Nachspiel
Schloß Sommerwind, Markgrafschaft Gareth
am ersten Tag der Mutter
im Jahr 1504 nach Bahamut
Es war ein wunderschöner Sol, ein Tag der Weißen Göttin mit blauem, wolkenlosem Himmel und einer angenehm warmen, goldenen Sonne. Zahlreiche Edelleute hatten sich auf Schloß Sommerwind eingefunden, um die Vermählung von Galynda Belram und Orthan Lamorak zu feiern.
Nach vergnügsamen Stunden im Schloßgarten und seinem kühlenden Labyrinth aus dunklen Blauschatteneiben, leutete die Abendämmerung den Empfang im großen Saal ein. Die hochwohlgeborenen Herrschaften strömten also, vom eiskalten Schaumwein aus den allgegenwärtigen Kristallkelchen angeheitert, plump scherzend und unverschämt kirchend ins Innere.
Das Schloß bestand aus himmelblauem Marmor, der von nahezu weißem Silber geädert war. Angeblich hatten vor Jahrtausenden Wolkenriesen die Grundfeste des prächtigen Gebäudes in den westlichsten Ausläufern der Feuerwallberge errichtet, was den Ort noch märchenhafter machte als er es ohnehin schon war. Viele Besucher betraten zum ersten Mal den Sommersitz von Haus Lamorak oberhalb der schmucklosen Stadt Noskor.
Ynhes von Yslark empfing die Hochzeitsgesellschaft mit sanften Lautenklängen in einem langen Saal aus schimmerndem, blauem Gemäuer und atemberaubenden, silbrigen Glasflächen. Im Gegensatz zu den feinen Damen und Edelmännern, trug die blonde Bardin ihre schlichte Reisekleidung. Ihre kunstvolle Musik vermochte es dennoch die Feiernden in einen kurzen Moment der Stille zu fesseln.
Als der letzte Ton verklungen war, und noch bevor der wohlverdiente Applaus einsetzen konnte, ergriff der sichtlich gut gelaunte Gastgeber das Wort. Orthan Lamorak bewegte sich mit erhobenem Kelch sowie überschwänglich redend durch die Menge. Er bewegte sich auf den eigentlichen Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die hübsche Lautenspielerin Ynhes, zu.
Orthan LamorakDie Bardin hörte nicht zu, was der angetrunkene Aristokrat mit den roten Wangen von sich gab. Ihr Blick schweifte indes durch das bezauberte Publikum. Sie erkannte Baron Vapren, Saer Wynfreth Pelias und seine Tochter, Baron Forkys, Fürstin und Fürst Morganth, Baron Unkenrath, den Waldgraf, Hohepriesterin Maelina, Nimir von Leira, Abt Claderus und Arlyna von Noskor.
Baron Vapren - Haus Vapren
Haus Pelias - Saer Wynfreth
Sera Ludmylla - Haus Pelias
Haus Forkys - Baron Forkys
Fürstin Morganth - Haus Morganth
Haus Morganth - Fürst Morganth
Baron Unkenrath - Haus Unkenrath
Haus Blaumond - Waldgraf Blaumond
Hohepriesterin Maelina - Nimir von Leira
Abt Calderus - Arlyna von NoskorSaer Anskar Fengrin und seinen Berater Moryn suchte sie jedoch vergebens. So reisten ihre Gedanken in die Vergangenheit;
in jenen finsteren Keller unter dem Gasthof Zum Weißen Hirsch, aus dem sie der Paladin damals befreit hatte;
an das Licht in Peredur, nachdem der junge Fengrin ihr die eiserne Maske hat abnehmen lassen;
an die gemeinsamen Turniere in denen der Ritter so glorreich triumphierte. Von seiner Stellvertreterin, Sera Ludmylla, hatte Ynhes im Schloßgarten erfahren, dass Saer Anskar als im Unterreich verschollen galt.
Unerwarteter Applaus riss die Bardin aus ihren Wachträumen. Die Braut hatte, wie aus dem Nichts, den Saal betreten und sah so ganz anders aus, als
damals in Leira. Zu jener Zeit hatte Prinzessin Galynda Belram in düsteren Trauergewändern gesteckt, da sie ihrem ermordeten Vater gedachte, dem Herzog von Lys. Heute feierte sie in leuchtenden Kleidern ihre Hochzeit mit dem Markgrafen des Ostens.
Galynda BelramBraut und Bräutigam schlossen sich neben Ynhes in die Arme, gaben sich einen Kuss und die Menge jubelte erneut. Orthan Lamorak hauchte der Lautenspielerin eine alkohlschwangere Bitte nach ein paar fröhlichen Klängen ins Ohr, welche sich dankbar in ihre Musik flüchtete.
Sogleich wurden die hohen, doppelflügeligen Türen zur großen Halle aufgestoßen und Schausteller kamen herein. Sie gingen jedoch nicht auf ihren eigenen Füßen, sondern wurden auf langen Stangenwaffen aufgespiest in den Raum getragen. Die einzelnen Hakenspieße wurden jeweils von zwei schwer gepanzerten Soldaten mit geschlossenen Helmen getragen, deren Visir eine drakonischen Fratze darstellte.
Das einheitliche Marschieren der furchteinflößenden Krieger übertönte das helle Klimpern vereinzelter Schellen an den blutgetränkten, bunt karierten Kleidern der Toten. Der rote Lebenssaft der ermordeten Artisten, Musikanten und Feuerschlucker sprenkelte den himmelblauen Marmorboden, bis der makabre Zug auf einen gebrüllten Befehl Halt machte. Es bemächtigte sich eine Totenstille des Saales, die nur von den plätschernden Blutströmen aus den leblosen Körpern angefochten wurde. Schnell bildeten sich kleine Pfützen zwischen den finsteren Soldaten.
Plötzlich spuckte eine vermeintliche Leiche einen gurgelnden Blutschwall und eine Edeldame musste sich übergeben. Die Miene von Galynda Belram glich einer kühlen Porzellanmaske, während Orthan Lamorak hämisch lachen musste. Er bat dann jedoch mit einem ungeduldigen Handzeichen seine Livrierten der beschämten Frau zu Hilfe zu kommen. Anschließend erhob er mit fester Stimme erneut das Wort:
"Lasset diese Vorstellung eine Abschreckung für all jene sein, die meiner Frau, ihrem ehrenwerten Haus und unserer gemeinsamen Zukunft Böses wollen. Ja, als neuer Herzog der Herzlande, werde ich es nicht zulassen, dass dahergelaufene Attentäter und Terroristen die braven Bürger Eralions in Angst und Schrecken versetzen! Diese ruchlosen Männer und Frauen gehörten einem gesetzlosen Kult an, der sich selbst als Ritter der Schwarzen Sonne bezeichnet. Sie dienen jedoch keinem anderen als dem Todesengel Azrael und hatten noch vor unserer Ehelichung den Mord an meiner geliebten Galynda geplant. Dank den umfangreichen Kenntnissen meiner treuen Beraterin Arlyna konnte die Gefahr jedoch rechtzeitig durch die legendären Wyvernenreiter von Haus Lamorak gebannt werden."
Der Markgraf von Gareth und Herzog von Lys schlug seine geballte Rechte hörbar in seine andere, schwarz behandschuhte Hand, um seinen letzten, unheilschwangeren Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen.
Herzogin und Markgräfin - Haus Lys
Haus Lamorak - Herzog und MarkgrafNiemand wagte ein Geräusch von sich zu geben.
Dann wurde außerhalb des Festsaals, hoch über dem Schloß, das durchdringende Kreischen eines Drachen laut. Die Bestie näherte sich. Auf den erschreckten Gesichtern der Hochzeitsgesellschaft machte sich ausgewachsene Furcht breit.
Gelassen versuchte Orthan Lamorak seine Gäste zugleich zu beruhigen wie einzuschüchtern: "Habt keine Angst, meine Lieben. Es ist nur mein ruhmreicher Vorkämpfer, der soeben mit seiner Wyverne auf der Aussichtsplattform gelandet ist. Er wird von nun an in den gesamten Herzlanden Eralions für Ruhe und Ordnung sorgen, nicht nur in der Ostmark, wie bisher. Begrüßt also mit mir den Kommandanten der tapferen Wyvernenreiter: Saer Dulzun Xerk.“