Am Freitag haben wir unsere erste "richtige" Spielsitzung hinter uns gebracht. Nachdem es auf der Konfliktebene noch etwas dürftig* vor sich hinköchelt, die Spieler versuchen noch, das richtige Gefühl für die Welt zu bekommen, habe ich sie, dem Handbuch gemäß, in die Wildnis hinausgeschickt.
Zuerst haben wir etwas den Alltag von Stonetop angerissen, der Frühling bricht herein und es gibt verschiedene kleine Beschädigungen auszubessern und außerdem werden die ersten Äcker gepfügt und die Saat ausgebracht, wobei sich die Charaktere nützlich machen. Dann der Questhook: Die erwachsenen Nichten eines der Charaktere sind vor Tagen in den Wald gegangen, um zu jagen und Fallen zu stellen, nun kehrt die Jüngste von ihnen heim, ihre verwundete älteste Schwester auf dem Rücken tragend - ein Crinwin-Überfall, als die drei eine mysteriöse Kammer entdeckt haben, die unter dem Wurzelballen eines bei einem Frühjahrssturm umgestürzten Baumes zum Vorschein gekommen ist. Die mittlere Schwester ist im Wald zurückgeblieben, um den beiden anderen die Flucht zu ermöglichen und bis auf weiteres verschollen.
In aller Eile wird eine Rettungsmission auf die Beine gestellt: Der Seeker ist natürlich an den Ruinen interessiert, aber die Rettung seiner Nichte hat Vorrang. Der Judge wittert eine Gelegenheit, sich dem Chaos in Form einer ungewöhnlich forsch vorgehenden Gruppe von Crinwin entgegenzuwerfen, die Heavy hasst Crinwin und ist schon allein deswegen mit dabei und der Would-be Hero, Ziehsohn des Judges, lässt sich nicht davon abhalten, sich in Gefahr zu begeben. Außerdem schließt sich der künftige NSC-Ehemann der Verschollenen an, der ist allerdings Bauer und eindeutig das schwächste Glied der Kette, aber er ließ sich nicht überzeugen, zurückzubleiben.
Bei der ersten, kurzen Rast dann das Unglück: Der Judge wird von einer Giftschlange gebissen und ist trotz Heilzauber des Lightbearers nicht in der Lage, Schritt zu halten. Er behauptet tapfer, weitergehen zu wollen, aber letztendlich bugsiert ihn die Heavy mehr oder weniger unsanft ins Dorf zurück, wo man eben gerade so und unter einigem Aufwand ein Serum herstellen kann. Damit verliert die Gruppe beide Frontschweine auf einen Schlag und macht sich, da die NSCs auf jeden Fall weitergehen und nicht warten wollen, mit einigen Bauschscmerzen wieder auf den Weg.
Während die Gruppe sich also dem Ziel ihrer Reise nähert, werden Heavy und Judge (dem es immer noch miserabel geht, obwohl er nicht mehr in direkter Lebensgefahr schwebt) unruhig und treffen die Entscheidung, mit leichtem Gepäck hinter dem Rest der Gruppe herzureisen.
Hier endet der erste Abend. Die Spieler waren allesamt trotz der voranschreitenden Uhrzeit noch munter und spekulierten hefig darüber, wie es denn nun weitergehen würde, wie man ohne Nahkämpfer zurechtkäme, was man an der Ruine vorfinden würde, etc. Die diversen Punkte des End of Session-Moves wurden gerne abgehandelt, an dem Punkt an dem man etwas aus der Spielsitzung lobend hervorheben soll, redeten plötzlich alle durcheinander und allen haben so ungefähr die gleichen Dinge gut gefallen.
Hervorgehoben wurde die schwierige Entscheidung, mit dem Vergifteten weiterzugehen oder umzukehren und die verschwundene und vielleicht auch die begleitenden NSCs ihrem Tod zu überlassen. Man war sich bis zuletzt nicht einig, was nun das richtige Vorgehen war und hat das Bste aus einer Situation gemacht, in der es keine richtige, klare Antwort gab. Das sagt vielleicht mehr über mich als Spielleiter aus, oder darüber, dass wir zuletzt Systeme gespielt haben, wo solcherlei Zwischenspiel völlig konsequenzlos abgeht (Vergifung bei D&D is nur lästig, solange man in paarmal mies würfelt und der Kleriker keinen Zauber mehr übrig hat), hier hat es sich nach einer wirklichen Konsequenz angefühlt.
Außerdem hat das Inventarsystem allen sehr gut gefallen. Sich vorher festzulegen, wie man reisen will, schwer bepackt und langsam, oder leicht und schnell oder irgendwo dazwischen, mit allen dazugehörigen Konsquenzen wie mangelnde Vorräte, mangelnde warmen Decken (nicht unwichtig) oder nur mit Minimalbewaffnung fand besonderen Anklang.
Die Instinke der Charaktere geben einem eine grobe Richtung zum Rollenspiel vor, mit dem entsprechendem Lockmittel, XP fürs ausspielen und sind leicht anzuwenden.
In den Fail-Forward-Modus sind wir auch wieder ohne Umgewöhnung eingestiegen. Das lief damals bei MotW sehr gut, als wir etwas Übung hatten und die Rückkehr zu D&D hat uns, insbesondere mich, einige Nerven gekostet.
Die Eigenheiten des Szenarios haben wir alle gerne angenommen. Die Spieler fühlen sich schon jetzt sehr verbunden mit Stonetop und schätzen das Gefühl, eine Heimat zu haben, zu der sie zurückkehren können und freuen sich darauf, diese Heimat wachsen zu sehen. Ich nehme an, es wird nicht bei den angekündigten 10 Sitzungen bleiben.
* Im letzten Post habe ich von ordentlich Konfliktpotential gesprochen, das stimmt auch, aber das Meiste davon ist "für später", keine unmittelbare Bedrohung für Stonetop und für das erste Abenteuer insgesamt ungeeignet. Aber mittelfristig sollte es da interessant werden.