniger.
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Offline felixs

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #10 am: 21.06.2018 | 10:05 »
Ausgehend von diesem Thread, und der Frage, warum neue Spiele/Systeme (hier pbtA) nicht etwa mit Neugierde, sondern oft mit direkter Ablehnung begrüßt werden.

Meinerseits gibt es in der Tat meist viele Fragen zu Mechanik und Spielweise. Einerseits verstehe ich es oft erstmal nicht, außerdem irritiert mich oft die Terminologie, drittens ist mir oft tatsächlich nicht ganz klar, warum ich das spielen wollen sollte (das ist aber auch bei nicht wenigen nicht-neuen Spielen so).

Kann schon sein, dass ich das teilweise nicht angemessen formuliere. Werde versuchen, das in Zukunft besser zu bedenken.

Niemand sollte den Eindruck haben, mit neuen Ideen nicht willkommen zu sein.

Gleichzeitig sollte eine kritische Diskussion immer möglich sein.
« Letzte Änderung: 21.06.2018 | 10:13 von felixs »
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Offline Der Tod

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #11 am: 21.06.2018 | 10:07 »
Ich habe festgestellt, das wenn man mir nicht das Besondere eines RPGs erklären kann aka warum sollte ich das Spielen wollen, es meist auch keinen Grund dafür gibt.
Aber trotzdem, wenn jemand dich fragt, warum er dein Spiel und nicht DSA/Splimo/FATAL nehmen soll, und du hast keine Antwort darauf, ist dein Produkt vielleicht überflüssig auf dem Markt.
Nur kurz dazu: Selbstverständlich weiß ich, was das Besondere an dem RPG ist, dass ich verkaufen will, und erkläre das auch. Alles andere wäre ja wohl lächerlich.
Was ich aber sagen wollte ist: Es wird gar nicht "das Besondere" gesucht. Sondern das eine, "Perfekte" (das sie eigentlich bereits zu haben hoffen). Und das lässt jede Erklärung in 90% der Fälle ins Leere gehen.

Luxferre

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #12 am: 21.06.2018 | 10:08 »
An sich finde ich die von Dir kritisierte Haltung ziemlich doof  >;D

Das passiv-aggressive in eine Rechtfertigungshaltung auszumanövrieren finde ich ... bedenklich. Das liest man hierzuforum (übrigens oft von den gleichen Leuten betrieben) recht oft, wenn jemand sein Setting oder sein System vorstellen mag. Einfach mal locker machen, Gürtel nicht so eng schnallen, akademische Ansprüche mal runterschrauben und vor Allem: das vermeintlich hohe Ross verlassen! Würde einigen Rollenspielern sehr gut zu Gesicht stehen. Und übrigens ist das ein Gebaren, mit dem einige Rollenspieler in der Öffentlichkeit sehr (SEHR!) negativ auffallen. Was ich an dieser Haltung vermisse ist: Entspannung, Coolness, Rücksicht, Offenheit.

Jemand, der wie beschrieben auftritt, dem spreche ich aufrichtiges Interesse ab.

Offline Kaskantor

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #13 am: 21.06.2018 | 10:15 »
Ich glaube es wäre einfach, wenn man nicht immer fragt, was macht das denn besser als?
Sonder eher so nacch dem Motto, was macht das den gut, oder zu was besonderem?

Gerade im PbtA Thread würde oft gesagt, das und das kann das auch und ich mach das schon ewig so, wofür brauche ich das dann?

Nun vielleicht braucht es derjenige dann eben garnicht, aber man kann halt nicht jedes Rollenspiel in und auswendig kennen.

Es ist schön, wenn man das mit GURPS beispielsweise auch kann, aber wenn ich mit dem Spiel nie Erfahrungen gesammelt habe und nun mit PbtA schon, dann kann ich auch nur versuchen, dieses System und deren Vorzüge zu erklären.

Vielleicht ist es besser ein System nicht immer Endlos mit irgendeinem System vergleichen zu wollen, sondern sich nur konzentriert Gedanken über Vor-und Nachteile des im Thread genannten Systems macht.
Dann kann auch jeder entscheiden, ob es was für einen ist oder nicht.
"Da muss man realistisch sein..."

Hellstorm

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #14 am: 21.06.2018 | 10:18 »
Huhu Tod,

ich denke das Problem ist zu vielschichtig als das man eine "klare" Antwort dazu finden kann.

Grundlegend wissen wir zu wenig über die "deutsche Rollenspielszene". Wir können somit nur vermuten, wie viele Systeme gespielt werden. Gerade der Blick Richtung DSA ist doch häufig recht vorbelastet, ob diese Elitäre Haltung wirklich "grundlegend" existiert oder nur von einer "lauten Minderheit" vor sich her getragen wird.

Wie schon angesprochen ist es vermutlich der Lock in Effekt eines Rollenspielsystem. Je länger man X System spielt, desto mehr effektiver läuft das Spiel und deshalb die Lust zu wechseln erstmal sinkt. Auch sind viele Leute nicht über den Rollenspielmarkt informiert (kann ja nicht jeder so Nerds sein, wie im Tanelorn). Außerdem ist es unwahrscheinlich, das viele dieses Hobby in einer starken Intensität betreiben.

PbtA ist auch tatsächlich recht abstrakt (im Verhältnis zu genannten Beispielen), was viele Leute vermutlich abschrecken mag (nenne es mal Regelhörigkeit). PbtA braucht schon einen "befreiteren" Geist...was schwierig ist, wenn man mit Regelheftigen Systeme "rollenspielisiert" wurde.

Aus meiner Erfahrung als Verkäufer auf Messen und in der Ausbildung, die meisten Leuten kann man nicht überzeugen und manche sind auch "abwehrend", das passiert.

(Ich habe PbtA z.b. nicht benutzt, weil es mir zu abstrakt war)
« Letzte Änderung: 21.06.2018 | 10:20 von Hellstorm »

Offline felixs

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #15 am: 21.06.2018 | 10:20 »
Vielleicht ist es besser ein System nicht immer Endlos mit irgendeinem System vergleichen zu wollen, sondern sich nur konzentriert Gedanken über Vor-und Nachteile des im Thread genannten Systems macht.
Dann kann auch jeder entscheiden, ob es was für einen ist oder nicht.

Ja, finde ich auch.

Zumal bei Vorlieben (und Abneigungen) für bestimmte Systeme ja auch immer viel Prägung und/oder Bauchgefühl mit reinspielt. Objektivität ist da schwierig und eigentlich auch unnötig.
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Offline Feuersänger

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #16 am: 21.06.2018 | 10:23 »
Leuten mit extremer Abwehrhaltung gegen Neues/Unbekanntes begegnest du überall, in allen Bereichen. Musik, Autos, Computer / Konsolen, andere Hobbies. Ich kenn das noch aus der Kinder- bzw Jugendzeit: wenn man selber ein 8Bit-Nintendo hatte, fand man das neue 16Bit-Sega prinzipiell scheiße. Ohne es je ausprobiert zu haben.

Ich denke durchaus, dass diese Art Abwehrhaltung der unterbewussten Angst oder gar Erkenntnis entspringt, dass das Neue tatsächlich besser ist, was die eigene bisherige Vorliebe entwerten würde.

Aber es muss ja gar nicht so extrem sein, um Ablehnung oder Desinteresse zu begründen. Wie meine Vorredner schon sagten: wenn ich mich in ein komplexes System eingefuchst habe, müsste ein anderes System schon sehr viel besser sein, damit ich die bisherige Investition abschreibe und von neuem Aufwand investiere. Das ist eine schlichte Kosten/Nutzen-Rechnung.
Und wenn man schon soundsoviele Systeme ausprobiert hat, hat man auch irgendwann geschnallt, dass die alle auch bloß mit Wasser kochen und eine neue Veröffentlichung schwerlich so wahnsinnig viel besser sein kann als alles bisher dagewesene. Wir sind jetzt auch oft genug dem letzten Hype hinterhergerannt, nur um dann festzustellen dass es dann doch nur wieder alter Wein in neuen Schläuchen ist.
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Offline Oak

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #17 am: 21.06.2018 | 10:23 »
Eine pauschale Bewertung von individuellem Verhalten ist immer so eine Sache ...

Meiner Erfahrung nach hat das abwertende Verhalten in der Regel aber wenig mit dem Objekt an sich zu tun, sondern mit dem stetigen Kampf gegen die eigenen Unzulänglichkeiten. Sich seiner Unzufriedenheit zu stellen ist oft ein mühseliger Kampf. Da ist es doch viel einfacher, die Unzufriedenheit zu schlucken und sie auf etwas anderes Projizieren. Die im Kontext dessen geäußerte Meinung ist dabei quasi beliebig und nicht wirklich wichtig.

Offline Teylen

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #18 am: 21.06.2018 | 10:30 »
Ich persönlich vermute das die Haltung ein Resultat dessen ist, dass neue Spiele sehr häufig aggressiv gegenüber bestehenden positioniert werden.
 
Das heißt, der Rollenspieler der vor einem steht und eine Gruppe neuer Spiele durchsieht, hat häufig davon in einer Form gehört die auf "Wer DSA/D&D/SpliMo/etc spielt ist geistig zurückgeblieben und spielt objektiv schlechte Spiele, der neuste heiße Scheiß ist Fate/PbtA/whatever".
Was Angesichts der Diskussion darum wie stark der Dachschaden ist den ein Spiel, wie V:tM, hinterlässt kein rein deutsches Phänomen ist. Allerdings durchaus eine Haltung die ich auch hier mitunter beobachte.

Daneben braucht es mitunter vor der Investition von Geld für das Spiel und Zeit um es zu spielen Gründe weshalb. Ebenso wie die Gelassenheit hinzunehmen das man vielleicht nicht jeden davon überzeugt bekommt.
Ich meine, ich rechne nicht damit, dass ich jetzt jeden von den Vorzügen der 5ten Edition von Maskerade überzeugt bekomme und denke das es vielleicht für alle ganz gut ist wenn man akzeptiert das manche lieber ihre Lieblingsedition spielen. Zumal es gerade bei Editionen, eingeschränkt auch bei Spielen, eine "entweder/oder" Entscheidung ist, weil mehrere Editionen zu spielen sperrig ist oder man nicht genügend Zeit und ggf. Spieler hat.
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Offline Hotzenplot

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #19 am: 21.06.2018 | 10:45 »
An sich finde ich die von Dir kritisierte Haltung ziemlich doof  >;D

Das passiv-aggressive in eine Rechtfertigungshaltung auszumanövrieren finde ich ... bedenklich. Das liest man hierzuforum (übrigens oft von den gleichen Leuten betrieben) recht oft, wenn jemand sein Setting oder sein System vorstellen mag. Einfach mal locker machen, Gürtel nicht so eng schnallen, akademische Ansprüche mal runterschrauben und vor Allem: das vermeintlich hohe Ross verlassen! Würde einigen Rollenspielern sehr gut zu Gesicht stehen. Und übrigens ist das ein Gebaren, mit dem einige Rollenspieler in der Öffentlichkeit sehr (SEHR!) negativ auffallen. Was ich an dieser Haltung vermisse ist: Entspannung, Coolness, Rücksicht, Offenheit.

Jemand, der wie beschrieben auftritt, dem spreche ich aufrichtiges Interesse ab.
+1

ABER:
Mich wundert die Erfahrung vom Tod ein bisschen. Ich kenne mich auf RPG-Messen nicht aus (ich kaufe meinen hot shit woanders ;)). Ist das wirklich so? Mein Eindruck hier aus dem Forum ist fast gegenteilig. Wir stürzen uns doch vehement auf jede neue Sau, die durch´s Dorf getrieben wird.
Mitunter dürften die etablierten Systeme (DSA, D&D, SW, FATE, PbtA) mehr Gegenwind bekommen, aber das liegt halt am FC Bayern Syndrom. Wenn du der Big Player bist, gibt´s halt auch immer viele Hater.
Also: Haters gonna hate. Na und?
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Mein größenwahnsinniges Projekt - Eine DSA-Großkampagne mit einem Haufen alter Abenteuer bis zur Borbaradkampagne:
http://www.tanelorn.net/index.php?topic=91369.msg1896523#msg1896523

Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

Ich führe meinen Talion von Punin in der Borbaradkampagne im Rollenhörspiel
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Maischen

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #20 am: 21.06.2018 | 10:48 »
Vorab: Ich habe mir DW und BTW zugelegt und spiele beides mit Kindern. Die finden das super.

Meine alteingesessene Cthulhu-Runde will nur Cthulhu spielen. Einer hat gefragt, ob man nicht auch mal wieder Warhammer spielen könnte. Der Rest tendiert dazu, keine Fantasy-Settings mehr spielen zu wollen. Ich könnte jetzt natürlich versuchen, denen verschiedene andere Systeme vorzustellen. Das wird aber wohl nicht von Erfolg gekrönt sein. Ich nehme mir das aber mal vor.

Dazu kommt: Keiner von uns geht auf Cons oder Messen. Ich bin als Spielleiter der einzige, der etwas über den Tellerrand schaut. Deshalb bin ich und meine Runde auch nicht unbedingt typisch für das beschriebene Phänomen.


Hellstorm

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #21 am: 21.06.2018 | 10:49 »
+1

ABER:
Mich wundert die Erfahrung vom Tod ein bisschen. Ich kenne mich auf RPG-Messen nicht aus (ich kaufe meinen hot shit woanders ;)). Ist das wirklich so? Mein Eindruck hier aus dem Forum ist fast gegenteilig. Wir stürzen uns doch vehement auf jede neue Sau, die durch´s Dorf getrieben wird.
Mitunter dürften die etablierten Systeme (DSA, D&D, SW, FATE, PbtA) mehr Gegenwind bekommen, aber das liegt halt am FC Bayern Syndrom. Wenn du der Big Player bist, gibt´s halt auch immer viele Hater.
Also: Haters gonna hate. Na und?

Denke das Tanelorn ist in keiner weise eine Abbildung der PnP Realität in Deutschland :D Wenn ist es vermutlich, das absolute Gegenteil.

Offline Caranthir

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #22 am: 21.06.2018 | 10:52 »
Ich sehe diese Abwehrhaltung zumindest hier im Tanelorn nicht wirklich. Klar kommen immer wieder Leute mit bestimmten Spielen nicht zurecht. So auch mit PbtA. Das heißt aber nicht, dass diese Leute immer nur ihr eines System spielen. Mir geht es im Prinzip immer so, dass ich mit einem neuen Spiel erstmal meine Probleme habe. Ich muss mich in die Denke reinfinden und kapieren, was die Autoren jetzt genau wollen.

Bei den gut geschriebenen und erklärten Rollenspielen macht es bei mir sofort Klick, wenn ich die lese. Dann gibt es aber auch die Spiele, die zwar von den Regeln her top sind, die aber einfach schlecht erklärt werden. Und das nervt mich dann manchmal. Schöne Idee, aber wenn ich den Regeltext dreimal lesen muss, um zu verstehen, was der Autor jetzt von mir will ... *argh*.

Und ja, ihr habt recht, beim Spielen lösen sich viele dieser Probleme, daher probiere ich Sachen gerne mal aus.
Lese: Fate of Cthulhu, Fate Horror Toolkit, Dragon Age RPG, The Expanse RPG

Leite: Der Eine Ring (Kampagnen in Wilderland und Rohan)

Brettspiele: Firefly, Dresden Files Card Game, Azul, Eldritch Horror

Spielerin von Rapunzel in Märchenkrieger Los!: "Das schaffe ich, ich hab lange Haare!" ;)

Offline Arldwulf

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #23 am: 21.06.2018 | 10:55 »
Bis zu einem gewissen Grad liegt das wohl auch daran, dass die großen Systeme in sich selbst bereits sehr viel Abwechslung bieten. Sei es durch viele verschiedene Settings oder auch durch in den einzelnen Editionen sehr unterschiedliche Regelmechanismen.

Welche auch häufig natürlich Inspiration von anderen Regelwerken ziehen, so das "das Besondere" vieler neuer Systeme eigentlich gar nicht so besonders und neu ist.

Offline KhornedBeef

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Re: Woher die Abwehrhaltung?
« Antwort #24 am: 21.06.2018 | 10:56 »
Nur kurz dazu: Selbstverständlich weiß ich, was das Besondere an dem RPG ist, dass ich verkaufen will, und erkläre das auch. Alles andere wäre ja wohl lächerlich.
Was ich aber sagen wollte ist: Es wird gar nicht "das Besondere" gesucht. Sondern das eine, "Perfekte" (das sie eigentlich bereits zu haben hoffen). Und das lässt jede Erklärung in 90% der Fälle ins Leere gehen.
Ok, dann sind halt die Leute, die so fragen, ein bisschen doof. Oder unerfahren. Sorry wenn ich dich falsch verstanden habe.
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