Autor Thema: Habt Ihr schon mal ein Flow-Erlebnis beim Rollenspielen gehabt? Wie oft?  (Gelesen 2444 mal)

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Offline Zed

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Ich gliedere einmal das Thema "Flow und Immersion" aus diesem Thread aus. Flow ist, was ich beim Rollenspiel erreichen möchte. Danke an tartex für seinen Hinweis zum Begriff "Flow"!

Mein Lieblingszustand als SL ist, wenn die SCs und die NSCs so lebendig werden, dass wir alle - mich als SL eingeschlossen - überrascht sind, auf welche Ideen und Gedanken die Figuren kommen. Die gespielte Geschichte ist in dem Moment mit soviel Leben erfüllt, wie ein gemeinsames Hirngespinst nur leben kann. Mir fehlt ein Wort für diesen Zustand. Versunkenheit? "Da zone"?

Spätestens dann sind die Aufgabenverteilungen (Regie, Buch, Animation...) nicht mehr spürbar (wenn auch sicher noch vorhanden).

Es gibt sicher immer mal wieder graduell abgestufte Versunkenheit, aber in seiner Höchstform ist dieser Zustand bei uns sehr selten.

Enthusiasmus.

Es ist wohl mit dem psychologischen Flow verwandt, aber die Freude an der Schöpfung im kreativen Prozess ist dann doch wieder was anderes.

Denn eigentlich geht es gerade ja nicht um Immersion, oder? Denn wärst du völlig versunken würdest du denn Schaffungsprozess ja auch gar nicht bemerken oder bewundern können. Man würde das dann doch als von außen gegeben -quasi natürlich - annehmen.

Ja, Flow, hatte ich schon gehört, aber die Wikipediabeschreibung trifft es, meine ich, haargenau auf den Kopf: "Aufgehen in Schaffenslust"! Das Tolle am Rollenspielflow ist obendrein, dass es eine kollektivistische Erfahrung ist.

Der Begriff "Immersion" hat eine hohe Schnittmenge mit dem, was ich zu beschreiben versuchte. Der Effekt, den ich meine, ist aber ein äußerst aktiver Zustand in der Interaktion mit den Spielenden. Gerade dieser Effekt, dass meine NSCs dabei auf Ideen kommen, auf die ich als SL nicht kommen würde (das tue ich natürlich, klar, aber es fühlt sich nicht so an), ist für mich das wahrnehmbare Zeichen dieses Flows. Es ist die Erfüllung, sich nicht als Ursprung, sondern als Teilnehmender einer gemeinsam erschafften, "lebendigen" Welt zu fühlen.

Habt Ihr das Flow-Gefühl ebenfalls manchmal? Wie häufig in seiner intensivsten Form?

Edit: Vergesst nicht dazuzuschreiben, w a s Ihr im Flowfall spielt.
« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 10:20 von Zed »

Offline klatschi

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Super spannendes Thema und ich denke, es ist ganz schwierig, da zu quantifizieren.
Ich bin mir sicher, dass ich solche Erlebnisse immer wieder habe, vor allem bei Character Play und entsprechenden Interaktionen, wenn die Spielenden in ihrer Rolle aufgehen und ich als SL in der Rolle jeweiliger NPCs. Ich kann mich da an einige Situationen erinnern, wo es so flutscht, wo alle so im Erzählen und Spielen sind, dass man weder merkt, wie die Zeit läuft oder dass man genauer darüber nachdenken würde, was man genau tut gerade. Es flutscht einfach, die Bälle werden hin und hergeworfen und sofort aufgegriffen.

Ohne jetzt genauer darüber nachgedacht bzw. das Ganze beobachtet zu haben, habe ich das Gefühl, dass diese Situationen immer eher beim Character Play aufgetreten sind, denn beim "mechanischen Spiel". Damit meine ich beispielsweise den Kampf, der in vielen Systemen ja doch mit mehr Regeln verbunden ist, mit Sonderfertigkeiten und Subsystemen und der (für mich als SL) mit Verwaltungsaufwand auf einer Metaebene verbunden ist.

So sehr ich VTTs liebe, habe ich hier auch das Gefühl, dass sie Segen und Fluch sind, da der Kampf um einiges besser und schneller abläuft, auf der anderen Seite auch mechanischer und "computerspieliger" wird. Was ich damit meine: Dies merke ich im Spiel mit meinen Gruppen, die sich zum großen Teil nicht sonderlich für die Regeln interessieren, aber schon coole Fähigkeiten haben wollen. Da ist alles nur einen Klick weg, im automatisierten Bogen auch manchmal noch mit einem coolen Symbol versehen, das den Vorgang irgendwie manchmal eher an Diablo erinnert. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass sie (vielleicht auch dadurch?) etwas weniger System Mastery betreiben, was dazu führt, dass vieles beschleunigt wird, Entscheidungen aber aufgrund des fehlenden Verständnisses für die Grundstrukturen verlängert werden. Ich denke aber, dass das ein extra Thema sein könnte. Kurz zusammengefasst: Ich denke mir manchmal, dass der Kampf mit mehr System Mastery und "Eindenken in die mechanische Seite meines Charakters" dann auch wieder anders laufen könnte. Aber das mag auch wieder extrem an meinen Gruppen liegen.

Aber das sind gerade nur Vermutungen ohne detailliertere Beobachtung, und ich werde da dran bleiben und mich mal selbst versuchen aus der Metaperspektive zu beobachten. Ich bin da sehr gespannt, was bei der Diskussion rauskommt, weil ich den Herbst über anfangen wollte, ein Seminar zum Thema "Pen and Paper-Konzepte für Lehr-Lern-Szenarien" vorzubereiten und bei meinem initialen Brainstorming Flow auch eine Rolle gespielt hat.

Offline Crimson King

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Meine Flow-Erlebnisse im Rollenspiel selbst beschränken sich vollständig auf SL-lose Rollenspiele, wenn es ums gemeinsame Schaffen von Story geht. Als SL in der Vorbereitung sieht das noch mal etwas anders aus, aber auch da gibt es den Flow bei mir nur im Kontext von Story und szenischen Überlegungen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Offline aikar

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klatschi fasst es eigentlich perfekt zusammen, gilt eigentlich 1:1 auch für mich. Auch das Online-Spiel und mechanisches Spiel da definitiv ein Hemmschuh ist.
Ein genaues "x-mal ist das passiert" kann ich nach über 20 Jahren Rollenspiel aber sicher nicht nennen.
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Offline Issi

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Ich habe kein Wort dafür, möchte nur kurz beschreiben, wie sich "Flow" für mich anfühlt. Kurz: "Wie in der Kindheit.
Man merkt nicht mehr dass man spielt."

Man ist in der Welt. Emotional, geistig.Und erlebt sie zusammen.
Der gemeinsame Film läuft. Man sieht ihn.
Man fühlt ihn, als wäre man da.


Ich würde sagen: Bei Immersion ist man automatisch im "Flow."
Wobei man einen Flow auch bei anderen, sogar alltäglichenTätigkeiten erleben kann.

Wie häufig erlebe ich das?
Und ich hoffe dass klingt jetzt nicht irgendwie doof: Mit meinen Lieblings Spielern ist das ein gängiger Zustand ( Wir  kriegen während des Spiels häufig vom RL nix mit)

In anderen Runden kommt es bei mir sehr auf die SL an.
Und auch auf die anderen SPL.
Kann man sich gegenseitig abholen? Kann man zusammen "spinnen?" Kann man sich selbst Mal vergessen ?"

2-3 am Tisch reichen mEn. damit das auch für mich funktioniert. Und davon sollte die SL eine(r) sein.
Schließlich ist ihr Job alle Figuren zu spielen, die nicht die SC sind, die Welt zu schildern etc.

Mechanische oder soziale Unterbrechungen stören mich dabei kaum, solange sie im zeitlichen Rahmen bleiben.

Was erleichtert den Flow?
Ich würde sagen:
 1. Spielen -Beginn als Kind zu spielen und hör einfach nicht damit auf... ~;D
2. Selbstvergessenheit- Konzentriere dich ganz auf das was du tust.( Und vergiss alles andere)
3. Gibt deine Reallife Rolle vor dem Spiel bewusst ab. (Samt all ihren Erwartungen und Vorgaben, Gedanken, Sorgen)
Dann kannst du bequemer in andere Rollen schlüpfen.

Edit.
Was erschwert den Flow?
Würde sagen: 1.Eigene Gedanken, die man nicht abstellen kann. (Alltag, Sorgen whatever)
2. Eine Gruppe, in der man sich nicht wohl fühlt.( Verdeckter Zoff, Unstimmigkeiten, schwierige Persönlichkeiten)
3. Fehlender Kontakt zu sich selbst..bzw. zum "Spielenden Kind" in sich.
4. Angst seine RL Rolle abzulegen.
(A la " Was denken denn dann die anderen von mir.....?" etc.)
« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 09:50 von Issi »

Variety

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Ja, hatte ich öfter gehabt, und zwar immer dann, wenn alle Beteiligten mit Enthusiasmus dabei waren. Meine Erfahrung hierbei ist, dass sich dieses Erlebnis immer erst ab Mitte einer Kampagne einstellt. Mit Gelegenheitsspielern, in ephemerischen Sitzungen und am Anfang einer Kampagne ereignet es sich nicht.

Offline Zed

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Und hängt die Häufigkeit/Intensität, wie bei Crimson King, daran,  w a s  Ihr spielt?

Was spielt Ihr während des Flows?

Offline Issi

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Und hängt die Häufigkeit/Intensität, wie bei Crimson King, daran,  w a s  Ihr spielt?

Was spielt Ihr während des Flows?
Ich habe reine "Flows" tatsächlich auch schon beim Schach oder anderen Brettspielen erlebt.

Aber dass man dazu noch wirklich in einer anderen Welt ist, (inklusive gem. Film), das ist dann für gewöhnlich beim Rollenspiel der Fall.
Hier bevorzuge ich eher Systeme, die für Fertigkeiten (nur) einen Hauptwürfel haben.
Weil man das "Ergebnis auf einen Blick - statt rumrechnen", für mich zumindest, Immersions - schonend wirkt.
(Nachtrag: Plus ein eher auf die SC personalisiertes Abenteuer, bzw. - "Erzählstränge" die auf einzelne Figuren zugeschnitten sind)

Edit.
Für einen Flow braucht es für mich entweder die Konzentration auf nur eine Sache, die mich geistig so fesselt, dass der Rest ausgeblendet wird.

Oder aber es ist eine Tätigkeit, die so banal ist, das ich sie problemlos und ungestört nebenbei machen kann, sodass die Gedanken dabei gezwungenermaßen fließen, damit sich das Gehirn nicht langweilt.

Beim Rollenspiel würde ich sagen: hier gibt es beide Arten: Solche Situationen in denen man voll gefordert und drin ist, und solche, in denen der Film zeitweise nebenbei abläuft.
Je nachdem wie sehr die eigene Figur (oder andere Figuren, mit denen man mitfühlt )gerade betroffen ist/(sind).
« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 11:04 von Issi »

Online Marduk

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Solange es eine charakterzentriertere Runde ist und der Charakter einige Grundvoraussetzungen erfüllte (zum Beispiel ein Wesen mit eigenem Antrieb und Zielen und Wünschen ist), hatte ich das eigentlich häufiger.
Interessanterweise komme ich auch als SL beim Leiten ganz gerne mal in einen Flow. Besonders bei, zum Beispiel, Spielen wie Kult Divinity Lost.
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Offline aikar

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Und hängt die Häufigkeit/Intensität, wie bei Crimson King, daran,  w a s  Ihr spielt?
Ich kann zumindest sagen, was die Wahrscheinlichkeit für Flow bei mir reduziert: Die Anwendung von Regeln. Basis-Würfe sind kein Problem, aber sobald man komplexere Regeln anwenden, also über die Regel selbst nachdenken muss, ist Flow bei mir praktisch ausgeschlossen. Umgekehrt, wenn ich mal im Flow bin, ist die Tendenz sehr hoch, Rulings anzuwenden anstatt die genauen Regeln.
Ich habe trotzdem bei einem D&D5-Battlemap-Kampf Spaß. Aber im Normalfall hab ich da keinen Flow. Und wenn doch, dann ist das ganze taktische Kontrukt gerade dabei zusammenzubrechen, weil sich keiner mehr drum schert, sondern einfach nur mehr die Show genießt.

Edit: Wenn ich genau darüber nachdenke, ist die Anwendung von Rulings ein guter Hinweis darauf, dass wir in den Flow kommen. Weil die Spieler dann gerade (bewusst oder unbewusst) irgendwas machen wollen, was nicht dem üblichen Muster folgt. Und das wiederum heißt, dass sich alle mehr Gedanken um die Ingame-Ergebnisse machen als um die Regeln.
So hatten wir z.B. kürzlich den Fall, dass meine D&D5-Gruppe einen Pterosaurier in seinem Nest in einem alten Kirchturm, der jetzt als Leuchtturm genutzt wurde, angegriffen hat, die Hälfte der Gruppe fliegend. Und dann hat der Artificier eine Donnerwoge gewirkt. Im Kirchturm. Mit der Glocke. In Folge ist alle (wörtlich) zusammengebrochen und der Turm hat begonnen, ins Meer abzurutschen. Das oberste Geschoß mit dem Leuchtfeuer ist abgestürzt, das brennende Öl hat sich über die Seite ergossen, der Flugsaurier und die SCs haben verzweifelt versucht raus zu kommen (und sich dabei gleichzeitig gegenseitig zu attackieren).
Zu dem Zeitpunkt hab zumindest ich nicht mehr in Bewegungsweiten, Aktionen, etc. gedacht und die Gruppe wohl auch  nicht. Es war einfach nur episch. Im Nachgang würde ich diese Szene definitiv als Flow sehen.
« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 11:14 von aikar »
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Offline felixs

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Bin nicht sicher, aber für mich liest sich das so, als ob mit "Flow" hier das gemeint sein könnte, was ich "Immersion" nennen würde.
Vielleicht gibt es da einen Zusammenhang. Möglicherweise ein Mosaiksteinchen bei der Erklärung der Frage, was "gelungenes Rollenspiel" ist.

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Offline Issi

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Hallo,

...auf deine Frage, was Gelungenes Rollenspiel ist. Das sollte jeder Selbst Wissen. Interessant wird es wenn die Würfel entscheiden.
Was dann die Mosaiksteinchen bei der Erklärung der Frage antworten
Naja die Würfel sind weder SPL noch SL, sondern ein Dritter, davon unabhängige Entscheider, nennen wir ihn "Zufall" oder "Schicksal".
Ob gewürfelt wird, entscheidet häufig die SL.
Und ab dem Moment, in dem gewürfelt wird,  warten alle gespannt auf das Ergebnis.

Das Ergebnis darf, wie immer es auch ausfällt, jedoch nicht den Spielspaß für alle zerstören.
Weshalb es, aus meiner Sicht, nur dann sinnvoll ist, würfeln zu lassen, wenn man auch bereit ist jedes Ergebnis zu akzeptieren.

Ansonsten kann es mE. zu harten Immersionsbrüchen kommen.

Edit. Wenn was partout nicht gelingen oder gelingen kann/darf/ soll/ muss um den Spielspaß für alle zu erhalten, dann kann man das auch ohne Würfel entscheiden.

« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 12:32 von Issi »

Offline Megavolt

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Ich bin nicht so der Flow-Freund, ich habe lieber die Kontrolle.

Am nähesten kommen meine Rollenspielerlebnisse dem Flow im Rollenspiel, wenn alle konzentriert an einem Problem tüfteln oder wenn alle sehr stark in ihrer Rolle sind und es hitzig zugeht.

Offline felixs

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Ich bin nicht so der Flow-Freund, ich habe lieber die Kontrolle.

Aber das ist doch kein Widerspruch - oder habe ich etwas missverstanden?

Das, was Du danach schreibst, hört sich doch nach einer Situation an, die man als "Flow" beschreiben könnte. (Ich würde weiterhin eher "Immersion" sagen, finde die Idee, hier mit dem "Flow"-Begriff zu versuchen, aber interessant).
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Offline Zed

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aikar:
Zitat
Ich habe trotzdem bei einem D&D5-Battlemap-Kampf Spaß. Aber im Normalfall hab ich da keinen Flow. Und wenn doch, dann ist das ganze taktische Kontrukt gerade dabei zusammenzubrechen, weil sich keiner mehr drum schert, sondern einfach nur mehr die Show genießt.

Megavolt:
Zitat
Ich bin nicht so der Flow-Freund, ich habe lieber die Kontrolle.

Am nähesten kommen meine Rollenspielerlebnisse dem Flow im Rollenspiel, wenn alle konzentriert an einem Problem tüfteln oder wenn alle sehr stark in ihrer Rolle sind und es hitzig zugeht.

Crimson King hat ja auf spielleitungslose Systeme hingewiesen, und ich mir leuchtet ein, dass dort kollektive Flowmomente häufiger stattfinden als bei DnD.

Es geht mir jedoch wie Euch beiden, aikar und Megavolt: Zum einen finde ich Kontrolle auch gut (ein Grund, warum mir Alkohol nicht schmeckt), und DnD erfordert sicher mehr Verantwortung für Kontrolle als SL-lose Systeme. Ich müsste derartige Systeme einmal ausprobieren, um zu sehen, ob eine potentiell größere Flowhäufigkeit mir überhaupt liegt. Und ob sich mit SL-losen Systemen unsere über 25jährige DnD-Kampagne spielen ließe?

Zum anderen mag ich auch den "technischeren" Teil des Rollenspiels, die Ökonomie der Fertigkeiten, den Kampf, die Weiterentwicklung (Belastungsregeln nicht so sehr).

Ich strebe trotzdem Flows an, weil mein Plot (nicht mein Drehbuch!) sich dann erst wirklich lebendig anfühlt: Die Antogonisten der Gruppe und weitere Antagonisten überlegen verzweifelt oder souverän, wie sie gegeneinander oder gegen meine Gruppe weiter vorgehen, und kommen in der Interaktion mit meiner Spielgruppe - wie ich schon sagte - auf Ideen, Lösungen und strategische Vorschläge, auf die ich (zuvor) nicht gekommen wäre. Das geht den Menschen meiner Gruppe auch so, und dann wird die Welt und ihre Figuren lebendig.

Megavolt, stimme ich felixs zu:

Zitat
Das, was Du danach schreibst, hört sich doch nach einer Situation an, die man als "Flow" beschreiben könnte. (Ich würde weiterhin eher "Immersion" sagen, finde die Idee, hier mit dem "Flow"-Begriff zu versuchen, aber interessant).

@felixs: Flow oder Immersion
Ich verstehe Immersion eher auf Wahrnehmung bezogenen, beinahe schon biologischen Maßstab, daher insbesondere im VR-Bereich bedeutsam. Ich weiß, in dem Wikipediaartikel gibt es auch einen Abschnitt über Immersion im Rollenspiel. Aber das alleinige "ganz und gar in seinem Charakter sein und durch ihn die (virtuelle) Realität erleben <- höchste Immersion - trifft für mich den beschriebenen Zustand nicht, weil der Flow etwas bewegliches, sich kreativ entwickelndes ist.

Offline felixs

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Ich würde "Flow" im Spielebereich am ehesten mit dem routinierten und flüssigen Abarbeiten von Regeln in Verbindung bringen.

Sobald es das flüssige Ausspielen der Spielfigur ist, wäre ich im Bereich "Immersion". Auch hier kann man, meinetwegen, von "Flow" sprechen und ich finde das möglicherweise auch sinnvoll.

Das erleben von "Flow" im Sinne des flüssigen, ununterbrochenenen und (dadurch) sinnhaften Durch- oder Abarbeitens würde ich bei Spielen sonst eher für die Beschreibung von Brettspielen verwenden. Wenn ich darüber nachdenke, würde ich für einen ähnlichen Zustand im Rollenspiel vermutlich von "Immersion" sprechen - insofern scheint das schon zu passen.

Will aber gar nicht insistieren. Wenn meine Idee für Deinen Ansatz nicht hilfreich ist, lassen wir das so stehen und ihr macht einfach weiter - bin gespannt, was dabei herauskommt.
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Variety

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weil der Flow etwas bewegliches, sich kreativ entwickelndes ist.

"Flow" impliziert einen Prozesscharakter, während "Immersion" etwas Zuständliches konnotiert. Daher finde ich deine Begrifflichkeit recht nützlich.

Offline Issi

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Das mit dem Alkohol und dem Kontrollverlust finde ich als Vergleich interessant.
Weil ich den tatsächlich nicht herziehen könnte, um "Immersion"zu beschreiben.

Beim Konsum von Alkohol kann es zu Enthemmung und zu Verlust des Selbstkontrolle kommen, was so bei Immersion eher untypisch ist.

Selbstvergessenheit-(Wie lange und wo man beim Spielen sitzt, wird häufig vergessen ) ist in meinen Augen etwas anderes als ein Verlust der Selbstkontrolle.

Dadurch dass man seine Reallife Rolle ablegt um in eine SC Rolle zu schlüpfen wird der Fokus mehr auf die Figur verlagert, und ihr die emotional/ geistige Aufmerksamkeit zu Verfügung gestellt.
Das heißt aber mE. nicht dass man dadurch automatisch Dinge tut, die man nicht mehr kontrollieren kann.
« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 19:11 von Issi »

Offline Issi

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"Flow" impliziert einen Prozesscharakter, während "Immersion" etwas Zuständliches konnotiert. Daher finde ich deine Begrifflichkeit recht nützlich.
Ich würde tatsächlich den Flow als Zustand beschreiben.

Beim "Flow" erreicht man mW. einen Zustand, bei dem das Gehirn relativ gut arbeitet.

Kennt vielleicht jeder von irgendwelchen Tätigkeiten (z.B. "Arbeitsflow") wo man die Zeit nicht mehr merkt, und man mit "gefühlt" wenig Anstrengung relativ viel schafft. A la "Ich bin gerade im Flow."
(Man kann sich ganz auf etwas konzentrieren)

"Immersion"würde ich dagegen als Fähigkeit oder auch Erleben beschreiben.
Die Wahrnehmung verschiebt sich hin zur Figur, und prägt entsprechend das Erleben.

Edit. In beiden Fällen hat man vermutlich eine Form der Selbstvergessenheit-weil die Aufmerksamkeit entweder ganz auf dem Arbeitsprozess liegt oder bei einer Figur bzw. Rolle in einer Phantasiewelt.
« Letzte Änderung: 15.05.2022 | 18:30 von Issi »

Offline Murphy

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Leider nein. Flow habe ich beim Schlagzeugspielen, beim Singen und Reimen. Beim Schreiben sehr oft. Aber im Rollenspiel geht mein Zustand über Immersion leider nicht hinaus. Zu viele Personen, Snack, Würfel, Geräusche, Ideen, Werte, Überraschungen etc. Da kann mein Hirn nicht aufhören, bewusst zu verarbeiten.

Offline Arne..

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Der liebe Zed hatte mich zu dem Post hier geführt. Ich denke ein großteil des Flow Moments kommt durch Vertrauen zustande. Ich kenne es hauptsächlich auch durchs Schlagzeug spielen und würde es als ein Gefühl des "Abgebens" beschreiben. Also wenn ich längere Zeit nicht gespielt habe, werde ich auch weniger Flow Momente haben, weil ich mich nicht auf das Gelernte verlassen kann oder wenn ich mit Leuten spiele, wo es mehr ums "angeben" geht, kommt auch kein Flow zustande. Ähnlich Verhält es sich denke ich auch beim Pen and Paper spielen. Deswegen sind wohl Erzählspiele eher durch Flow geprägt und Regelschwere Systeme halten diesen Zustand zurück. Erzählspiele oder SL-freie Spiele gehen von Anfang an davon aus, dass man sich traut etwas von sich einzubringen und gemeinsam etwas zu schaffen. Man kann sich darauf verlassen, dass vermeintliche Fehler von den Mitspielenden aufgefangen werden. Wenn man aber selbst seine Skills penibel auswählen muss und es eher ein strategischer Kampf wird, braucht es viel Erfahrung, bevor Flow entstehen kann, weil das Vertrauen noch nicht da ist, alles intuitiv richtig zu machen.
Das soll nicht heißen, das Spiele die auf Flow ausgelegt sind, mehr Spaß machen. Für jede Entscheidung verantwortlich gemacht werden zu können, kann ja auch ein sehr spaßiger Stress sein :)
Sorry fürs wiederbeleben, ich fands nur ganz interessant

Offline takti der blonde?

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"Flow" habe ich u.a. mit folgenden Spielen erlebt:

Rifts, SLA Industries, D&D, Unknown Armies (bzw. Unsere Gundam Kampagne mit UA-Regeln), Werewolf: The Apocalypse, Engel

... Nicht unbedingt Regel-Leichtgewichte.

Offline Koruun

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Ich kann mir in etwa vorstellen, was damit gemeint ist - nicht die Immersion (sich in der Vorstellung der Spielwelt verlieren) ist hier das Hauptmerkmal, sondern das gegenseitige geistige befruchten von Ideen und Möglichkeiten, verstehe ich das soweit richtig?

Dann würde ich folgende Frage mit hinein werfen:
Erlebt ihr Rollenspiel-"Flow" nur am Spieltisch, also in persona, oder auch bei Onlinerunden?

Diesen "Zustand" beobachte ich nämlich, wenn, dann nur offline. Würde mich interessieren, ob ich da der einzige bin.
« Letzte Änderung: 7.08.2022 | 10:55 von Koruun »
"The only thing standing in the way of unique characters in OSR is a lack of creativity and a reliance on words printed by other people."

"Once the veneer of fantasy is stripped off, the setting terrestrialized, and the orcs recognized as human, then, all the classic themes of Western racist thought become immediately visible."
Charles W. Mills - THE WRETCHED OF MIDDLE- EARTH

Offline ArneBab

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Flow habe ich z.B. beim Leiten erlebt, als die Witchcraft-SCs auf den Brocken kamen und mit einem uralten Erdgeist gesprochen haben. Wenn ich gleichzeitig den Überblick über die Spielenden und die Umgebung und die NSCs halte und in die Handlung eintauche, so dass alles zusammenwirkt und irgendwie alle Handlungsfäden zusammenkommen — auch und gerade die von den Spielenden eingebrachten — ist das ein intensives Erleben, in dem ich selbst im Spiel aufgehe.

Stärker ist das Gefühl bei mir üblicherweise, wenn es um Magie geht, die frei genug ist (z.B. durch Ritualmagie o.ä.), dass ich kleine Elemente einbringen kann, die das Geführ der Szene unterstützen.

Online habe ich das noch nicht in der gleichen Intensität erlebt, aber schon Ansätze davon mit Leuten, mit denen ich schon oft und intensiv offline gespielt habe.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline Issi

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Ich kann mir in etwa vorstellen, was damit gemeint ist - nicht die Immersion (sich in der Vorstellung der Spielwelt verlieren) ist hier das Hauptmerkmal, sondern das gegenseitige geistige befruchten von Ideen und Möglichkeiten, verstehe ich das soweit richtig?

Dann würde ich folgende Frage mit hinein werfen:
Erlebt ihr Flow nur am Spieltisch, also in persona, oder auch bei Onlinerunden?

Diesen "Zustand" beobachte ich nämlich, wenn, dann nur offline. Würde mich interessieren, ob ich da der einzige bin.
Einen Flow kann man auch alleine erleben.
Ich würde ihn mit "Selbstvergessenheit" beschreiben. Man geht "vollkommen in einer Sache auf."

Bei der Immersion (Man ist in einer anderen Realität, und hat dazu das entsprechende Kopfkino) ist der Flow aus meiner Sicht ein Nebenprodukt.

Gegenseitiges Befruchten. (Sich im Spiel gegenseitig"Bälle zuwerfen",  aufeinander reagieren etc.) würde ich auch als ein Nebenprodukt der Immersion sehen.
Denn bevor ich entscheide, was eine Figur macht, muss ich mich ja zuerst Mal in sie hineinversetzen. (Die Phantasie Welt mit ihren Augen/Sinnen, Emotionen etc. wahrnehmen)

Zur Frage:
Ich spiele nur Tisch- Rollenspiel.
Das empfinde ich schon immersiv- flowig.
Auch dank meiner Lieblings Mit-SPL, und gutem SL.

Online hat mich bislang nicht gereizt.
Da kann ich nicht mitreden.
« Letzte Änderung: 7.08.2022 | 10:54 von Issi »