Autor Thema: Reading Challenge 2020  (Gelesen 22529 mal)

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Offline Sashael

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #175 am: 27.05.2020 | 13:31 »
Alois-Ignaz Dimpflhuber-Schmitz ist wohl kein Kassenschlager?  :-\
Nicht ganz so schlimm, aber auch viersilbige polnische Nachnamen sind in D wahrscheinlich eher nicht so verkaufsfördernd. ;)
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #176 am: 27.05.2020 | 13:39 »
Ich vermute, das läuft umgekehrt. Weil man vorher schon WEISS, dass das Buch von einer Frau geschrieben ist, liest man andere Qualitäten hinein, als wenn es von einem Mann geschrieben wäre.
Ganz so funktioniert das nicht. Ich kenne ebenso Autorinnen, die ganz plakative Frauen schreiben (Tanya Huff - Blutzoll war geradezu hohlbein-esk und diverse Romanzen haben bei Lichte betrachtet auch ein etwas altbackenes Frauenbild, obwohl sie ja von Frauen geschrieben werden). Andersherum gibt es Autoren, die tolle Frauenfiguren haben - Neil Gaiman zum Beispiel!
Ich glaube, das hat am ehesten was mit dem Genre und der Qualität der Schreibe zu tun.

Ich weiß nicht mehr, welche Autorin in welchem Interview das sagte, aber ich hab mal eines gelesen, in dem eine Autorin erklärte, dass sie gern für kleine Mädchen schreibt, weil sie selbst mal eines war, ihr alte Männer hingegen eher fremd sind, weil sie nie einer sein wird. Klar - sich in eine völlig andere Lebenssituation einzudenken, ist halt ein bisschen aufwendiger und geht daher auch schneller mal schief. :)

Mit ner Art Turing-Test das jetzt zahlenmäßig auszuwerten, wird vermutlich eher nicht funktionieren, das stimmt.

Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #177 am: 27.05.2020 | 13:53 »
Ganz so funktioniert das nicht.

Ich denke doch. Stell dir einfach mal ein Beispiel vor: Du liest einen Science-Fiction-Roman, der ein stereotypes Frauenbild bedient, und weißt nicht, von wem er ist. Was denkst du dann? Dass er bestimmt von Stephenie Meyer geschrieben wurde? Oder doch eher, dass das bestimmt mal wieder ein männlicher Autor ist, der keine Ahnung hat, wovon er da redet? Eben.

Ich kenne ebenso Autorinnen, die ganz plakative Frauen schreiben (Tanya Huff - Blutzoll war geradezu hohlbein-esk und diverse Romanzen haben bei Lichte betrachtet auch ein etwas altbackenes Frauenbild, obwohl sie ja von Frauen geschrieben werden). Andersherum gibt es Autoren, die tolle Frauenfiguren haben - Neil Gaiman zum Beispiel!
Ich glaube, das hat am ehesten was mit dem Genre und der Qualität der Schreibe zu tun.

Äh - aber genau das war doch meine These oben? Dass letztlich der Hintergrund des Autors weniger zu sagen hat als was und worüber er schreibt? :think:
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Offline Sindaja

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #178 am: 27.05.2020 | 14:20 »
Und wie immer werden zwei meiner Lieblings-SF-Autorinnen nicht erwähnt, die beide aber eine Menge SF-Awards abgesaht haben :(:
Connie Willis & Lois McMaster Bujold
Mit 19 von 30 Bücher von Frauen geschrieben scheine ich gerade eher weiblich zu lesen - wobei es etwas ausgeglichener wird, wenn ich Cassandra Clare rausnähme.
Gerade fertig gelesen habe ich "Roma Nova" von Judith Vogt, die ich als deutsch Autorin für SF und Steampunk inziwschen auch schätze. Eine Neuentdeckung war auch Becky Chambers. Die Distopien von Olive Butler gingen sehr unter die Haut.
Etwas populärer ist Naomi Novik in ihrem Schreibstil - ALternate History mit Fantasy-Elementen.
SKurrill dagegen im Fantasy-Bereich Catherine Valente.
Andere Namen, die noch nicht gefallen sind, aber in der Szene nicht ganz unwichtig Jo Walton, Mary Kowal, Joan D. Vinge und ein Haufen, die mir wahrscheinlich erst einfallen, wenn ich das hier gepostet habe  ;)
Ich glaube, einen 50% Frauenanteil kann mal also locker auch im Bereich SF/Fantasy vielseitig und sehr hochwertig füllen - auch ohne zu Kinderbüchern oder Jugendromanen greifen zu müssen  ;)

Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #179 am: 27.05.2020 | 14:36 »
Äh - aber genau das war doch meine These oben? Dass letztlich der Hintergrund des Autors weniger zu sagen hat als was und worüber er schreibt? :think:
Ich glaube, wir reden voll aneinander vorbei. Ich stimme dir zu, dass man nicht einfach feststellen kann "In diesem Buch kommen dumme Frauen vor - das hat bestimmt ein Mann geschrieben" oder auch andersherum. Das ist natürlich Quark. Aber ich behaupte mal, dass einfach die Chance, dass du vernünftige Frauenfiguren in relevanten Rollen hast, größer ist, wenn eine Frau dieses Buch geschrieben hat als wenn ein Mann es schrieb (wenn wir in Genre gehen, die um vielschichtige oder wenigstens nicht völlig plakative Darstellung der Protagonist*innen bemüht sind). Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, falls es dazu irgendwo Zahlen gibt.

Am Ende geht es doch im Rahmen der Challenge vor allem um die Frage, was sinnvoller ist zu lesen, will man seinen Horizont erweitern - Bücher von Frauen oder Bücher über Frauen, Bücher von Frauen über Frauen oder nichts davon? Und halt die Frage, ob ein Buch, um "horizonterweiternd" zu sein, genau das gefragte Thema zum Inhalt haben muss (Autobiographien von emanzipierte Frauen oder sowas) oder ob es auch interessant wäre, genau das zu meiden und nach verdeckteren Strukturen zu schauen.

Ich könnte mir vorstellen, dass eine Mischung cool wäre.  :think:
« Letzte Änderung: 27.05.2020 | 14:38 von Huhn »

Offline Menthir

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #180 am: 27.05.2020 | 14:40 »
Ich bin mir nicht sicher, dass es so einfach ist, dass die Aussage immer oder zumindest grundsätzlich vor dem Hintergrund steht. Tendenziell kann ich das unterstützen, aber in unterschiedlichen Graden spielt Herkunft, Umfeld und der persönliche Hintergrund doch eine mehr oder weniger - eben je nach Einzelfall - große oder entscheidende Rolle. In Zeiten von Trump lernen wir ja auch zunehmend, dass es teils gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt, was jemand nun sagt oder worüber er spricht; und die Fakten, Probleme und Diskurse müssen dann aus den Metadaten und den Hintergründen rekonstruiert werden. Aufmerksame Leser von Autobiographien kennen diese Besonderheit in anderer Spielart.

Deswegen ist es bei mir durchaus so, dass das Wissen um den Hintergrund einer Person eine Rolle spielen kann. Gleichwohl, ich betone es nochmal, muss es keine Rolle spielen. Allerdings gibt es Werke, in denen es wünschenswert wäre, wenn man dessen Aussage isoliert von Autor und seinem Hintergrund betrachten könnte, aber es will nicht gelingen, und andererseits gibt es auch Werke, wo diese Verbindung da sein könnte, man die Aussage aber gleichwohl isolieren kann.

Nehmen wir als Beispiel das Buch "Die Farbe Lila" von Alice Walker. Das steht in meinem Schrank, ungelesen, aber ich kenn die Spielbergverfilmung, um den Kern des Buches sehen zu können. Dieses Buch, welches sich mit dem Schicksal afroamerikanischer Frauen in den Südstaaten beschäftigt, geschrieben von einer Afroamerikanerin. Hier sind Buch, Aussage und Autorin verschmolzen.
Sicher gibt es auch die fantastischen Werke, wo es entweder eine geringere Verschmelzung gibt, oder sie als Leser, der sich nicht mit dem Autor beschäftigt, insofern soweit ignorieren oder einfach übersehen kann, dass ich eher meinen Hintergrund und meinen Horizont ungefiltert in das Werk interpretieren kann; oder eher die Aussage isolieren kann.

Wenn ich also davon spreche, dass ich mehr weibliche Autoren lese möchte, heißt es nicht, dass ich mir einer patriarchalischen Schuld bewusst bin und deswegen glaube, ich müsste Frauenbücher einfach in meinem Lesezyklus quotieren. Jeder, der mich in den letzten Jahren in dieser Challenge gesehen hat, merkt sicher, dass ich mich gerne mit meinen Büchern beschäftige, über die Lektüre des Buches hinaus.
Das bedeutet also auch nicht, dass ich künftig stark politisch-feministische Literatur lesen möchte.

Ich denke aber unbedingt, auch wenn wir nicht immer anhand von Stereotype erkennen können, ob Mann oder Frau, oder Behinderter, oder LBGT-Community-Mitglied ein Werk geschrieben hat, dass es unterschiedliche Erfahrungswelten gibt; die vielleicht nicht immer exklusiv zu einer Gruppe gehören, aber von dieser Gruppe eben tendenziell eher erlebt, wenn nicht gar gelebt werden. Ja, manchmal ergänzt sich dieses auch, wenn auch auf tragische Weise.

Hier als Beispiel das Tagebuch der Anne Frank, welches durch das Schicksal, durch die Verflechtung aus Geschlecht, jüdischen Hintergrund und Zeitgeschichte eine besondere Wirkung entfaltet; und eben nicht in seiner Aussage per se dadurch zu isolieren ist, wie sehr man es auch möchte.

Ich lese allerdings bei weitem nicht nur eskapistische Literatur - je weiter ein Werk von uns entfernt ist, desto eher erscheint es sich jedoch von dem Autor trennen zu lassen. Das allerdings ist häufig sicherlich auch nur Schein.

Deswegen glaube ich, dass ich unabsichtlich, und vor allem bis gestern unbewusst, mir einfach Erfahrungswelten vorenthalten habe und aus diesem Grund möchte ich diesen Part nachholen. Weshalb ich für Hinweise auf gute Autorinnen immer offen bin. :)
Und die darin verwurzelte Frage, warum mein Bücherschrank so männlich ist, ist sicher auch spannend für mich (der ist nämlich auch ererbt, gekauft, aus Haushaltsauflösungen zusammengefrickelt, erschenkt etc.), der sich sicher zu wenig mit den Chancen im Literaturbetrieb auseinandersetzt.

Dementsprechend nochmal vielen Dank für die vielen Hinweise. :)
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Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #181 am: 27.05.2020 | 14:55 »
Ich glaube, wir reden voll aneinander vorbei. Ich stimme dir zu, dass man nicht einfach feststellen kann "In diesem Buch kommen dumme Frauen vor - das hat bestimmt ein Mann geschrieben" oder auch andersherum. Das ist natürlich Quark. Aber ich behaupte mal, dass einfach die Chance, dass du vernünftige Frauenfiguren in relevanten Rollen hast, größer ist, wenn eine Frau dieses Buch geschrieben hat als wenn ein Mann es schrieb (wenn wir in Genre gehen, die um vielschichtige oder wenigstens nicht völlig plakative Darstellung der Protagonist*innen bemüht sind). Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, falls es dazu irgendwo Zahlen gibt.

Am Ende geht es doch im Rahmen der Challenge vor allem um die Frage, was sinnvoller ist zu lesen, will man seinen Horizont erweitern - Bücher von Frauen oder Bücher über Frauen, Bücher von Frauen über Frauen oder nichts davon? Und halt die Frage, ob ein Buch, um "horizonterweiternd" zu sein, genau das gefragte Thema zum Inhalt haben muss (Autobiographien von emanzipierte Frauen oder sowas) oder ob es auch interessant wäre, genau das zu meiden und nach verdeckteren Strukturen zu schauen.

Ich könnte mir vorstellen, dass eine Mischung cool wäre.  :think:

Ich glaube, das ist eine schöne Zusammenfassung der Diskussion - dem könnte ich mich Satz für Satz anschließen. Auch dann, wenn wir das Wort "Frauen" durch andere Kategorisierungen ersetzen. :d
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Offline Kurna

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #182 am: 27.05.2020 | 21:36 »
Vieleicht schreiben ja auch einige Fantasy/SF Autorinnen unter Männernamen.

[...]

Oder unter Namen, wo man es nicht erkennt. Catherine L. Moore hat zum Beispiel sehr lange Zeit nur als C.L. Moore veröffentlicht.
Ich vermute, zu ihrer Zeit (ihre erste veröffentlichte Geschichte war 1933) war das auch noch wichtiger.
Ich möchte sie hier auch gleich als Empfehlung nennen. Ich habe einen Sammelband mit Kurzgeschichten von ihr, wo einige sehr schöne dabei sind.
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Offline Sindaja

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #183 am: 28.05.2020 | 16:03 »
Und wieder ein paar Bücher gelesen:
#31: A.F. Harrold: The Song from Somewhere else.
Ein düsteres Kinder-/Jugendfantasybuch über das Thema Mobbing. Leise und sensibel erzählt – mit Troll und Katze.
#32: Judith Vogt: Roma Nova (GK #4: Ein Buch, welches in der Shortlist des Phantastik-Preises des SERAPHs steht.)
Sandalenfilm meets SF. Eine stimmungsvolle Übertragung „römischer“ Kultur auf ein etwas düsteres Science Fiction Settling. Nicht ohne Grund heißt ein Protagonist Spartacus. Macht wirklich Spaß (eine Rezension kritisierte Schachtelsätze, die mir gar nicht aufgefallen sind...) und man könnte sich mehr Bücher in dem Universum vorstellen.
#33: Lord Dunsany: Time and the Gods Sammelband von 6 Büchern. (GK #6: Ein Buch dessen Original über hundert Jahre alt ist, also vor 1920 herausgegeben wurde) – Herausgegeben 1905, 1906, 1908, 1910, 1912, 1916.
Eine Sammlung „alter“ Fantasy-Geschichten. Poetisch, aber vom Lesespaß her sehr durchwachsen. Am schwersten habe ich mich mit der ersten Sammlung „Time & the Gods“ getan. Es fühlte sich ein wenig an wie der Anfang des Silmarillions, aber kam dann nicht so recht „in die Pötte“. Die eher „Menschenbezogenen“ Geschichten fielen mir dann wieder leichter, auch wenn ich unter „spannend“ etwas anderes verstehe. Vielleicht vergleichbar mit dem Lesen vieler Märchen oder Sagen hintereinander. Einzeln nett, in der Masse etwas ermüdend. Ich dachte aber oft, daß viele der Geschichten schöne Aufhänger für vielleicht eher Old-School, manchmal auch cthulueske Abenteuer sein könnten.

Offline Kurna

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #184 am: 28.05.2020 | 21:45 »
Ich habe meine Goodreads-Liste ausgewertet, die ich seit 2017 führe + meine Liste der gelesenen Bücher in der Reading Challenge 2016. Kommt heraus: 35 von 106 aufgeführten Büchern sind von Frauen geschrieben worden, das entspricht etwa 33 %. Das führe ich aber tatsächlich auf meine Lesegewohnheiten zurück: Ich habe im Gegensatz zu euch beiden recht viele Kinderbücher und Schmonzetten/Romanzen gelesen und da scheint mir der Anteil an Autorinnen einfach höher zu sein. Ansonsten lese ich auch ganz gerne Bücher mit weiblichen Hauptfiguren und auch da ist der Anteil an Autorinnen gefühlt etwas höher - zumindest wenn man keine Lust auf schlecht geschriebene pseudoemanzipierte Zimtzicken hat.

Was in der Auswertung etwas mehr Arbeit machen würde, weil man es halt nicht einfach am Namen sieht, wäre, mal zu gucken, wie viele Bücher von People of Colour oder auch von Menschen mit Behinderung oder so ich gelesen habe. Ich glaube, da sieht der Anteil bei mir deutlich trauriger aus und vielleicht wäre das für mich mal ne schöne Challenge.  Auf der anderen Seite lese ich halt ungerne Bücher, bloß um sie für eine Challenge gelesen zu haben. Insbesondere diese Dinger, die ich in der Schule immer als "Problembücher" bezeichnet habe, mag ich gar nicht - ihr wisst schon, diese Bücher, in denen es darum geht, dass so alltägliche Leute ein schlimmes Problem haben (meistens Diskriminierung, (psychische) Krankheit, Todesfälle, Sucht oder so). Der grausame Alltag in grauen Blöcken. Brrr. Die Herausforderung wäre dann also, Bücher aus Genre zu finden, die ich gerne lesen möchte und die von entsprechenden Personen verfasst wurden. Oder alternativ vielleicht, die entsprechende Personen als Hauptfiguren in den Fokus der Story rücken. Hmm. :think: Zum Glück gibt es ja für alles auf Goodreads Listen.  ;D

Vielleicht hast du ja in Zukunft etwas bessere Chancen, auch mal auf Romanzen zu stoßen, die etwas mehr Diversität zeigen (sowohl inhaltlich als auch bei den Schreibenden, Artikel in Englisch):
https://www.theguardian.com/books/2020/may/22/romance-writers-of-america-racism-row-new-prize-ritas-vivian

Anscheinend ist das Thema zumindest beim entsprechenden amerikanischen Verband so hoch gekocht, dass jetzt langsam ein Umdenken stattfindet. Interessant in den Zusammenhang auch die englische Wiki-Seite zur RWA, wo das noch etwas weiter zurück gehend erläutert wird:
https://en.wikipedia.org/wiki/Romance_Writers_of_America
« Letzte Änderung: 28.05.2020 | 21:49 von Kurna »
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Offline Lyris

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #185 am: 1.06.2020 | 11:37 »
Habe auch gerade meine Challenges seit 2016 überprüft (ohne die aktuelle) und stelle fest bei mir halten sich männliche und weibliche Autoren nahezu die Waage. Leichter Überhang an Autorinnen, aber sehr genau war die Zählung auch nicht, da ich keine Lust hatte bei jedem fehlenden Autoren oder uneindeutigen bzw. abgekürzten Vornamen große Recherchen zu betreiben. Lustigerweise spiegeln meine zuletzt gelesenen Bücher die fifty-fifty Verteilung auch ganz gut wieder.  :)

#127 Tom Wolf: Schwefelgelb. Mörderische Kälte
#128 Johannes Wilkes: Der Fall Rückert
Neben einem netten Krimi mal wieder eine kleine lokalgeschichtliche Wissenslücke (über den Schriftsteller Friedrich Rückert, der auch Professor an der Uni Erlangen war) unterhaltsam geschlossen.
#129 John Lescraot: Der Vertraute
Laut Angabe zweiter Teil einer Trilogie. Dummerweise spielen Teil 1-4 vor dem ersten Band und erst Teil 5 danach. Nicht ganz so geschickt gelöst, dadurch wirkt die Rahmenhandlung seltsam, umgekehrt oder gar zwischen rein gelesen ist glaube ich auch nicht ideal. Schade, grundsätzlich ein gut gemachter Kriminalfall, auch wenn mir die "Farben der Gerechtigkeit" (1. Band) noch besser gefallen hat.
#130 Lindsey Davis: Den Löwen zum Fraß, Ein Fall für Marcus Didius Falco
#131 Lindsey Davis: Eine Jungfrau zuviel, Ein Fall für Marcus Didius Falco 
#132 Kari Erlhoff: Die drei !!!, Ein echt schöner Fall!
Normalerweise kommentiere ich Kinderbücher ja eher nicht, aber bei diesem ist der Name echt Programm. :D Die !!! mischen bei einem Festival mit. Genauer bei einem Theaterstück der Initiative #echtschön, die sich gegen Body-Shaming einsetzt. Die Regisseurin erhält Drohbriefe, die Bühne und der Stand der Initiative werden sabotiert. Die ganze Geschichte ist gut aufgebaut, man kann dem Täter als Leser schon auf die Schliche kommen, aber es ist keineswegs offensichtlich, durchaus Spannung enthalten. Das Thema ist m. E. Zielgruppen-gerecht, sicher auch nicht unwichtig und gut eingebracht.
#133 Dieter Forte: Das Muster
Erzählt wird die Geschichte zweier Familien und wie diese sich schließlich verbinden. Beginn ist irgendwann im 1. Jhd. und am Anfang werden Ereignisse nur ganz kurz, oft nur in wenigen Zeilen angerissen. Man braucht eine Weile um zu merken wo, wann, bei wem bin ich eigentlich. Die Generationen und Jahrhunderte fliegen nur so vorbei, das Tempo verlangsamt sich aber immer mehr und die Geschichten werden länger, die Personen treten deutlicher zu Tage, man erfährt mehr über Einzelne. Hier fängt des Buch auch irgendwann hier und da zu schwächeln an, weil sich die Schilderung ab und zu sehr in Details und Abschweifungen verliert. Der Schluss ist sehr abrupt mitten in der Szene. Nichts desto trotz bin ich nicht sehr animiert die beiden Folgebände zu lesen, da ich die Befürchtung habe, dass der Stil eher wie am Ende sein wird und mir gerade diese rasanten "Farbtupfer" die den ersten größten Teil des Buches ausmachen gefallen haben.
#134 Margit Auer: Die Schule der magischen Tiere, Eingeschneit!
Auch hier -trotz Kinderbuch- ein Kommentar nötig: Definitiv schlechtestes Buch der Reihe. Da ein Sonderband, kann man ihn getrost auslassen. (Liv fand ihn auch nicht so toll.)
#135 Johannes Wilkes: Strandkorb 513
#136 Tom Wolf: Teuflische Pläne
#137 Halo Summer: Froschröschen, Das wahre Märchen
Eine sehr schöne Zusammenführung der beiden Märchen Dornröschen und Der Froschkönig, die irgendwie so viel mehr Sinn macht. Der Frosch und die Prinzessin wurden von der gleich bösen Fee verflucht, die die Bedingungen ihrer Erlösung so gekonnt festgelegt hat, dass ihnen quasi nichts anderes übrig bleibt als zusammenzuarbeiten. Aber das schafft natürlich wiederum Komplikationen. Das Interessante an der Handlung ist gar nicht so sehr "was" wird passieren, sondern das "wie". Einzig der treue Heinrich fehlt, wird aber durch einige andere dienstbare Geister (teils im wahrsten Sinne des Wortes) würdig vertreten.

Liv steht derzeit bei 133 Büchern.
Glückskeks sagt: In jedem Moment mit ganzer Konzentration und aus vollem Herzen, jeden einzelnen Schritt zu tun - Das ist Glück.

Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #186 am: 1.06.2020 | 20:03 »
Vielleicht hast du ja in Zukunft etwas bessere Chancen, auch mal auf Romanzen zu stoßen, die etwas mehr Diversität zeigen (sowohl inhaltlich als auch bei den Schreibenden, Artikel in Englisch):
https://www.theguardian.com/books/2020/may/22/romance-writers-of-america-racism-row-new-prize-ritas-vivian

Anscheinend ist das Thema zumindest beim entsprechenden amerikanischen Verband so hoch gekocht, dass jetzt langsam ein Umdenken stattfindet. Interessant in den Zusammenhang auch die englische Wiki-Seite zur RWA, wo das noch etwas weiter zurück gehend erläutert wird:
https://en.wikipedia.org/wiki/Romance_Writers_of_America
Ah cool, danke für die Links!  :D

Offline Sindaja

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #187 am: 4.06.2020 | 11:37 »
Persönliche Challenge geschafft - ich hätte wohl doch auf 50-60 gehen können und werde einfach mal weiter machen, um zu schauen, wie weit ich komme.
#34: Adam Gidwitz: The Inquisitor's Tale
Ein historischer Roman mit Fantasy-Elemente nicht nur für Kinder. Begleitet wird der Weg eines Mädchens, das Züge von Jeanne d'Arc aufweist, eines heiligen Hundes, eines jüdischen Jungen und eines schwarzen jungen Mönchs. Die Erzählung ist „chauceresque“ - erzählt von unterschiedlichen Personen, die je einen Teil der Geschichte miterlebt haben. Und natürlich kommen Themen wie Pogrome gegen Juden, „Hexen“, Bücherverbrennungen, Klassengesellschaften, etc. vor, weshalb es inhaltlich keine leichte Kost ist. Auch die Literaturliste am Ende des Buchs regt zur kritischen Beschäftigung mit dem Mittelalter an. Aber auch ein Drache spielt kurz eine Rolle. Für ältere Kinder ein guter Einstieg in die Materie.
#35: Thomas Burnett Swann: Green Phoenix
Eine Dryaden-Geschichte vor der Hintergrund der Landung von Aeneas in Italien. Ein zentrale Thema ist auch Vergewaltigung vs bewußte Partnerwahl – was bei der Thematik Dryaden und Faune nicht ganz abwegig ist. Für die Zeit wird damit recht differenziert umgegangen, aber die heutige geforderte Sensibilität fehlt noch. Insgesamt gefiel mir das Crossover von Vergil und griechisch/römischer Fabelwesenwelt.
#36: Mary Robinette Kowal: Without a Summer
Dritter Band der „Glamourist“ Reihe. Die Hommage an Jane Austen machte mir im ersten Band deutlich mehr Spaß. Der Versuch der Protagonistin, ihre Schwester unter die Haube zu bringen sind noch „blinder“ als Emma es in der Inspirationsquelle ist und es fehlt die Vielschichtigkeit von Austen. Im zweiten drittel wurde das Buch aber deutlich besser – als die eigenen Geschichten der Hauptakteure in den Vordergrund traten und politische Themen der Zeit mit Blick auf Themen, die in der magischen Welt verschärft/anders sind, in den Fokus rückte. Gut lesbare Lektüre, die aber über längere Strecken recht seicht ist.

Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #188 am: 4.06.2020 | 11:48 »
Irgendwie lese ich seit anderthalb Monaten entschieden zu viel Rollenspielkram, um meine Reading-Challenge zu schaffen... ;D
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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #189 am: 4.06.2020 | 12:36 »
Bücher sind Bücher.

Oder hast du eine Belletristik-Only-Challenge?
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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #190 am: 4.06.2020 | 12:42 »
Weltengeists Ansprüchen genügt nur höchste Literatur!  :korvin: ~;D

Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #191 am: 4.06.2020 | 12:50 »
Weltengeists Ansprüchen genügt nur höchste Literatur!  :korvin: ~;D

Nein, aber ich schreibe nur Bücher auf, die ich "Cover to Cover" gelesen habe, nicht solche, in denen ich rumgeblättert oder von denen ich nur Teile gelesen habe ;).

(Und selbst wenn ich sie aufschreiben würde: In der Zeit, in der ich ein "Odyssey of the Dragonlords" lese, könnte ich 5 normale Bücher lesen.)
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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #192 am: 7.06.2020 | 21:00 »
Weiter geht die Reise durch die Literatur, aus Faulheit nur kurz beschrieben. :)

#23

Kari Köster-Lösche - Die Hexe von Tondern

Interessanter historischer Roman. Ich habe ihn eher zufällig gelesen, weil es nach meiner Feststellung oben der erste weiblich verfasste Roman in meiner Reichweite war, da er noch auf der Terrasse auf dem Tisch lag, weil ich ihn meiner Mutter geschenkt habe, die wegen eines Armbruches lange krankgeschrieben war. Sie hatte keine Meinung zu lesen, also fing ich an.

Gefällige Geschichte über die Pest kurz nach dem 30-jährigen Krieg in Tondern, mit eher angerissenen Charakteren und sehr zugespitzten, skizzierten Antagonisten, die weniger Antagonisten aus Absicht, sondern mehr aus fast komikhafter Unfähigkeit sind.
Dennoch ganz gefällig und kurzweilig geschrieben.

6,5 von 10 Punkte.

#24

Hans Dominik - Flug in den Weltall

Ein deutscher Science-Fiction-Roman, der im Jahr 1939 erschienen ist, und ein Wettrennen beim Flug zum Mond und in den Weltall als Wettkampf zwischen Wissenschaftlern unterschiedlicher Nationen darstellt. Entgegen der Erwartung eher mit offener Kappe geschrieben und unpolitisch, denn alle Probleme des Buches werden letztlich so dargestellt, dass sie, nur innerhalb der Nationen behandelt, scheitern und dann internationale Kooperation brauchen, um tatsächlich gelöst zu werden.

Das Buch ist unter dem Titel "Treibstoff SR" erscheinen. Letztlich geht es im künstliche radioaktive Stoffe, die als Treibstoffe für Raumschiffe genutzt werden sollen. In den Jahren vor Hiroshima und den Kraftwerkunglücken der letzten 70 Jahre liest es sich interessant, hoffnungsvoll und mit einer leicht verklärten Liebe zur Wissenschaft, und dadurch eben sehr interessant. Zudem ist es gefällig geschrieben.

7 von 10 Punkte.

#25

James Sallis - Nachtfalter

Ein wirklich interessantes, fast durchweg empfehlenswertes Buch, welches zum großen Teil ein Detektiv-Noir-Werk ist. Es ist vor allem charaktergetrieben durch den Protagonisten Lew Griffin, der ein schwarzer Ex-Detektiv aus New Orleans ist, der inzwischen als Buchautor mittelmäßig erfolgreich ist und zudem an der Universität Kurse gibt. Sallis gelingt es spielend den komplexen Charakter von Lew Griffin aus der Ego-Perspektive Griffins darzustellen, der mit seinem einfachen Hintergrund zu einem Schläger, Ermittler, Mörder und doch Denker und Literaten geworden ist.

Das Buch ist ein stückweit Ermittlungsgeschichte, die eher tragisch ist; ein stückweit Reise in die Selbsterkenntnis, die klemmt und nicht so weit trägt, wie der Protagonist es möchte; vielmehr noch spricht Sallis durch seinen Protagonisten auch auf Metaebene über Literatur und im Sinne Griffins direkt über Literatur, die allgegenwärtig ist. Griffin ist gewalttätig, neugierig, getrieben, abwehrend und abweisend, wirkt doch immer wieder so, als entdecke er sein Herz, um dann in Sache Liebe, in Sachen Hoffnung, in seinen Fällen vom Leben enttäuscht zu werden. Sein Süden ist ein harter, unbarmherziger Ort. Pures Noir-Feeling in einem schwülen, regnerischen New Orleans. Beeindruckend.

Leider ist die Übersetzung, die ich gelesen habe, etwas stöckern und ich habe das Gefühl, dass es im Original in der Komposition des Buches viel eindrücklicher gewesen wäre. Vielleicht hole ich es mir noch in Originalsprache, denn die Komposition des Werkes und der Protagonist haben mir in ihrer Vielschichtigkeit gefallen, die Sprache nicht.

Deswegen leider nur 7,5 von 10 Punkten.

Nur als Nebensatz: Sallis ist der Autor, dessen Werk Drive mit Ryan Gosling verfilmt worden ist.
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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #193 am: 8.06.2020 | 18:28 »
Persönliche Challenge geschafft
Hoppla, das hatte ich ja ganz überlesen und es fiel mir eben erst beim Aktualisieren auf. Herzlichen Glückwunsch! Whoop whoop! *trägt einen Kuchen mit Wunderkerzen in den Thread* :) Mensch, dieses Jahr sind hier einige echt gut dabei! Toll!  :cheer: :cheer: :cheer:

Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #194 am: 9.06.2020 | 17:54 »
Weil ich gerade darüber gestolpert bin, ein Zitat von Bertrand Russell aus dem Jahr 1930:

"The competitive habit of mind easily invades regions to which it does not belong. Take, for example, the question of reading. There are two motives for reading a book: one, that you enjoy it; the other, that you can boast about it."

Irgendwie scheint mir das zum Thema "Reading Challenge" zu passen. Muss ich mal ein bisschen einsinken lassen...
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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #195 am: 9.06.2020 | 18:18 »
Wenn du Ideen hast, wie wir das Format hier weniger kompetetiv, aber dennoch für uns alle persönlich herausfordernd gestalten können, dann gerne her mit Ideen. Die Challenge ändert sich ja schon seit ein paar Jahren immer mal wieder und ich könnte mir auch vorstellen, sie weiterhin flexibel zu halten und neu zu definieren. :)

Zumindest mein Gedanke hinter dieser "Challenge" war ja nicht, dass wir uns hier gegenseitig ausstechen, voreinander angeben oder Leute demotivieren, weil sie denken, sie würden nicht genug lesen oder so. Meine Idee war einfach, dass zumindest ich mir oft weniger Zeit fürs Lesen nehme, als ich eigentlich wollte. Bücher zu zählen und anderen davon zu erzählen, was ich gelesen habe, motiviert mich und erinnert mich daran, mir auch regelmäßig die gemütliche Lesezeit einzuräumen. :)

Ich sehe im aktuellen Format auch noch weitere Vorteile:
  • Hier kommen immer wieder interessante Gespräche über Bücher oder allgemeine Lesethemen zustande, die wir sonst vielleicht nicht geführt hätten. Seien es Leseempfehlungen oder Gespräche über unsere Lieblingautor*innen. Durch das so halb geschlossene Challenge-Format kriegt das hier auch so nen Gruppencharakter, in dem wir uns ein wenig besser kennenlernen, als zum Beispiel drüben im allgemeinen "Was liest du gerade"-Thread. Dadurch werden auch die Gespräche etwas ausführlicher. Ist zumindest mein Eindruck.
  • Ich habe im Startpost darum gebeten, nicht nur Listen mit dem Berg an Gelesenem zu posten, sondern auch ein paar persönliche Eindrücke dazulassen, unter Anderem deswegen, weil die Challenge eben nicht zum "Lesewettkampf" verkommen soll. So haben nämlich alle was vom Leseerlebnis einer Person. Und wir selbst haben dann - bestenfalls - auch mehr vom Lesen, weil wir eben das Buch nicht einfach nur beiseitelegen, sondern uns die Zeit nehmen, über die Lektüre hinaus nochmal darüber zu sinnieren, was es uns gebracht oder mit uns gemacht hat.
  • Das Auflisten der Bücher ermöglicht es, nach einigen Jahren die eigenen Lesegewohnheiten zu reflektieren. Sei es aus reinem Interesse oder weil wir gerne unseren Horizont erweitern möchten und überlegen, wo wir damit beginnen können.
  • Die Challenge hat jedes Jahr ein paar mehr Teilnehmer*innen, die sich durch die Challenge ermutigt fühlen, mal wieder mehr zum Buch zu greifen. Das schafft sie, indem wir eben öffentlich darüber schreiben, dass und was wir lesen, statt nur alleine im stillen Kämmerlein über den Seiten zu brüten.

Mag sein, dass es Leute gibt, für die die Challenge zu ner Belastung wird, weil sie sich unter Druck setzen, möglichst viel lesen zu müssen oder so. Aber so ist das hier wirklich nicht gedacht - wenns keinen Spaß mehr macht, wirds dringend Zeit, zu überdenken, was wir eigentlich mit der Teilnahme hier erreichen wollten. Andere zu beeindrucken zu wollen, ist natürlich kein sinnvolles Ziel. :D

Um auf meine selbstaufgeworfene Frage oben zurückzukommen, könnte ich mir gut vorstellen, dass hier nächstes Jahr als Teil der Challenge jede*r zu Beginn postet, welches persönliche Ziel (abseits der Anzahl an Büchern) er oder sie mit der Teilnahme verfolgt. Und am Ende evaluieren wir dann eben, ob das Ziel (unabhängig von der Anzahl an gelesenen Büchern) erreicht wurde und wenn nicht, woran es hakte.

Ich selbst zum Beispiel erreiche jedes Jahr mein Ziel, mir mehr Zeit fürs Lesen zu nehmen, auch wenn ich die olle Zahl von 40 Büchern wohl nie erreichen werde. :D Meine Ma, die durch mich zu Goodreads gekommen ist, berichtete mir, dass sie dank der Challenge überhaupt mal wieder Bücher zu Ende liest, statt sie immer halb gelesen irgendwo verstauben zu lassen und dass sie darüber sehr glücklich ist.

Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #196 am: 10.06.2020 | 20:09 »
Wenn du Ideen hast, wie wir das Format hier weniger kompetetiv, aber dennoch für uns alle persönlich herausfordernd gestalten können, dann gerne her mit Ideen. Die Challenge ändert sich ja schon seit ein paar Jahren immer mal wieder und ich könnte mir auch vorstellen, sie weiterhin flexibel zu halten und neu zu definieren. :)

Mein Beitrag war in keiner Weise eine Kritik an diesem Thread oder an der Challenge. Das kann er schon deshalb nicht sein, weil hier ja jeder seine eigene Challenge macht (wenn überhaupt).

Es ist einfach ein Fundstück, das ich interessant fand und das mich zum Nachdenken über meinen Umgang mit dem Lesen im Allgemeinen und der Challenge im Besonderen gebracht hat. Ein Gedanke, den ich euch mal zeigen wollte. Mehr nicht.
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Offline Tsuyoshi Hamato

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #197 am: 11.06.2020 | 18:18 »
Zu #196: Mein Ziel der Challenge: Wieder mehr zu lesen und Bücher (endlich wieder häufiger) zu Ende zu lesen. Das hat bis hierher gut geklappt und verleiht mir ein gutes Gefühl.  :d

# 2

Abschied von meiner Oma - Stephan Sigg

Dies war mehr ein Leseauftrag aus der Familie und eher wenig selbstmotiviert. Vielleicht deshalb habe ich es mit spürbarer Distanz gelesen. Zu 80% besteht das Buch aus persönlichen Begebenheiten des Autors mit seiner Großmutter inklusive deren Tod, die ich halb uninteressant, halb interessant fand. Ist gewiss auch persönlicher Geschmack. Zu 20% hat es mich dann doch mit der enthaltenen Lebensphilosophie bzw. Einblicken, wie unterschiedlich Menschen ihr Leben einrichten können und sich dabei fühlen, geistig angeregt. Weshalb ich die Lektüre dann doch als phasenweise inspirierend einstufte. Der gehaltvolle Anteil hätte aber höher sein dürfen.

# 3

Forschungsfeld Naturgefahren - Herausgeber Deutscher Wetterdienst & Deutsches Geoforschungszentrum

Dieses - nicht immer für Reviews selbstverständlich - hochwertig gebundene Buch fand ich ziemlich gut. (Rein in der Freizeit gelesen - passt nur ungefähr zu meinem Beruf.) Es gibt einen fundierten knappen/ je 5-7 seitigen Überblick über vierzehn verschiedene Naturgefahren wie Hochwasser, Dürren, Erdbeben, Vulkanausbrüche bis hin zu Sonnenstürmen (wobei letztere Schäden an Satelliten, Flugzeugen und deren Crew via Strahlung und Hochspannungsleitungen anrichten und das GPS unbenutzbar machen können) mit Fokus auf Deutschland, den jeweilig erwarteten Veränderungen durch Klimawandel; und eine Darstellung der noch verbleibenden Lücken im wissenschaftlichen Verständnis des jeweiligen Themas. Es ist auf niedrigem universitärem Niveau geschrieben (mit Papern als Referenzen zur Vertiefung), je nach Kapitelautoren sehr verständlich geschrieben bis zu - man muss zweimal lesen, um einzelne Passagen zu verstehen. Für Interessierte am Thema auf jeden Fall empfehlenswert, allerdings leider im Handel kaum zu bekommen (dafür kostenlos als PDF, aber ich bin in der Freizeit eher ein Fan des Haptischen und gelangte an mein Exemplar der Ausgabe 2014 bei einer Bibliotheksauflösung).

# 4

The How of Happiness - Sonja Lyubomirsky

Prof. Lyubomirsky ist nach meiner Recherche die derzeit weltweit führende Lebensglückwissenschaftlerin. Ihr Buch ist interessant und fundiert, enthält aber teils sehr dichte Informationen (einiges muss ich zweimal lesen) zu einer Vielzahl von mit dem Lebensglück verwandten Forschungsthemen. Die Forschung (sie zitiert in dem Buch auch quasi alle namhaften ihrer Kollegen, das Forschungsfeld ist in der Akademia nach einer Aufbauphase mäßig groß) bietet einige überraschende Erkenntnisse: Zum Beispiel tragen eine Beziehung/Heirat/Wechsel des Partners*, Höhe des Einkommens über der Armutsschwelle/Geld/Erbschaft/Lottogewinn, materielle Dinge (inkl. schönerer/größerer Wohnung, besserer Wohnumgebung, Auto, Technik, Kleidung), Kinder, Reduktion eigenen Übergewichts, viele (nicht alle) chronischen Krankheiten, Schönheit und Ruhm laut Forschung kaum bzw. nur viel kurzfristiger als viele glauben zum persönlichen Glück oder Unglück bei. Neben einem genetischen "Set-Point" des Glücks tragen besondere Erlebnisse/Aktionen, soziale Interaktionen, Ausübung von Kreativität, intensives Verfolgen intrinsischer Ziele, psychologische Selbstbeeinflussung (meine Bezeichnung, die Autorin kategorisiert diesen vielfältigen Themenkreis anders), persönliche behaviorale oder Fähigkeiten-Entwicklung allerdings deutlich langfristiger zum Lebensglück bei. Dies nur als kurzer, an der Oberfläche kratzender Auszug.

*Zitate: p. 13 "[...] you're in for a surprise. None of those things will make you substantially happier." p. 148 "Scientific research leaves no question that [for an average person**] relationships are [...] important to well-being. But [...] those relationships [don't] have to be romantic ones."
**Im Buch wird ausgeführt, dass es immer einen kleinen Prozentsatz von Menschen gibt, die anders gestrickt sind. Die Erkenntnisse gelten jeweils für die Mehrheit, aber es gibt Ausnahmen.
« Letzte Änderung: 18.06.2020 | 15:48 von Tsuyoshi Hamato »

Offline Sindaja

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #198 am: 14.06.2020 | 08:56 »
Ein paar Bücher sind wieder hinzu gekommen.
#37: Sanders Anne Laubenthal: Excalibur
Das Flair erinnerte mich sofort an typischen Fantasy, den ich in meiner 80ger Jahre Kindheit in größeren Mengen aus der Bücherhalle ausgeliehen hatte. Viele Beschreibungen, generell eher handlungsgetrieben. Man hat oft das Gefühl, daß die Autorin eigentlich die menschliche Seite der Personen zentral sieht, aber da sie viel zu stereotyp sind, kam das bei mir nicht an. So bleibt eine „Gralssuche“ und halbwegs interessante Verknüpfungen von Realwelt und arthurschen Legenden mit einer Cast, die mich nicht berührt. Letztere stört mich weniger, wenn es offensichtlich ist, daß „Abenteuer“ und „Welt“ klar im Vordergrund stehen, in diesem Fall hat man aber immer das Gefühl, daß sie den Charakteren versucht Tiefe zu geben, die sie irgendwie nicht bekommen.
#38: Cassandra Clare: Lady Midnight
Ich habe ein wenig gebraucht, um mich in die Geschichte, die ca. 5 Jahre nach den Mortal Instruments spielt, einzufinden, aber nach ca. 100 Seiten fesselte mich auch dieser Plot. Ich hätte vielleicht gerne ein paar „alte Gesichter“ etwas mehr gesehen – angesichts dessen, daß es eine Geschichte der Blackthorns und Carstairs ist z.B. Jem und Tessa. Andererseits macht es auch Sinn, den Protagonisten Raum zu geben, sich vorzustellen. Der Fokus liegt auf den ca. 16-20-jährigen.Ähnlich wie in den anderen Romanen. Die jüngeren Geschwister haben eher Nebenrollen.
#39: Patricia McKillip: The Book of Atrix Wolfe
So 100% warm werde ich mit ihr noch immer nicht. Wie alle Bücher, die ich von ihr gelesen habe, erinnert es mich an Poesie. Die Bilder, die sie erzeugt sind schön und interessant, aber aber um einen hinkenden Vergleich aufzustellen – bei McKillip habe ich das Gefühl „Eichendorff“ zu lesen „Es war als hätt' der Himmel die Erde still geküsst etc.“. Generell ziehe ich aber für längere Formen eher Sturm und Drang („Zu Dionys dem Tyrannen schlich...“ oder „Wer reitet so spät...“) oder düstere Balladen vor (oder Dichter wie George, Baudelaire die mich an Vance, manchen Moorcock, Valente etc. erinnern). In diesem Buch geht es u.a. um alte Schuld, Selbstfindung, Wahrnehmung.

Offline Menthir

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Re: Reading Challenge 2020
« Antwort #199 am: 14.06.2020 | 13:59 »
#26

Michail Gorbatschow - Alles zu seiner Zeit: Mein Leben


Ein interessantes Buch, welches etwas zweigesichtig ist, mit unterschiedlichen Stärken.

Wenn Gorbatschow wirklich von seinem Leben erzählt, hat das Buch eine gewisse Würde; in diesen Moment gelingt ihm auch eine Analyse glaubhafter und nachvollziehbarer.

Wenn Gorbatschow jedoch auf Niederlagen und Rückschläge zu sprechen kommt, verschwimmt seine Analyse; vor allem in Hinblick auf eigene Fehlentscheidungen.

Dadurch verzerrt sich das Bild; während im Frühgeschehen seines Lebens und seiner politischen Entwicklung seine Familie eine große Rolle spielt und immer wieder beschrieben wird, rückt sie gleichsam mit der Erhöhung seiner Ämter in den Hintergrund. Je höher seine Ämter werden, desto mehr wird seine Analyse durch einfache Feststellungen verdrängt.

Dieses implizite Spiel, dass er kaum noch von seiner Familie in diesen schweren Zeiten spricht, macht das Buch einerseits interessant, andererseits ist es dann doch nur eine weitere, politische Autobiographie, die sich in denselben Ergüssen von Rechtfertigung und Selbstdarstellung findet.
Sprachlich besonders schön akzentuiert dadurch, dass er zwar die ganze Zeit in der Ego-Perspektive schreibt, Angriffe gegen ihn aber immer Angriffe gegen "Gorbatschow" sind.

Natürlich ist die Notwendigkeit der Rechtfertigung nachvollziehbar, gerade im Leben Gorbatschows, gerade in Hinblick darauf, dass er an einem entscheidenden Stück Weltgeschichte mitgewirkt hat, aber die in diesen Buch zusammengefasste Variante ist nicht so wirkmächtig, wie sie sein sollte oder könnte.

Dennoch letztlich ein interessanter, etwas zu apologetischer Ritt durch die Geschichte.

5,5 von 10 Punkte

#27

Johannes Willms - Bismarck - Dämon der Deutschen - Anmerkungen zu einer Legende

Das Buch ist ein gesprochenes Versprechen, leider, denn der Ansatz ist interessant. Eine ernsthaft kritische Auseinandersetzung mit Bismarck ist immer erwünscht, allerdings entfaltet das Buch von Johannes Willms maximal grob essayistischen Charakter, und bedient sich einer einfachen Verkehrung eines angenommenen, wohlgleich diffusen Bismarckbildes.

Die Konzeption des Werkes erschöpft sich darin, die mehr oder weniger verhandelten oder dargestellten Höhepunkte von Bismarcks Schaffen als Leitlinie einer Negativdarstellung zu nutzen. Dabei neigt Herr Willms zu Extrapolationen der Positionen und verkehrt die gängige Darstellungsart, ohne wirklich selbst argumentativ tätig zu werden. Das ist sehr schade, da hier Quellenarbeit sinnvoll gewesen wäre.

Leider enthielt das Buch mir auch zu viele logische Widersprüche, die vielleicht schriftstellerischer Natur sind, aber so ist nicht wirklich nachzuvollziehen, was Bismarcks Analyse vermag oder nicht vermag, weil Willms in seiner Darstellung beides häufig gleichzeitig behauptet und damit seine eigene Position schwächt.

Was das Buch rettet, ist allerdings, dass diese Art und Weise immer durch seine Polemik dadurch taugt, sich tatsächlich mehr oder kritischer mit dem Reichskanzler zu beschäftigen. Warum ist es als Polemik zu bezeichnen? Nicht nur die Extrapolationen sorgen dafür, sondern auch der etwas lockere Umgang des Autors mit vorschnellen Negativurteilen, wobei er gerne Worte wie lächerlich oder billig nutzt. Der Autor nutzt genau die Art, die er Bismarck vorwirft und darin findet sich die für mich der spannende Analyseschlüssel dieses Werkes.

Seine Vergleiche Bismarcks mit unsern modernen Kanzler sind zu wenig erklärt und wirken deswegen etwas deplaziert.

Dem Buch hätte gut getan, wenn Johannes Willms vorerst erarbeitet hätte, was denn Bismarcks Ruf genau ist und wie er entstand und dann anhand dieser Punkte seine Lesart entgegengestellt hätte, und das eben mit Fakten dann gefüttert hätte.
So ist es nur eine Verkehrung eines nicht näher bestimmte, sehr positiven Bismarckbildes, welches ja schon Jahrzehnte nicht mehr Stand historischer Forschung ist, und nicht mal im Alltag kann man davon sprechen, dass dieses nur angedeutete, positive Bild des Überbismarck noch irgendwelchen Bestand hätte.

Das Werk verspricht letztlich eine Entlarvung eines Mythos, und genau darin scheitert es. Deswegen nur 2 von 5 Sternen. Dennoch ist in seinem essayistischen Stil eine interessante, wenn auch gescheiterte Lektüre.

Eine detailgetreure, faktenlastigere und gemäßigtere, kritische Auseinandersetzung wäre wünschenswerter gewesen, aber selbst in seiner Polemik ist das Werk nicht stringent genug. Insofern leider eine vertane Chance. Schade.

3 von 10 Punkte

#28

John Scalzi - Das Syndrom

Sehr kurzweilige, stringente Geschichte über Mindhacking in Folge einer grippeähnlichen Erkrankung, die die Gehirnstruktur verändert bei einem Teilen der Betroffenen für ein Locked-In-Syndrom sorgt, also dass sie ihren Körper nicht mehr nutzen können, aber geistig noch da sind.

In naher Zukunft hat das dazu geführt, dass die Robotik deutlich vorangegangen ist und die Betroffenen eben dadurch am Leben teilnehmen können.

Der Rest ist mehr oder minder ein Shadowrun-Plot außerhalb des Settings, denn die Politik will die Zuschüsse streichen und in den entsprechenden Verteilungskämpfen mischt seine Corp ein, die versucht die neue Situation für sich zu nutzen.

Es ist aber gut geschrieben, bleibt immer am Ball und es gibt keine Verschwendung in den Szenen, die alle auf die Resolution des Buches drängen. Der Protagonist ist selbst ein Betroffener, allerdings der Sohn eines superreichen Philantropen. Scalzi macht selbst genügend Batmanreferenzen. Pluspunkte gibt es auch dafür, dass der böse Corp-Anführer ausgerechnet Hubbard heißt und über Gedankenmanipulation bzw. Gedankenhacking seine Ziele zu erreichen sucht.

Letztlich fehlt zum großen Wurf, dass die Helden zu selbstsicher und zu überlegen sind; und das alle Zufälle zu zielsicher zusammenfallen.

Dennoch klug komponiert und eben spannend geschrieben. 8 von 10 Punkte.
„Zutrauen veredelt den Menschen, ewige Vormundschaft hemmt sein Reifen“ - Johann Gottfried Frey

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