Autor Thema: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?  (Gelesen 8800 mal)

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Brainworm

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #150 am: 23.06.2022 | 15:18 »
Ja, weiß nicht. Bestimmt, aber da bin ich zu oldschool und konservativ. Es muss am Tisch klappen, ich traue diesem neumodischen Kram nicht....

Da bin ich ganz bei dir. Nur fürs Ballancing wäre es sicher interessant.

Offline unicum

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #151 am: 23.06.2022 | 15:19 »
Ulisses hat da schon mehr.
Aber ich denke nach den großen Zwei (Ulisses und Pegasus) ist die Luft dünn und wird das Potenzial knapp.

Ich würde an der Stelle nochmal hinterfragen was ein Hauptberuflicher Rollenspielentwickler ist,...
Sicher haben Ulisses und Pegasus mehr Mitarbeiter als 10 aber nicht alle von denen werden Rollenspielentwickler in Vollzeit sein.

Wieviel % der Arbeitzszeit wird wirklich "Rollenspielentwicklung" sein? Was beinhaltet das? Spieltesten? (sicher) Abenteuer dafür schreiben? (würde ich nicht so sehen) Das Regelwerk Layouten? (Nein) Eine Druckerei suchen? (auch nicht) Kommunikation mit der Community? (auch nein).

Offline ArneBab

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #152 am: 23.06.2022 | 15:21 »
Ja, weiß nicht. Bestimmt, aber da bin ich zu oldschool und konservativ. Es muss am Tisch klappen, ich traue diesem neumodischen Kram nicht....
Außerdem kannst du das am Computer machen, aber dann kommt jemand auf die Idee, dass die Hügellandschaft (Flufftext) sich toll für einen Hinterhalt eignen würde und das ganze Balancing ist für die Katz :-)

Der Plan muss schon mindestens einmal an einer Spielrunde gescheitert sein, um sinnvoll sein zu können :-)

Ansonsten ja: Programme helfen viel, um nicht übermäßig komplexe Fähigkeiten gegeneinander abzuwiegen. Für Begegnungen halte ich Faustregeln für nützlicher.

Auch von mir Danke!
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Offline Eismann

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #153 am: 23.06.2022 | 15:27 »
Mal ein paar Punkte eingeworfen:

Von "Deutschland in den Schatten" gab es eine Übersetzung ins Englische, die wohl auf amerikanischer Seite nochmal "amerikanisiert" wurde, mit mehr Nazis etc. Hab ich aber leider nie in Händen gehabt.

Was das Schreiben eigener Rollenspiele angeht: Es ist halt ein Sack von Arbeit, und es hilft zu wissen, was man da tut, um fertig zu werden. Dazu braucht es dann noch ordentliche, passende und sinnvoll plazierte Illus, vernünftiges Layout und eine Möglichkeit das Spiel auch an die Spieler zu bringen. Die meisten Hobbyprojekte scheinen da entweder am Mangel der nötigen Kompetenzen (wie eben Layout etc.) oder an der 20:80-Regel zu versacken. Die letzten 20 Prozent des Buches brauchen 80 Prozent der Arbeit. Daher dümpeln so viele Eigenentwicklungen nach 10+ Jahren noch halbfertig irgendwo herum.

Ideen für Rollenspiele habe ich da genug, hätte im Zweifel sogar zwei, drei Konzepte im Schrank, aber dafür hab ich schlicht keine Zeit,bzw. anderes hat da deutlich Vorrang.

Was die Beschäftigten im deutschen Rollenspielbereich angeht: Wenn man Angestellte (also keine Freelancer) anschaut, und da dann nur Autoren, Redakteure und Entwickler (also kein Lager, Buchhaltung, Marketing usw.) würde ich schätzen, dass es in Deutschland vielleicht so 10-12 davon gibt. Und die Bezahlung ist da eher leidlich.

Brainworm

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #154 am: 23.06.2022 | 16:03 »
Außerdem kannst du das am Computer machen, aber dann kommt jemand auf die Idee, dass die Hügellandschaft (Flufftext) sich toll für einen Hinterhalt eignen würde und das ganze Balancing ist für die Katz :-)

Ich würde sagen das kommt darauf an, ob es für Hinterhalte Regeln gibt.
Einem Computer zu sagen "das ist jetzt Hinterhalt, deswegen bekommen die anderen alle - 2" und das dann auch noch mal drölfzigtausend mal durchlaufen zu lassen ist ja kein Problem.

EDIT: Wohlgemerkt, ich spreche von der Neuentwicklung eines Systems. Ich sage auch nicht, dass mit Spieler:innen am Tisch testen eine schlechte Idee ist; im Gegenteil, ich halte Betatesten für eines der wichtigsten Dinge. Ich glaube nur, dass ein Computer einem halt sehr schnell sagen kann „in der und der Situation gewinnt zu 89% der Fernkämpfer“ oder Ähnliches.
« Letzte Änderung: 23.06.2022 | 16:13 von Brainworm »

Brainworm

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #155 am: 23.06.2022 | 16:38 »
Ich würde an der Stelle nochmal hinterfragen was ein Hauptberuflicher Rollenspielentwickler ist,...
Sicher haben Ulisses und Pegasus mehr Mitarbeiter als 10 aber nicht alle von denen werden Rollenspielentwickler in Vollzeit sein.

Wieviel % der Arbeitzszeit wird wirklich "Rollenspielentwicklung" sein? Was beinhaltet das? Spieltesten? (sicher) Abenteuer dafür schreiben? (würde ich nicht so sehen) Das Regelwerk Layouten? (Nein) Eine Druckerei suchen? (auch nicht) Kommunikation mit der Community? (auch nein).

Das ist eine gute Frage. Ich vermute, dass die meisten Mitarbeiter in deutschen Rollenspielverlagen mehrere dieser Tätigkeiten übernehmen. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass sich die Verlage hierzulande viele Leute leisten können, die nix anderes machen, als ein System zu entwerfen und es zu testen. Zumal es ja auch gar nicht sooo viele in Deutschland entwickelte Spiele gibt.*


*Ja, es gibt viel Hobby-Kram, aber ich meine „große“ Rollenspiele, die auch professionell vertrieben werden.

Offline Hereagain

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #156 am: 23.06.2022 | 17:00 »
Ich würde an der Stelle nochmal hinterfragen was ein Hauptberuflicher Rollenspielentwickler ist,...
Sicher haben Ulisses und Pegasus mehr Mitarbeiter als 10 aber nicht alle von denen werden Rollenspielentwickler in Vollzeit sein.

Wieviel % der Arbeitzszeit wird wirklich "Rollenspielentwicklung" sein? Was beinhaltet das? Spieltesten? (sicher) Abenteuer dafür schreiben? (würde ich nicht so sehen) Das Regelwerk Layouten? (Nein) Eine Druckerei suchen? (auch nicht) Kommunikation mit der Community? (auch nein).

Nein aber sie arbeiten in einer Firma, die fast nur Rollenspiele herstellt. Und Ulisses listet die ja mittlerweile alle in ihren Büchern vorne. Da ist schon Administration und Marketing mehr als 10 Leute. Ulisses ist ein mittelständisches Unternehmen und alle Angestellten leben davon, dass sie Rollenspiele machen: von der Buchhaltung bis zu den Menschen im Lager. Wie viele von denen fest angestellt sind weiß ich nicht aber ich glaube im Dorpcast fiel eine Zahl zwischen und 20 und 30, wenn ich mich richtig erinnere.

~edit~
Beim Bundesanzeiger listet Ulisses ihr Vermögen (Aktiva und Passiva) nach Ablauf des Geschäftsjahres 2021 bei 4,3 Millionen Euro. Nur um mal eine Zahl in den Raum zu werfen.
« Letzte Änderung: 23.06.2022 | 17:14 von Hereagain »

Offline ArneBab

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #157 am: 23.06.2022 | 18:04 »
Beim Bundesanzeiger listet Ulisses ihr Vermögen (Aktiva und Passiva) nach Ablauf des Geschäftsjahres 2021 bei 4,3 Millionen Euro. Nur um mal eine Zahl in den Raum zu werfen.
Das wirkt knapp für eine Kreativfirma. Etwa ein Jahr Puffer für Personalkosten, wenn mal ein Projekt nicht läuft.
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Offline Hereagain

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #158 am: 23.06.2022 | 18:59 »
Das wirkt knapp für eine Kreativfirma. Etwa ein Jahr Puffer für Personalkosten, wenn mal ein Projekt nicht läuft.

Das sieht bei ihnen aber so nicht aus. Ulisses wächst seit Jahren beständig.
Der US-Zweig ist beim Bundesanzeiger, zumindest soweit ich weiß, nicht berücksichtigt.

Online Gunthar

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #159 am: 23.06.2022 | 19:22 »
Wobei welchen Einfluss hatte der Verlust der D&D 5e Lizenz? D&D war doch ziemlich sicher ein starkes Zugpferd.
Spieler in D&D 5e: "12 + viel, trifft das?"

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
I propose that we rename the game "The One Ring" to become "The Eleven Ring" ;)
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Offline tartex

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #160 am: 23.06.2022 | 19:28 »
Der US-Zweig ist beim Bundesanzeiger, zumindest soweit ich weiß, nicht berücksichtigt.

Der US-Zweig schafft es ja nichtmals regelmäßig an Update auf der eigenen Website zu posten...
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Im Youtube-Kanal: Meine PnP-Let's-Plays

Offline ArneBab

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #161 am: 23.06.2022 | 20:38 »
Das sieht bei ihnen aber so nicht aus. Ulisses wächst seit Jahren beständig.
Das ist toll, hat aber nicht damit zu tun, wie viele Reserven sie haben.

Wobei ich nicht BWL’er genug bin (sprich: gar nicht), um sagen zu können, ob das im Vergleich zu anderen Firmen viel oder wenig ist. Ich sehe nur, dass ich es gefährlich knapp finde. Vielleicht ist es für eine Firma sogar ungewöhnlich gut, einen Jahreslohn an Sicherheiten zu haben.
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Offline Hereagain

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #162 am: 23.06.2022 | 20:52 »
Das ist toll, hat aber nicht damit zu tun, wie viele Reserven sie haben.

Wobei ich nicht BWL’er genug bin (sprich: gar nicht), um sagen zu können, ob das im Vergleich zu anderen Firmen viel oder wenig ist. Ich sehe nur, dass ich es gefährlich knapp finde. Vielleicht ist es für eine Firma sogar ungewöhnlich gut, einen Jahreslohn an Sicherheiten zu haben.

Kann ich dir auch nicht sagen.
Folgendes kann man sagen:

1. Pegasus ist scheinbar sehr klar und konstant über die Jahre  ca. das Doppelte von Ulisses (ca. 9 Millionen). [Das erste Mal als ich mir die Zahlen vor ca. drei oder vier Jahren angeschaut habe, war Pegasus bei 6 Millionen.]
2. Ulisses wächst: alleine von 2020 (700.000€) und 2021 (500.000€) hat die Firma 1,2 Millionen an Wert gewonnen. Und das waren die Pandemiejahre.


« Letzte Änderung: 23.06.2022 | 20:55 von Hereagain »

Offline BBB

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Re: Wieso ist der deutsche Rollenspielmarkt so klein?
« Antwort #163 am: 7.01.2023 | 19:40 »
So, ich betreibe mal Thread-Nekromantie :D
Verfolge diesen Faden seitdem er entstanden ist, habe mich aber bisher sehr zurückgehalten. Da das Thema in unterschiedlicher Form immer wieder aufkommt (u.a. ja auch hier), dachte ich mir, es lohnt sich vielleicht doch nochmal dazu zu posten.

 
Erstmal zur letzten Frage, die aufkam: Ich bin auch kein BWLer und echt kein Profi in dem Bereich, insofern seht das, was ich jetzt schreibe, mit einem „grain of salt“, wie man so schön sagt. Aber ich bin ehemaliger Firmenbesitzer und hab damit ein klein bisschen praktische Erfahrung. Deutlich kleinere Firma allerdings. Da hatten wir auch immer so etwa ein Jahr Pufferzone, das war eigentlich ganz gesund, vor allem wenn man in keiner Industrie ist, die wahnsinnig großen Schwankungen unterworfen ist.
Für mich liest/las sich das eigentlich relativ gesund.
Dann kam die Entlassungswelle bei Ulisses, aber die hat glaube ich eher etwas mit dem Ukrainekrieg zu tun… Komme ich gleich noch dazu.



Weshalb ich den Thread wiederbelebe ist aber eigentlich etwas anderes.
Ich glaube nämlich, dass der Grund dafür, dass der deutsche Rollenspielmarkt so klein ist, hauptsächlich im Geschäftsmodell begründet liegt.
Das dürfte auch der größte Unterschied zwischen deutschen/europäischen und beispielsweise US Rollenspielverlagen sein.

Was meine ich damit?

Das Geschäftsmodell Rollenspiel in Deutschland ist eigentlich recht simpel.
Schreib ein Rollenspiel.
Drucke es in Form eines Buches.
Verkaufe die Bücher.

Ende.

Das hat eine ganze Reihe krasses Vorteile. Zum Beispiel gilt das Buch in Deutschland als Kulturgut und hat damit eine ganze Reihe Privilegien. Verringerter Mehrwertsteuersatz. Buchpreisbindung. Relativ standardisierte Vertriebswege durch ISBN.
Gerade die Kombination aus Buchpreisbindung und verringertem Mehrwertsteuersatz macht das Geschäftsmodell Buchverlag äußerst attraktiv, denn
a) ich als Verlag bestimme den Verkaufspreis, nicht der Händler. Das heißt ich verhandle nur einmal über die Marge (und selbst das stimmt nicht wirklich, denn da gibt es branchenübliche Bänder) und der Händler hat danach keine Möglichkeit mehr zu mir zu kommen und zu sagen: Ey, ich finde dein Produkt ja super, aber die Kunden wollen es zu dem Preis nicht kaufen. Würde es gerne für 10% weniger anbieten, aber du müsstest mir da entgegen kommen.
Das spart jede Menge Aufwand.
b) Selbst wenn der Verlag mal ein relativ schlechtes Jahr hat und genauso viel Geld einnimmt, wie er ausgibt, macht er damit netto immernoch einen (sehr kleinen) Gewinn, denn seine Ausgaben werden mit 19% versteuert, seine Einnahmen nur mit 7%. Sprich er kriegt vom Fiskus Steuern zurück.

Das macht dieses Geschäftsmodell erstmal sehr attraktiv.

Das Problem ist, dass das Geschäftsmodell 19tes Jahrhundert ist, die Welt aber mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen ist. Und das bedeutet dreierlei:
1. Gestiegener Wettbewerb
2. Verringerte Aufmerksamkeitsspanne/Geduld der Konsumenten
3. Veränderte Marktbedingungen

Zum Wettbewerb:
Buchverlage stehen nicht mehr nur in Konkurrenz mit anderen Buchverlagen. Sie stehen in Wettbewerb mit allem, was Freizeitgestaltung ist. Dem Internet. Handyspielen. Kino. Streaming. Usw.
Das ist die erste Hürde, die sie nehmen müssen.
Mal ein drastisches Beispiel:
Ich bin irgendwo verabredet, die Verabredung sagt kurzfristig ab, ich hab plötzlich 120 min Freizeit gewonnen. Was mach ich damit?
Selbst wenn ich Rollenspiel kenne und grundsätzlich daran interessiert bin, ist die Hürde online zu gehen, mir etwas dazu anzulesen, mir ein Spiel zu bestellen, DEUTLICH höher als einfach schnell irgendein Handyspiel herunterzuladen, dass verspricht ein Rollenspiel zu sein.
Und das ist nur der Fall bei einer Zielgruppe, die schonmal von Rollenspiel gehört hat.
Wenn ich von einer Zielgruppe spreche, die keine Ahnung hat von Rollenspiel, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zufällig darüber stolpert, gleich 0.
Ja, sie stolpern vielleicht (!) über D&D, weil sie Big Bang oder Stranger Things oder irgendeine andere Nerd/80er Jahre Serie schauen. Aber das ist dann D&D, nicht Rollenspiel.

Und trotzdem muss das dann noch mit all den anderen Freizeitaktivitäten konkurrieren.

Ich bin da das beste Beispiel. Ich spiele Rollenspiele seit ich 14 bin. Mittlerweile habe ich zwei Jobs und Familie. Allein Zeit zu finden, an der ich wirklich Zeit zum Spielen habe, ist nicht leicht, das dann noch mit den Terminkalendern meiner Runde zu koordinieren – nahezu unmöglich. Netflix & Chill ist da leichter.

Rollenspielverlage müssten MASSIV in Marketing investieren, um Rollenspiel (lies: Nicht D&D) bekannter zu machen in der Breite. Die RocketBeans haben gezeigt, was das bringt. Die hatten nur eins: Reichweite. Die haben sie genutzt und aus dem Stehgreif 5000+ Rollenspielbücher verkauft. Ich glaube damit waren sie aus dem Stehgreif das dritt- oder viertmeist verkaufte Rollenspiel in Deutschland.
Weil sie Reichweite haben.
Rollenspielverlage haben die nicht.
Aber selbst wenn sie Reichweite hätten – und das ist immer das sehr valide Gegenargument – wäre es für Rollenspielverlage nicht ökonomisch, denn der Aufbau dieser Reichweite würde sie mehr kosten, als sie letztlich einnehmen würden, weil es eben noch weitere strukturelle Hürden gibt. Im Geschäftsmodell begründet.
Und das bringt uns zu zweitens:

Verringerte Aufmerksamkeitsspanne der Konsumenten:
Ich hab es schon anklingen lassen: Die heutige Konusmentenschaft (und nein, das ist nicht nur auf Kids und Jugendliche begrenzt, ich kenne so viele Menschen 50+ die wenn sie etwas nicht innerhalb von 10 Sekunden verstanden haben das Interesse verlieren) hat eine Aufmerksamkeitsspanne vom sprichwörtlichen Goldfisch. Was nicht sofort klappt, ist es nicht wert.

Das ist tödlich für klassische Rollenspiele.

Nehmen wir erneut an, ich als Rollenspielverlag habe es geschafft Interesse bei Neukunden zu wecken und habe sie sogar dazu bekommen, eigeninitiativ und aktiv nach Rollenspielen zu suchen (das müssen sie nämlich machen, um überhaupt an Rollenspielbücher ranzukommen).
Was dann?

Erstmal haben sie eine überwältigende Auswahl. Tausende Rollenspiele. Das nimmt schon gleich wieder die Lust am Spiel, denn die Wahrscheinlichkeit nicht das perfekt für mich geeignete Spiel zu finden ist gleich 0.
Nachdem sie sich entschieden haben, müssen sie bestellen, bezahlen, MINDESTENS einen Tag auf die Auslieferung warten (wenn sie beim bösen A bestellen), und dann… haben sie ein 300-600 Seiten starkes Buch vor sich, dass sie erstmal lesen müssen.

Uff.

Drei Monate später, die Lust zu spielen ist mittlerweile wahrscheinlich komplett vergangen, hat man dann die Regeln drauf und muss sich eine Gruppe suchen. Was nochmal einige Wochen kosten kann.
Ihr seht, ich übertreibe bewusst, aber das Potenzial auf dem Weg von der Spiellust zum eigentlichen Spiel enttäuscht und frustriert zu werden ist riesig. Und das wiegt umso schwerer, je mehr wir in Zeiten leben, in denen instant gratification die Aumerksamkeitsökonomie steuert.

Die bisherige Strategie von Rollenspielverlagen (Ausnahmen bestätigen die Regel) war es meiner Meinung nach, sich auf den Kern zu konzentrieren und sich beim Marketing auf die (anspruchsvolle) Community und Zufälle zu verlassen.
Systematische Neukundengewinnung findet fast (!) nicht statt, vom Umbau großer IPs in Rollenspiele mal abgesehen.

Und solange die – wie nannte der Eismann sie? Würfelmumien? - solange die Würfelmumien immer mehr Einkommen generieren, dass sie bereitwillig in ihr Hobby stecken, ist das auch mehr oder weniger ein Nullsummenspiel. Zumindest die Marktbedingungen gleich bleiben. In den letzten Jahr(zenht)en ist durch den Digitaldruck, durch stabile Preise bei den relevanten Rohstoffen, usw. die Marge im Markt eher gestiegen, soweit ich das von außen beurteilen kann.
Das hat sich jetzt geändert.

Veränderte Marktbedingungen:
Aktuell gehen Rohstoffpreise durch die Decke. Energie wird teurer. Papier wird teurer. Die Löhne steigen.
Auf einmal erweist sich die Buchpreisbindung als Fluch. Denn der Preis für die Rollenspielbücher kann nicht im gleichen Maße steigen, wie es notwendig wäre. Er kann nicht dynamisch auf den Markt reagieren. Lebensmittel, Mieten, alles ist in den letzten Monaten teurer geworden. Rollenspielbücher nicht.

Hier hat sich der lange Vorteil des Geschäftsmodells Buch ins Gegenteil verkehrt. Konnte niemand vorhersehen, aber das ist meiner Meinung nach die aktuelle Entwicklung.


Und was heißt das jetzt?
Wenn man dafür sorgen will, dass der Rollenspielmarkt in Deutschland größer wird, dann muss man das aktiv und systematisch entwickeln. Märkte entstehen nicht einfach so, sie wachsen nicht einfach so. D&D hatte da, glaube ich, einfach viel Glück. Sie sind in zwei der erfolgreichsten TV Shows des letzten Jahrzehnts relativ prominent platziert worden (vielleicht haben sie sich da auch selber platziert, keine Ahnung), und damit haben sie den Markt für sich massiv erweitert. Aber in Stranger Things und Big Bang Theory wird halt nicht Rollenspiel gespielt. Es wird D&D gespielt. Und die ganzen anderen Probleme bestehen weiterhin, auch wenn WotC das ebenfalls erkannt zu haben scheint und ja jetzt mit OneD&D angeht.

So sehe ich das zumindest. Wenn man das Geschäftsmodell nicht grundlegend ändert, wird es in Deutschland kein Wachstum mehr geben. Der Markt für Rollenspiel in Buchform ist weitgehend gesättigt.
Aber das muss ja nichts schlimmes sein.

Und wie gesagt, das ist alles nur meine Sicht und Spekulation. In einem anderen Thread (hier, für die, die es interessiert) hab ich mir mal Gedanken dazu gemacht, wie ich ein Rollenspiel aufziehen würde, das sich vom Geschäftsmodel Buch löst. Werde ich auch versuchen weiter voranzutreiben, vielleicht funktioniert es ja wirklich :D
Power Gamer: 33% Butt-Kicker: 21% Tactician: 67% Specialist: 42% Method Actor: 88% Storyteller: 75% Casual Gamer: 42%

Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

Würde gern spielen: Altered Carbon, Shadowrun, Cyberpunk, irgendetwas aus diesem Genre... außerdem The Witcher, Nesciamus, Vampire, ... irgendwas