Autor Thema: Lovecraftesk? Aber wie?  (Gelesen 2510 mal)

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Offline Der Läuterer

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Lovecraftesk? Aber wie?
« am: 28.01.2019 | 12:38 »
Im Laufe der Zeit habe ich ja bereits eine Menge Szenarien gelesen und bespielt.
Aber trotz aller Erfahrungen bin ich mir immer noch unsicher, weshalb manch ein Szenario für mich ansprechender ist als ein anderes.

Es geht mir hier jetzt nicht um irgendein System, das man präferiert, oder die Art wie man spielt. Auch geht es mir nicht um den Aufbau des Szenarios. Logisch, der Plot sollte natürlich stimmig und eingängig sein, wenig Fliesstext haben und kurze Zusammenfassungen, Flussdiagramme etc. pp. aufweisen.

Der Inhalt ist das, was mich interessiert. Aussergewöhnliche Handlungsorte sind interessant und auch abwechslungsreich, aber nicht zwingend für mich. Und verstaubte Mythos Bücher und schleimige Kreaturen haben sich auch mehr als nur abgenutzt.

Klar, der Plot sollte Inhalte angehen, die selten aufgegriffen werden und Wege beschreiten, die noch nicht völlig ausgetreten sind. Das ist mir aber zu grob.

Also abgesehen davon. Was muss Eurem Empfinden nach ein Szenario bieten, um Euch zu packen?
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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #1 am: 28.01.2019 | 12:41 »
Isolation der Spielercharaktere in einem endlichen Raum ist für mich sehr wichtig. Die Abenteuer, in denen die Spieler überall hin konnten und Zugang zu Mitmenschen und Ressourcen und so weiter hatten, sind immer irgendwie gescheitert. Bis auf "Blues für Marnie" - aber ich glaube, das hat nur deshalb wirklich funktioniert, weil es noch neu für uns war (zweites Cthulhu-Abenteuer überhaupt).

Aber Abenteuer, in denen die Spieler auf einen gewissen Raum begrenzt waren (Spukhäuser, Schiffe, Züge, Hütten, was auch immer), haben meistens sehr gut funktioniert und sind von der Stimmung her durch die Decke gegangen.

Offline felixs

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #2 am: 28.01.2019 | 12:47 »
Im Laufe der Zeit habe ich ja bereits eine Menge Szenarien gelesen und bespielt.
Also abgesehen davon. Was muss Eurem Empfinden nach ein Szenario bieten, um Euch zu packen?


Mich fasziniert an lovecraftschem Horror (bzw. der Art von lovecraftschem Horror, die ich mag) vor allem die Durchmischung von Alltäglichem, Normalem und von gesichertem Bestandswissen (historisch, wissenschaftlich, sprachlich, mythisch) mit einem unfassbaren (im Sinne von "intangible"), übermenschlichen Grauen. Also ein unerwartetes, erst unverstandenes, dann unaufhaltsames Versinken normaler Menschen in Ereignissen und Erkenntnissen, die für Menschen nicht zu verarbeiten sind.
Um mich zu fesseln, muss das Szenario eine gewissen Plausibilität haben und die Motivationen der menschlichen Akteure müssen nachvollziehbar sein. Und in diesem verstehbaren Netzwerk bilden sich dann Risse, die alles in Frage stellen und am Ende alles verschlingen.

Es beginnt normal, wird dann ein wenig surreal, vielleicht auch mit komischen Elementen, und endet mit Grauen und Verzweiflung. Da diese Mittel sich abnutzen, wenn man sie zu oft in dieser Abfolge anwendet, braucht man auch Szenarien, die sich nicht so entwickeln - um die Überraschung aufrecht zu erhalten. Aber das ist eigentlich nur Mittel zum Zweck um die Wirksamkeit des Grauens wiederherzustellen.

Die von Data angesprochene Isolation kann sehr dabei helfen, diese Stimmung aufzubauen. Lovecraft selbst arbeitet ja auch sehr oft mit diesem Mittel.

Ich hoffe, das ist nicht zu abstrakt.

Vielleicht hilft das hier noch: Meist finde ich das, was mich fasziniert, in deutschen oder europäischen Rollenspielszenarien. In amerikanischen Szenarien finde ich das sehr selten. (Geballere mit Mythos-Kreaturen interessiert mich nicht die Bohne).
« Letzte Änderung: 28.01.2019 | 12:50 von felixs »
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Offline rillenmanni

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #3 am: 28.01.2019 | 13:08 »
Ich kann das bei mir nicht so ganz eingrenzen, glaube ich. Ich bin aber auch nicht ganz so der "Stimmungsspieler", dh solange das Spiel lebendig ist, ist alles gut. Es muss nicht besonders "lovecraftesk" sein.

Zu Closed Room: Da gibt es gewiss eine Intensitätsaffinität, ja. Aber muss auch nicht sein. Wir fanden zB einst ganz gruselig König! Reich! Unten!, bei dem man ja zB Tote auf Telegrafenmasten findet und sich allein wegen der quasi Unerklärbarkeit fragt, was einen gleich holen könnte.

Echte Gefahr und die (versuchte) Überwindung derselben ist immer ein Stimmungsgarant. Für mich legendär die Transsylvanien-Episode in Bruderschaft des Tieres, die (je nach Edition des Abenteuers) ohnehin quasi eine Todesfalle ist, und in der uns dann zudem ein verängstigter SC in den Rücken gefallen und ohne uns geflohen ist. Der SL hatte uns in dem Moment aufgegeben und auch betont offen gewürfelt. Und wir sind mit Quietschen und Schreien und Dank meines herausragenden Würfelkönnens (You must know how to work them!) aus der Sache herausgekommen, um danach noch den Gruppenkonflikt auszutragen.

Um die Angelegenheit noch lovecraftesker zu machen, käme für mich ein Überschreiten der Geschmacksgrenzen infrage. Wenn das in jedem Abenteuer passiert, dann verkommt es zum Selbstzweck, aber eine sinnvoll eingebrachte Grenzüberschreitung oder ein komplettes Durchbrechen / Auf-den-Kopf-Stellen menschlicher oder biologischer / psychologischer Muster hier und da, um zu zeigen, wie fremdartig der Mythos-Einfluss ist, mag eine klare Unterscheidung zum normalen Horror bringen.

Davon abgesehen mag ich es, wenn das Abenteuer den Spielern Freiheiten gewährt und nicht versucht, sich "dramaturgisch wertvoll" von Autorenszene zu Autorenszene zu hangeln. Ich mag es zudem, wenn das Abenteuer nicht vorsieht, dass alle sterben, nur weil es ein Cthulhu-Abenteuer ist. Der Spieler muss mit dem Feuer spielen können im vollen Wissen, dass er sich früher oder später daran verbrennen wird. Für mich wäre eine Mischung aus LotFP-Negadungeon (A) und Heldengeschichte (B) eine ziemlich lovecrafteske Angelegenheit: Ein Spannungsfeld zwischen "Wärest du mal besser nicht reingegangen, dann wärest du noch am Leben und die Welt würde nicht untergehen" (A) und "Wenn wir jetzt nicht reingehen und dabei vermutlich unser Leben opfern, dann wird danach die Welt untergehen" (B). Der Preis muss dabei nicht "die Welt" sein. Und das eine Abenteuer könnte (A) bedienen, das andere (B), das dritte könnte beide Optionen bedienen.

Während die Opfer sich umkrempeln und der Professor nicht zu erreichen ist, reißt Rillen-Manni voller Wut eine Waffe an sich ...

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Offline Der Läuterer

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #4 am: 28.01.2019 | 13:45 »
Eingeschränkte Bewegungsfreiheit und Isolation haben auch bei mir fast immer zu positiven Spielresultaten geführt.

Ich glaube aber mittlerweile, dass das eigentliche Problem bei den Spielern liegt, die nicht mit der offenen Welt umgehen können und heillos überfordert sind, wenn sie eben alles machen können, vor lauter Möglichkeiten aber nicht wissen was und wohin.
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Offline First Orko

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #5 am: 28.01.2019 | 13:53 »
Mich fasziniert an lovecraftschem Horror (bzw. der Art von lovecraftschem Horror, die ich mag) vor allem die Durchmischung von Alltäglichem, Normalem und von gesichertem Bestandswissen (historisch, wissenschaftlich, sprachlich, mythisch) mit einem unfassbaren (im Sinne von "intangible"), übermenschlichen Grauen. Also ein unerwartetes, erst unverstandenes, dann unaufhaltsames Versinken normaler Menschen in Ereignissen und Erkenntnissen, die für Menschen nicht zu verarbeiten sind.

This. Ich habe genau einmal Cthulhu geleitet und zwar für meine Freundin und damit 1zu1. Das ist für Horror ja nochmal zusätzlicher Luxus aber trotzdem habe ich quasi ohne "Spezialeffekte" eine solche gruselige und bedrohliche Stimmung geschaffen, dass sie mit ihrer Figur noch vor dem Showdown (einem ganz speziellen "Erntedankfest") das Weite gesucht hat (nachdem sie ihre Freundin befreien konnte).
Die konkreten Elemente waren:
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Man kann sich dabei auch sehr gut bei S. King orientieren was das Phantastisch-Groteske im Normalen angeht. Und es sollte nicht ZU zufällig und beliebig sein und die WTF-Momente muss man sehr vorsichtig dosieren.

Außerdem sollte man bedenken, dass gerade der Aspekt "kosmischer Horror" heutzutage anders funktioniert als die Rezipienten früher. Dementsprechend muss man mMn den Horroraspekt von Lovecraft auch modernisieren. Als Buchvorlage kann ich dazu nur "Lovecraft Country" von Matt Ruff empfehlen, der macht das dort ganz hervorragend und stimmig.

Ich glaube aber mittlerweile, dass das eigentliche Problem bei den Spielern liegt, die nicht mit der offenen Welt umgehen können und heillos überfordert sind, wenn sie eben alles machen können, vor lauter Möglichkeiten aber nicht wissen was und wohin.[/size]

Gerade Lovecraft gibt mit seinen Einstiegen zu Geschichten ja sehr gute Aufhänger vor. Sei es, dass die Spielfigur etwas geerbt hat (Haus, Bild, Artefakt) oder ein Brief sie irgendwo hinführt. Oder dass eine liebe nahestehende Person plötzlich verschwindet. All das sind sehr funktionale Aufhänger.  Man muss sich nur darauf einigen, dass die Spieler diese akzeptieren - sonst kann man es halt auch gleich lassen  ;)
« Letzte Änderung: 28.01.2019 | 13:58 von First Orko »
It's repetitive.
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Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Seraph

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #6 am: 29.01.2019 | 11:10 »

Also abgesehen davon. Was muss Eurem Empfinden nach ein Szenario bieten, um Euch zu packen?


Immersion und Isolation.

Die Immersion ist mir sehr wichtig, um das klassische "20er-Jahre, Whiskey trinkend höre ich Grammophon-Musik, während ein Klient meine Detektei betritt"-Feeling zu kriegen und mich in der alten Zeit zurecht zu finden.
Isolation ist das, was für mich Spannung erzeugt. Weg von Großstädten, Weg von Polizei, Taxen, Schusswaffen en masse und weg von Menschengruppen. Auf dem Land, an der Küste, in den Bergen - fernab der Zivilisation kann schon ein einziger, grimmig dreinblickender Bauer für Unbehagen sorgen!
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Offline felixs

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #7 am: 29.01.2019 | 11:53 »
Eingeschränkte Bewegungsfreiheit und Isolation haben auch bei mir fast immer zu positiven Spielresultaten geführt.
Ich glaube aber mittlerweile, dass das eigentliche Problem bei den Spielern liegt, die nicht mit der offenen Welt umgehen können und heillos überfordert sind, wenn sie eben alles machen können, vor lauter Möglichkeiten aber nicht wissen was und wohin.


Glaube ich auch.
Grundsätzlich widersprechen sich der Anspruch einer offenen Welt und die gezielte Streuung von Abenteueraufforderungen ja nicht.
In Gruselszenarien geht aber bei zuviel Offenheit potentiell die Dringlichkeit verloren. Zumindest muss man die Sache dann ganz anders angehen und die Atmosphäre viel länger aufbauen. Das wiederum kann langatmig und langweilig werden - und das ist aus Spielersicht nicht gruselig oder anderweitig belastend, selbst wenn es das für die Figuren vielleicht wäre.
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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #8 am: 29.01.2019 | 12:47 »
Na ja, "Dringlichkeit"...auch bei Lovecraft gibt's ja durchaus Dinge, die sich über Wochen, Monate, oder gar Jahre hinziehen und bei denen sich die "seltsamen" Elemente entsprechend langsam aufbauen. Um das allerdings im Spiel geeignet umzusetzen, bräuchte es (a) ein gerüttelt Maß an Geduld und Subtilität auf Seiten der SL, damit die Spieler nicht gleich auf den ersten oder spätestens "Tipp" anspringen und sich sofort da hineinverbeißen -- HPL hatte da als Autor natürlich den Vorteil, daß er auch die Persönlichkeiten seiner Hauptpersonen so gestalten konnte, daß sie dergleichen eben nicht machen, wenn es ihm nicht in die Geschichte passen würde -- und (b) Spielercharaktere, die sich nicht alle zwei Sitzungen dank Tod oder Wahnsinn die Klinke in die Hand geben, damit die SC, die sich irgendwann mit der "heißen" Phase des längerfristig angelegten Falls befassen sollen, nicht schon längst die komplette x-te Nachfolgegeneration derer sind, denen man seinerzeit die ersten Anzeichen überhaupt erst dezent zu vermitteln versucht hat.

Offline felixs

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #9 am: 29.01.2019 | 13:03 »
Na ja, "Dringlichkeit"...auch bei Lovecraft gibt's ja durchaus Dinge, die sich über Wochen, Monate, oder gar Jahre hinziehen und bei denen sich die "seltsamen" Elemente entsprechend langsam aufbauen. Um das allerdings im Spiel geeignet umzusetzen, bräuchte es (a) ein gerüttelt Maß an Geduld und Subtilität auf Seiten der SL, damit die Spieler nicht gleich auf den ersten oder spätestens "Tipp" anspringen und sich sofort da hineinverbeißen -- HPL hatte da als Autor natürlich den Vorteil, daß er auch die Persönlichkeiten seiner Hauptpersonen so gestalten konnte, daß sie dergleichen eben nicht machen, wenn es ihm nicht in die Geschichte passen würde -- und (b) Spielercharaktere, die sich nicht alle zwei Sitzungen dank Tod oder Wahnsinn die Klinke in die Hand geben, damit die SC, die sich irgendwann mit der "heißen" Phase des längerfristig angelegten Falls befassen sollen, nicht schon längst die komplette x-te Nachfolgegeneration derer sind, denen man seinerzeit die ersten Anzeichen überhaupt erst dezent zu vermitteln versucht hat.

Aber auch bei Lovecraft führt das nicht dazu, dass der Leser dann 500 Seiten unzusammenhängender Nebenhandlung lesen muss und im Detail die Alltagsgeschäfte, das Berufsleben und die Privatsachen der Figuren ertragen muss.
Auch im Rollenspiel muss man dann raffen. Kann man ja gut machen, aber dann geht eben die Offenheit verloren - weil die Spieler nicht entscheiden können, was genau sie in dieser Zeit gemacht haben. Und schon gar nicht kann das alles ausgespielt werden.

Szenarien mit längerem Verlauf finde ich grundsätzlich gut. Die Figuren müssen meines Dafürhaltens auch nicht bei jeder zweiten Sitzung sterben.
Es ist eigentlich reizvoller, eine Figur durch mehrere Szenarien zu führen und allmählich in den Wahnsinn abgleiten zu sehen.
Problematisch ist die Tendenz zur "Aufrüstung" seitens der Spielerfiguren, die hier häufiger besprochen wurde. Das möchte ich in meinen Spielen so nicht sehen.
Eine längere Lebensdauer für nicht-pulpige Figuren mit entsprechend längerer Leidensgeschichte finde ich wiederum sehr gut.
« Letzte Änderung: 29.01.2019 | 13:07 von felixs »
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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #10 am: 29.01.2019 | 13:13 »
Aber auch bei Lovecraft führt das nicht dazu, dass der Leser dann 500 Seiten unzusammenhängender Nebenhandlung lesen muss und im Detail die Alltagsgeschäfte, das Berufsleben und die Privatsachen der Figuren ertragen muss.

Stimmt -- aber die Zeit vergeht ja trotzdem irgendwie. Gerade bei klassischen "Investigatoren"figuren würde sich so etwas mMn also als Nebenhandlung zusätzlich zu den "normalen" Abenteuern anbieten, weil ich bei denen gar nicht erst davon ausgehen würde, daß bei ihnen in der Zwischenzeit sonst nichts Interessantes passiert.

Offline Der Läuterer

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #11 am: 29.01.2019 | 13:23 »
Das Hauptproblem ist nicht nur, dass man den gedehnten Plot zeitlich raffen muss, man muss ihn auch geistig raffen.

Ich versuche das häufiger in meinen Runden zu machen, doch es geht eigentlich immer schief. Schiefgehen heisst in diesem Fall, dass ich als SL den Spielern auf die Sprünge helfen muss, weil sie allein nicht drauf kommen, dass das was gerade passiert, mit ihrer Vergangenheit in Zusammenhang steht und die Verbindung nicht herstellen können (was zugegebenermassen auch recht schwierig ist).


meines Dafürhaltens
Schöne Wortwahl. Lange nicht mehr gehört oder gelesen. Danke für die Auffrischung. Ich werde es meinem Wortschatz wieder hinzufügen.
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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #12 am: 29.01.2019 | 13:47 »
Auch im Rollenspiel muss man dann raffen.

Und das finde ich bei Horror und gerade bei subtilem Lovecraft-Horror sehr sehr schwierig. Also am Spieltisch, meine ich. Horror-Atmosphäre aufzubauen ist ohnehin nicht sehr einfach, wenn man dazu dann aber noch Zeitsprünge einbaut ... wie soll ich als Spieler (!) da das Gefühl von Horror bekommen? In meinem Kopf ist so ein Zeitsprung immer eine Art "Zäsur". Alles ist für den Bruchteil einer Sekunde ganz ruhig ... die "Regler" für Atmosphäre/Spannung/Angst/was auch immer springen ein paar Punkte zurück (je nachdem, wie groß der Zeitsprung ist) ... und dann gehts weiter ... ich glaube, so ein Spiel würde ich niemals so intensiv erleben, wie seinerzeit zum Beispiel "Der Spuk", bei dem wir einfach durch dieses Haus gewandelt sind, nicht wissend, was da überhaupt los ist, und wir als Spieler (!) uns flüsternd unterhielten, weil wir Sorge hatten, dass sich die Metaebene - warum auch immer - auf das Spiel auswirkt ... völlig abgefahren.

Ich wüsste nicht, wie das übertragbar wäre, wenn man da ständig ne Woche weiterspringt ... oder gar Monate ... oder Jahre ...

Offline felixs

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #13 am: 29.01.2019 | 14:39 »
Ich wüsste nicht, wie das übertragbar wäre, wenn man da ständig ne Woche weiterspringt ... oder gar Monate ... oder Jahre ...

Die Intensität der von Dir beschriebenen Szene ist mit Sicherheit nicht übertragbar.
Aber die (geraffte) Vorgeschichte könnte dabei helfen, diese Szene so intensiv zu machen. Wie genau das geht, weiß ich auch nicht.
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Offline Der Läuterer

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #14 am: 29.01.2019 | 14:48 »
Raffen bedeutet bei uns nicht Zeitsprünge zu machen, sondern das Ganze mit Intermezzi aufzupolstern und zu füllen. An der Zeit wird nicht gedreht!
Das Problem entsteht somit an anderer Stelle; nämlich beim Einfluss auf die Verfügbarkeit der primären Chars.

Nehmen wir die Kampagne TATTERS OF THE KING als Beispiel.
Dort ist eine Zäsur drin, bei der die Spieler denken sollen, sie seien durch. Aber dann geht es doch weiter und zwar mit einem Sprung von einem halben? Jahr nach vorne.

Szenarien, die in der Zwischenzeit gespielt werden, lenken vom ruhenden Plot ab. Und das ist auch okay so.

Problematisch ist ein möglicher Char Schwund nebst Ersatz, so dass es vielleicht niemanden mehr gibt, der die Verbindung zw. Teil 1 und Teil 2 herstellen kann.

Alles leider bereits vorgekommen.
« Letzte Änderung: 29.01.2019 | 14:51 von Der Läuterer »
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Offline CiNeMaNcEr

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #15 am: 29.01.2019 | 14:57 »
Was muss Eurem Empfinden nach ein Szenario bieten, um Euch zu packen?

Eine Grundidee die es nicht schon 100000x gab oder diese Grundidee zumindest anders nutzt. INNOVATION.

Ansonsten. STRESS. Druck. Bedrohung. Keine Sicherheit. Handlungszwang. Weg von Stagnation oder langen Planungen. Handeln und mit den Konsequenzen fertig werden müssen.

Im Filmjargon gibt es dafür die Begriffe SPEED, DRIVE und PACING.

Daher spiele ich auch mehr Unknown Armies oder meine Chtulhu Szenarien eher wie Unknown Armies denn als Cthulhu.
- Leitet: Oneshots der Systeme Unknown Armies, Cthulhu of Cthulhu/NEMESIS und Over The Edge).
- Obsession: Kingdom Death:Monster.

Offline KhornedBeef

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Re: Lovecraftesk? Aber wie?
« Antwort #16 am: 11.02.2019 | 08:42 »
So richtig Lovecraft von anderem Horror trennen fällt mir spontan schwer, und sagt mir, dass ich meine Szenarios noch schärfen muss. Ein Punkt sicherlich Isolation durch Wissen, d.h. die Charaktere werden nicht zwangsläufig physisch oder sozial zunehmend isoliert, sondern durch das Wissen, das sie nicht teilen können (und das sie schlussendlich auch der Welt entfremden soll, aber das ist im Spiel auf Spielermithilfe angewiesen).
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
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Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.