Autor Thema: [SoA 2. Akt] Königsallee  (Gelesen 8620 mal)

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[SoA 2. Akt] Königsallee
« am: 11.10.2018 | 21:43 »
Sonntag, 18. Sept. 1927

Königsallee 133a

https://abload.de/img/1k9tc.jpg
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #1 am: 11.10.2018 | 22:38 »
Das Bauwerk ist hoch-herrschaftlich. Pompös. Einem russischen Emigranten wenig angemessen.

Das Gelände ist von einem hohen Metallzaun umgeben. Ein Wagen parkt hinter dem Zaun, neben dem Haus.

Zwei Männer stehen neben dem Eingang und beobachten die Strasse.
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #2 am: 12.10.2018 | 20:17 »
Das Gebäude ist palastartig und zeigt den Jugendstil in seiner ganzen Pracht.

Unglaublich schön, bildnerisch kunstfertig und ungewöhnlich reich geschmückt. Alles an dem Gebäude ist geschmackvoll und hochwertig.

https://abload.de/img/4d8n5.jpg

Die Wandflächen zwischen den Fenstern an der langgestreckten Front sind mit Reliefs geschmückt, von denen zwei das Leben und den Tod durch schlanke Frauengestalten symbolisieren. Die Darstellungen zwischen ihnen schildern in antikisierender Auffassung Krieg und Sieg.
« Letzte Änderung: 13.10.2018 | 14:44 von Der Läuterer »
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #3 am: 16.10.2018 | 21:46 »
KÖNIGSALLEE 133a

In der Königsallee reihen sich die Villen der Schönen und Reichen Berlins aneinander. Dennoch verschlägt es mir den Atem, als das Gebäude in Sicht kommt, das die im Adressbuch benannte Anschrift bezeichnet. Das steinerne Monument ist mehr ein Palais als eine Villa. Prunkvolle Reliefe und Friese zieren derartig großzügig das Bauwerk, dass sein Bauherr entweder ein besessener Kunstfreund war oder seinen Reichtum überdeutlich zur Schau stellen wollte. Ein Neureicher vielleicht? Das von Jugendstil geprägte Gebäude kann noch nicht sehr alt gewesen sein, als Krassimir es erworben hat.

Wie erschreckend groß ist die Diskrepanz zwischen der heruntergekommenen Villa der von Eisensteins und dem Palais, in dem der russische Emigrant Krassimir Nebolowski bis zu seiner Einweisung in eine Irrenanstalt residiert zu haben scheint! Ich kann es kaum glauben und vergewissere mich mehrmals, die richtige Hausnummer erwischt zu haben. Aber daran gibt es nichts zu rütteln: Ich stehe vor der Königsallee 133a … "Wie kann Krassimir aus den vergleichsweise ärmlich lebenden von Eisensteins nur eine solch gewaltige Summe herausgepresst haben, die ihm den Erwerb dieses Prunkbaus ermöglicht hat? Wie schlimm kann das Eingeständnis eines kleinen Fehltritts mit so einem jungen Flittchen schon sein? ... Und überhaupt: Ich hätte das Problem für den Professor weitaus billiger aus der Welt schaffen können … und Männer wie mich gibt es wie Sand am Meer. Ich kenne genug Engelmacherinnen, die für eine vergleichsweise bescheidene Summe den Stein des Anstoßes (auch gegen den Willen des Mädchens) aus der Welt geschafft hätten, noch bevor er das Licht der selben überhaupt erblickt hätte."

Eine Weile kann ich den Blick nicht von den wunderbaren Darstellungen abwenden und mir mag der Mund offen gestanden haben. Als ich auf einer den Krieg glorifizierenden Darstellung die Abbilder Otto von Bismarcks und Generalfeldmarschals Helmuth von Moltkes erblicke, bin ich versucht, auszuspucken. Ihr Erbe war viel mehr noch als der Sieg 70/71 die erniedrigende Niederlage im Großen Krieg, in dem sich die Franzosen für diesen Sieg revanchierten! "Wieviel Blut und Leid klebte an Euren Händen? Da war NICHTS glorreiches an dem Großen Gemetzel! Da gibt es nichts, wofür ein gerechter Gott Euch in den Himmel lassen würde!"

Die Darstellungen der Frauen hingegen finden meine Bewunderung. Die fließenden Formen, mit denen die Steinmetze Reinheit und Schönheit eingefangen haben, fesseln mich. Ich spüre in mir den Drang, die Darstellungen zu berühren, mit den Händen über die Gewänder zu streichen ... in Kontakt mit einer idealen Welt jenseits dieses Fensters aus Stein zu treten ... Aber stattdessen spüre ich nur die Kälte der schmiedeeisernen Streben vor mir.

"Wenn ich raten darf, handelt es sich bei dem Motiv mit Bismarck und Moltke um einen konkreten Auftrag des Bauherrn, während bei den Darstellungen der Frauen die Künstler freie Hand hatten", beschieße ich.

Ich reiße mich von dem Anblick los, um nicht übermäßig die Aufmerksamkeit dieser beiden Kerle am Hauseingang zu erregen. Wie zuvor schlendere ich die Straße weiter entlang, suche nach Möglichkeiten, in die Villa - bevorzugt nachts - einzusteigen und versuche einzuschätzen, ob es sich bei den beiden Männern um Polizisten handeln könnte, die auf eine mögliche Rückkehr Krassimirs warten, um ihn 'hopp zu nehmen'.

Neugierig versuche ich auch das Model des Fahrzeugs und die Ziffernfolge auf dem Kennzeichen hinter dem zu erwartenden "I A" für Berlin zu erspähen.
« Letzte Änderung: 16.10.2018 | 22:15 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #4 am: 29.10.2018 | 20:20 »
Der abgestellte Wagen ist ein schwarzer Mercedes-Benz W 02 mit dem Kennzeichen RW 323.
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #5 am: 14.11.2018 | 21:30 »
KÖNIGSALLEE 133a

Ich pfeife leise durch die Zähne, als ich den Wagen betrachte. Der Mercedes-Benz W 02 wurde im vergangenen Oktober auf der Berliner Automobil-Ausstellung erstmals vorgestellt und von Ferdinand Porsche konstruiert. Ich habe darüber in der Zeitung gelesen und erinnere mich noch an das Foto. "Der Wagen gehört zwar nicht zur Oberklasse, ist aber brandneu und ein echtes Schmuckstück. Gerade der hohe Preis des Wagens wird in Fachkreisen kritisiert. An Geld scheint es also auch aktuell hier nicht zu mangeln! Von diesem neuen Wagen fahren selbst in Berlin noch nicht viele Exemplare herum. Das ist doch schon mal was und gibt mir einen Ansatzpunkt. Krassimir persönlich kann den Wagen nicht erworben haben, da er sich bereits in der Anstalt befand, bevor das Automobil auf den Markt kam", schlussfolgere ich verwundert. "Fragt sich, wer den Wagen angeschafft hat und wer mittlerweile in diesem Haus lebt. Oder gehört der Wagen etwa garnicht zum Haus, obwohl er auf dem Grundstück und nicht an der Straße geparkt ist?"

Derweil frage ich mich, ob es sich bei den beiden Männern wohl um Polizisten handelt. Das erscheint mir am wahrscheinlichsten. Warum sollte Krassimir sich private Wachleute leisten, zumal er seit Jahren in der Anstalt lebt? Kurzentschlossen entscheide ich mich für die Flucht nach vorn, denn im Augenblick sieht es nicht so aus, als würde es mir hier in absehbarer Zeit gelingen, heimlich einzudrigen, um ein paar Informationen ... oder sonstiges ... zu sammeln. Jedenfalls waren die beiden nicht in der Sternwarte, vergewissere ich mich.

"Hmmm, ein Mercedes-Benz W 02", sage ich mit deutlich vorgetragener Begeisterung zu mir selbst, so dass es auch die beiden Männer am Eingang hören können. Nach einer Weile schlendere ich weiter in deren Richtung, wobei ich die Beine nur ganz leicht unterschiedlich belaste, als würde ich ein klein wenig hinken. Als ich die Männer erreiche, tippe ich mit zwei Fingern an meine Mütze und grüße höflich. "'n verdammt schönen Wajen haben Se da! Ick bin Kraftfahrer von Beruf ... aber ick liebe Automobile seit ick 'n kleener Dötz war. Davon konnt ick nie nich lassen, ooch nich im Kriech ... Ob Se mir wohl jestatten würd'n, 'n jenaueren Blick auf'n Mercedes zu werfen? Dat wär 'ne Wucht! Da würden's mir 'ne Freude machen!"

Ich versuche die Männer einzuschätzen. Ich achte auf die Qualität und Abnutzung ihrer Kleidung. Ich reiche ihnen meine Pranke und versuche einzuschätzen, ob deren Hände an harte Arbeit gewohnt sind oder eher an Federhalter. "August Pawerke, wenn's beliebt", stelle ich mich den beiden vor, wobei mich der Gedanke, dass Augusts Gebeine tatsächlich zur gleichen Zeit die französischen Würmer benagen, erheitert.
« Letzte Änderung: 15.11.2018 | 10:54 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #6 am: 15.11.2018 | 14:13 »
Anton

Die beiden Männer unterhalten sich, während sie rauchen. Beide tragen lange, braune Ledermäntel.

Vor ihnen liegen einige Zigaretten-Stummel auf dem Boden.

"... hier noch warten müssen?"
"Weiss nüsch. Dauert manchmal länger."

"Haste noch wat zum Rochen."
"Na klar. Biste schon länger bei die Truppe?"

Als Du in den Wagen linst, fällt Dir auf dem Beifahrersitz eine graue Feldschirmmütze auf.

"He! Du da. Mach Dich von Acker. Hier jibts nüscht zu kieken."
"Und Zigaretten geschnorrt würd nüsch."
« Letzte Änderung: 15.11.2018 | 14:14 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #7 am: 22.11.2018 | 19:09 »
"Nu mach nich so’n Jewese, Kamerad!1 Behalt deene Qualmtüten un' Sechser2 ma schön für dich! Schnorren is nich meene Art! ... Is ja nich so, als wollt ick jleich mal durch de Jejend jurken. Nur kiek'n wollt ick! ... Jeht man so mit eenem um, der wo für Kaiser und Vaterland jedient un' seene Jesundheit uff'n Feld jelassen hat? Mahn, mahn, dit is ‘n dicker Hund! Und dit von 'nem Kadetten, der wo noch jungsch is ... 'n rechter Hosenmatz! ... Dachte ihr würdet eene Fuffzehn machen.3 Wollt' Euch nich von was wicht'jem abhalten. Jott bewahre!"

Ich schüttle verständnislos den Kopf und schicke mich an, weiterzugehen.

"Also ehrlich! Machen die in Zivil eenen uf Graf Kacke4! Dit macht Lunte!5 Dit hab ick jern!"

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« Letzte Änderung: 25.11.2018 | 13:02 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #8 am: 4.12.2018 | 14:08 »
Du schlenderst am Automobil entlang, während Du versuchst die beiden Wartenden in ein belangloses Gespräch zu verwickeln.

Dabei wirfst Du scheinbar interessierte Blicke auf den Wagen, taxierst währenddessen aber die zwei sehr genau und hältst Augen und Ohren für die Vorgänge im Haus offen.

An einem Fenster im Stockwerk über Dir steht eine schöne, junge Frau am Fenster, die in die Ferne schaut, dann aber von einer anderen Person im Zimmer vom Fenster zurückgezogen wird.

Du hörst zwei Männerstimmen im Eingangsbereich.
"Aber, hören Sie doch..."
"Nein!"
"So bleiben Sie doch bitte. Das in der Warte war..."
"Ein Fehler. Ja, da haben Sie Recht. Der letzte Fehler. Keinerlei Ausflüchte mehr!"
"Ich beschwöre Sie, Ihre Leute werden..."
"... sich der Sache annehmen? Gottverdammt, ja. Das werden sie tun."
"Bitte. Sie werden alles nur noch weiter verschlimmern."
"Nein!"
"Ich bitte Sie."
"Nein! Ich will Resultate! Zu viel ist bereits nach aussen gedrungen. Das Ganze ist Ihnen doch längst völlig aus der Hand geglitten!"
"Aber... Wir können die Situation noch retten."
"SIE können gar nichts, wie sich gezeigt hat. Ausser leere Versprechungen machen."

Dann wird abrupt die Tür aufgerissen. Ein Mann in schlichter Militäruniform tritt heraus.
"Ab jetzt übernehmen wir! Verstanden?"

Als er Dich sieht. "Was? Ist das denn für ein Kerl?"
"Was ist hier los?"
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #9 am: 3.01.2019 | 13:26 »
Ich richte mich zur vollen Größe auf, 'zeige Front' und grüße militärisch, als folge mein Arm noch immer einem automatischen Reflex. Dann kehre ich doch in eine vermeintliche Schonhaltung zurück, verliere die Körperspannung gerade so weit, als wollte ich es eigentlich vermeiden, und entlaste das eine Bein.

"Wünsche 'n schönen Tag, Herr Leutnant!", grüße ich in einer Mischung aus militärisch-respektvollem Tonfall und informell-kameradschaftlicher Wortwahl. Tatsächlich schießt mir durch den Kopf: "So'n Fannkuchen mit Beene!", aber ich lasse mir meine wenig positive erste Einschätzung des Leutnants nicht anmerken.

"Melde jehorsamst: Hier is nüscht los ... allet paletti! ... nur 'n oller Kamerad mit'm Sinn für schöne Automobile. Dit is' doch nich' verboten, mal kurz nach'm Schmuckstück von Wajen zu kiek'n, der wo noch nach Fabrik riecht, wat?"

"Keene Ahnung, warum die beeden so'n Jewese mach'n, als wär ich nich janz koscher."

Zur Bekräftigung meiner letzten Worte schüttle ich enttäuscht den Kopf und lasse die Schultern noch ein winziges Stück mehr hängen. Eine deutsche Eiche, gebeugt von der Last des Krieges, aber nicht gefällt.
« Letzte Änderung: 3.01.2019 | 13:28 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #10 am: 5.01.2019 | 13:49 »
"Soldat?! Veterrran im Grrrossen Krrrieg!"

"Derrr Mann hierrr ..." Er deutet mit dem Daumen auf Dich, während er sich nach hinten umdreht. "...brrraucht keine Errrmunterrrung und Führrrung."

"Derrr ist rrrichtig. Solche Männerrr brrraucht das Land!"

Er zupft etwas an Deiner Knopfleiste herum, an der nichts auszusetzen ist. "So! Perrrfekt."

Er mustert Dich. "Name, Soldat. Rrrang. Wo hat errr gedient?"

"Und wie kommt errr darrrauf, dass hierrr ein Leutnant vorrr ihm steht?"
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #11 am: 7.01.2019 | 12:00 »
"Soldat August Pawerke, Herr Leutnant!", halte ich meine Legende aufrecht und unterdrücke die Berliner Schnauze gegenüber dem Offizier.

"Ein Soldat erkennt einen Offizier, wenn er vor ihm steht, Herr Leutnant. Mit oder ohne Uniform. Vor allem einen solchen, der sich seinen Rang erdient hat, wenn die Anmerkung erlaubt ist, Herr Leutnant."

"Hatte die Ehre, Kaiser und Vaterland unter Generalleutnant Hermann von Stein im XIV. Reserve-Korps, 55. Reserve-Infanterie-Brigade an der Somme zu dienen", eigne ich mir weiter Pawerkes Geschichte an und spiele zugleich auf den hohen Blutzoll der Briten aus dem Sommer 1916 an. Die späteren Stellungskämpfe vor Verdun 1917 und die Rückzugskämpfe 1918 lasse ich zunächst unerwähnt.

"Nach ... später ... habe ich weiter gedient als Fahrer, insbesondere im Sanitätsdienst, Herr Leutnant", beginne ich die Geschichte von Pawerke mit meiner eigenen zu vermengen. Verlegen füge ich mit leiserer Stimme an: "Für den Sturm war ich nicht mehr geeignet ... Granatsplitter ... ... aber habe immerhin noch so manchen Kamerade aus der Hölle geholt." Ich werde ruhiger und versinke tatsächlich für einen Moment in Erinnerungen.
« Letzte Änderung: 7.01.2019 | 12:03 von Joran »

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #12 am: 7.01.2019 | 23:35 »
"Rrrührrren, Soldat Pawerrrke! Errr hat dem Vaterrrland Ehrrre errrwiesen und ist dem Heerrr nicht in den Rrrücken gefallen, wie diese bourrrgeoisen, jüdischen Bolschewiken-Verrrrrräterrr-Schweine."

"Errr sieht aus wie ein Mann derrr Tat. Schmitt, sind Sie meinerrr Meinung?"

Ohne auf eine Antwort des Mannes hinter sich zu achten, fährt der Leutnant fort.
"Jawohl. Krrräftig gebaut. Enerrrgisches Kinn. Entschlossenerrr und harrrterrr Blick, derrr auf die Zukunft gerrrichtet ist. Ein Mann, derrr Befehle befolgt."

"Wie gut kann errr fahrrren, Soldat?"

"Verrrsteht errr mit einerrr Pistole umzugehen?"
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #13 am: 8.01.2019 | 12:51 »
"Mit 'ner Pistole weiß ich umzugehen, Herr Leutnant", antworte ich wahrheitsgemäß und füge dann zögernd, fast schon leicht bedauernd an: "... wenngleich ich eine Weile keine mehr in den Händen hielt ... ... und ich weiß auch worauf es ankommt im rechten Moment ... kann nicht nur auf Scheiben schießen wie so'n Pennäler ..."

"Glaube fast, ich könnte 'ne Luger P 08 noch mit geschlossenen Augen auseinandernehmen und zusammensetzen." Meine Hände beginnen leicht zu zucken, während ich in der Erinnerung die einzelnen Schritte durchgehe. "Käme auf'n Versuch an. Ist vermutlich wie's Radfahren."

Langsam gleite ich wieder in den berliner Dialekt

"Uf'm Bock sitze ick schon ewich! Bin quasi damit verwachsen. Hab' schon so ziemlich allet jefah'n, was Räder hat. Fuhrwerke, Limonsinen, Ambulanzen, Lastkraftwagen ... nich' nur Verbrennungsmotoren, früher auch schon mal Dampftraktoren und Elektrowagen von Flocken. Mir fehlt nur noch 'ne Lokomotive und die Grüne Minna, dann hatte ich sie alle", füge ich grinsend hinzu. "Kenne mich ooch mit'n Motoren aus, halte se instand und repariere das meeste selba. ... Ick leb' heute ja davon!"

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #14 am: 9.01.2019 | 16:22 »
"Pawerrrke! Komme errr heute Abend zum Hauptpostamt."

Der Leutnant deutet mit dem Finger auf Dich.
"Es könnte sich etwas errrgeben, das fürrr uns und fürrr Ihn von beiderrrseitigem Vorrrteil sein könnte."

"Errrscheine errr genau um Null Uhrrr. Und sei errr pünktlich."

Damit steigen der Leutnant und ein anderer Mann in das Automobil ein, ebenso wie die beiden, die vor dem Haus gewartet haben. Dann setzt sich das Auto langsam in Bewegung.
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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #15 am: 9.01.2019 | 16:44 »
"Jawoll, Herr Leutnant!", salutiere ich kurz, bevor der Offizier sich abwendet.

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #16 am: 9.01.2019 | 18:53 »
Mein Blick folgt noch eine Weile der Reichswehr, bis der Mercedes-Benz aus meiner Sicht verschwindet. Langsam trotte ich die Straße entlang, bis ich vom Haus Königsallee 133a aus nicht mehr zu sehen bin, selbst aber den Bürgersteig vor dem Haus im Auge behalten kann.

Ich muss erst einmal über die jüngsten Ereignisse nachdenken.

"Wird der ominöse Mann die Villa nun verlassen? Handelt es sich wohlmöglich um 'Kajo' Blumberg, den ich auf der Beerdigung und in der Sternwarte gesehen habe? Wird er die Frau mitnehmen? Welche Rolle spielt sie? Warum soll sie sich nicht am Fenster zeigen? Handelt es sich um Professor Phillip Alexander Ferdinand von Eisensteins einstige Geliebte, das Mädchen mit den 'langen Beenen'?"

"Und was ist mit dem Leutnant? Will er mich als möglichen Zeugen von ... was auch immer ... aus dem Weg räumen und hat mich aus diesem Grund zu einem nächtlichen Treffen bestellt? Aber warum sollte er sich für ein solches Treffen gerade das Hauptpostamt auswählen? Es gibt unauffälligere Orte ... Nur wem wird es auffallen, wenn ich nachts in ein Auto steige? Wer sollte sich daran erinnern? ... Ich frage mich, ob der Leutnant Informationen über den Soldaten August Pawerke einholen wird. Warum sollte er? Und was könnte er bei der Reichswehr in der kurzen Zeit herausfinden? Dort gilt er vermutlich bis heute als vermisst. Haben die Bücher in den Archiven überhaupt bis heute überdauert? Und wie hoch ist der Anteil an ungesicherten Informationen in den Listen? Tot oder vermisst, wen schert das noch? Keine Witwe, keine Rente, ... Manchmal sind die Preußen jedoch verdammt genau. Verflucht, vielleicht war es ein Fehler, den falschen Namen zu nennen ... hätte ich den richtigen angegeben, würde ich mich aber jetzt kaum besser fühlen."

"Nehmen wir an, es ist keine Falle, um mich aus dem Weg zu räumen: Wofür könnte der Leutnant mich dann brauchen? Offensichtlich war der Leutnant bemüht, dass seine Leute bei einer oberflächlichen Betrachtung nicht als Angehörige der Reichswehr erkannt würden. Der Wagen unauffällig auf dem Grundstück geparkt, der Mantel ohne Rangabzeichen, die Wächter in Zivil, die Mütze im Auto gelassen, ... Vielleicht handelt es sich nicht um einen offiziellen Auftrag der Reichswehr? Vielleicht kann er nur auf eine begrenzte Anzahl verschwiegener Personen aus den eigenen Reihen zurückgreifen. Soldaten haben viel Zeit zum Reden. Da bleibt nicht viel geheim. Und die Kluft zwischen Offizieren und einfachen Soldaten kann recht breit sein. Da gibt es auch schon mal so manche Rechnungen zu begleichen. Wenn das, was der Leutnant vor hat ... ein nächtlicher Einbruch ins Hauptpostamt wird's wohl nicht sein ... nicht ganz legal ist, mag ihm ein Veteran lieber sein als ein aktiver Soldat. ... ... ... Vielleicht ein Veteran, dessen Verbleib nach getaner Arbeit niemandem erklärt werden muss und dessen 'Fernbleiben von der Truppe' keine Untersuchungen nach sich zieht?"

Ich beschließe, vorsichtig zu sein. "Vielleicht wäre es sinnvoll, die Lohensteins einzubeziehen: zwei glaubwürdige Zeugen ... falls mir etwas zustoßen sollte. Eine kleine ... SEHR kleine Rückversicherung, denn wenn mir der Leutnant an den Kragen will, wird er vorher vermutlich kein Pläuschchen mehr mit mir halten."

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #17 am: 29.01.2019 | 10:11 »
Meine Gedanken kehren zu den verbliebenen Personen im Haus zurück.

"Mindestens eine Frau und ein Mann ... Vermutlich hat der Mann die Frau vom Fenster weggezogen ... Sorgt er sich um sie?"

"Der Mann war offensichtlich mit dem Leutnant nicht einig. Wenn es Blumberg sein sollte, würde er mich erkennen. Ich könnte dann die Ereignisse in der Sternwarte zum Aufhänger für ein Gespräch nehmen. ... Hat er beobachtet, wie ich mit dem Leutnant gesprochen habe? Konnte er hören, was der Leutnant zu mir sagte?"

Ich bin unentschlossen, was meinen nächsten Schritt angeht.

"Könnte ich im Haus Informationen erlangen, die mir möglicherweise heute Nacht das Leben retten? Oder lege ich meinen Kopf in den weitaufgerissenen Schlund des Löwen, wenn ich jetzt dort klingle?"

Ich beschließe, das Schicksal entscheiden zu lassen und auf mein Glück zu vertrauen. Aus der Hosentasche ziehe ich einen Sechser.

"Kopf und ich klingle an ... Zahl und ich verschwinde hier", murmle ich und lasse dann die Münze in der Luft rotieren, fange sie mit der Rechten wieder auf und befördere sie auf den Handrücken der Linken. Nach kurzen Zögern hebe ich langsam meine rechte Hand und schaue nach dem Ergebnis.

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #18 am: 30.01.2019 | 16:10 »
Die blanke 5 Reichspfennig Münze blinkt in der Sonne, als ich meine Hand wegnehme. Ich blicke auf die Kornähren, die der allgemeinen Bezeichnung "Sechser" für den halben Groschen auf ihre Weise noch eine Berechtigung geben.

"So soll es sein. Also voran, Kamerad!"

Einen Augenblick betrachte ich die Münze noch, als wäre es mehr als nur ein Stück Metall. Dann lasse ich den kleinen Schicksalsboten zurück in meine Hosentasche gleiten.

Langsam trotte ich zurück zur Haustür der vornehmen Villa. An der Tür angekommen betätige ich den polierten Messingklopfer, dessen Glanz dem der Münze gleicht. Die dumpfen, harten Schläge finden hinter der Tür eine laut hallende Resonanz. Meine Hand zuckt nach drei, vier Schlägen zurück, als hätte ich mich verbrannt. Bei diesem Haus war kaum etwas anders als eine große Eingangshalle zu erwarten. Dennoch erwecken die Tiefe des Klangs und die Verzögerung des Widerhalls bei mir die Erwartung eines Raumes, der schwerlich in dieses Gebäude passen dürfte. "Oder ist es erneut die Zeit, die aus den Fugen gerät?" Die Erinnerungen an die Erlebnisse in der Sternwarte sind noch sehr präsent. "Fließt die Zeit zwischen Klopfen und Resonanz wie ... Sirup und erscheint länger als sie es tatsächlich ist? Und wenn ja, geht dieses Phänomen von Krassimir aus? Bedeutet es, dass er sich in der Nähe aufhält? ... Oder liegt es ... vielleicht ... an MIR? Stimmt mit mir etwas nicht? ... Sind das erste Symptome einer Krankheit ... einer Krankheit, die vielleicht auch Agathe Lohenstein befallen hat? ... Hängt es mit dem Besuch im Haus der von Eisensteins zusammen? Ein Virus? Irgendeine Tropenkrankheit wie Malaria, die in dem Päckchen von Lydia ihren Weg nach Berlin gefunden hat?"

Mein Mund fühlt sich trocken an und ich fahre mir mit der Zunge über die Lippen. Ich wünschte, der Leutnant hätte mir bereits eine Waffe ausgehändigt. "Gegen 'normale' Menschen weiß ich mich zur Wehr zu setzen, aber dieser Krassimir ... diese Augen ... diese leuchtende grenzenlose Leere, die sich dahinter öffnete ... Was können meine Fäuste dagegen schon ausrichten", wäge ich verunsichert bereits meine Chancen ab. Eine leise Stimme rät mir, auf dem Absatz kehrt zu machen und schnellstmöglich das Weite zu suchen. "Das ist manchmal das beste, was man tun kann", bestätige ich aufgrund meiner reiflichen Erfahrung aus dem Großen Krieg. "Manchmal muss man auch einfach akzeptieren, dass man nicht gewinnen kann. Aber ist diese innere Stimme gerade verlässlicher als mein Sechser? Ich kann nicht wissen, was mich hinter dieser Tür erwartet. Eine schöne Frau oder ein mordlüsterner Irrer mit strahlenden Augen ... oder beides ... ich werde es nicht herausfinden, wenn ich nicht warte. ... ... ... Schließlich: Was soll mir auf offener Straße schon passieren?"

Ich ignoriere den Gedanken, wie schwach dieses letzte Argument angesichts der Ereignisse in der Sternwarte während der öffentlichen Führung und auf dem Kaiserdamm in Wahrheit ist. Trotz aller Zweifel greife ich unschlüssig noch einmal zum Klopfer, lasse den Schlägel aber weniger beherzt und weniger oft auf den Messingknopf schlagen als zuvor.
« Letzte Änderung: 4.02.2019 | 16:20 von Joran »

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #19 am: 5.02.2019 | 11:40 »
Eine Mischung aus Erleichterung und Entäuschung bemächtigt sich meiner, als auch auf mein zweites Klopfen die Tür verschlossen bleibt und keine sich nähernden Schritte zu hören sind. "Wie weit kann der Weg zur Tür schon sein?", überlege ich und bin mir im gleichen Moment nicht so sicher, wie weit der Weg angesichts der Absonderlichkeiten der letzten Tage vielleicht tatsächlich sein könnte ...

Ich trete zwei Schritte zurück und blicke zu den Fenstern über und neben mir, beginnend mit dem Fenster, hinter dem ich kurz die Frau gesehen habe. "Werde ich beobachtet?"
« Letzte Änderung: 5.02.2019 | 11:52 von Joran »

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #20 am: 8.02.2019 | 12:47 »
Auch hinter den Fenstern kann ich keine Regung feststellen.

"Da hast Du mir einen kleinen Streich gespielt", raune ich dem Sechser in meiner Tasche zu. "Was sollte das? Bestenfalls kennen SIE jetzt MICH! ... Was für ein Spielchen ist das? Du bist mir ein schöner Ratgeber!"

Ich konnte beide Seiten der spitz zulaufenden Villa einsehen. Mir erscheint es unwahrscheinlich, dass die im Haus verbliebenen Personen dieses von mir ungesehen verlassen haben. Man will mir also offenbar nicht öffnen.

Ich schüttle kurz den Kopf und wende mich zum Gehen. "Wohin nun?" Ich beschließe, dass mein nächstes Ziel das Haus der Toten, Waldseebrücke 14 in Zehlendorf, ist. "Ich statte Trudi einen kleinen Besuch ab und sehe, ob ich noch etwas Interessantes über den knappen Inhalt ihres Briefs hinaus herausfinden kann." Auf dem Weg werde ich noch ein paar Blumen besorgen. "Vielleicht kaufe ich die Blumen von Dir!", drohe ich dem Sechser in der tieferen Gewissheit, die Drohung nicht wahr zu machen.

Joran

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Re: [SoA 2. Akt] Königsallee
« Antwort #21 am: 13.02.2019 | 09:48 »
Wenig später springe ich noch gerade rechtzeitig in die Straßenbahn, bevor sie mit einem Rucken anfährt.

Ich beschließe, auf dem Weg zu Trudi auch noch kurz bei 'LEWI'S BLATT' vorbeizuschauen. "Vielleicht habe ich Glück und der zweite überraschende Todesfall macht Lewi gesprächig ... Vielleicht kann ich mit einem Bericht über die Ereignisse in der Sternwarte sein Interesse wecken? Eine Hand wäscht die andere."
« Letzte Änderung: 13.02.2019 | 09:51 von Joran »