Autor Thema: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren  (Gelesen 4234 mal)

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Offline Der Läuterer

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Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« am: 16.03.2019 | 17:50 »
Das Thema ist zwar ein alter Zopf, doch es fängt mich immer wieder ein.

Die Umsetzung des Unvorstellbaren weckt in mir realen Schrecken, denn die nagende Frage lautet WIE?

Dinge, deren Erscheinung das Verständnis eines Menschen überschreiten, beschreiben zu wollen, ist unmöglich.

Nur wie beschreibt man als SL dann einen GOO?

Okay. Die beste Lösung - man liest es immer wieder hier im Forum - ist erst gar keinen GOO oder ähnliches auftauchen zu lassen. Aber lassen wir das mal aussen vor.

Wenn man auf das zurückgreift, was jeder kennt und das wiederum neu zusammensetzt, dann... dann hat man etwas, das man beschreiben und verstehen KANN. Und das ist die Crux.

SL 'Ihr seht eine Schleim tropfende, ekelerregende, grosse Kröte mit Tentakeln am Mund.'
SP 'Ich lach mich krank. Ah ja. Und deshalb verliere ich jetzt 1W100 gS? DAS übersteigt i.d.T. mein Verständnis.'

Aus selbigem Grund sind m.M.n. auch alle Darstellungen eines kosmischen Grauens in den Regelwerken Unsinn.

Man könnte auch alles nur dem Kopfkino der Mitspieler überlassen und gar nichts sagen. Auch nicht so toll.

Cthulhu begleitet mich ja jetzt schon geraume Zeit und noch immer suche ich nach passenden Umschreibungen.

Lovecraft umschreibt vieles. Ungesund für das menschliche Auge ist das eine. Dinge, die der menschliche Verstand nicht zu erfassen vermag, das andere.

Die beste Beschreibung ist m.M.n. die Wirkung von Gatanothoa auf einen Betrachter.

Auf so etwas greife ich z.Zt. zurück. Allerdings in stark abgeschwächter Form. Es sind die physischen Auswirkungen als Reaktion auf das Gesehene bei den NSCs oder Chars. Diese physischen Auswirkungen bedingen dann erst den Verlust der geistigen Stabilität.
« Letzte Änderung: 16.03.2019 | 18:06 von Der Läuterer »
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #1 am: 16.03.2019 | 18:13 »
Es ist Rollenspiel. Ein GOO oder ähnliches Kroppzeuch ist nicht schrecklich für den Spieler, sondern für den Charakter. Manche Gruppen betreiben bei Cthulhu "Rollenspiel zweiter Ordnung", d.h. die Spieler spielen, SIE würden sich selbst auch gruseln. Aber egal wie: Es gehört zur Genre-Konvention UND den Spielregeln, dass ein verkackter SAN-Wurf entsprechende Auswirkungen hat. Die als Spieler wegzulachen und nicht ernst zu nehmen ist - in den meisten Gruppen - ein Bruch des Gruppenvertrages.

Offline General Kong

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #2 am: 16.03.2019 | 18:31 »
Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn man den San-Verlust sieht wie Trefferpunktverlust beim Schaden: Da sagt man als Spieler ja auch nicht:
"Aha. da trifft mich der Ork also mit der Hellebarde und ich (nein! nicht DU!) verliere jetzt 3 von 33 TP. Also: Ich spüre nach der Beschreibung und dem Rollen mit den Würfeln keinen Schmerz! Außerdem hatte ich schon einen schweren Autounfall, das war viel schlimmer. Was soll das also?!"

Soll ich dem jetzt (je nach Schaden) einem mit dem Hammer hauen, damit der weiß, wie sich sein SC so in etwa fühlt? ("Oh! Abgerutscht. Der sollte nicht auf der Nase landen. Warte ich, hau nochmal etwa weniger feste auf den Arm ..")

Klar ist es stimmungsvoll, wenn man sich auch als Spieler gruselt, aber das ist sehr schwer als Spielleiter hinzubekommen (und ja vielelicht auch nicht wünschenswert, die Gruppe jedes Wochenende halt wahnsinnig zu ängstigen).

Eine Mechanik zur Darstellung eines Effektes im Spiel. Eine Art "Radioaktivität", die den Verstand raubt und wie TP-Verlust abstrahiert wird.
Nicht mehr.
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Online JohnnyPeace

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #3 am: 16.03.2019 | 18:46 »
Fällt mir zu dem Thema grade ein: Der Maximal Fremde ist auch Thema in der wissenschaftlichen Literatur. Gelesen hab ichs nicht, kan inhaltlich da nichts beitragen.
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Offline Mr Grudenko

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #4 am: 16.03.2019 | 18:58 »
Das ist jetzt natürlich so eine Frage, die stark von einer Gruppe und dem einzelnen Spieler abhängt (s.o.).
An sich bin ich ja ein großer Freund von 'Kopfkino', aber ich probier mal.

Die erste Frage ist natürlich, wie die SC auf den GOD stoßen: Stolpern sie über ihn z.B. in einer zyklopischen Stadt, wird er beschworen, erscheint er etc.

Wenn das Aufeinandertreffen nicht plötzlich passiert, also nicht in der Art "Abends sitzen wir in einer warmen trockenen Bibliothek und vier Stunden später stehen wir in diesem Moor vor einem gigantischen Tentakelmonster", würde ich es von langer 'Vorbereiten'. Die SC sollten immer wieder über Dinge im Zusammenhang mit dem GOD stolpern die "nicht sein können", die nicht logisch erklärbar sind, die man eigentlich nicht logisch zu Ende denken möchte. (So was wie z.B. die "Ich kann nicht anders." Szene mit dem Selbstmörder aus dem Film "In the Mouth of Madness", fiele mir gerade spontan ein.)
Dadurch sollte die Beschreibung des Gottes eher nebensächlich werden, und die Spieler/SC eher fürchten, was für unerklärliche Effekte der GOD dann in 'Person' wirken kann.
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Offline KhornedBeef

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #5 am: 16.03.2019 | 19:03 »
Das philosophische überlasse ich euch, aber praktisch würde ich nicht darauf hoffen, dass man auf der Ebene Sachbeschreibung, und der bewussten Verarbeitung echten Horror erreicht. Versuchen würde ich es mit plötzlich auf die Charaktere einstürzenden Empfindungen voller Widersprüche, Synästhesien, Perspektivwechseln.
Letztlich müsste man die Spieler auf unbewusster Ebene erreichen.

Edit: plus das was mein Vorredner sagt
« Letzte Änderung: 16.03.2019 | 19:05 von KhornedBeef »
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Offline Megavolt

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #6 am: 16.03.2019 | 19:10 »
Lovecraft umschreibt vieles schlecht.

Fixed it.

"Er sah etwas derart Schreckliches, dass sein Verstand sich weigerte, es zu erfassen." ist meiner Wahrnehmung nach der Lovecraft-Klassiker und er ärgert mich jedes Mal. Ich halte das für einen schriftstellerischen Taschenspielertrick.

Andererseits...
Traumata gibts halt echt. Sie entstehen, wenn die erlebten Dinge so weit außerhalb des erwarteten Spektrums liegen, dass es einen bis in die Klapse hinein umhaut. Das kann bereits ein einzelner erlebter Fall von Untreue sein, der plötzlich ein Fragezeichen hinter das ganze eigene Leben setzt. Ein anderer berühmter Klassiker sind die Stresssyndrome von Soldaten, die auf die erlebten Schrecknisse nicht vorbereitet waren.

Man müsste wohl, um das wahre, echte Cthulhu-Feeling zu evozieren, echte Traumata bei den Spielern erzeugen. Alles andere kann nur "Rollenspiel zweiter Ordnung" sein (ein großartiger Begriff, Pyromancer!).

Und so steckt man bei Cthulhu irgendwie echt in der Zwickmühle. Echte traumatische Erfahrungen sind nicht erwünscht, die Alternative besteht darin, dass man so tun muss, als ob man sich fürchtet.
« Letzte Änderung: 16.03.2019 | 19:14 von Megavolt »

Offline Der Läuterer

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #7 am: 16.03.2019 | 19:12 »
Was die Beschreibung des Unbeschreibbaren betrifft, empfinde ich The Space-Eaters von Frank Belknap Long, 1928, mehr als gelungen.

Wer das Werk noch nicht kennt, oder es noch einmal nachlesen möchte, hier die Quelle.

Original:
https://en.m.wikisource.org/wiki/The_Space-Eaters

Deutsch:
https://books.google.de/books?id=b4pUDwAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=inauthor:%22Edward+Lee%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwip09LrnofhAhXFfFAKHQeSBocQ6AEITTAH#v=onepage&q&f=false
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Offline Megavolt

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #8 am: 16.03.2019 | 19:21 »
Was die Beschreibung des Unbeschreibbaren betrifft,

Schlimmer als die Beschreibung von Unbeschreibbarem ist es, wenn der Lovecraft Beschreibbares beschreibt.  ~;D

Mountains of Madness, Loviboy beschreibt Fossilien: https://youtu.be/XTk0iROhSOc?t=3037

(Ich hoffe, ich habs erwischt, ich habs jetzt nicht nochmal umfangreich testgehört. Nach meiner Erinnerung kommen da seitenweise biologische Fachausdrücke und umständliche Detailauflistungen. Unlesbar, unhörbar, unverständlich. Gnagnagna.)

Offline KhornedBeef

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #9 am: 17.03.2019 | 01:25 »
Was die Beschreibung des Unbeschreibbaren betrifft, empfinde ich The Space-Eaters von Frank Belknap Long, 1928, mehr als gelungen.

Wer das Werk noch nicht kennt, oder es noch einmal nachlesen möchte, hier die Quelle.

Original:
https://en.m.wikisource.org/wiki/The_Space-Eaters

Deutsch:
https://books.google.de/books?id=b4pUDwAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=inauthor:%22Edward+Lee%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwip09LrnofhAhXFfFAKHQeSBocQ6AEITTAH#v=onepage&q&f=false

Exzellente Geschichte, und sei es nur wegen der brutalen Dekonstruktion literarischen Horrors, die er da seinem Freund in den Mund legt.
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Offline CiNeMaNcEr

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #10 am: 17.03.2019 | 11:51 »
Das Thema ist zwar ein alter Zopf, doch es fängt mich immer wieder ein.

Die Umsetzung des Unvorstellbaren weckt in mir realen Schrecken, denn die nagende Frage lautet WIE?

Dinge, deren Erscheinung das Verständnis eines Menschen überschreiten, beschreiben zu wollen, ist unmöglich.

Nur wie beschreibt man als SL dann einen GOO?

Okay. Die beste Lösung - man liest es immer wieder hier im Forum - ist erst gar keinen GOO oder ähnliches auftauchen zu lassen. Aber lassen wir das mal aussen vor.


Ich bin tatsächlich Vertrete von kein GOO/ähnliches auftauchen lassen. Mache es jedoch ab und zu trotzdem.
In der Gruppe nutzen wir dafür kein einheitliches System sondern machen es eher je nach GOO, Situation, Laune oder dem zufall Überlassen.

Darunter den Spieler selbst nur seine Empfindungen beschreiben lassen bis hin zum alten "Trick" des Vergessens, das menschliche Gedächtniss weigert sich das gesehene zu aktzeptieren und löscht es (und hinterlässt einen sehr ratlosen) Charackter.

Meine favorisierte Methode (welche sehr selten zum Einsatz kommt) dabei wäre, dass Unbeschreiblich auch als unbeschreiblich zu detailieren.

Beispiel

"Was du erblickst, ist von einer Farbe die keine Farbe genannt werden keine, von einer Form die gleichzeitig formlos, als auch jeder Form spottet, von einem Geruch der jeden anderen Geruch entfremdet, kulminiert und doch ganz anders ist, bekannt und doch nicht bekannt".
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Offline Sashael

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #11 am: 17.03.2019 | 12:07 »
SL 'Ihr seht eine Schleim tropfende, ekelerregende, grosse Kröte mit Tentakeln am Mund.'
SP 'Ich lach mich krank. Ah ja. Und deshalb verliere ich jetzt 1W100 gS? DAS übersteigt i.d.T. mein Verständnis.'

Aus selbigem Grund sind m.M.n. auch alle Darstellungen eines kosmischen Grauens in den Regelwerken Unsinn.
Das Problem ist ja nicht, dass man das da sieht, sondern dass der Charakter erkennt, dass das keine Illusion, kein Computertrick, keine Puppe oder sonstwas ist, sondern dass die Wissenschaft unrecht hat und es diese übermächtigen Wesen tatsächlich existieren. Beim Anblick eines Cthulhu bekommt der SC mit einem Schwerlaster in die Visage gedrückt, dass er und die gesamte Menschheit ein absolut unbedeutendes NICHTS im erbarmungslosen Universum sind und dass sie keine, wirklich keine Chance haben, an diesem Zustand etwas zu ändern.

Und das ist halt etwas, bei dem wahrscheinlich ne ganz Menge Leute sich wirklich nur noch hinsetzen und anfangen zu sabbern.

Doof ist halt, dass der Auslöser dieser Erkenntnis nur die physische Manifestation einer absolut extremen Glaubenserschütterung ist. Und da man als Spieler dann eben doch un-immersiv von außen auf die Umstände blickt und Cthulhu als Phantasieprodukt nicht ernst nehmen kann, wirkt die Beschreibung der Kreatur nicht.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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lilith

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #12 am: 17.03.2019 | 12:20 »
Du kannst die Spieler mit in die Beschreibung einbeziehen. Spiel Ihnen den Ball zu: "Ihr steht fassungslos dem absoluten Grauen gegenüber. Was an diesem Anblick bewirkt, dass $Figur den Blick voller Abscheu abwenden muss?"
Wenn die Spieler sich darauf einlassen, kann das zu sehr effektvollen Szenen führen. Da haben Spieler evtl. sogar Ideen, auf die man als Leiter nie gekommen wäre.

Offline Megavolt

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #13 am: 17.03.2019 | 12:29 »
Exzellente Geschichte, und sei es nur wegen der brutalen Dekonstruktion literarischen Horrors, die er da seinem Freund in den Mund legt.

Ja danke auch, triggert halt einfach Kaufentscheidungen bei mir.

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #14 am: 17.03.2019 | 12:34 »
Ich hab', glaube ich, schon hier und da mal gelegentlich erwähnt, daß aus meiner Sicht der Aspekt "gaaahwahnsinnarrrrgllllblblbl" am Mythos völlig überbewertet wird. ;) Folglich stellt sich zumindest mir persönlich auch das Problem gar nicht erst. Klar, ich sollte mir für entsprechend beeindruckend gedachte Mythosbegegnungen schon etwas angemessen Exotisches einfallen lassen (idealerweise ohne schon wieder irgendwelche Tentakel ins Spiel zu bringen) -- aber das Problem mit den meisten wirklich gefährlicheren Kreaturen besteht ja gar nicht so sehr darin, mit irgendwelchen durch ihren Anblick ausgelösten schröcklich-weltbilderschütternden Erkenntnissen fertigzuwerden, sondern das Treffen überhaupt erst mal ganz praktisch zu überleben...

Offline KhornedBeef

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #15 am: 17.03.2019 | 16:14 »
Ich hab', glaube ich, schon hier und da mal gelegentlich erwähnt, daß aus meiner Sicht der Aspekt "gaaahwahnsinnarrrrgllllblblbl" am Mythos völlig überbewertet wird. ;) Folglich stellt sich zumindest mir persönlich auch das Problem gar nicht erst. Klar, ich sollte mir für entsprechend beeindruckend gedachte Mythosbegegnungen schon etwas angemessen Exotisches einfallen lassen (idealerweise ohne schon wieder irgendwelche Tentakel ins Spiel zu bringen) -- aber das Problem mit den meisten wirklich gefährlicheren Kreaturen besteht ja gar nicht so sehr darin, mit irgendwelchen durch ihren Anblick ausgelösten schröcklich-weltbilderschütternden Erkenntnissen fertigzuwerden, sondern das Treffen überhaupt erst mal ganz praktisch zu überleben...
Ich hatte den Eindruck, das Problem besteht durchaus darin. So von den Beschreibungen und Stabi-Wurfen her, halt.
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #16 am: 17.03.2019 | 16:36 »
Ich hatte den Eindruck, das Problem besteht durchaus darin. So von den Beschreibungen und Stabi-Wurfen her, halt.

Ist das speziell bei CoC nicht ohnehin erst mal ein und dasselbe? Will sagen, wenn der Charakter seinen Stabi-Wurf verkackt und erst mal auch nur "kurzfristig" weggetreten durch die Gegend sabbert, bewegen sich seine Überlebenschancen allein schon dadurch stracks in Richtung Keller, und wenn er erst einmal tot ist, braucht sich um eventuelle mentale Spätfolgen eh niemand mehr Gedanken zu machen. Da muß ich zwischen "Waaahahhhaaahnsinn!" einer- und "natürliche Schreckstarre, weil großes böses Monster!" andererseits also gar nicht mehr groß unterscheiden -- in beiden Fällen läßt das Monster entweder den Charakter aus diesem oder jenem Grund (von "hab' den Menschling nicht gesehen" bis zu "<unentzifferbares außerirdisches Gedankenrauschen>") doch am Leben oder es macht ihn halt fertig, während er sich gerade netterweise als hilflos präsentiert.

Offline Der Läuterer

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #17 am: 17.03.2019 | 18:16 »
Es ist Rollenspiel. Ein GOO oder ähnliches Kroppzeuch ist nicht schrecklich für den Spieler, sondern für den Charakter.

Die Spieler dazu zu bringen sich zu ängstigen wäre als Anspruch völlig überzogen. Ich will ja nicht, dass meine Spieler sich am Tisch einnässen, eine SL Phobie entwickeln und/oder einen Therapeuten aufsuchen müssen.


Wenn die Spieler, aufgrund der Beschreibungen, unsicher oder vorsichtig werden und, als Zeichen von Immersion, Angst um ihren Char bekommen, dann habe ich m.M.n. als SL in einem Horror RPG gute Arbeit geleistet. Mehr will ich auch gar nicht.

Manche Gruppen betreiben bei Cthulhu "Rollenspiel zweiter Ordnung", d.h. die Spieler spielen, SIE würden sich selbst auch gruseln.

Das wäre perfekt. Das ist dann m.M.n. Rollenspiel aller erster Ordnung.
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #18 am: 17.03.2019 | 21:19 »

Lovecraft umschreibt vieles. Ungesund für das menschliche Auge ist das eine. Dinge, die der menschliche Verstand nicht zu erfassen vermag, das andere.

Die beste Beschreibung ist m.M.n. die Wirkung von Gatanothoa auf einen Betrachter.

Auf so etwas greife ich z.Zt. zurück. Allerdings in stark abgeschwächter Form. Es sind die physischen Auswirkungen als Reaktion auf das Gesehene bei den NSCs oder Chars. Diese physischen Auswirkungen bedingen dann erst den Verlust der geistigen Stabilität.

Für mich ist die gelungenste Darstellung des Unvorstellbaren das Ende in "Die Aussage des Randolph Carter". Es wird eine indirekte Begegnung mit einem Mythoswesen beschrieben, wobei man als Leser am Ende selbst vergeblich versucht zu verstehen, was nicht zu verstehen ist und jede Überlegung darin endet, dass das Wesen noch gefährlicher und unverständlicher ist, als zuerst angenommen. Zumindest ging es mir so.

Aufs Rollenspiel übertragen, könnte das wie folgt aussehen: Die Investigatoren hören Gerüchte und Geschichten, machen vielleicht auch selbst die ein oder andere Erfahrung. Jedes Ereignis für sich ist übernatürlich, aber noch im Bereich des "normalen" Horrors. Erst in der Zusammenschau zeigt sich das Ausmaß des Unverständlichen, z.B. weil das Wesen in der Vergangenheit bereits von einer Entscheidung der Investigatoren wusste, die diese erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen haben. Ich habe das allerdings noch nicht ausprobiert.
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #19 am: 17.03.2019 | 22:14 »
Spontan würde ich behaupten, dass das zu planen wirklich schwer sein wird.

Das Ganze im Finale aber so zu drehen, dass es so erscheint, wie Du es beschrieben hast, KAW, ist es i.d.T. wert umgesetzt zu werden.
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #20 am: 18.03.2019 | 11:58 »
Diskutiert denn wirklich irgendein Spieler mit dem SL den Verlust von geistiger Stabilität aus?
Das ist immerhin keine gefühlte Entscheidung, sondern klar geregelt.

Offline KhornedBeef

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #21 am: 18.03.2019 | 12:17 »
Diskutiert denn wirklich irgendein Spieler mit dem SL den Verlust von geistiger Stabilität aus?
Das ist immerhin keine gefühlte Entscheidung, sondern klar geregelt.
Ich glaube es ging um den Anspruch, dass die Situation auch so gruselig herüberkommt, wie der Verlust es verspricht. Oder?
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #22 am: 18.03.2019 | 12:26 »
Ich glaube es ging um den Anspruch, dass die Situation auch so gruselig herüberkommt, wie der Verlust es verspricht. Oder?
Exakt. Es geht mir um den eigenen Anspruch.
Das Ganze benötig m.M.n. mehr Tiefe.
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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #23 am: 18.03.2019 | 12:27 »
Diskutiert denn wirklich irgendein Spieler mit dem SL den Verlust von geistiger Stabilität aus?
Das ist immerhin keine gefühlte Entscheidung, sondern klar geregelt.

Ja, das hab ich in der Praxis schon öfter erlebt, vor allem gegen Kampagnen-Ende, wenn die Charaktere schon alles gesehen haben, und dann will der SL einen Stabi-Wurf, wenn man über eine mundane Leiche stolpert. Aber die Regeln sehen nunmal keinen Abstumpfungs-Effekt vor.

Offline Der Läuterer

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Re: Von der Vorstellung des Unvorstellbaren
« Antwort #24 am: 18.03.2019 | 12:29 »
In 'Vom Schreiben im Stil H.P. Lovecrafts' wird der Lovecraft Schrecken beschrieben.
"Weitschweifig. Umständlich. Vage. Redundant. Subjektiv. Überzogen. Dramatisch."

"Lovecraft benutzt diese Form der Sprache, um das seelische Innenleben seiner Erzähler offenzulegen, die sich bemühen, Dinge in Worte zu fassen, die sie nicht in der Lage sind zu begreifen, und deren Gedanken immer wieder hilflos um die selben schrecklichen Erinnerungen kreisen, weswegen sie sich auch ständig in ihren Aussagen wiederholen."

An dieser Stelle ist jeder Cthulhu SL, in seinem Verständnis der Materie, auch schon mal gewesen. Das hilft nicht weiter.
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