Autor Thema: Objektivität bei P&P-Rezensionen  (Gelesen 785 mal)

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Offline Megavolt

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Objektivität bei P&P-Rezensionen
« am: 25.01.2021 | 10:06 »
Alles ist perspektivisch gebunden, keine zwei Erfahrungswelten gleichen sich. Es kann keine objektive Rezension geben. Jede Prämisse ändert sich beim Kontakt mit dem Text und erzeugt eine neue Prämisse, ad infinitum (-> hermeneutischer Zirkel).

These: "Objektivität" zu wünschen, zu produzieren oder auch nur definieren zu wollen, ist letztlich zum Scheitern verurteilt.

Vielleicht ist es im Gegenzug präferabel, jemand erläutert relevante Eigenschaften seiner Subjektivität, damit es leichter fällt, sie mit seiner eigenen Subjektivität in Relation zu setzen.

"Ich finde die OSR meistens gut. Entgegen meiner Erwartung hat mir die Phileasson-Kampagne dennoch gut gefallen, weil ... " usw.

Es gelten meine üblichen Thread-Regeln: auf der ersten Seite bitte nach Möglichkeit noch seriös zum Thema äußern, ab Seite zwei dann wegen mir gerne Dadaismus oder Debatten über Pudelzucht.
« Letzte Änderung: 25.01.2021 | 10:14 von Megavolt »

Offline Maarzan

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Re: Objektivität bei P&P-Rezensionen
« Antwort #1 am: 25.01.2021 | 10:09 »
Ich denke die "Objektivität wird ein gutes stück dadurch getragen, dass der Rezensierende seine Zielsetzungen und Wünsche - hier also letztlich seinen präferierten Spielstil - kennt und benennt - und idealerweise auch ein paar Ideen hat, wie andere Spielstile sind und was diese wünschen und seine Aussagen zu dem Thema entsprechend unter den verschiedenen Sichtweisen differenzieren kann.
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Offline Moonmoth

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Re: Objektivität bei P&P-Rezensionen
« Antwort #2 am: 25.01.2021 | 10:15 »
Natürlich gibt es keine rein objektiven Rezensionen - wir haben alle unsere früheren Erfahrungen und Erwartungen, aber man kann trotzdem (und ich würde sagen: gerade deswegen) faire und vor allem nachvollziehbare Besprechungen schreiben.

1. Man sollte in der Lage sein, das "Testobjekt" sachgerecht zu beurteilen und sich zumindest ansatzweise dafür interessieren. Für mich bedeutet das: Zumindest grob wissen, was das Werk will und wie es einzusetzen ist und vor allem: Dem Werk nicht von vornherein ablehnend gegenüberstellen. Bespiel: Vampire langweilen mich inzwischen sehr. Ich sollte also keine "Vampire" Produkte rezensieren. Ich finde auch gut, wenn man ein bisschen erfährt, welche Vorerfahrungen die Autor:innen haben: "Das ist mein erstes Warhammer Abenteuer, bisher habe ich das Grundregelwerk gelesen. Aber ich habe schon ausgiebig die Total War-Computerspiele gezockt." Ich will wissen, warum die Person genau so an eine Thematik herangeht, dann kann ich auch ihre Bewertung für mich gut einordnen. Plus, es liest sich für mich einfach viel viel unterhaltsamer!

2. Nachvollziehbar sein. "für mich sind die Karten - obwohl sie sehr hübsch sind - nicht gut, weil sie am Spieltisch nicht gut lesbar sind. Daher ist das für mich als Fan von "Karten auf dem Tisch" ein klarer Negativpunkt, aber keiner der den Wert als Spielhilfe entscheidend schmälert."

3. Positive Herangehensweise. Generell sind mir Besprechungen lieber, in denen die Autor:innen das Werk erst einmal gut finden wollen und dann nach dem Kontakt mit dem Werk erklären, was sie zu einer Einschätzung gebracht hat. Reine Verrisse, vor allem "mit Ansage", finde ich inzwischen ziemlich ermüdend.

(Berichte über Spieltests sind großartig, aber ich weiß dass das nicht immer leicht vor jeder Rezension umzusetzen ist.)

P.S. Maarzan hat das bereits vor mir schön zusammengefasst ;)
« Letzte Änderung: 25.01.2021 | 10:19 von Moonmoth »
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Offline unicum

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Re: Objektivität bei P&P-Rezensionen
« Antwort #3 am: 25.01.2021 | 11:06 »
Ich denke schon das man in einzelheiten objektiv sein kann. Das ist dann aber ggf eine Frage der herangehensweise. Die wenigsten Menschen die Rezessionen schreiben haben aber ggf gelernt die eigene Brille auch mal zu wechseln und durch eine neutralere zu ersetzen.

Einige Dinge kann man objektiv abklappern, Fragen die man sich aber schon vorher gestellt haben sollte:
- Gibt es ein Inhaltsverzeichniss und einen Index?
- Sind Karten vorhanden?
Das wäre etwa völlig objektiv mit ja oder nein zu beantworten. Aber:
- Braucht man die Karten?
- Sind die Karten brauchbar und Lesbar?
gehen wieder etwas in die subjektive richtung.

Mir ist an der Stelle dann auch eher wichtig das wenn man die objektivität verlässt auch dazuschreibt warum,...
"Die Binding des Abenteuers ging bei mir leider schon während des ersten Leitens aus dem Leim" (und warum ich das leider rausgestrichen aber dagelassen habe? Weil es "wertet".

Ist halt wie immer so: Texte kann jeder schreiben, irgdendwie bekommt man immer ein paar Zeilen zusammen,... neutral zu bleiben ist eine hohe Kunst - welche manchmal nicht mal die beherschen welche sie eigentlich gelernt haben (sollten) - ich denke da an Jounralisten etwa.

Offline KhornedBeef

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Re: Objektivität bei P&P-Rezensionen
« Antwort #4 am: 25.01.2021 | 11:21 »
Stimme sowohl Moonmoth als auch Megavolt zu.
a) Objektivität als Mindestforderung ist gerade in diesem Bereich Unsinn. Aber als Selbstanspruch, d.h. der ernsthaft unternommene Versuch, dass bei der Rezension nicht der Rezensent im Mittelpunkt stehen soll, absolut befürwortet. Das macht ja auch zusätzlich die Bahn für den Gedanken frei, dass man die Rezension, objektiv oder nicht, für ein Publikum schreibt, und sie diesem nützen soll.
b) In jedem Fall ist es sehr hilfreich, seine eigenen Kriterien, und auch Vorurteile oder Urteilseinflüsse, soweit es geht transparent zu machen. Dann wissen die LEserInnen eben nicht nur, wo die Rezension definitv gefärbt sein könnte, sondern auch, ob sie generell Gemeinsamkeiten mit dem Author haben, und daher auch von völlig subjektiven Eindrücken profitieren.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Objektivität bei P&P-Rezensionen
« Antwort #5 am: 25.01.2021 | 12:57 »
Deskriptive Aussagen sind im Zweifel verifizierbar. Man könnte hier jedoch in Frage stellen aufgrund welcher Bewertung welcher Aspekt eines Produkts beschrieben wird.
Wertende Aussagen sind subjektiv. Hier könnte man aber Wertungen auf eine objektivere Basis stellen, wenn man stattdessen Beobachtungen vornimmt, ob ein konkret vorhandenes/fehlendes Element üblicherweise den Massengeschmack trifft oder auch nicht.
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Offline Runenstahl

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Re: Objektivität bei P&P-Rezensionen
« Antwort #6 am: 25.01.2021 | 13:58 »
Gerade beim Design von Abenteuern ist mMn vieles Subjektiv. Ich sehe da auch kein Problem mit subjektiven Rezensionen. Ich will ja die Meinung des Rezensenten wissen ! Ob ein NPC nun gut oder schlecht geschrieben ist kann man kaum "objektiv" bewerten. Woran mißt man das ? Auch eindimensional geschriebene Bösewichte können z.B. viel Spaß machen (z.B. Darth Maul bei Episode 1).

Von einer guten Rezension erwarte ich aber das die Bewertungen begründet werden. Dann kann ich selbst entscheiden wie Ausschlaggebend dieses oder jenes für mich selbst ist. Das hilft mir bei der Entscheidung ob ich mir etwas zulege oder nicht.

Beispiele:
Die Karten sind scheiße ! - Hilft mir gar nicht.
Die Karten sind scheiße weil alle Infos so klein geschrieben sind das man eine Lupe braucht ! - Hilft mir. Je nach Sehstärke ist das womöglich ein subjektives Problem, aber nun ich kann selbst entscheiden ob mich das stören würde oder nicht.
"Reading is for morons who can't understand pictures"
   Gareth (aus der Serie "Galavant")