Autor Thema: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL  (Gelesen 22269 mal)

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Offline Marduk

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #100 am: 5.02.2020 | 10:33 »
Es geht, meiner Meinung nach, bei PbtA - Spielen gar nicht darum einen möglichst blumige Beschreibung der Aktionen abzuliefern, sondern die Handlungen zu Beschreiben.

Also mehr so:

SL: der Ork grunzt wütend und stürmt brüllend mit der Axt auf dich zu. Was tust du?
Spieler: Ich bleib stehen und versuche seinem Schlag auszuweichen und ihm dann eine mit dem Schwert reinzusemmeln.

Und nicht:

Spieler: ich schaue den Ork an, meine Haare flattern dabei im Wind und ich mach drei Flik-Flaks rückwärts und etc. (bitte möglichst blumige Beschreibung von mindestens 5 Minuten einbauen)
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Offline First Orko

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #101 am: 5.02.2020 | 10:35 »
Wie ich es weiter oben im Thread schon mal geschrieben habe (oder wollte?): PbtA ist eigentlich ein großer Ausfallschritt Richtung Freeform. Das sagt es einem nur nicht, dass muss man im Spiel selbst merken.
Um da mal den Bogen zu schlagen:

Die finale Konfrontation mit dem Drachen ist mir irgendwie auch nur so mäßig gut gelungen. Die 22 HP waren viel zu schnell reduziert, trotz fiktiver undurchdringbarer Rückenschuppen. Thema: Würfelglück!

Das klingt halt auch nach der Art klassischer Planung, mit der ich zu Anfang auch herangegangen bin. Und dann bekommt man genau das beschriebene Problem. Ich würde dir, 10aufmW30 sagen: Sei froh, dass es so früh passiert ist  ;D
Du hast ja schon selbst gemerkt, wie unbefriedigend sich das anfühlte. Ich kann nur empfehlen, auf dieses Gefühl zu hören! Dungeon World ist kein System, um solche klassichen Antagonisten als "Endgegner" aufzubauen. Weshalb ich in meiner Runde Gegner, die ich nicht zu früh sterben lassen will, eben erstmal nicht auftauchen lasse (*wink wink* an Sid hier  8)) und über Hörensagen arbeite.
Taucht der Gegner auf, ist er grundsätzlich erstmal sterblich - das ist DW. Manchmal schwer (Rüstung ist das Geheimnis!)) manchmal schneller als man denkt.

Aber von der Überlegung "Das ist jetzt der mächtige Bossgegner, an dem sie sich die Zähne ausbeißen und der Ihnen einen eindrucksvollen Kampf liefert" muss man sich im Vorfeld einfach lösen.
Haha - er hat  "einfach"  gesagt! :-\
« Letzte Änderung: 5.02.2020 | 10:37 von First Orko »
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Offline 10aufmW30

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #102 am: 5.02.2020 | 11:43 »
Ja, Orko, ich habe den möglichen Schadens-Output einfach unterschätzt.
Barbar W10
Hauen & Stechen 10+ W6
vom Barden motiviert W4

Das sind halb bis zu 20 Schaden. Das ist schon sehr heroisch!

Uns hat der Abend schon allen Spaß gemacht und auf die Frage, welches System wir nun final zum Kampagnensystem hochstufen (DCC, DW, eines der YZ-Systeme), hieß es sofort: Wir müssen doch Ermelia wiederfinden! (Die Diebin, die in den Schatten verschollen ist.)

Also es funktioniert schon, man muss sich aber eingrooven. Wichtige Antagonisten stellen sich nicht einfach vor die Helden, denn das sind die Helden!!! Und nicht jede Beschreibung muss episch sein, aber es ist spannender, wenn sie Dynamik erzeugt.

Es ist natürlich ganz viel Sozialisierung im Spiel. Genau das was oben beschrieben wurde. Wenn du 30 Jahre lang hörst, da gibt es keine Regel für, dann ist das im Kopf und du suchst nur danach, was du machen darfst und nicht nachdem, was du dir vorstellen kannst.
In die gleiche Schiene gehört auch der Gedanke, dass jeder pro Runde doch einmal dran sein muss, dass es Reihenfolgen gibt, berechenbare zeitliche Abläufe und so weiter.

Und abschließend (für diesen Beitrag): DW ist ein echter Hybrid, der versucht schon sehr nah an klassischen Begriffen und Abläufen zu bleiben.

Offline bobibob bobsen

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #103 am: 5.02.2020 | 12:16 »
Zitat
Regeln kann man lernen, und nach ein paar mal anwenden hat die meistens doch dann jeder drauf in der Runde.

Da habe ich andere Erfahrungen gesammelt. Habe gerade eine 3 jährige Pathfinder Kampagne (wöchentlicher Termin) abgeschlossen. Von den fünf Mitspielern kannten am Ende der Kampagne nach meiner Einschätzung einer die regeln vollumpfänglich, zwei hatte zumindest Grundwissen und zwei haben ständig fehler gemacht. Klar auf Stufe 18 hat man schon einiges an Möglichkeiten und entsprechend viele Regeln zu beachten.

Offline Grubentroll

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #104 am: 5.02.2020 | 12:35 »
Da habe ich andere Erfahrungen gesammelt. Habe gerade eine 3 jährige Pathfinder Kampagne (wöchentlicher Termin) abgeschlossen. Von den fünf Mitspielern kannten am Ende der Kampagne nach meiner Einschätzung einer die regeln vollumpfänglich, zwei hatte zumindest Grundwissen und zwei haben ständig fehler gemacht. Klar auf Stufe 18 hat man schon einiges an Möglichkeiten und entsprechend viele Regeln zu beachten.

Ich finde du verzettelst dich in deinem Beispiel grad in Kleinkram, statt über das große Ganze zu reden.

Regeln um ein Spiel grundlegend zu beherrschen sind lernbar. Wenn dies nicht möglich ist, spielt man eben was einfacheres.

Aus einem stummen Spieler der am Tisch sitzt und viel vorgekaut braucht einen dynamisch agierenden zu machen ist fast schon sowas wie eine Therapiesitzung.

Offline First Orko

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #105 am: 5.02.2020 | 12:57 »
Dann reden wir doch mal über das große Ganze  ;)

Aus einem stummen Spieler der am Tisch sitzt und viel vorgekaut braucht einen dynamisch agierenden zu machen ist fast schon sowas wie eine Therapiesitzung.

Und ich sage, dass ein stummer Spieler, der "alles vergekaut braucht" bei faktisch jedem System ein Problem darstellt. In ner Oldschoolrunde wird derselbe Spieler auch keine tollen Ideen haben, um Fallen zu entgehen, effektiv Gegner bekämpfen, Pläne schmieden und Gruppen gegeinander ausspielen.
Die Frage ist dann nicht "Welches System nehmen?" sondern: Warum ist der Spieler stumm?
Das hat nämlich meistens einen Grund. Das kann von "ich fühl mich eingeschüchtert" bis zu "Leben ist grad Scheiße, lasst mich in Ruhe" alles sein.
Aber es hat ja auch nen Grund, warum er am Tisch sitzt! Wenn man beides herausfindet, ist der Schritt zu aktiver Beteiligung nicht groß. Immerhin setzt er sich ja schonmal an den Tisch.
(Übrigens gibt es auch reine Sozialspieler - die wollen im Grunde nur zugucken! Das ist deren Grund. Da muss man sich denn fragen: Möchte ich das mittragen? Brauchen die nen SC - oder haben die vielleicht auch Freude, einfach NSCs zu übernehmen?)

Diese Verbindung von Narrativen Spiel zu Therapie nervt mich hier schon wieder. Das ist doch einfach nur normale, zwischenmenschliches Miteinander.

Möglicherweise machen es haufenweise Regeln einfacher, die Verantwortung auf "den Problemspieler" zu schieben, der seine Hausaufgaben ja nicht gemacht hat und selbst schuld ist, wenn sein SC zum dritten Mal krepiert - wenn ich mal genauso provokant formulieren darf ;)

Egal welches System, Spielstil usw: Alle am Tisch wollen Geschichten erzählen. Wenn einer da nicht aktiv (genug?) mitmacht, ist nicht das System das Problem. Aber es gibt Systeme, die verschleiern das Problem gekonnt. Bei narrativen Spielen treten sie offen zutage.
« Letzte Änderung: 5.02.2020 | 13:00 von First Orko »
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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #106 am: 5.02.2020 | 13:02 »
Egal welches System, Spielstil usw: Alle am Tisch wollen Geschichten erzählen. Wenn einer da nicht aktiv (genug?) mitmacht, ist nicht das System das Problem. Aber es gibt Systeme, die verschleiern das Problem gekonnt. Bei narrativen Spielen treten sie offen zutage.

Da würde ich sagen: jein. Natürlich gibt es das grundsätzliche Problem, dass jemand nicht aktiv am Spiel teilnimmt - das halte ich für relativ unabhängig vom System. Wenn Du aber ein System wie D&D hast, bei dem eine Sitzung sowohl narrative als auch brettspielige Elemente hast, dann können dadurch Leute, die gern Geschichten erzählen, und Leute die eher von der mechanischen Seite kommen, an einem Tisch zusammenspielen. Bei einem narrativen System fallen Dir Letztere vermutlich raus (oder sind zumindest weniger motiviert).
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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #107 am: 5.02.2020 | 13:05 »
Achso - jo klar, wenn man sich auf Figurenschubsen zurückziehen kann ist das für denjeniegen natürlich dankbar! Dann wäre aber Gloomhaven und co. für die Person vermutlich ein erfüllenderes Erlebnis (weil der "nervige" Erzählteil wegfällt)  ;)
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Offline takti der blonde?

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #108 am: 5.02.2020 | 13:08 »
Achso - jo klar, wenn man sich auf Figurenschubsen zurückziehen kann ist das für denjeniegen natürlich dankbar! Dann wäre aber Gloomhaven und co. für die Person vermutlich ein erfüllenderes Erlebnis (weil der "nervige" Erzählteil wegfällt)  ;)

Bei D&D ist es z.B. einfacher den "Charakterbogen zu spielen" als bei manchen sog. "narrativen" Systemen.

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #109 am: 5.02.2020 | 13:09 »
Achso - jo klar, wenn man sich auf Figurenschubsen zurückziehen kann ist das für denjeniegen natürlich dankbar! Dann wäre aber Gloomhaven und co. für die Person vermutlich ein erfüllenderes Erlebnis (weil der "nervige" Erzählteil wegfällt)  ;)

Das ist richtig. Dann würden nur der arme schneeland und seine Erzählonkelfreunde weinen  ;D

Edit:
Vielleicht mal ernsthafter: mein Eindruck ist, dass das Erzählen höhere Anforderungen stellt. Wir hatten, insbesondere zu Studienzeiten als ich noch wirklich viel gespielt habe, eigentlich immer 1 oder 2 Leute am Tisch, die sich im Wesentlichen an ihrem Charakterbogen orientiert haben (so wie hassran das auch beschreibt) - ausgehend von ein paar kleineren Experimenten hat für diese Leute hat genau eine Sache, nämlich Fantasy-Rollenspiel mit relativ vielen Spielwerten, funktioniert; andere Sachen eher nicht. Jetzt kann man natürlich sagen: dann braucht man halt andere Spieler (was vermutlich richtig ist), aber wenn man halt mit den Leuten trotzdem gern was machen möchte, ist so ein 08/15-System vermutlich die bessere Wahl.
« Letzte Änderung: 5.02.2020 | 13:43 von schneeland »
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Offline bobibob bobsen

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #110 am: 5.02.2020 | 13:49 »
Zitat
Aus einem stummen Spieler der am Tisch sitzt und viel vorgekaut braucht einen dynamisch agierenden zu machen ist fast schon sowas wie eine Therapiesitzung.

Der schiebt doch bei regellastigen Spielen den gleichen Frust, wenn alle anderen das Spiel gut beherrschen.

Was ich aber sagen wollte ist das man sich natürlich ein Spiel suchen sollte was zu den itspielern paßt und da spielt es keine Rolle um welche Art von Spiel es sich handelt. Man kann bei regellastigen Spieln genauso Frust schieben wie bei Storylastigen.

Offline Jiba

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Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #111 am: 5.02.2020 | 14:44 »
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Klingt für mich wie ein Move-Einsatz bei einer typischen PbtA-Runde. Nur dass „Überreden“ da wahrscheinlich „Charisma“ oder „Style“ oder „Sozial“ so hieße.

Und @Grubentroll: Es wird sehr gerne vergessen, dass Fate (das total anders funktioniert als PbtA und auch auf andere Weise „narrativ“ ist) auch sehr crunchig gespielt werden kann. Das ist nicht der bevorzugte Stil der meisten User hier im Forum, aber es geht.

Denn selbst wenn du das Aspektgelaber außen vor lässt hast du viele, rein mechanische Elemente:

- Fertigkeiten
- Stunts
- Zonenbewegung
- Evtl. Waffenregeln
- Stress
...
Damit kannst du schon ein bisschen taktisch spielen.

Heck, auch wenn der Rest der Fate-Community steinigt: jemand wie du könnte bei Fate die frei formulierten Aspekte auch einfach durch Conditions und Beschreibungssätze aus Zufallstabellen ersetzen und käme bei einem absolut funktionalen, sehr klassischen System heraus. Selbst, wenn du Aspekte nur wenn unbedingt nötig anfasst, kannst du mit Fate viel Spaß haben.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline takti der blonde?

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #112 am: 5.02.2020 | 14:52 »
Klingt für mich wie ein Move-Einsatz bei einer typischen PbtA-Runde. Nur dass „Überreden“ da wahrscheinlich „Charisma“ oder „Style“ oder „Sozial“ so hieße.

Ich sage ja auch nicht, dass es gar nicht geht, aber meinem Verständnis nach, entspricht das nicht der gängigen Spielkultur.
Ist eben ein Spektrum.

Und zur Klarstellung: Mir geht es dabei nicht um "taktische" Elemente oder "Crunch", sondern darum, dass es Möglichkeiten gibt das Spiel für Menschen zu spielen, die keinen Nerv für "cool" wie von mir oben beschrieben, haben.

Mit den richtigen Leuten habe ich auch schon meinen Spaß mit "narrativen Spielen", aber genau das ist mein persönlicher Hügel; Spiele wie FATE brauchen noch mehr geschmackliche Kongruenz zwischen mir und meinen Mitspieler.innen als andere Spiele.

Offline 10aufmW30

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #113 am: 6.02.2020 | 07:46 »
Also wenn ich mal dieses Thema aufgreife, dann ist für mich nicht der entscheidene Unterschied, ob ich das Überreden in drei Sätzen beschreibe oder ob ich einfach nur meinen Bogen konsultiere und versuche Überreden zu überwürfeln.

Das ist nämlich einer der Spielzüge, die einen ganz wichtigen Punkt enthalten: Es ist nicht damit getan, einfach dem anderen einen Knopf an die Backe zu labern, sondern du musst irgendeine Art von Hebel haben. Das beste was in einer Verhandlung rauskommen kann ist ein Kompromiss mit dem beide zufrieden sind.

Beim klassischen Spiel habe ich oftmals erlebt, dass ein Spieler einfach zu den Würfeln greift, sagt ich überrede den Auftraggeber/Ork/König/Schankmaid eben mir XY zu geben und würfelt. Wenn dann die SL trotz eines kritischen Erfolgs sagt, dass er einfach kein Interesse an dem Deal hat, weil er nichts davon hat, fühlt sich der Spieler um sein Glück betrogen. Alternativ würde auch ein "Er gibt dir gerne XY, aber dafür verlangt er YX. Akzeptiere das oder lass es." dieses Gefühl nicht entscheidend verändern, oder.

Ist das in der Spielmechanik verankert, kann man es aber problemlos hinnehmen.

@Back to topic: Etwas was mir auch gut gefallen hat, war das das spielen mit weichen und harten Konsequenzen. Wir hatten bspw. die Situation, dass der Paladin offen stand und die Bogenschützen in Ruhe auf ihr zielen konnten.
"Barbar, was tust du?"
"Ähm, ja eigentlich wollte ich ja... nee, ich mach das auch."
"Okay, Paladin, würfel auf Gefahr tro... Nein, lass. Der Barbar hätte seine Chance gehabt, dir zu helfen, würfel einfach nur den Schaden gegen dich."

Das war ein klare Konsequenz des Handelns ohne, dass ich als SL das Gefühl hatte ihm jetzt aber doch noch ein letzte Chance einräumen zu müssen.

Alles in allem, werde ich glaube viele Dinge, die ich in DW gelernt habe, in andere Systeme übernehmen. Es verdeutlicht vieles, was eigentlich selbstverständlich ist.

Offline Marduk

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #114 am: 6.02.2020 | 08:14 »
Beim klassischen Spiel habe ich oftmals erlebt, dass ein Spieler einfach zu den Würfeln greift, sagt ich überrede den Auftraggeber/Ork/König/Schankmaid eben mir XY zu geben und würfelt. Wenn dann die SL trotz eines kritischen Erfolgs sagt, dass er einfach kein Interesse an dem Deal hat, weil er nichts davon hat, fühlt sich der Spieler um sein Glück betrogen. Alternativ würde auch ein "Er gibt dir gerne XY, aber dafür verlangt er YX. Akzeptiere das oder lass es."

Das Problem ist doch: warum würfelt der Spieler? Der Spieler kann nur dann würfeln, wenn es überhaupt eine Aussicht auf Erfolg gibt. Wenn die Handlung so nicht möglich ist, gibt es keinen Wurf. Und wenn die Wache aus Gründen unbestechlich ist, dann gibt es auch keinen Wurf sie zu bestechen.
Wenn der Drache nur mit schwarzen Pfeilen verletzt werden kann, gibt es auch kein Hauen & Stechen, wenn der Spieler den Pfeil nicht hat!
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Offline 10aufmW30

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #115 am: 6.02.2020 | 08:29 »
Aus der Fiktion heraus hast du vollkommen Recht.

Aber wir haben hier ja auch den Fall eines 40 Jahre sozialisierten Rollenspielers angenommen. Da werden Dinge gemacht, weil es immer so gemacht wurde. Und ja, 90% der Rollenspieler sind keine rückwärtsgewandten Scheuklappenträger, aber fürs Beispiel und zur Verdeutlichung der Gefühlswelt sei mir diese Pointierung erlaubt.
« Letzte Änderung: 6.02.2020 | 08:32 von 10aufmW30 »

Offline Marduk

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #116 am: 6.02.2020 | 08:35 »
Aus der Fiktion heraus hast du vollkommen Recht.

Aber wir haben hier ja auch den Fall eines 40 Jahre sozialisierten Rollenspielers angenommen. Da werden Dinge gemacht, weil es immer so gemacht wurde. Und ja, 90% der Rollenspieler sind keine rückwärtsgewandten Scheuklappenträger, aber fürs Beispiel und zur Verdeutlichung der Gefühlswelt sei mir diese Pointierung erlaubt.
Ich kenn das Problem, ich hatte auch immer wieder Spieler, die das gemacht haben ( ganz schlimm bei D&D 4).
Das muss man einfach durchbrechen. Bei mir hat oft geholfen, dass erst gewürfelt wird, wenn der SL es sagt. Alle unaufgeforderten Würfe sind nicht gültig.
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Offline Grubentroll

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #117 am: 6.02.2020 | 09:58 »
In meiner "guten alten AD&D2-Spielrunde" hatte ich zwei Erzählspieler und einen "Regelfuchs".
Der hat jetzt nicht die tollsten Ideen gehabt um spannende Geschichten entstehen zu lassen, aber war trotzdem wichtig und konnte seinen Charakter wertetechnisch gut ausspielen. Wir haben aber eigentlich ziemlich storymäßig gespielt, weil das eher mein Ding ist als DM. Hat aber funktioniert.

Bei DW stelle ich mir den komplett verloren vor.

Offline Olibino

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #118 am: 8.02.2020 | 12:03 »
@Back to topic: Etwas was mir auch gut gefallen hat, war das das spielen mit weichen und harten Konsequenzen. Wir hatten bspw. die Situation, dass der Paladin offen stand und die Bogenschützen in Ruhe auf ihr zielen konnten.
"Barbar, was tust du?"
"Ähm, ja eigentlich wollte ich ja... nee, ich mach das auch."
"Okay, Paladin, würfel auf Gefahr tro... Nein, lass. Der Barbar hätte seine Chance gehabt, dir zu helfen, würfel einfach nur den Schaden gegen dich."

Das war ein klare Konsequenz des Handelns ohne, dass ich als SL das Gefühl hatte ihm jetzt aber doch noch ein letzte Chance einräumen zu müssen.
Ich hatte auch mal genau so eine Situation. Darüber hat sich der Spieler des Paladins sehr geärgert. Argumentation: Es ist nicht sehr heldenhaft angegriffen zu werden, ohne irgend eine Chance sich selber zu verteidigen. Der SL darf einen harten move machen, wenn ein Spieler eine Gefahr ignoriert, aber darf man den wirklich gegen einen anderen Spieler machen? Paßt das noch zu "Be a fan of the characters?" Wie seht ihr das?

Offline Der Tod

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #119 am: 8.02.2020 | 12:12 »
Ich hätte den Paladin vorher noch gefragt, ob er wirklich schutzlos auf dem Präsentierteller stehenbleiben möchte. Wenn er ja sagt, dann gibt er mir eine ideale Gelegenheit (Auslöser für SL-Spielzug). Er hatte also seine Warnung.
Ich hätte dann dem Barbaren gesagt: "Die werden gleich den Paladin durchlöchern, was tust du?" (weich) Und wenn er dann nicht hilft, dann ja, dann gibts Direktschaden o.ä. für den Paladin (hart).
Zwei Chancen, dem Schaden zu entgehen reichen - und außerdem gibt's ja auch noch Rüstung. ;)

Und ja, als SL kannst (sollst!) du die Gefahr durchaus auch auf andere Charaktere verschieben, um alle Gruppenmitglieder zum Handeln anzuspornen!
« Letzte Änderung: 8.02.2020 | 12:16 von Der Tod »

Offline Agaton

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #120 am: 8.02.2020 | 12:20 »
ok, wenn man den Paladin einfach fragt "willst du da stehen bleiben", sagt er natürlich nein. wenn man da nicht wieder ein Dilema einbaut hat man nichts gewonnen.
Spieler: Ups, Kriegsschiffe sind ja richtig gefährlich
GM: Das ist eine wichtige Erkenntnis. Notier sie dir am besten auf etwas dauerhaftem. Ein Stein zum Beispiel. Und schreib deinen Namen dazu.

Offline 10aufmW30

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #121 am: 8.02.2020 | 12:26 »
Der Paladin hatte sich mit seinen Move davor wissentlich in die Gefahrenzone gestellt, ihm war es wichtiger den großen Orkboss maximalen Schaden zuzufügen. Und ich finde es okay, zu sagen, dass die Konsequenz einer Handlung der Schaden einer anderen Person sein kann. Eine Abart des "Erfolg mit Kosten".

Wobei ich auch glaube, dass man im Nachgang immer alles anders hätte machen können. Nur in der Situation war es das Richtige und aus der Fiktion passend. Der Barbar hätte als Verteidiger sein Spotlight haben können, wollte es aber nicht. :)

Offline Agaton

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #122 am: 8.02.2020 | 12:28 »
nee, dann war es super.
Der Paladin hätte den Schaden auch gleich reingedrückt bekommen können.
Durch den Barbar hatte er sogar eine zweite chance dem zu entgehen.

dann muss es die rüstung reissen.
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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #123 am: 8.02.2020 | 12:31 »
dann muss es die rüstung reissen.

Max aus 4x "W4+1" gegen Rüstung 3 glaube ich. Das tat nicht wirklich weh.

Offline Olibino

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Re: Dungeon World - kritische Analyse meiner ersten Runde als SL
« Antwort #124 am: 9.02.2020 | 19:35 »
OK, dann hatte ich tatsächlich eine andere Situation. Alles klar.