Autor Thema: [Deadlands] Savage West Solo Play  (Gelesen 4818 mal)

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #75 am: 28.05.2023 | 15:49 »
Das hier sieht auf einen ersten Blick interessant aus. Ich hinterlasse mal ein Abo, um später in den Text einzutauchen.

Danke, freut mich!  :D

Offline KEllermann (in der 23. Bewusstseinsebene)

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #76 am: 28.05.2023 | 16:32 »
Danke, freut mich!  :D

Ich fand auch die Sachen super, die Du zu den Dino Riders gemacht hast.  :headbang:
"Erhältich bei viele Spielefachgechäften."

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #77 am: 29.05.2023 | 17:31 »
Von Denver in die City o' Gloom sind es über 500 Meilen, einmal durch halb Colorado und dann durch halb Utah. Der Zug der Denver Pacific fährt die ganze Strecke ohne Umstiege, mit kurzen Zwischenhalten in ein paar mickrigen Städtchen, und wird genau zwei Reisetage brauchen um den Zielbahnhof zu erreichen.



Reisetag 1
Ziehen wir mal eine Karte für Reisebegegnungen auf der Fahrt nach Salt Lake City. Es ist eine Kreuz Acht, also verläuft die Zugfahrt an Tag eins friedlich. Meine Wild Cards bekommen den Tag über etwas wohlverdienten Leerlauf, und haben Zeit zum Zeitunglesen, ausgiebigen Herumhängen im Speisewagen, und Nachdenken über die jüngsten Geschehnisse. Dafür ergibt ein GM Move: Advance a Threat. Dazu weiß ich gleich was: Black-River-Agentinnen sind an Bord! Am Abend erspäht May B. in einer kleinen Bahnhofssiedlung eine Gruppe von in schwarzes Leder gekleideten Cowgirls mit Pistolengurten und Tierbändiger-Peitschen. Das Blut scheint ihr in den Adern zu gefrieren, so weit von Dodge hätte sie mit keinen Mitgliedern der berüchtigten Wichita Witches mehr gerechnet. Aber deren Anblick sollte andererseits auch nicht verwunderlich sein, denn Spionage und Guerrila-Kämpfe gibt es nicht nur bei den Gleisbaustellen, sondern auch an den anderen Orten, welche das langfristige Interesse der Zugbarone wecken.

Wenn Rita Silver zwischenzeitlich schon nach Wichita zurückgekehrt sein sollte und Bericht erstattet hat über die Vorfälle seit Barricades Zerstörung, könnte es sein, dass diese Hexen hier bereits aktiv nach May B. suchen. Fragen wir mal das Würfelorakel, ob dem so ist: Die Würfel sagen klar, nein, und außerdem wäre eine verlorene Abtrünnige ihnen dreckegal, sie scheinen voll und ganz mit etwas anderem beschäftigt. Kreiseblass stiehlt sich May in den kleinen General Store des Kuhdorfes, der gerade Feierabend machen will, und kauft dort zwei mausgraue, schlichte Reisekleider mit passenden Kopfhauben. An Bord zieht sie eins davon über ihre Kleidung und nötigt Joycelyn dazu, das andere anzuziehen. Die Rüschenhauben tief in die Gesichter gezogen sinken sie im Abteil in ihre Sitze. Die Maskerade sollte die letzte Wahrscheinlichkeit nehmen, dass die drei anderen Hexen einen zu neugierigen Blick auf die beiden Gesichter werfen.
"... Mich könnte man von der Mädchenschule wiedererkennen, und Joycelyns Gesicht kennen viele sowieso, zumindest von ihren Showplakaten!", zischt May B. zur Erklärung, "immerhin sind wir mit diesen dreien jetzt auf engstem Raum eingeschlossen, noch bis Salt Lake!"
Byrd zieht die Augenbrauen hoch: "Hm, würde doch reichen, wenn die drei Damen keinen Grund hätten, ihr eigenes Abteil zu verlassen, oder? Ich such' sie mal auf, und verwickle sie in eine kleine Unterhaltung, lasse den ollen Charme spielen! Schwuppdiwupp haben die drei keinen Grund mehr, im Zug rumzulatschen und neugierige Blicke auf andere Fahrgäste zu erhaschen! Dann kriege ich nebenher vielleicht sogar raus, was die planen!"
May B. sieht unter ihrem albernen Rüschenhaube Byrd an, beinahe flehend: "Mister Byrd, was entgegnet Mister Shadrack normalerweise auf solche Vorschläge von Ihnen ...?"
Byrd schaut Shadrack an, dann seufzt er: "Aber Shadrack ist nur ein oller Spielverderber! Ja, ja, ich weiß schon. War ja nur ein Gedanke!"
Shadrack raunt: "Jetzt machen wir mal aus der Mücke keinen Nosferatu! Miss Wickett hat doch gerade gesagt, die drei sahen nicht so aus, als ob sie jemanden suchen würden. Wir halten artig die Füße still während der Fahrt. Morgen Abend sind wir in der City o' Gloom, da verschwinden wir umgehend in der Menge."


Reisetag 2
Am nächsten Tag wird die vorbeiziehende Landschaft weiterhin felsiger und trockener, die Oliv- und Gelbgrün-Töne weichen graduell orange, ocker, und braun. Die Tabelle für Reisebegegnungen gibt auch heute kein Resultat an.



Hellstrommes Fabriken im Junkyard-Bezirk kann man schon von Weitem sehen — und ihren Smog noch weiter



Salt Lake City, alias die 'City o' Gloom', Industrie-Moloch und fortschrittlichste Stadt der Welt — Furcht-Level 3

Am späten Abend dampft der Zug in die spektakuläre Bahnhofshalle von Salt Lake City. Mond und Sterne sind schon auf der Anfahrt nicht mehr zu sehen gewesen, denn der dichte Rauch aus den zahllosen Fabrikschloten hängt über der Stadt wie eine Glocke. Passagiere strömen aus den Waggons, ihre Müdigkeit wird verdrängt von ihrer Aufregung. Stadtschreier heißen die Leute lautstark willkommen. Einer lässt vernehmen:
"Seien Sie willkommen in der modernsten Stadt auf dem Globus, verehrte Reisende, Damen und Herren, Pioniere und Siedler! Lassen Sie sich von den zahllosen Wundern der Neuen Wissenschaften verblüffen, welche andere Amerikaner nur aus den Zeitungen kennen! Sogenannter 'elektrischer Strom' versorgt die Häuser mit Licht, egal wie tief die Nacht auch sein mag! Erschrecken Sie nicht über pferdelose Dampfwagen in unseren Straßen, die das hiesige Transportwesen revolutionieren — und weichen Sie aus, wenn sie ein Hornsignal hören, denn diese Wunderwerke fahren mit verblüffender Geschwindigkeit! Besuchen Sie die Fertigungswerke von Hellstromme Industries und Smith & Robards, welche all diese Errungenschaften auch für Sie zugänglich machen! Beteiligen auch Sie sich an den reichen Ghost-Rock-Vorkommen der Wasatch-Berge, als Investor oder Schürfer! Mormonen bitte hier entlang, willkommen zuhause. Nicht-Mormonen jeglicher Konfessionen bitte zum Nordausgang, wenn's beliebt, genießen Sie den bezahlbaren Komfort des berühmten Junkyard-Bezirks!"
Ein abgerissen aussehender Kartenverkäufer mit Schirmmütze sieht dies als sein Stichwort, den anderen zu übertönen: "Blutsport-Eintrittskarten, meine Damen und Herren, sichern Sie sich jetzt schon Karten für das heutige Duell auf Leben und Tod beim berüchtigten Swing! Erleben Sie Junkyards berühmten Blutsport so nah, dass Sie sich mitunter vor fliegenden Tropfen oder abgetrennten Ohren ducken müssen! Eintrittskarten für die Arena nur jetzt, hier bei mir!"
Der andere übertönt nun wiederum den schmierigen Kartenverkäufer: "Für Hotelbuchungen und Fremdenführungen bitte zu mir, kommen Sie, meine Damen und Herren, werte Pioniere!"

Allen Stadtschreiern wird in dem Moment die Schau gestohlen, weil durch einen der Eingänge ein dampfendes, ratterndes Etwas unter die Glaskuppel der Bahnhofshalle tritt, und auf eisernen Stelzenbeinen den Bahnsteig entlang stakst. Quietschend sieht es sich um, aus flackernden Glühbirnen-Augen. Menschen sperren Mund und Augen auf; wer dem Koloss im Weg ist, weicht hastig zur Seite. Das Ding scheint jedoch friedlich zu sein, es bewegt sich langsam und vorsichtig, nur der Blick seiner seelenlosen Lampenaugen scheint irgendwie kontrollierend.



"Ein Automaton!", kommentiert Shadrack freudlos, "diesen Anblick habe ich nicht vermisst!"


Unsere Helden stehen Schlange, um sich Zimmer im Restful Arms Hotel zu buchen, einem mittelgroßen Hotel in der Stadt.
Als der übermüdete Rezeptionist ihnen ihre Schlüssel zugeschoben hat, muffelt May B., "vier Dollar für eine Nacht, und Mormonen bezahlen nur zwei? Da ist doch Vetternwirtschaft im Spiel!"
"Gewöhnen Sie sich dran", sagt Shadrack, "das ist hier überall so. Freuen Sie sich lieber, dass wir noch Zimmer in der Stadt bekommen, und nicht in Junkyard wohnen müssen."
"Ist es da wirklich so schlimm wie man hört?", fragt Byrd neugierig.
"Nein nein, die meisten Geschichten stimmen nicht."
"Na, da bin ich ja beruhigt."
"Es ist in Junkyard weit schlimmer", ergänzt Shadrack ungerührt, nimmt seinen Zimmerschlüssel, und geht in Richtung der Treppe.


Der vereinbarte Treffpunkt für das Frühstück am nächsten Tag ist das Deseret Café. Shadrack scheint seit früher schon diesen Schuppen zu bevorzugen, weil es eine etwas gehobene Kleiderordnung gibt und viele abgeschirmte Sitzecken für diskrete Besprechungen.

Bevor sich die Wild Cards besprechen können zu ihrem Vorgehen gegen die Whateley-Sippe, würfeln wir doch mal für Set the Scene. Das Zufallsereignis ist hierbei mystically Communicate to a social Faction. Die Scene Complication ist An NPC Acts Suddenly.

Byrd strahlt in die Runde, als die vier ihre Bestellungen aufgegeben gaben: "Ich habe eben auf dem Weg hierher zwei von diesen fliegenden Flügelschraubern gesehen, hoch über den Häuser, wie heißen die noch gleich ...?"
"Auto-Gyros", sagt May B., wenig erfreut.
"Genau! Nicht einen, sondern gleich zwei! Wir leben tatsächlich hier bereits in der Zukunft, nicht wahr? Hier sieht es aus, als wäre dies schon das Jahr 1900. Oder genau genommen, wenn man an mechanische Blech-Compadres denkt, die praktisch zum Stadtbild gehören, als wäre es sogar schon das Jahr 2000."
"Rex Shadrack! Rex W. Shadrack!", sagt eine Stimme, sie klingt halb überrascht, aber auch halb erbost.
Alle sehen auf. Eine Frau kommt näher, man sieht Wiedererkennen in ihrem Gesicht.

One Page Solo Engine's guter alter NPC Generator soll uns verraten, wer diese Frau ist: Eine Mystikerin mit dem Ziel, auf magische Weise der Historie zu entfliehen, sagt der Generator. Der Geschichte entfliehen?! Etwa eine Zeitreisende? Machen wir daraus, sie will ihrer Vorgeschichte entfliehen, schon passt es. Ihr Erkennungsmerkmal ist unerwartetes Alter; für jemanden, der so forsch auftritt, ist sie erstaunlich jung, etwa im Alter von Joycelyn. Um noch einen Hinweis zu erhalten, worum es ihr geht, würfle ich auf der Tabelle Theme aus Ironsworn, und bekomme, eine Waffe. Laut den Namenstabellen in Ironsworn Badlands (danke, LushWoods!) heißt sie ...

"Bessie Francisco", sagt Shadrack vorsichtig.
« Letzte Änderung: 1.06.2023 | 14:30 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #78 am: 29.05.2023 | 20:27 »
"Ganz recht, ich lebe auch noch. Sie können Ihrer Schweinebande von Bayou Vermillion ausrichten, dass ich die Hex Gun haben will. Sagen Sie denen das, klar? Wissen Sie was, Shadrack, sagen Sie denen, ich fordere denjenigen heraus, der sie hat. Ein Duell wird entscheiden. Ich nehme dem Kerl die Hex Gun aus seinen kalten, toten Fingern. Lassen Sie mich Tag und Uhrzeit wissen, ich werde da sein. Und keine Ausflüchte, klar? Wenn der Besitzer kneift, verbreite ich in der ganzen gottverdammten City o' Gloom, dass er eine gelbbäuchige, feige Salzwurm-Larve ist!"

Damit wirbelt Miss Francisco herum, und stampft aus dem Deseret Café.



Mister Byrd kichert und schaut ihr nach: "Was war das denn, Shadrack?!"
May B. raunt: "Und was sollte das heißen, Ihre Schweinebande von Bayou Vermillion?!"
Dieser kneift sich angestrengt in die Nasenwurzel und senkt den Blick: "Die kleine Francisco unterliegt bedauerlicherweise dem Irrglauben, ich sei zur Bayou Vermillion übergelaufen, und hätte deswegen damals den Dienst für die Wasatch beendet."
Byrd ruft gut gelaunt Richtung Tür: "Warten Sie, Miss, das lässt sich ganz leicht aufklären!", und zu Shadrack sagt er: "Sollen wir flugs hinterher?"
Der Hexslinger winkt ab: "Zwecklos, Unterredungen dieser Art hatte ich schon mit Miss Francisco, bevor ich die Stadt verlassen hatte. Ihre Überzeugung grenzt an Verbohrtheit. Sie und ihre Cousine waren damals beide mit in dem Wasatch-Zeltlager, draußen im Ödland, wo wir ...", und er senkt die Stimme, "El Toro Blanco festgehalten haben. Der gehörte mit gewisser Wahrscheinlichkeit zur Bayou Vermillion. Wir haben es nie beweisen können. Auch Miss Francisco hat mit ihm gesprochen, ein paar Male. Etwas von seinem Einfluss könnte auch auf sie abgefärbt haben."
May B. will leise wissen: "Was ist diese Hex Gun? Mit dem deutschen Wort 'Hexe' hat das ja wohl nichts zu tun, oder?"
Shadrack grimassiert: "Ich darf und werde nicht ins Detail gehen! Wir Hexslinger sind ein besonderer Schlag von Huckstern. Manche nennen ihre Schießeisen Hex Guns. Bessie Francisco will unbedingt diejenige an sich bringen, die damals El Toro Blanco bei sich hatte. Sie hat das Zeug, ebenfalls eine Hexslingerin zu werden, und versucht dies seitdem, um ihrem armseligen bisherigen Leben als einfache Revolverheldin und Diebin zu entfliehen. Sie ist besessen von der Idee, mit El Toro Blancos verschollener Hex Gun würde ihr dies gelingen."
May fragt, "Und warum helfen Sie ihr nicht einfach, damit die Kleine Ruhe gibt?"
Shadrack schüttelt entschieden den Kopf: "Jeder, der Einblicke ins Reckoning erhält, und nicht die Charakterstärke besitzt, damit richtig umzugehen, stellt eine Gefahr dar! Aus eben diesem Grund, Herrschaften, existiert ja beispielsweise der Court! Machen Sie sich das klar. Bessie Francisco hat das nötige Talent, aber nicht die Willenskraft. Sie würde als Spielball der Eisenbahngesellschaften oder anderer Verschwörer enden als Hexslingerin."
Joycelyn kommentiert, "So wie sie aussah, macht sie uns noch Schwierigkeiten, ehe wir Salt Lake City wieder verlassen."
May B. bohrt nach: "Und was ist mit dieser Cousine, die damals auch noch mit dabei war, Shadrack? War das Ihre Braut?"
Shadrack guckt die Hexe verdutzt an: "Woher wissen Sie das?! Nun, es handelte sich viel eher um einen gegenseitigen Austausch von Gefälligkeiten. Aber wie kommen Sie darauf?"
May B. grinst verstohlen: "So, wie Sie die eben erwähnt haben, Mister Shadrack. Als wäre da was im Busch gewesen, über das Sie hinweg gehen wollten."
Byrd will wissen: "Oho, wie romantisch, und wo ist die Gute jetzt?"
Shadrack entgegnet knapp: "Wurde der Kämpfe überdrüssig und hat geheiratet, meines Wissens nach. Nur Bessie ist in Utah geblieben."

Der Kellner erscheint, mit Speckstreifen, Spiegeleiern, Toastbrot, und Würstchen, und dem großen Glas Milch für Mister Byrd, was dieser sehr wahrscheinlich allein deswegen bestellt hat, um Mister Shadrack zu nerven. Kaffee gibt's übrigens hier nicht, wie Rex erklärt, Mormonen dürfen keinen trinken; stattdessen gibt es ein Gebräu aus Sarsaparille.

Die Wild Cards vermuten, dass sie einen Vorsprung vor Whateley und Curwen haben. Beide waren schwer verletzt nach dem Kampf in der Headless Horse Lode, und werden daher nicht umgehend auf den nächsten Zug gehüpft sein. Es scheint fraglich, ob eine monströse Erscheinung wie Zachhariah Whateley überhaupt Zugfahrkarten buchen kann. Eher schmuggelt er sich wahrscheinlich in seiner Geistergestalt in ein Gepäckabteil. Jedenfalls ist es wahrscheinlich, dass die beiden Schurken erst nach den Wild Cards aufgebrochen sind.
Shadrack beschließt das Thema: "Wie dem auch sei, wir müssen das Overlook Hotel unter die Lupe nehmen. Das liegt einsam am Fuße der Wasatch-Berge. Vielleicht treffen wir da diesen Zachhariah an, vielleicht auch nicht, aber es sind in jedem Fall eine ganze Handvoll von anderen Whatelys dort, die unsere Fragen bezüglich jenen angeblichen, jahrhundertealten Studien ihres Clans beantworten könnten. Die Denver Pacific fährt in südlicher Richtung noch am Utah Lake vorbei und über Provo, und dann nach Nephi. Von dort aus reiten wir zu den Wasatch-Bergen, und erreichen das Hotel."




Die Zugfahrt nach Nephi verläuft reibungslos. Die Wild Cards bugsieren ihre Pferde aus dem Viehwagen, satteln auf, und reiten los nach Osten, eine staubige Straße hinauf ins Vorbergland.

May B. fragt Shadrack unterwegs: "Was vermuten Sie denn eigentlich, was wir dort finden? Eine weitere Verschwörung, oder eine falsche Fährte?"
"Eigentlich will ich nur ausschließen, dass es eine Fährte jedweder Art ist. Aber ich will Zachhariah Whateley den Garaus machen! Das, was er da in dieser Mine getan hat, war Nekromantie! Er scheint ein ganz besonders schwarzes Schaf zu sein in einer Familie von Exzentrikern."
"Er wusste jedenfalls vom Reckoning", stellt die Hexe fest.
Shadrack verzieht unschlüssig das Gesicht: "Jeder kann im okkulten Untergrund auf die Legenden von Ravens Reckoning stoßen. Dafür muss man nicht an Mina Devlins Mädchenschule unterrichtet werden, oder derariges. Das allein heißt noch nichts."
"Wo wir uns auch hinwenden, wir treffen auf Gruppen, die sich für das Reckoning interessieren! Der Weird West scheint voll davon zu sein."
Shadrack schnaubt: "An der Ostküste ist das nicht anders, beispielsweise in New York. Was auch immer Raven genau getan hat vor 13 Jahren, sein Vermächtnis regt die Phantasie des gesamten Kontinentes an. Und in sehr vielen Fällen ... auch die Machtgier."
May B. sagt zögerlich: "Darf ich Ihnen eine Frage stellen, von der ich weiß, dass Sie sie nicht gern hören, Shadrack?"
Shadrack tupft sich den Schweiß unter dem Zylinderrand, wahrscheinlich wegen der prallen Mittagssonne, und knurrt, "Gewiss doch. Aber seien Sie nicht vergnätzt, wenn ich Ihnen die Antwort schuldig bleibe!"
"Das ist fair. Also ... was ist Ihre Theorie zu den Reckoners?"
"Meine Theorie ...?"
"Ja. Jene Kräfte in den Ewigen Jagdgründen, die Raven wachgerüttelt hat. Wer sind die, was glauben Sie? Etwas Biblisches?"
"Biblisch? Lächerlich, wenn Sie mich fragen, ich nehme an, diese Kräfte sind älter als das Christentum. Erheblich älter, wenn man den Andeutungen meines Lehrmeisters Glauben schenkt. Was ist denn die Lehrmeinung dazu an Mina Devlins Internat?"
"Die Lehrmeisterinnen halten das eher abstrakt. Sie sprechen gern von kosmischen Mächten, oder einfach den Reckoners. Manche nennen sie auch Hekate oder Tiamat, oder sie hatten gewisse keltische Namen dafür, aber das halte ich im Nachhinein alles für rein persönliche Anschauungen. Aber die okkulten Lehren, die man uns dort vermittelt hat, stammen ursprünglich aus dem alten Europa. Die zu beherrschen, hieß, in Angst zu leben — und möglichst schnell zu lernen, anderen Leuten Angst zu machen."
"Also, was glauben Sie, wen Raven erweckt hat?"
Sie hebt die Schultern: "Er soll eine Rothaut sein, der letzte seines Stammes. Er wird nicht Hekate angebetet haben, oder Wesenheiten aus irgendeinem Pantheon des alten Europas! Sogar ganz bestimmt nicht. Ich weiß nicht, woran Ravens Stamm geglaubt hat, ich mag selber halb Rothaut sein, aber ich weiß fast nichts über diese Bräuche. Aber die Reckoners werden heidnische Götzen sein."
Shadrack sagt halblaut, "Mein Lehrer hat mir damals berichtet, er kannte jemanden, der das Gegenteil geglaubt hat. ... Dass die Reckoners gar nicht von Gottes grüner Erde kommen, sondern von viel weiter weg. Die Wissenschaft vermutet, es könne Leben zwischen den Sternen geben, und von dort seien auch die Reckoners ursprünglich."
May B. schnaubt, "Nicht mal Doktor Hellstromme oder Smith & Robards könnten ein Fluggerät bauen, das zwischen den Sternen fliegen kann. Wie sollten Wesen aus dem All das können?"
"Vielleicht war ein Schiff nie nötig. Wir wissen, dass es Gespenster gibt, rastlose Seelen von toten Menschen", und ihm läuft unwillkürlich ein Schauer über den Rücken, "niemand sagt, dass diese Kreaturen noch lebendige Körper haben mussten, als sie zur Erde kamen."
"Sie glauben eher an außerirdische Geister als an heidnische Götter?"
Shadrack schüttelt leicht den Kopf, "Weder noch, Miss Wickett. Wahrscheinlich sind die Ewigen Jagdgründe unkennbar für Sterbliche, und was auch immer dort existiert, das nehmen wir immer nur durch unsere beschränkte, menschliche Kognition wahr, und als lebendig gewordene Metaphern. Die Welt wird vermutlich nie erfahren, was die Identität der Reckoners ist, selbst wenn diese schon wieder gebannt wurden, und das Weltgefüge sich wieder normalisiert."
"Sie glauben, dass dies geschehen wird?"
"Ich hoffe es."


Overlook Hotel, abgelegene Besitzung der Whateley-Familie — Furchtlevel 3

Das Aufgebot muss nur den Wegweisern folgen über die einsamen Straßen. Das Overlook Hotel ist ein großes, einladend wirkendes Landhotel im Vorbergland. Hinter dem Gebäude hört man Pferde und Hühner; dichter, aber von der Sommersonne ausgetrockneter Wald umgibt das Grundstück. Ein kleines Schild mit der Aufschrift "Zimmer frei" hängt an der Front.

Die vier Wild Cards binden draußen die Pferde an und gehen mit gemischten Gefühlen rein. Sie kommen in eine große, sonnendurchflutete Lobby, alles wirkt recht rustikal. An einem der Fenster sitzt ein Greis in einem Schaukelstuhl und kaut Kautabak, er grüßt nicht. Als die Reisenden an die Rezeption treten, streckt ein Mann den Kopf durch den Türrahmen aus einem Hinterzimmer, und sagt, er sei gleich für sie da.

Sie warten eine ganze Weile. Temperatur und Licht sind sehr angenehm, nur das ewige Quietschen des Schaukelstuhls beim Fenster ist ein wenig enervierend.
"Sieht überhaupt nicht garstig hier aus", stellt Byrd leise fest, "sogar die Dielen sind frisch gewischt."
May B. fühlt sich komisch, vielleicht saß sie einfach zu lang in der prallen Sonne. Sie wirft einen Benny ab, und schaut sich um — und zuckt zusammen, denn neben dem Rezeptionstresen steht jetzt eine weitere Gestalt, eine Frau mit langen, klebrigen Haaren. Die Frau sieht aus tellergroßen Augen May B. an. Sie ist bedeckt mit einer dünnen Schicht aus Schlamm, von Kopf bis zu den nackten Füßen. Ihr Gesicht zeigt Entsetzen. Die Hexe wagt es nicht, sich zu rühren, oder etwas zu sagen, aus Angst, das Phantom würde dann seinerseits eine Bewegung machen. Schließlich blinzelt sie unwillkürlich. Sofort sieht sie das schlammverkrustete Gesicht der Erscheinung nur Zentimeter von ihrem entfernt, das Starren der aufgerissenen Augen bohrt sich in die der Hexe. Der Mund ist zu einem stummen Schrei aufgerissen.
Der Schaukelstuhl quietscht vor sich hin.
"Was ist denn, geht's Ihnen nicht so gut?", fragt Byrd gelangweilt, "sie gucken so komisch."
In dem Moment ertönen Schritte, und alle Köpfe wenden sich zur Rezeption, so auch der des Phantoms, und dann sieht May B. es nicht mehr, es ist verschwunden, als sei es nie da gewesen.

May B. muss einen Furcht-Wurf ablegen wegen dem Anblick, und schafft ihn. Die Lobby wirkt genau wie vorher, als habe sie sich das alles nur eingebildet. Sie versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Shadrack und der bäuerlich gekleidete Mann an der Rezeption reden ganz gelassen miteinander.
Byrd hat sich neben May B. gesellt, und fragt sie leise: "Was ist denn?", und sie zuckt erneut zusammen, sie hat gar nicht mehr auf ihn geachtet und ihn nicht kommen sehen.
"Hier sind nicht nur die Whateleys", flüstert sie.

« Letzte Änderung: 30.05.2023 | 20:56 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #79 am: 30.05.2023 | 16:11 »
Advances
Drei der Wild Cards haben die EXP für einen neuen Advance zusammen. Joycelyn rangiert mittlerweile auf dem Character Rank Seasoned; May B. wird durch diesen Advance bereits Heroic. Byrd und Shadrack haben soeben die Legendary-Marke geknackt, yee-hawww! Folgende Steigerungen sollen sie bekommen:

Shadrack: Quick Draw-Vorteil
Byrd: Shooting ➜ d12
May B.: Alertness-Vorteil


Es ist eine neue Session, und ich befrage die Orakel für Set the Scene. Diesmal nehmen wir sogar mal einen Plot Hook mit, weil die Hoteliers oder deren Gäste womöglich die Hilfe der Wild Cards brauchen können. Dieser Plot Hook besagt, dass jemand oder etwas in Sicherheit gebracht werden soll, der Gegenspieler dabei ist eine mächtige Organisation, und als Belohnung winkt ... das Voranbringen eines Handlungsbogens! (Okay, unser Aufgebot ist an Bord, zum Voranbringen eines Handlungsbogens sind sie schließlich hier!)

Das Zufallsereignis ist socially Oppose mystical Enemies. Die Scene Complication ist, All is not as it seems. Es kommt dabei zu einer Altered Scene: Ein wichtiges Detail der Szene ist verändert oder verschlimmert.

Hochinteressant, und ich dachte bis eben, ich bekomme hier in dieser Location einfach eine klassische Gruselgeschichte geboten. Machen wir daraus im Einzelnen vielleicht mal das Folgende:

Plot Hook: Ein Mädchen aus dem Hotel ist draußen im Wald verschwunden, nachdem sie ordentlich was ausgefressen hat. Die Gegnerfraktion sucht nach ihr dort draußen. Diese Gegner sind derzeitige Hotelgäste, die zu einer Machtgruppe gehören. Es wäre nicht allzu schwer für sie, die Texas Rangers auf den Plan zu rufen, was für das Overlook Hotel ein großes Problem wäre.
Socially Oppose mystical Enemies: Die Sprecher der Gegnerfraktion betreten just in dieser Szene die Lobby, und fordern die Betreiber verbal heraus. Sie versuchen vorerst, Samuel Whateley mit Argumenten zu überzeugen.
All is not as it seems: Die eingeschüchterten Whateleys scheinen hier diejenigen zu sein, die verteidigt werden müssen, aber tatsächlich sind noch andere Faktoren im Spiel.
Altered Scene: Der Auto-Gyro der Machtgruppe landet geräuschvoll vor dem Gebäude, zurück von seinem Erkundungsflug. Die Truppe scheint sehr gut ausgestattet zu sein, und sehr gut bewaffnet.



Der Hotelier hat sich Mister Shadrack und Miss Lancaster als Samuel Whateley vorgestellt. Sie geben vor, auf Durchreise nach Salt Lake City zu sein. Zimmer werden sie ohnehin brauchen, denn es ist schon spät am Nachmittag, und von Nephi aus fährt heute kein Zug mehr zurück nach Salt Lake.
Whateley wirkt irgendwie unkonzentriert, sein Blick huscht unermüdlich immerzu durch den Raum, als seien seine Pupillen zwei nervöse Fliegen. Außerdem sieht er stets Joycelyn an, wenn Rex mit ihm spricht, und vermeidet es bei beiden, ihnen direkt in die Augen zu schauen. Davon abgesehen wirkt er geschäftsmäßig und höflich, ein eher unscheinbarer Mensch.
"Ach, jetzt fällt mir ein, woran mich Ihr Name erinnert, Sir", lässt Shadrack ganz beiläufig fallen, während er sich ins Gästebuch einträgt, seine Pfeife zwischen den Zähnen, "Whateley, Whateley ... wie Zachhariah, nicht wahr? Sind sie mit ihm verwandt?"
Samuel Whateley schaut erschrocken, richtet seinen Blick unwillkürlich auf einen Punkt an Joycelyns Kinnpartie.

Bestätigt er überhaupt Zachhariah Whateleys Existenz? Das allein könnte ja bereits ein Risiko sein, wenn die falschen Leute davon hören. Wir befragen die Orakelwürfel mal dazu, und bekommen ein, "ja, und außerdem"?

Er entgegnet also, "Mister Zachhariah Whateley ist einer der renommiertesten Forscher in Sachen Medizingeschichte und Mythenforschung, Mister Shadrack! Sie werden womöglich in Salt Lake City von ihm gehört haben. Wir sind natürlich sehr stolz auf sein Werk!"
Shadrack zieht elegant eine schwarze Augenbraue hoch: "Er residiert also nicht hier?"
Samuel Whateley schüttelt den Kopf und sagt zu seinem Aktenregal, "normalerweise nicht, Sir, er lebt in der Stadt oben, wo er auch veröffentlicht! Derzeit ist er auf Reisen."
"Hochinteressant", murmelt Shadrack an seiner Pfeife vorbei und beendet seine Gästebuch-Eintragung, "bin selber ein Freund der Wissenschaften. Könnte man ihn gelegentlich einmal besuchen oben in der City o' Gloom?"
"Er ist natürlich sehr beschäftigt, Sir, und obendrein ein Mann, der seine Privatsphäre liebt", sagt Samuel Whateley zu seiner blanken Holztheke, "... Ich könnte Ihnen nur sagen, wo er ..."
"Mister Whateley, wir haben zu reden! Unverzüglich!", sagt eine laute Stimme von der Treppe.

Eine Gruppe von Männern marschiert durch die große Lobby auf die Rezeption zu, teils sind sie in Anzügen, teils in Lederkluften. Alle haben mehrere Pistolen und Jagdmesser umgegurtet und tragen Stiefel mit Sporen. Einer trägt eine alte Armee-Schirmmütze auf dem Kopf, vielleicht ein Andenken an seine Zeit als Soldat. Byrd und May B. erkennen die Sprachmelodie des Sprechers sofort als typischen Südstaatler-Akzent, ein breiter Southern Drawl.


So sahen derartige Schirmmützen aus


"Sie sind als nächster dran, Sir, ich habe gerade neue Gäste", sagt Whateley höflich, und schaut dabei hinter sich in den Türrahmen aus dem er kam.
"Nein, Mann, jetzt augenblicklich!"
Der kleine, muskulöse Mann trägt einen graubraunen Reiseanzug, einen dunklen Melonenhut, und einen dicken, gepflegten Schnurrbart. Er schiebt den hageren Shadrack mit der Schulter mühelos einen halben Meter beiseite, um Samuel Whateley anzusehen.
"Ich appelliere an Ihre Vernunft, Mann, derartige Vorfälle können heutzutage ganz erhebliche Konsequenzen haben! Wir hatten ursprünglich solch einen guten Eindruck von Ihrem Betrieb hier! Und dann so etwas. Wir haben jetzt alle anderen Hotelgäste befragt, aber zu niemandem gehört das Mädchen angeblich! Wohl kaum wird sie ganz allein und auf eigene Faust hier auf Ihrem Gelände herumstromern. Irgend etwas über sie werden Sie, Mister Whateley, ja wohl wissen!"
"Ich fürchte, Sie irren, Sir, das Ganze wird ein Missverständnis sein", murmelt dieser, und sieht dabei Shadracks Zylinderhut an.
"Sie unterschätzen uns, Mister, das will ich Ihnen mal sagen, und sie unterschätzen unseren Auftraggeber! Wir kriegen diese Göre schon. Die andere Hälfte meines Trupps ist gerade draußen in diesem Gehölz hinter ihrem Grundstück und sucht nach ihr! Wenn ich von Ihnen, Mister, keine Antworten bekomme, bekommen meine Compadres sie von der Unruhestifterin selbst!"
Whateley sagt mit Bestimmtheit zu einem Punkt hinter Joycelyns linkem Ohr: "So lassen Sie das doch! Ich versichere Ihnen, derartiges hat hier draußen auf dem Lande als ganz normaler, provinzieller Aberglaube zu gelten! Wir sind ein friedlicher Hotelbetrieb, und wollen keine ..."

In dem Moment setzt ein infernalischer Lärm ein, direkt vor dem Haupteingang. Die Pferde der Wild Cards scheuen und tänzeln. Durch die Fenster sieht man einen Auto-Gyro, der gerade mit rotierenden Propellern aufsetzt, und eine Staubwolke aufwirbelt. Der Mann im Pilotensessel nimmt seine Fliegerbrille ab und macht ein Handzeichen nach drinnen. Einer der Cowboys signalisiert mit einer Handbewegung, verstanden.



Anderes Spiel, gleiche Helicopter-Bauweise


Der kleine Drahtige sagt zu Whateley: "Also, jetzt ist auch unsere Luftunterstützung da. Wir haben das Balg im Handumdrehen gefunden. Auf die Schwarze Kunst steht der Strang! Und Sie wissen, wer meine Auftraggeber sind, dann wissen Sie auch, dass es uns daher ein Leichtes ist, die Texas Rangers auf den Plan zu rufen! Dann wird das alles gründlich untersucht werden, Mister, außerordentlich gründlich!"
Die martialische Südstaatler-Truppe geht nach draußen, um mit dem Auto-Gyro-Piloten zu sprechen.

Byrd ist neben Shadrack an den Tresen getreten, und fragt in vertraulichem Ton, "Na, da brat' mir aber einer einen Storch! Was sind denn das für heitere Compadres? Südstaaten-Patrioten, hier draußen im Land der Mormonen?!"
Byrd würfelt Persuasion, und dank seinem Charismatic-Vorteil kommt er auf eine 18.
Der Hotelier fixiert einen Punkt an Shadracks Hutkrempe und sagt zu Luca Byrd, "Die junge Marguerite wohnt hier im Hotel, Mister ... die Herren dort haben sich vorhin einen Streich von ihr spielen lassen. Sie hat wohl so getan, als wolle sie die mit ihrer Puppe verfluchen ... wie in den vermaledeiten Groschenromanen. Alles ein Missverständnis. Die Herren fanden das gar nicht gut, und haben es für bare Münze genommen, Marguerite kann manchmal sehr überzeugend sein! Die Gentlemen reiten für eine der Eisenbahnen. Eigentlich wären sie heute abgereist. Jetzt haben wir sie am Halse ... wie unangenehm das alles ist!"
"Dixie Rails!", sagt Byrd mit einem Grinsen, "uns bleibt aber auch nichts erspart! Die Scheiß-Eisenbahnkriege sind wirklich schon überall!"
"Sie sind keine Freunde von Dixie Rails, Sir?! Ihrem Akzent nach scheinen Sie selber Südstaatler zu sein!"
"Na, darum bin ich ja hier draußen im sonnenbeschienen Utah, um solche Tunichtgute hinter mir zu lassen!", winkt Byrd ab.
"Sie sehen mir aus, wie Herrschaften, die mit Ärger fertig werden", stellt der Rezeptionist fest und sieht sich aus dem Augenwinkel dabei das Gebälk der Decke an, "würden Sie mir helfen, diese unliebsame Sache zu beenden? Klein Marguerite muss aus dem Wald geholt und heimlich wieder ins Gebäude gebracht werden!"
Shadrack schaut Byrd an, in seinem Gesicht stehen deutliche Zweifel — mit einer Truppe, die mit den Texas Rangers droht, will er höchst ungern etwas zu schaffen haben.
"Ja, verdammte Tat, wir machen das", sagt May B. ungeduldig, und drängt sich zwischen die beiden Männer, "aber hinterher arrangieren Sie uns ein Treffen mit Ihrem Verwandten Zachhariah!"
Samuel Whateley fixiert einen Punkt zwischen Joycelyns Augen, und nickt verhalten: "Das ist natürlich akzeptabel, Miss!"
May B. bekommt mal wieder einen Benny für ihren Impulsive-Nachteil, eine einträgliche Eigenschaft.
"Kommen Sie, die Arschgeigen da draußen starten schon wieder ihren Scheiß-Auto-Gyro!", knurrt sie, und wendet sich zur Tür.
« Letzte Änderung: 30.05.2023 | 16:52 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #80 am: 31.05.2023 | 16:54 »
Also auf in das leblose Gehölz hinter dem Psychopathen-Hotel! Der Kommandant der Rail Gang ist auch nicht ganz ohne, und just hebt auch wieder sein Auto-Gyro ab, um noch einen Rundflug zu starten. Die Typen von eben gehen zurück ins Gebäude, aber die andere Hälfte ihrer Truppe ist ja schon draußen auf der Suche im Wald, inklusive ihres Bosses. Die Helden müssen einen Dramatic Task schaffen, um 12 Task Tokens in drei Runden einzuspielen. Wenn sie dies schaffen, können sie das seltsame Mädchen Marguerite finden, bevor die Eisenbahn-Scouts dies schaffen, und es ungesehen ins Overlook Hotel zurück bringen.


Runde eins
Die vier Sucher verschwinden auf dem gewundenen Trampelpfad, den Samuel Whateley ihnen zeigt, in dem ausgetrockneten Gehölz. Rex Shadrack versucht sie so zu koordinieren, dass sie sich möglichst unbemerkt von dem kreisenden Auto-Gyro und den Fährtensuchern bewegen, und würfelt Stealth dafür. Genau ein Raise, der Typ scheint sein Gespür für die Wildnis Utahs nicht verloren zu haben seit seiner Zeit bei Wasatch, wir bekommen zwei erste Task Tokens.
May B. hat sich die Schuhgröße der Gesuchten verraten lassen, und würfelt Survival, um Fußabdrücke zu finden. Mindestens ein Kind scheint des öfteren hier umher zu stromern, wahrscheinlich zwei. Eine Fährte ist aber frisch, heute erst entstanden! Durch einen Erfolg erhalten wir ein weiteres Task Token.
Luca Byrd hält die Lauscher gespitzt um zu hören, wie weit der Gyrocopter-Motor entfernt ist, und ob die Kerls von Dixie Rails in Hörweite kommen. Ein paarmal hört man die Leute von der Rail Gang im Unterholz umher stapfen und miteinander flüstern, diese Stellen umgeht die Gruppe weiträumig. Noch ein Task Token.
Joycelyn ist die Leichteste und Schnellste in der Gruppe, sie läuft gelegentlich vor, wenn der Trampelpfad geradlinig verläuft, um auszuspähen. Sie erzielt ein Raise bei Athletics, und verdient damit zwei Task Tokens. Das wäre schon die halbe Miete!

Auf mehreren der Trampelpfade entdeckt das Aufgebot am Wegrand kleine Knöchelchen und Teile von Tieren, vor allem Vogelflügel und Rattenköpfe. Irgendjemand scheint sich mit Regelmäßigkeit einen Spaß daraus zu machen, solches Viehzeug zu jagen, und in Einzelteile zu zerlegen. Für eine Hauskatze oder dergleichen sind das viel zu viele. Merkwürdig, und etwas morbide ...

Runde zwei
Eine Complication tritt auf, May B. hat mal wieder eine Kreuz-Karte erhalten! Es sind ein Trio der Eisenbahner in ihren Lederkluften. Mays Wurf diese Runde wird also mit -2 gemacht, und wenn es ein Misserfolg ist, bemerken die Südstaatler sie, und der ganze Dramatic Task scheitert! Ich brauche also eine sechs auf dem W6 für May B.s Stealth-Wurf. Beim dritten Reroll fällt endlich eine, das hat die Hexe fast all ihre Bennies gekostet! Fast wären sie einer Gruppe von Lauerern in die Arme gelaufen. May dirigiert das Aufgebot im letzten Moment darum herum, und erhält ein Task Token. Allen vier geht ordentlich die Muffe.
Die Trampelpfade werden immer verzweigter, geradezu konfus.
"Dies ist kein sonderlich einladender Wald für erholsame Spaziergänge!", flüstert Shadrack angespannt. (Mister Muffensausen.)
Auf vielen der verwahrlosten Wege sind mittlerweile die Fußabdrücke der Eisenbahner zu entdecken. Shadrack zückt seine Karten, und steigert mit einer Formel May B.s Fährtenlesen-Künste. Sein Spellcasting-Raise bringt zwei weitere Task Tokens.
Mittlerweile sind sie fast eine Stunde vom Overlook Hotel entfernt! Die Fußspuren des Mädchens werden jedoch deutlicher. Auf ein Rascheln im Unterholz hin raunt Mister Byrd leise: "Miss Marguerite! Nicht erschrecken, wir sind auf Ihrer Seite! Das Versteckspiel kann jetzt mal zu Ende sein!" Dank Charismatic erzielt er ein Raise. Hinter einem Schlenker des Trampelpfads schrecken May B. und die anderen zurück, als sie jäh in das sehr bleiche Gesicht einer Heranwachsenden mit sehr schwarzen Haaren und Augen sehen! Marguerite hat sich aus ihrem Versteck getraut, aber wirkt ansonsten wenig zutraulich, sie lächelt nicht, und spricht nicht, steht im dämmerigen Halbdunkel da wie eine Statue.



Joycelyn fühlt eine instinktive Beklommenheit angesichts der Gesuchten, und wagt nicht, sie anzusprechen, stattdessen flüstert sie May B. zu: "Das haben Sie gut gemacht, Miss Wickett! Jetzt müssen Sie uns nur noch zurück zum Hotel dirigieren!", und sie macht einen Support-Wurf für Mays kommenden Survival-Wurf in Runde drei, und generiert dieser einen +2-Bonus dadurch.

Runde drei
Nur noch ein Task Token, und Marguerite ist erfolgreich in Sicherheit gebracht. Byrd und Joycelyn erhalten jedoch beide Kreuz-Karten, zwei Complications! Mit metallischem Brausen zieht in dem Moment auch der Auto-Gyro seinen Kreis über den Wald, ganz nah ...
Shadrack nimmt Blickkontakt mit Byrd auf und gestikuliert angespannt in die Ferne, von wo leises Knacken ertönt — Byrds Raunen hat nicht nur Marguerite aufmerksam gemacht, sondern auch einige der Verfolger! Er supportet Byrd mit seinem Notice-Wurf, und generiert ihm +2.
Mister Byrd ist am Zug mit seiner Kreuz-Karte und erhält -2 durch die Complication, aber +2 durch Rex' Support. Er versucht sich an einem Stealth-Wurf, als die Gruppe sich schleichend zurück zieht. Er erzielt ein Raise, und wir erhalten das letzte benötigte Task Token!

Damit endet der Dramatic Task mit einem Erfolg, May und Joycelyn müssen gar nicht mehr agieren.



Bei Nacht sieht das Overlook Hotel schon weniger einladend aus ...


Im Abendlicht erreichen die fünf mit eingezogenen Köpfen wieder das Hotelgebäude, kauern sich zwischen den Büschen zusammen. Das offene Stück hinter dem Gebäude sieht auf einmal einschüchternd weitläufig aus. Mehrere der Fenster sind erleuchtet hier an der Gebäuderückseite, dort könnten theoretisch jederzeit Hotelgäste auftauchen und hinab sehen.
"Das letzte Stück zum Hintereingang müssen wir rennen, Marguerite!", zischt May B. dem schweigsamen Mädchen zu, "damit man uns nicht sieht, während wir die Deckung verlassen! Ich helfe Dir, konzentrier' Dich darauf, leise zu sein!", und sie macht eine ihrer Hexengesten, erhöht unter Aufbietung all ihrer psychischen Kräfte das Stealth aller fünf Charaktere um zwei Würfel.
Marguerite sieht May B. unverwandt an, dann sagt sie, "Sie sind schön. Ihre Haare sind schön. Sie sehen aus wie Mina Devlin. ... Oder meine Cousine Tzipporah."
May B. zuckt zusammen bei Nennung des Namens Mina Devlin. Sie sieht das Mädchen verwundert an, dann zischt sie, "los jetzt, die Luft ist rein!"

Im halbdunklen Inneren taucht hinter der Tür auf einmal Samuel Whateley auf, und die hinein schleichenden Charaktere zucken zusammen. Der Hotelier bugsiert Marguerite eilig hinauf auf ein Zimmer, um sie dort wegzuschließen. Sie versucht bockig, sich von seiner Hand loszureißen, aber bleibt stumm.


Das Würfelorakel sagt, die Eisenbahner von Dixie Rails geben sich schließlich geschlagen, es ist jetzt zu dunkel zum Suchen. Ein riesiger Kerl mit Walross-Schnauzbart, Duster, und schwarzem Lederhut kommt in die halbdunkle Lobby, gefolgt von seinen Fährtenlesern, und dem Piloten des Auto-Gyro.

Mein GM Move ergibt, Advance a Plot.

"Sie haben sich da einfach in was reingesteigert, Mulligan!", sagt leise einer der Männer, wie beschwichtigend, "geben wir die Sache auf. Dixie Rails bezahlt uns nicht, damit wir tagelang irgendwo in der Pampa auf Hexenjagd zu gehen! Wir sollten endlich weiter nach Salt Lake!"
May B. beobachtet die Gruppe aus einer dunklen Ecke der Lobby. Sie konzentriert sich wieder auf ihre Gabe, und sieht tatsächlich wieder Unsichtbare in der Lobby! Beide scheinen klaffende Axtwunden zu haben. Einer schlurft nur über die Dielen und rauft sich die Haare, einer steht direkt hinter dem schnauzbärtigen Mulligan. Er flüstert diesem tonlos etwas ins Ohr. Mulligan zögert, und seine Miene verdüstert sich noch mehr. Sein Blick wirkt geradezu verzerrt, beinahe wie geistesgestört. Das Gespräch geht jedoch nicht weiter, May B. findet nicht heraus, wie der Boss der Rail Gang sich entscheidet.


Endlich sind die Kerle von Dixie Rails auf ihre Zimmer gegangen. Das nervtötende, leise Quietschen des Schaukelstuhls ist das einzige Geräusch in der Lobby. Samuel Whateley ist endlich bereit, heimlich ein paar Worte mit den Wild Cards zu wechseln.
"Was ist hier wirklich los?", will May B. grimmig wissen, "was steckt in diesen Wänden, das hier alle so komisch sind?!"
Samuel Whateley sieht den Holzpfeiler beben May an und raunt, "ich weiß nicht, was Sie meinen! Aber danke. Das mit unserer Marguerite wäre beinahe ein Desaster geworden."
Byrd sagt neugierig: "Die Kleine wohnt hier nicht nur einfach, oder? Sie ist Ihre Tochter! Da ist eine gewisse Familienähnlichkeit."
Samuel Whateley sieht sich um, und murmelt, "Das Hotel ist seit Generationen in Familienbesitz ..."
May B. wirft ein, "Marguerite hat vorhin von Mina Devlin gesprochen! Woher kennt sie diesen Namen?"
Samuel macht eine abwehrende Handbewegung, "Ach, geben Sie nichts darauf. Mina Devlin ist ihr Idol. Sie verschlingt diese ganzen gottverdammten Groschenromane!"
"Ihr Idol ...", sagt May B. befremdet.
Rex Shadrack raunt: "Mister Whateley, wann und wo können wir Zachhariah treffen? Wir würden zu gern mit ihm über seine wissenschaftlichen Einsichten plaudern."
Whateley dreht sich um, als hätte er etwas direkt hinter sich gehört. Dann sieht er wieder den Holzpfeiler an, und antwortet Shadrack, "Gewiss doch, ein Mann, ein Wort, Sir, er sollte in den nächsten Tagen zurückkehren, Sir. Sie finden ihn in seiner Arztpraxis im Junkyard-Bezirk, direkt an der Straße nach Sludgetown. Doktoren Goose, Goose, Goddard, und Whateley steht auf dem kleinen Schild. Nicht zu verfehlen."
Byrd sagt, "Er ist also ein praktizierender Quacksalber?"
Whateley schüttelt den Kopf, und fragt verdutzt Shadracks Zylinder, "Nein, warum?"
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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #81 am: 31.05.2023 | 20:01 »
Die Wild Cards sind die letzten Gäste, die sich auf ihre Zimmer verziehen, die Gänge sind bereits stockfinster. Das Gebälk der oberen Stockwerke arbeitet gemächlich, und dann und wann hört man ein Knacken oder ein leises Knarren, als wäre jemand auf dem oberen Flur, obwohl dort überhaupt niemand ist. Ein ganz normaler Vorgang, der einem jedoch trotzdem den Schlaf rauben könnte ... Als kurz darauf auch in der Lobby das letzte Licht verlöscht ist, rappelt sich May B. von ihrem Bett auf, und schleicht sich zu Joycelyns Zimmer. Um keinen Lärm auf dem Flur zu machen, klopft sie nicht, sondern öffnet leise einfach die Tür. Die Sängerin schreckt heftig zusammen, sie sitzt noch vor dem kleinen Zurechtmachtisch des Zimmers. Sie sieht May B. groß an, und keucht, "Miss Wickett! Sie sind's, gottlob, ich dachte schon, es wäre ..."
May legt den Finger an die Lippen, und flüstert: "Packen Sie zusammen und nehmen Sie alles mit! Dann treffen Sie uns beim Stall. Ich hole währenddessen die beiden Männer. Wir reisen sofort ab! Machen Sie kein Geräusch!"
Shadrack war noch angezogen und hellwach, und öffnet May B. die Tür mit gezogenem Sechsschüsser. Ihn zum Aufbruch zu überzeugen geht noch schneller. Der einzige, der schon in seinen schmuddeligen Long Johns vor sich hin schnarcht ist natürlich Luca Byrd, May muss ihn wachrütteln. Als er die Augen aufschlägt, hält er plötzlich einen Friedensstifter in der Hand und hält der Hexe den Lauf unter die Nase. Er hat neben seinem Holstergürtel gepennt. Diese fährt zusammen, und schiebt die Pistole vorsichtig mit dem Finger weg: "Lassen Sie den Scheiß!"
"'Tschuldigung", sagt Byrd, "alter Reflex!", und gähnt.

Als alle Wild Cards mit gepackten Satteltaschen auf die Treppe zur Lobby zu schleichen, würfle ich einen GM Move. Dieser ist ausgerechnet, Wouldn't it suck if ...!
Eine unliebsame Überraschung also:


Da, wo die Treppe zum zweiten Stock hinauf führt, links von den Wild Cards, steht plötzlich eine Gestalt mit weißem Gesicht. Sie schaut die türmenden Hotelgäste direkt an. Marguerite! Hinter ihr, auf halber Höhe der Treppe, steht eine große, behäbige Frau im Nachthemd mit zerrupft aussehendem schwarzen Haar und leichtem Silberblick. Das Halbdunkel hüllt sie ein. Zu allem Überfluss scheint sie einen Gegenstand in der einen Hand zu gaben, der ein Holzfällerbeil sein könnte!

Alle Wild Cards müssen gegen Nausea würfeln, um sich nicht gehörig zu erschrecken (und ein Fatigue-Level zu kassieren bis Ende der Begegnung). Alle schaffen trotz dem Furcht-Modifikator des Hotels glücklicherweise den Wurf.
"Warum gehen Sie so plötzlich?", zischt Marguerite leise.
May B. blinzelt sie aus großen Augen an, und sagt, "ich dachte, Dein Vater hätte Dich weggesperrt?"
"Ich musste raus. Edwina hat mich kurz rausgelassen."
Die große Frau mit den schweren Knochen steht und beobachtet unbewegt auf halber Höhe der Treppe. Die Wild Cards sind ziemlich sicher, dass es ein Beil ist, was sie da in der Hand hält, jetzt schultert sie den Gegenstand.
"Uns ist eingefallen, dass wir eine dringliche Verabredung in der Siedlung vergessen hatten, in Nephi ...", stammelt Joycelyn hilflos.
May B. fragt rundheraus, "Wo kommen die vielen Geister her? Sie beide wissen das mit Sicherheit! Sagen Sie es!"
Ihr Persuasion-Versuch scheitert aber.
Marguerite zischt: "Wie kann man nur so unhöflich sein, Miss! Wie kann man nur so unvernünftig sein? Wo wollen Sie hin? Nachts draußen im Ödland werden Sie sich verirren und sich alle Gräten brechen, knacke-di-knacke, und dann sterben! Morgen früh essen die Herren Krähen und die Damen Geier Ihre Augäpfel!"
Marguerite würfelt Intimidation gegen May B., und erzielt ein Raise! Die Hexe weicht unwillkürlich zurück vor dem blassgesichtigen Mädchen, nicht weil sie ihr glaubt, sondern weil deren ganze Erscheinung ihr vollständig den Wind aus den Segeln nimmt. Ihr Willen ist gebrochen, bis die unmittelbare Situation sich ändert.
Shadrack erhebt die Stimme: "Ich sag' Ihnen jetzt mal was, die Damen, wir sind mit Samuel Whateley quitt seit vorhin, und reisen umgehend ab. Wenn Sie glauben, ein Hackebeil würde Individuen wie uns beeindrucken, haben Sie noch nicht unsere Sechsschüsser bewundern dürfen. Und wir alle wollen, dass das so bleibt, nicht wahr", und er würfelt Intimidation, aber die beiden Whateley-Frauen scheinen furchtlos zu sein.
Die große, behäbige Edwina stampft mit dem Fuß auf, und Marguerite flüstert, wie zur Erläuterung: "Sie sollen unsere Gastfreundschaft nicht beleidigen! Sie sollen den Hotelbetrieb nicht stören! Sie sollen auf Ihre Zimmer zurück gehen!"
Ihr neuerlicher Intimidation-Wurf gegen Shadrack gelingt nicht, weiterhin ist also May B. die einzige, die sie ins Bockshorn gejagt hat.

Ein GM Move löst vielleicht die Situation auf, und ich erhalte: Reveal a New Detail.



Marguerite nimmt eine ziemlich scheußlich aussehende Stoffpuppe mit schwarzen Mantelknöpfen als Augen hervor, und bringt in verstellter Stimme eine Art Singsang hervor: "Iiich bin Mister Zylinder, iiich mache sogleich trapp-trapp-trapp und gehe artig auf mein Ziiimmer, um mich zu schääämen!", und sie ahmt mit der Puppe kleine Schritte in der Luft nach.
Sie verwendet ihre Kraft Puppet, und da sie hemmungslos hoch würfelt, erzielt sie ein Raise gegen Shadrack, der gegen seinen Willen Kehrt macht, und mit steifen Schritten zu dem Zimmer zurückgeht, aus dem er kam!
"Das Böse des alten Hauses ist in den Dielenbrettern, die Holzwürmer berichten davon!", flüstert Marguerite Whateley, "schlafen Sie heute Nacht mit dem Ohr auf den Dielenbrettern, dann können Sie das Böse hören!"

Jetzt ist es aber mal genug eskaliert; Shadrack ist außer Sicht hinter der geschlossenen Zimmertür, May B. ist komplett eingeschüchtert, das lässt Mister Byrd und Miss Lancaster übrig. Sie werden wohl kämpfen müssen. Byrds Peacemaker fliegen praktisch aus den Holstern in seine Hände.
Er erhält auch die höchste Aktionskarte, und beginnt, er feuert einen Einzelschuss ab, aber nicht auf Marguerite, sondern auf ihre Puppe. Er würfelt eine 14 mit seinem frisch gesteigerten W12 als Shooting-Würfel, abzüglich Dunkelheit und Größe des Ziels bleibt ihm ein Erfolg, und die Patrone zerfetzt die Stoffpuppe, Mantelknöpfe und Holzwolle fliegen. Marguerite gibt ein schrilles Kreischen von sich.
Joycelyn zieht ihren Derringer und haucht ängstlich, "zurück!", sie hat aber den Mild Mannered-Nachteil und würfelt daher Intimidation mit -2, und der verhindert ihren Wurferfolg.
"Sie sollen auf Ihre Zimmer zurück gehen!", grollt Marguerite, aber diesmal taugt ihr Intimidation-Resultat nicht viel.
Die große Edwina stapft die Treppe hinab, schwingt ihr Hackebeil nach Byrd, verfehlt ihn ums Haar, und das Holz des Treppengeländers splittert.

Dies dürfte kein langer Kampf werden, und jetzt sind Shadrack und Wickett wieder im Spiel, denn die Puppet-Kraft ist gebannt, und die unmittelbare Situation hat sich geändert. Fragen wir also mal die Orakelwürfel, und die sagen, der Kampf endet:

Mehrere Zimmertüren klappen auf, und hinter einer davon erscheint der langhaarige Südstaatler Mulligan in seinen Long Johns, mit gezücktem Bowiemesser, eine wilde Erscheinung. Sein Gesicht sieht abermals so wutverzerrt aus wie vorhin in der Lobby. Rex Shadrack erscheint desorientiert ebenfalls wieder auf dem Flur.
"Laufen Sie!", bringt May B. verzweifelt hervor, und packt ihre Satteltaschen fester, spurtet die Treppe hinab.


Im Laufschritt erreichen die Wild Cards den Pferdestall, und hieven ihre Sättel auf ihre Pferde. Byrd entdeckt den Auto-Gyro unter einer Wachstuch-Plane neben dem Gebäude, momentan unbewacht. Er zieht seinerseits sein Bowiemesser, und haut enthusiastisch mehrere Leitungen und Schläuche am Motor durch: "Das wollt' ich schon lange mal machen! So, und so, und noch ein wenig hiervon! Haha, ein schöner Gruß an Dixie Rails, vom Fahnenflüchtigen Luca Byrd!"

Die Pferde galoppieren die Zufahrtstraße hinab, und lassen das Overlook Hotel hinter sich. Mittlerweile brennt Licht hinter vielen der Fenster. Man hört keinen weiteren Krach oder Schusslärm, möglicherweise eskaliert es dort drinnen nicht noch weiter. May B. wagt es, im vollen Galopp einen Blick zurück zu werfen. Ganz hoch im obersten Stock sieht sie eine Gestalt hinter einem der Fenster stehen: Das bleiche Gesicht von Marguerite Whateley starrt ihnen voller Abscheu nach.



Unsere Helden verschwinden in der finsteren Nacht. Das Licht der Handlaterne genügt ihnen, um schließlich den Rückweg zum schlafenden Städtchen Nephi zu finden.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #82 am: 1.06.2023 | 14:25 »
Die kleine Herberge in Nephi ist in den frühen Morgenstunden längst geschlossen. Auf derartig späte Übernachtungsgäste ist man hier nicht ausgelegt, auf Klopfen reagiert niemand. Nun tauchen Byrds flackernde Handlaterne und ein paar Lichter im Nachbargebäude den kleinen Bahnhof der Siedlung in gelblichen Lichtschein, der sich mischt mit den Brauntönen der vergehenden Nacht. Byrd hat sich unter einem abgestellten Fuhrwerk in seinen Schlafsack gewickelt, durchaus nicht unzufrieden mit der Situation, und schläft schon wieder tief und selig. Joycelyn, May B., und Shadrack sitzen auf Kisten und Fässern und warten darauf, dass es Tag wird. Die Sängerin wirkt, als wäre sie etwas benommen vor Müdigkeit. Weit, weit entfernt heult ein Kojote in der Ödnis, sonst ist Nephi völlig still.



Shadrack sagt leise, "Mit Bedauern stelle ich fest, wie aufgewühlt Sie erscheinen, Miss Wickett. Die junge Marguerite Whateley hat Sie etwas verstört mit ihrer Art, nicht? Sie sind doch sonst so hartgesotten."
"Dass Mina Devlin ihre Heldin sein soll, meine frühere Arbeitgeberin, hat mich etwas überrumpelt. Irgendetwas in mir wollte das Mädchen am liebsten warnen, so nicht zu werden. Damit sie ... meinen Fehler nicht wiederholt."
"Die Art und Weise, in der ich vorhin behext wurde, war aber nicht das Hexenwerk von Black River. Oder?", fragt Shadrack heiser.
"Schwer zu sagen. Es gibt Wichita Witches, die dieselben Kräfte haben sollen wie die kleine Marguerite. Aber wie sollte sie hier draußen an diese Einblicke gekommen sein? Alles, was sie über Mina Devlin weiß, kommt doch nur aus ihren Groschenromanen. Nein, Shadrack, sehen wir der Sache ins Gesicht, die Whateley-Familie hat ihre ganz eigenen arkanen Traditionen. Zachhariah ist nicht der einzige Schwarzmagier bei ihnen."
Rex Shadrack nickt nachdenklich, und sie lauschen eine Weile in die Geräusche der Nacht.

"Darf ich Ihnen eine Frage stellen, von der ich weiß, dass Sie sie nicht gern hören, Wickett?", fragt Shadrack schließlich leise die Hexe.
Diese sieht auf und blinzelt ihn verwirrt an, "Sehr witzig. Sie fragen doch sowieso, Sie unverbesserlicher Schnüffler."
Shadrack setzt ein dünnes Grinsen auf.
"Was weiß Black River über das Reckoning?"
"Meinen Sie ... insgesamt?"
"Als Organisation! Ich habe diese Frage schon viel zu lange vor mir her geschoben. Sie, Miss Wickett, sind die denkbar beste Quelle für derlei Einsichten!"
"Was machen Sie mit meiner Antwort?"
"Sie gegen Black River verwenden, wenn ich kann, wann immer es möglich sein wird. Keine Sorge, Miss, ich renne nicht zum Tombstone Epitaph damit, oder zu einer anderen Eisenbahngesellschaft. Ich führe einen Privatkrieg, wenn Sie so wollen. Jedes Detail kann mir helfen! Welche heidnischen Brauchtümer versucht Mina Devlin in die moderne Welt zurück zu bringen? Was plant sie zu tun, sollte sie das Eisenbahnrennen gewinnen?"
"Ich weiß insgesamt ziemlich wenig über die Ziele der Gesellschaft, Shadrack. Barricade war ehrlich gesagt mein erster richtiger Einsatz für die Wichita Witches. Ich denke nicht, dass es Mina Devlin darum geht, heidnisches Brauchtum im Land zu verbreiten — das Heidnische ist ihr großes Privatvergnügen. Wegen ihr kann Amerika genauso gut christlich oder was auch immer bleiben. Die Geheimlehren ihrer Familie sind für sie vor allem eins, ein Weg zu sehr viel Zaster! Sie ist binnen weniger Jahre eine der reichsten Frauen im Weird West geworden, ja? Aber hinter allem, was sie tut, steckt eins: Sie will Furcht säen, um durch Furcht zu herrschen. Wenn sie das Preisgeld des Eisenbahnrennens bekommt, werden wir vermutlich um die Jahrhundertwende in einem Land leben, das insgeheim von der Hexenkunst gesteuert wird, wie manche Landstriche der Alten Welt, im Mittelalter oder der Antike."
"Details", knurrt Shadrack begierig, "mehr Details!"
"Sie haben einen Sockenschuss, Shadrack, Sie wirken wie ein hungriger Wüstenhund! Na, Black River ködert Leute wie mich natürlich mit dem Versprechen, dass es etwas Nobles ist, für das sie sich einsetzen. Emanzipation, Frauenrechte, Abkehr von der traditionsreichen Tyrannei der Südstaaten-Bosse wie es sie in Memphis gibt. Macht für die, die bisher keine hatten — zum Beispiel Mädchen wie mich. Einen vaterlosen Bastard, die sich als Laufburschin durchschlägt. Aber sobald man in Mina Devlins Schule für junge Mädchen eingeschrieben ist, überwiegen die Verheißungen von ganz anderer Art von Macht. Wir brauchen nicht unbedingt Manitous wie Sie als Huckster es tun, Shadrack. Die Schwarze Magie funktioniert ohne Mittler. Unsere Tradition ist älter als Hoyle, und weniger kompliziert, die Ewigen Jagdgründe sind direkt mit den Zaubersprüchen verbunden."
"Die Mittler sind gewissermaßen die Reckoners selbst!"
"Wenn Sie so wollen ... vielleicht. So habe ich noch nicht darüber nachgedacht."
"Ihre Hexenkünste sind jedenfalls ziemlich superb, wie ich bemerke! Offensichtlich funktionieren sie auch ohne die Absicht, den Reckoners zu dienen. Ihre Meister können Ihnen nicht den Hahn abdrehen, nachdem Sie unloyal geworden sind, oder Ihnen Ihren freien Willen nehmen!"
Die Hexe flüstert wütend: "Ich höre immer superb, ich weiß nicht mal was das bedeutet! Die haben mich in diesem gottverschissenen Internat von der Straße weg einkassiert und mich abgerichtet, um ihre Machtspiele voranzutreiben! Ich konnte spüren, wie meine Magie stärker wurde, als dieser Zachhariah Whateley die Furcht in der Headless Horse Lode verstärkt hat. Wenn ich den Miststücken von Black River nicht über den Weg gelaufen wäre, wäre ich vielleicht jetzt bereits Teil der Alten-Wege-Bewegung, des Geistertanzes, oder dergleichen. Ich hätte durch meine Gabe vielleicht Kontakt aufnehmen können zu viel besseren Mächten. Die von Black River haben mir diesen Weg verbaut! Jetzt bin ich für alle Zeiten den Dunklen Künsten verschrieben, unerheblich, ob ich es noch will!"
Sie schweigt, und wischt sich eine zornige Träne aus dem Augenwinkel.
Shadrack nickt bedächtig. "Sie können ja ausprobieren, wie sehr sie den Reckoners ein Dorn im Auge sein können! Um den Gefallen mit barer Münze zurückzuzahlen."
May B. entgegnet grimmig: "Ja, das ist der Plan. Und mit Zachhariah Whateley machen wir weiter!"


Die Eisenbahn bringt die vier übermüdeten Helden und ihre Rösser wieder nach Norden zurück, in die City o' Gloom. Ich ziehe eine Karte für Reisebegegnungen, und erhalte, Currency. Der Würfelwurf sagt, es geht hier um 250 Dollar. Oho!

Glückspilz Luca Byrd ist natürlich derjenige, der die Kohle entdeckt. Er döst eine Weile auf seinem Sitz in der Denver-Pacific-Eisenbahn, bis ihn etwas im Rücken stört, und er zieht eine lederne Arzttasche hervor, auf der er vorhin unbemerkt Platz genommen hat, lässt sie gähnend aufschnappen. Sein Blick fällt auf Dollarmünzen, und ein paar Scheinbündel!
"Ach Du heiliges Sparschwein, ist denn heute schon wieder mein Glückstag!", murmelt er.
Joycelyn sagt verblüfft, "Gute Güte! Das muss jemand hier beim Aussteigen vergessen haben!"
May B. fragt zweifelnd, "Wer vergisst denn eine Tasche voller Dollars?! Das kommt mir komisch vor."
"Eine Falle!", ruft Byrd, "bloss schnell weg damit!!", und schickt sich an, die Ledertasche durch den Fensterspalt nach draußen zu stopfen.
"Nein!", machen May und Joycelyn erschrocken, und versuchen, ihn aufzuhalten.
"Verarscht!", freut sich Byrd, und stellt die Tasche wieder auf seinen Knien ab, "aber was sollen wir damit machen?"
May B. flüstert aufgeregt: "Natürlich behalten! Wir sind alle immer noch knapp bei Kasse außer Shadrack!"
"Och, aber es is' nicht unser Geld", wendet Byrd ein.
"Jetzt schon!", faucht May.
"Wir müssen's dem Bahnhofsvorsteher aushändigen!", sagt Byrd.
Shadrack lacht leise: "In der City o' Gloom?! Die lassen es ihrerseits umgehend verschwinden, versprochen."
May B. beharrt: "Es ist nicht mal ein Name dran. Das sind jetzt unsere Dollars. Diese Reise ist teuer genug."
Byrd sagt beschwichtigend: "Ich sag' Ihnen was. Ich stelle das Täschlein hier sicher, und halte die Lauschlappen nach dem Besitzer offen. Bis wir ihn finden, zahlen wir aus dieser Tüte allen Apfelsaft, den wir trinken. Da muss der Besitzer mit zurecht kommen, er ist unser Apfelsaft-Spendierer, quasi als vorgezogener Finderlohn. Das machen wir so lange, bis wir ihn gefunden haben, oder er uns!"
May B. sagt skeptisch, "Oder das Geld alle ist!"
Joycelyn kommentiert, "Oder Mister Byrd keinen Apfelsaft mehr sehen kann!"
Byrd lächelt glücklich: "Das wird nie passieren! Ich bin nämlich ein Mann, der seinen Apfelsaft verdammt nochmal richtig gerne mag!"

Um 250 Dollar reicher verlässt das Aufgebot in der Bahnhofshalle von Denver Pacific die Eisenbahn. Byrd fragt direkt herum bei Schaffnern und Fahrgästen, ob jemand eine Tasche vergessen habe.

Die Orakelwürfel sagen, es findet sich auch direkt jemand, der sagt, die Tasche gehöre ihm. Der NPC Generator definiert diesen reisenden Cowboy als einen Abenteurer, der Gerüchte wiederherstellen möchte. Das klingt zwielichtig. Ist er ein Lügner, und will nur die interessante Ledertasche einheimsen? Die Orakelwürfel sagen, ja stimmt, und außerdem lügt er schlecht, und man kann ihn ohne Wurf durchschauen. Byrd zieht also mit seiner Beute wieder ab, statt das Gespräch zu vertiefen.



Unsere übermüdeten Helden kehren in ihre Zimmer im Restful Arms Hotel zurück, um etwas Schlaf nachzuholen. Wenn sie denn können, nach allem, was im Overlook Hotel passiert ist! Shadrack nimmt sich am heutigen Nachmittag die Zeit, eine Recherche anzustellen über die angebliche Arztpraxis der Doktoren Goose, Goose, Goddard, und Whateley in Junkyard. Das geht mit -2, weil eine derartige Einrichtung wahrscheinlich nicht sehr bekannt ist, und die Nachforschung bleibt dann auch ergebnislos.

"Wir sollten heute Nacht dort einsteigen, und alles durchsuchen", stellt May fest.
"Heute Nacht?", sagt Shadrack, "Wir brauchen gar nicht zu warten bis heute Nacht. In Junkyard ist es immer dunkel, und wenn in den Fabriken von Hellstromme Industries gerade Schicht ist, dann ist auch nicht viel los in den Gassen. Wir können das Vorhaben direkt beginnen, die Uhrzeit macht überhaupt keinen Unterschied."
"Es ist immer dunkel?", fragt Joycelyn verwirrt.
Shadrack nickt knapp, und sagt, "Jegliches Licht über dem Bezirk wird abgeschirmt, vom Stahlhimmel."


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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #83 am: 1.06.2023 | 18:26 »
Junkyard, lichtloses Arbeiter-Ghetto am Rand von Salt Lake City - Furcht-Level 4

Am Nachmittag betreten drei der Wild Cards den Junkyard. May B. hat Joycelyn rundheraus verboten, mitzukommen, und diese hatte keine Einwände. Dies ist das Arbeiterviertel der Stadt, der einzige Bereich, in dem Nicht-Mormonen dauerhaft wohnen dürfen. Die Backsteingebäude stehen dicht an dicht, und bilden ein unüberschaubares Gewirr aus engen Gassen mit Kopfsteinpflaster. Shadrack hat Recht: Das Licht kommt ausschließlich von flackernden, elektrischen Straßenkaternen. Kein Strahl der Wüstensonne dringt durch den berüchtigten Stahlhimmel, ein massives Konstrukt aus dicken Rohrleitungen, die zwischen den turmhohen Fabrikationsanlagen verlaufen, direkt über den Gassen und den Köpfen jener tristen Menschenmengen, welche diese bevölkern. Wie die endlosen Windungen eines stählernen Gedärms gluckern und zischen diese Pipeline-Gewirre vor sich hin. Alles auf den Straßen ist geschwärzt vom Ruß der unermüdlichen Hochöfen und des verbrennenden Ghost Rock. Nach nur wenigen Häuserblocks wird das Gewirr von Gässchen von unüberschaubar zu labyrinthhaft. Der Abgasgestank wird so schlimm, dass alle drei ihre Tuchmasken vor die Gesichter ziehen, die sie auf Shadracks Ansage hin in der Stadt gekauft hatten. Drollig aussehende Ladenfronten werden hier immer häufiger, in deren rußbeschmierten Schaufenstern Gebrauchtwaren von Pfandleihern warten, Konservendosen, Kuriositäten, blecherne Aufziehspielzeuge, und bunte, elektrische Lichter. Die Menschen, auf die man trifft, haben größtenteils die schmutzigen Latzhosen der Arbeiterschar von Hellstromme Industries an, misstrauische Augenpaare in anonymen Gesichtern, allesamt mit Tuchmasken. Ein wohlhabendes Ehepaar steuert einen ratternden Dampfwagen an den Wild Cards vorbei, die beiden auf dem Kutschbock tragen chromglänzende Atemgeräte, ähnlich wie Gasmasken.


Überhaupt zur beschriebenen Adresse zu finden ist eine Herausforderung im Labyrinth der Fabriken und Mietshäuser. May B. versucht es mit Smarts anhand der Himmelsrichtung, und binnen Minuten haben die drei sich verlaufen und stehen vor einer Sackgasse. Ich ziehe zwei Karten für Reisebegegnungen, Junkyard ist mächtig gefährlich, aber beides sind keine Hofkarten. Dann übernimmt Shadrack die Führung und versucht, den Weg zu rekontruieren, und es gelingt ihm. Am Rand des stinkenden Giftflusses Sludge Creek finden die drei eine Kellerwohnung mit einem zerkratzten Messingschild mit den gesuchten Namen. Hier ist alles derzeit ausgestorben, nur Straßenkatzen suchen nach Essbarem. Die schwere Holztür ist verrammelt, und die Kellerfenster blind von Ruß und Staub.

"Stemmen wir eins davon auf", raunt May B., "ich passe da durch! Ich sehe mich drinnen um. Vielleicht kann ich die Tür für sie von innen aufschließen."

Mit einem dicken Raise bei Athletics windet sich May B. trittsicher durch die eingedrückte Scheibe und an den Fugen der Kellerwand hinab, und landet lautlos auf den alten Teppichen im Inneren. Im weitesten Sinne erinnert die staubige Einrichtung an eine ärmliche Gemeinschaftspraxis, oder vielleicht eine Bücherei. Laut Orakelwürfeln ist hier kein Schlüssel zu finden. Scharfäugig entdeckt May B. im Schein von Byrds Laterne jedoch etwas anderes: Eine verborgene, schmale Treppe hinter einer Bretterwand, die noch ein Stockwerk tiefer führt. Der Staub auf den Steinstufen liegt nicht dick, was bedeutet, dass dort letztlich öfters jemand war.
"Whateleys eigentliches Versteck", murmelt May B., und wendet sich wieder der verrammelten Eingangstür zu.
Mit etwas gefundenem Werkzeug und einem Raise bei Thievery gelingt es ihr, das Schloss zu knacken. Byrd und Shadrack drücken sich von der dunklen Treppe hinein.
"Erstklassig gemacht, Frollein Meister-Schränkerin", grinst Byrd.
"Hier lang", sagt sie tonlos.



Am Fuße der verborgenen Stiege ist ein breiter Tunnel. Kleine Fackeln an den Wänden lassen darauf schließen, dass er nicht verlassen ist.
"Das hier muss Teil von Junkyards Kanalisationssystem sein", vermutet Shadrack.
"Wow, Kanalisation, ganz wie in New York!", raunt Byrd, "da hat der heitere Vermummte sich ja ein munkeliges Plätzchen ausgesucht!"

« Letzte Änderung: 1.06.2023 | 21:16 von Schalter »

Offline Schalter

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #84 am: 2.06.2023 | 10:55 »
Wollen wir doch mal sehen, wo unsere Helden ihren Widersacher aufspüren. Ich verwende die Kanalisations-Segmente aus der Erweiterung The Embassy vom Brettspiel World of Smog, lasse unsere Helden jedoch den Spielplan erkunden wie nach den Regeln aus Shadows of Brimstone, mit Exploration Tokens. Jedes Feld auf dem Spielpan zählt als zwei Felder, weil das Raster so groß aufgedruckt ist. Die Wild Cards müssen so lange suchen, bis sie das versteckte Studierzimmer von Zachhariah Whateley gefunden haben. Bei jedem aufgedeckten Exploration Token mit Clue-Symbol erscheint aus einem Hinterhalt Whateley in Geistergestalt, um Rabatz zu machen, aber nur für eine Runde. Natürlich ist er nicht allein hier unten. Folgende Encouter-Tabelle wird verwendet:


2-5= Crawlin' Dead (1W4)
6-10= Walkin' Dead (1W4)
Bube-As= Walkin' Dead (1W6)
Joker=Zwei Encounter ziehen und beide platzieren.



Runde 1: Rex Shadrack geht den linken Gang hinab, welcher dort in einem kleinen Abstellraum endet, mit einem kargen Holztisch und darauf einer dampfenden Kaffeekanne. Tatsächlich, jemand war vor sehr Kurzem hier. Am Ende der Runde ereignet sich hier laut dem Exploration Token ein Encounter: Shadrack hört hinter sich das leise Klicken eines Mechanismus, die Kammer ist mit einer Falle gesichert gewesen! Er würfelt eine 13 bei Smarts, und übersteigt den Stolperdraht, der mit dem Dynamitbündel an der Decke verbunden ist! Das war knapp. Dabei sieht er nicht, dass eine durchscheinende, gelbliche Figur hinter ihm erschienen ist, sie ist direkt durch die Steinwand getreten!



Runde 2: Mister Whateley agiert aus dem Hinterhalt und bekommt daher einen Hold-Marker statt einer Aktionskarte. Die Orakelwürfel sagen, bei diesem ersten Erscheinen bekommt er obendrein The Drop!
Mit tiefem, wiehernde Lachen kippt er den Inhalt von seinem Lumpensack auf den Boden, und setzt Summon Ally ein, wie schon in der Mine bei Denver. Er erzielt ein Raise, und Crawlin' Dead erheben sich überall um Rex herum vom Boden, röchelnd und zähnefletschend! Sofort triggert Shadracks Phobie. Trotz aller Abzüge besteht er den Furcht-Wurf gerade so. Die beiden auf dem Gang packen den Wurf ebenfalls. Mit einer Mischung aus Grollen und Kichern verzieht sich Whateley wieder rückwärts durch die Wand. Shadrack flucht, und ballert in die kriechenden Leichenteile, schießt einen der Gegner weg. Byrd und May B. tun es ihm gleich, und schon ist der Angriff abgewehrt. Pulverdampf hängt dicht in der Luft. May B. Und Byrd wenden sich um und erkunden die andere Seite des Tunnels.

Das Exploration Token gibt an, dass ein Zufallsgegner erscheint, nur ein einzelner Walkin' Dead. Ein rotes Clue-Symbol ist jedoch auch wieder darauf, und nun erscheint Zachhariah Whateley hinter May B. durch die Mauerwand!



Runde 3: "Wickett, hinter ihnen!", keucht Shadrack alarmiert, und rennt los, um aufzuschließen. Sein Schuss pfeift durch die Geister-Silhouette des Riesen. May B. feuert auf den stinkenden Zombie vor sich und streckt ihn nieder, dann wirbelt sie herum und starrt Whateley an. Dieser verwendet seine Hold-Aktion und wirft drei neue Crawlin' Dead ab, dann verschwindet er mit seinem abscheulichen, wiehernden Lachen. Byrd bläst direkt einen der drei Kriecher weg ...

Runde 4: ... und zerschießt als Multi-Action die anderen beiden. Shadrack erreicht die beiden schnaufend. Seine Angststörung macht ihm schwer zu schaffen. May schaut durch die Tür zur Linken, in einen Raum mit einem mannshohen Abwasserrohr. Das Exploration Token hier drin zeigt ein Encounter an: Aus dem Abwasserrohr ergießt sich eine dunkelgrüne Schmiere. May B. Muss Athletics schaffen, um nicht auszurutschen und in den ätzenden Schlamm zu fallen, und schafft den Wurf.

Runde 5: Byrd joggt weiter den Gang hinab. Auf dem Boden findet er einen alten, indianischen Tomahawk mit Steinkopf. Womöglich sind sie nicht die ersten, die Whateley hier unten bekämpfen? Verwundert hebt er das Fundstück auf, und schiebt es unter den Pistolengurt.
May B. setzt sich an die Spitze. Es geht noch lange geradeaus.

Runde 6: Alle bewegen sich hastig voran. Rex findet ein verlorenes Ghost-Rock-Nugget im Staub.

Runde 7: Die drei betreten einen viereckigen Raum hinter einer Biegung des Ganges. Hier wartet eine schmale, verschlossene Holztür, wurmstichig, aber aus dicken Planken. Auf dem Boden findet May B. mehrere Knöchelchen und Federn, und noch einen Tomahawk, dieser ist mit Eisenkopf.
"Sieht aus, als hätte schon einmal eine Kriegergruppe ihren Weg hier hinunter gefunden. Sioux oder Paiute oder so", murmelt sie.
Byrd schießt versuchsweise auf das Türschloss, aber macht nur ein Loch hinein.



Das Exploration Token in diesem Raum sieht vor, dass vier Walkin' Dead sich aus dem Geröll erheben, und Zachhariah Whateley tritt geisterhaft durch die verschlossene Tür hindurch! Shadrack wird vor Furcht Shaken.

Runde 8: Zwei Zomies werfen sich gurgelnd und zischelnd gegen Byrd, der nur Shaken wird von den Bissen. May B. wehrt zwei andere ab. Byrd schießt zweimal, streift einen seiner bissigen Angreifer. Mister Whateley reckt gestikulierend die Finger nach den drei Eindringlingen aus und wirkt Stun auf sie, feine Blitze überziehen die drei, aber alle schaffen ihren Vigor-Wurf. Dann geistert der Riese zurück durch die Wand. Shadrack schüttelt seinen Schrecken ab, und wirkt Ammo Whammy auf seine Pistolen, die Runen-Gravuren glühen von innen her auf. Seine Phobie verringert dabei durch den -2-Modifikator sein Raise zu einem einfachen Erfolg, aber immerhin. May B. spickt einen der Untoten mit Kugeln, und dieser bricht zusammen.

Runde 9: Die Hexe erledigt noch einen der stinkenden Angreifer. Shadrack verwendet den Ammo-Effekt Loaded for Bear und stanzt riesige Löcher in die Brustkörbe der letzten beiden Monster, dann ist der Raum still. Byrd schießt erneut auf das Schloss, diesmal fliegen olle Metallteile in alle Richtungen, und die Tür geht auf. Der Blick fällt auf eine garstige, kleine Studierstube, vollgestopft mit okkulten Nachschlagewerken und Referenzen.
"Hierher zu kommen, war Ihr letzter Fehler!", tönt Whateley, aber Byrd winkt ab, er hält dem Intimidation-Test stand. Man hört ein angestrengtes Röcheln hinter dem Gesichtstuch des Riesen: Durch das viele Spellcasting sind seine Powerpunkte fast verbraucht.

Runde 10: "Jetzt hat sich's ausgespukt, Sie häßlicher Saftsack!", spottet Byrd, und macht Zachhariah Distracted.
May B. macht sich bereit, um einen Blitz zu werfen, sollte der Gegner doch noch einmal durch die Wand verschwinden wollen. Shadrack kommt in die Studierstube und richtet beide Smith & Wessons auf den Gegner: "Sie sind am Ende, Whateley, die Kugeln hier drin können ein Gespenst ebenso wegpusten wie jeden normalen Mann! Sie lassen jetzt den faulen Zauber, und reden!"

Sein Intimidation-Resultat ist 13, mit dem Distracted-Marker hat der Riese nur eine fünf. Er muss vorerst aufgeben!
Er beendet die Intangibility-Kraft und hebt seine großen, bandagierten Hände.
Shadrack fragt misstrauisch: "Wer versteckt sich hier noch? Wo ist Ichabod Curwen?"
Zachhariah grollt, "Ich habe ihn in Salt Lake City abgesetzt. Hier ist mein Reich, und meines allein!"
Byrd grinst, "Na, und es haben sich nicht noch ein paar andere Whateleys unter den Dielen versteckt? Wir haben extra das Overlook Hotel nach Ihnen abgesucht, Zachhariah!"
Es kichert hohl hinter dem Gesichtstuch: "Dieser Weg war vergeblich! Das Overlook Hotel war bis vor Kurzem das Domizil meines gesamten Clans. Nun sind nur noch die Übriggebliebenen dort. Und ein paar Schatten der Vergangenheit."
Shadrack verlangt, "Was für eine Art von Teufelei geht dort vor sich? Packen Sie aus, oder dieser Rattentunnel wird Ihr Mausoleum!"
May B. fragt, "Es sind nicht die Whateleys, es ist das Gebäude, nicht wahr? Die ruhelosen Gespenster stacheln die Gäste mit ihren Einflüsterungen zu Gewalttaten auf, und die Whateleys wie Edwina und Marguerite erwehren sich diesen ... Bisweilen auf mörderische Art und Weise. Nur um dadurch neue Gespenster zu produzieren, die auch dort umzugehen beginnen. Und da das Hotel so abgelegen ist, kam bisher niemand darauf."
Zachhariah lässt ein dumpfes, nervöses Lachen erklingen, und sagt, "Kümmern Sie sich gar nicht darum! Bald werden diese Wogen sich geglättet haben, wenn die Übriggebliebenen sich an die neue Situation gewöhnt haben ...! Das Umland vom guten, alten Salt Lake City wird keinen Grund zur Sorge mit der Whateley-Familie haben!"
"Jetzt sagen Sie's schon ... Wo ist der Rest der Bagage denn hin?", fragt Shadrack wütend, und spannt die Hähne seiner Pistolen.
Zachhariah rückt seinen Melonenhut auf seinem großen Kopf zurecht, und sagt mit tiefer, abgründiger Stimme, "Nach Gomorra, Kalifornien. Sie interessieren sich für die Reichtümer des Great Maze."
May B. verengt die Augen zu Schlitzen, und widerholt, "Gomorra?"