Autor Thema: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele  (Gelesen 10337 mal)

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Offline Crackers

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #50 am: 6.07.2022 | 21:21 »
Crackers: es gibt eine relativ begrenzte Menge an Geld, das die Leute im deutschsprachigen Raum bereit und in der Lage sind, umzusetzen.
Dieses Geld verteilt sich auf die Menge an Produkten.
Wenn die Kosten eines Produktes steigt, dann wirkt sich das auf den Markt aus.

Einige (nicht alle) denkbare Auswirkungen:
1. es gibt weniger Vielfalt, weil weniger Produkte produziert werden. Die Produzierten Produkte sind aber hochwertiger (zB in der Übersetzung).
2. es gibt genau so viele Reihen (Vielfalt bleibt gleich), aber die Auflagen der Produkte sinkt. Dadurch erhöhen sich Produktionskosten (zB der Preis für Druck pro Exemplar)
3. es gibt mehr einheimische Produkte, weil Übersetzungen gegenüber den nativen Produkten unverhältnismäßig teuer werden. Folge: weniger Übersetzer, mehr Autoren
4. Konsumenten sind gewillt, mehr für Übersetzungen auszugeben und deswegen lohnen sich heimische Produkte weniger. Folge: mehr Übersetzer, weniger Autoren
5. Verlage erhöhen die Preise der eigenen nativen Produktionen und machen mehr Gewinn.
6. Kunden kaufen lieber das preiswertere englische Produkt als die unverhältnismäßig (empfundene) teurere deutsche Übersetzung. Weniger Übersetzungen, weniger Übersetzer.

Wie Du siehst: Entwicklungen können in unterschiedliche Richtungen gehen.
Nicht alle sind positiv, aber manche durchaus. Nicht in jedem Fall verdienen Menschen plötzlich mehr.

Das verstehe ich. Ich war ja dem Irrtum aufgesessen, dass die Übersetzer keine bessere Qualität abliefern können, weil sonst das Verhältnis von Zeit zu Bezahlung nicht stimmt. Nur deswegen schrieb ich von Selbstausbeutung, Liebhaberei und der Erhaltung des Status Quo, wenn man das so weiter betreibt. Wenn sich dieses Problem nun von den Übersetzern zu den Lektoren verschiebt, bleibt das ja gleich. Und klar: Wenn irgendwo mehr Geld auf ein Problem geworfen werden muss hat das Auswirkungen auf den Markt. Wenn davon aber alle beteiligten eigentlich leben können oder das kein strukturelles Problem ist, und das ist es ja nicht, schließlich ist der Großteil der Übersetzungen vollkommen in Ordnung, macht irgendwer seinen Job nicht, oder? Letztendlich müsste dann ja der Redakteur oder Verlag dem Lektor auf die Finger hauen und Nachbesserung fordern. Oder wird das in der Verlagsbranche dann als erneutes Lektorat beauftragt?

Mit "oh boy" wird mitnichten eine person bezeichnet, vielmehr ist es ein genervter seufzer, vergleichbar dem deutschen "och neee". Stammt wenn ich mich recht erinnere aus dem amerikanischen Sprachraum. "Cracker" dagegen ist im bereich der Südstaaten tatsächlich eine beschimpfung...

Ich erkläre dir gern per PN, warum ich auf Boy äußerst allergisch reagiere und woher "Crackers" stammt. Letzteres ist eine Zusammenziehung meines vollen Namens.

Ich nehme drei Probleme wahr (wertfrei gesprochen, das ist rein deskriptiv):

- Jeder hält sich für sehr sprachkompetent, ist es aber nicht, sondern ist stattdessen in seinem individuellen Sprachsilo gefangen. Oder anders: Der eigene Horizont muss zwangsläufig wie der echte Horizont wirken, aber das ist falsch. Hier gibts massive blinde Flecken und die sind immer brutal. Letztlich ist jeder schwächer, als er denkt.

Ich hatte das bisher nicht als stilistische Kritik, sondern vor allem als Sachkritik verstanden. Sprich: Falsch übersetzte Zauber, die von der Wirkung her vom englischen Original abweichen.
Klar, am Ende sind auch das Kleinigkeiten. Aber da die Übersetzung ja nicht geplaytested wird, können sich aus solchen Dingen ja gerade bei sehr regelfixierten Menschen echte Gamebreaker ergeben.

Ansonsten stimmt natürlich vor allem die Fiddelarbeit. Ich würde kein Rollenspiel übersetzen wollen.

Offline Tomas Wanderer

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #51 am: 6.07.2022 | 21:32 »
Carl-Jung-Zitat ... gestrichen
Alles richtig gemacht.

Offline Infernal Teddy

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #52 am: 6.07.2022 | 22:05 »
Alles richtig gemacht.

Stimmt. Jung und Campbell sind etwas... problematisch
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Teddy sucht Mage

Offline Daniel S.

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #53 am: 6.07.2022 | 22:18 »
Das mit dem Zeitaufwand zu Bezahlung stimmt schon irgendwie. Ich gebe mir wirklich viel Mühe bei meinen Übersetzungen, beachte alle Glossare, erstellte selbst aufwendige und vollständige Glossare, damit andere Übersetzer, die dann später vielleicht mit meinen Texten weiterarbeiten müssen was in der Hand haben, halte mich an Terminologievorgaben, wühle metertief in bereits übersetzten Büchern, recherchiere metertief in Internetressourcen wenn ich Zeugs wie Warhammer oder Star Wars übersetze, aber am Ende des Tages muss auch ich eine bestimmte Seitenzahl schaffen, weil ich mir sonst irgendwann nicht mehr die Butter aufs Brot oder den Kaffee in der Tasse leisten könnte (ganz zu schweigen von so absurden Dingen wie den Strom für den Computer, an dem ich gerade tippe). Und jemand der es als Nebenberuf macht und in der Praxis vielleicht halb so schnell ist für die investierte Zeit wie ich, wird auch irgendwann den Punkt erreichen, wo er einfach abwägen muss wie viel mehr Zeit es pro übersetzte Seite noch bringt oder eh vergeudete Liebesmüh ist (vor allem da in den meisten Fällen, Versuche den oft sehr schlampigen Originaltext zu verbessern es nicht einmal in die Endfassung schaffen ... siehe unten).

Ich kann mich hier Tele (und anderen mit Praxiserfahrung) nur anschließen, der ganz am Anfang nur ein paar Schlaglichter auf Schwierigkeiten beim Übersetzen von Rollenspieltexten geworfen hat und in Wahrheit gibt es da noch viel, viel mehr und das alles schießt den Aufwand im Vergleich zu beispielsweise Romanübersetzungen durch die Decke und irgendwo ist einfach die Grenze dessen erreicht was der Übersetzer noch gerade ziehen kann. Ich meine in manchen Texten finde ich hunderte Fehler im Original. Da werden Schwierigkeitsgrade (Mindestwerte, Zielzahlen) falsch angegeben, da werden Fähigkeiten, Vorzüge, Talente, Zauber etc. verwendet, die es nicht gibt, da widerspricht sich die Beschreibung des einen und gleichen Regelelements von Seite A zu Seite B und manchmal innerhalb von zwei Absätzen, da ist der Fluff seitenweise völliger Blödsinn, der im klaren Widerspruch zu anderen Büchern der Reihe steht und, und, und. Dann dokumentiert man das vielleicht haarklein und gibt es an den Verlag weiter, der versucht das natürlich zu ändern und eine Genehmingung dafür einzuholen und dann kommt von den Linzengebern das "Njet, ihr dürft unsere Texte nicht verändern und wenn ihr es versucht kriegt ihr keine Druckfreigabe."

Und so weiter und so fort ... und schlussendlich landen all diese Dinge, von denen viele einfach außerhalb des Einflussbereichs eines Übersetzers liegen, dann in irgendeiner Diskussion vor den Füssen von uns Übersetzern. Natürlich sind nicht alle Diskutierenden so, aber man liest immer wieder, wie dieses oder jenes Buch zerrissen wird und natürlich ist für alles und jedes der Übersetzer verantwortlich. Und dann möchte man als Übersetzer ganz laut schreien und sich in die Diskussion einmischen, zuckt aber schlussendlich nur frustriert mit den Schultern weil man sich an Dutzende ähnliche Diskussionen erinnert, wo man bereits dabei gescheitert ist, seinen Standpunkt darzustellen.

Und ich bin mir einigermaßen sicher, dass es mir diesmal wieder mal so gehen wird, aber mich reitet gerade der Teufel und irgendwie finde ich all diese Nebendiskussionen, die sich gerade aus der Uhrwerksache entsponnen haben megaspanend. Also lasst mich nicht zu sehr dafür büßen, dass ich hier so offen rede.

Und da hier immer wieder konkrete Beispiele von den Leuten gefordert werden, was der betreffende Übersetzer/Autor, der sich da gerade zu Wort meldet so gemacht hat, hier ein paar von mir, damit ihr mich anhand von konkreten Beispielen "aufhängen" könnt ... ;)

Warhammer 40K Schwarzer Kreuzzug GRW
Warhammer 40K Deathwatch GRW
Warhammer 40K Freihändler GRW
AD&D 2 - Wüste der Verdammnis
D&D 3.5 - Das Zauberkompendium, Rote Hand des Unheils, Codex Diabolis, Codex Daimonis
D&D 4 - Edition - Spielerhandbuch, Spielleiterhandbuch
Star Wars - Macht und Schicksal GRW
OSE - Komplette Basic und Advanced Rules
Warhammer 1 - Alles was auf Deutsch erschienen ist außer GRW und Schatten über Bögenhafen

Das sind nur ein paar sehr wenige, wahllos herausgepickte Sachen, die vielleicht einigermaßen bekannt sind.

P.S. Ich will damit natürlich keineswegs negieren, dass es auch schlechte und fehlerhafte Übersetzungen gibt und dass das nicht gut ist, aber ich wollte eben jenen Punkt aufgreifen, den Tele und andere in den Raum geworfen haben und meine Meinung dazu darstellen.


« Letzte Änderung: 6.07.2022 | 22:36 von Daniel S. »

Offline Infernal Teddy

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #54 am: 6.07.2022 | 22:34 »
Ach ja, Liste könnte ich auch.

Jäger - Die Vergeltung
Return of the Mountain King
Schwarze Schuppen
Fleisch zu Stein
(Nicht veröffentlichtes Uhrwerk Projekt)
Monsterhearts
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Teddy sucht Mage

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #55 am: 6.07.2022 | 22:40 »
Danke
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline ArneBab

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #56 am: 6.07.2022 | 23:32 »
Zu „Geld könnte das nicht besser machen, weil es die gleichen Leute wären“:

  • Mehr Geld heißt mehr Zeit. Auch für Liebhaberei bliebe damit mehr Zeit, weil der Brot-und-Butterjob reduziert werden könnte.
  • Ein größerer Anteil der Lebenszeit für Übersetzung kann höhere Qualität bedeuten, weil Leute dadurch mehr Erfahrung aufbauen können: wer mehr Erfahrung sammelt kann häufiger steigern.
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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #57 am: 6.07.2022 | 23:38 »
Der alte Spruch stimmt halt immer wieder: "billig, schnell, gut: such dir zwei davon aus."
Passt auf alles Mögliche, aber auf Übersetzungen auch und vor allem.

Deswegen kann und konnte ich mit dem Deal, den ich mit dem Rollenspielverlag meines Vertrauens habe, auch so gut leben: Ich weiß, es ist ein Hobby, ich weiß, ich kriege nicht viel Geld dafür, aber dafür kann ich mir halt dafür so viel Zeit lassen, wie ich brauche, und wenn währenddessen ein echter bezahlter Übersetzungs- oder Dolmetschauftrag reinkommt, dann hat der halt Vorrang, und ich mache an dem RPG-Projekt weiter, wenn ich kann und will. Dann dauert halt zum Beispiel ein Itras By auch mal 5 Jahre, bis es fertig ist (okay, nicht nur deswegen, aber das war mit ein Grund) aber dafür bin ich am Ende mit dem Ergebnis mehr als zufrieden, und die Leserschaft hoffentlich auch.
Aber ein solcher Deal ist eben leider nicht die Norm in diesem unserem schönen Hobby, das ist mir durchaus bewusst.
« Letzte Änderung: 6.07.2022 | 23:43 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
Meine Rede.
Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

Offline Crackers

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #58 am: 6.07.2022 | 23:43 »
Vielen Dank für den ausführlichen Einblick. Das bringt zusammen mit den Einwürfen von Tele einen nachvollziehbaren Eindruck. Zugegebenermaßen war mir der Teil mit der eigenen Recherche in anderen Publikationen und um Netz gar nicht bewusst. Oder besser gesagt habe ich mir das gar nicht bewusst gemacht.

Das erklärt mir dann auch die Aussagen zum Thema Herzblut, denn neben dem Geld geht es dabei um regelmäßige Scheitern und dennoch weitermachen (Das wegarbeiten von Fehlern, nur um sie dann doch gedruckt sehen zu müssen). So lese ich das jetzt jedenfalls im Nachhinein.

Ist natürlich auch ein reichlich schwieriges Thema. Viel Raum über den üblichen 50 bis 60€ für ein Regelwerk ist vermutlich kaum vorhanden, da ja auch viele der Rollenspieler wirtschaftlichen Zwängen unterliegen.

Gerade jetzt wo die Lebenshaltung und auch der Papierpreis immer weiter steigen dreht sich diese Spirale ja sogar recht akut weiter. Ohje.

___

Ich habe sogar einiges von der Liste von Daniel, aber dabei ist mir die Übersetzung nie bewusst aufgefallen, was vermutlich das einzige Lob ist, das es für Übersetzungen im Normalfall gibt: Keine großen Beschwerden.
Von mir daher ein Lob für deine Arbeit.  :)

Husk

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #59 am: 7.07.2022 | 00:08 »
Ich würde auch gerne noch auf drei Punkte deuten, obwohl das sicher schon von anderen gesagt worden ist:

1. Ich hab schon mehrfach jetzt gelesen, dass die Übersetzungsqualität nicht sinkt, im Hobbybereich, weil sie ja von den gleichen Leuten gemacht wird, die das auch beruflich machen und die werden ja nicht doof, nur weil kein Geld rausspringt. Den Zahn würde ich gerne ziehen. Ich hab lang genug als Übersetzer und mit Übersetzern, als Lektor und mit Lektoren zusammengearbeitet, und kann zumindest aus meiner persönlichen Erfahrung sagen: Davon gibt’s jede Menge, die den Satz kein zweites Mal lesen, die Texte abgeben mit fehlenden Textstellen, mit unvollständigen Sätzen und ich hab auch schon Lektoren gehabt, die der Meinung waren, ein Rechtschreibprogramm über den Text laufen zu lassen reicht ja wohl, wenn sie kein/kaum Geld dafür bekommen.

2. Erfahrungsgemäß ist das sehr oft einfach eine Problemkaskade. Schon das z.B. englische Original hat jede Menge Fehler und ist nicht anständig lektoriert, Regeln ergeben oft genug keinen Sinn, widersprechen sich selbst, ein Errata ist vielleicht für irgendwann mal geplant, aber damit fängt man nicht sonderlich früh an und hat auch keine Kapazitäten, wenn sich ein Verlag meldet, der die Übersetzung macht. Fehler im Original machen die Übersetzung oft sehr viel fehleranfälliger. Das müsste theoretisch dann der Lektor der Übersetzung auch noch ausbügeln, das scheitert aber sehr oft am Originalverlag, der einer substantiellen Änderung zustimmen müsste.

3. Die Motivation ist schnell mal weg. Das mag auch gerade an der Vielfalt an alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten liegen, aber zumindest bei mir persönlich liegt das quasi immer am unkoordinierten, planlosen oder sogar unfreundlichen Verhalten aller derer, die enttäuscht sind über den Zustand der Rollenspielwelt. Das mag der Redakteur sein, der sich bei mir beschwert, dass ich im Lektorat so viele Fehler gefunden habe („Was soll das? 1500 Korrekturen in dem Grundregelwerk, dabei ist das doch schon von jemand anders lektoriert worden, wie kann das sein, hast du eine Ahnung wieviel Arbeit uns das jetzt macht, wenn wir das alles korrigieren sollen, was meinst du, dass das falsch übersetzt ist, versteh ich nicht, muss das sein?“) über den Verlagsleiter, der einfach nie den vereinbarten Preis bezahlt und ignoriert, dass man die Übersetzung des nächsten Produktes erst abgibt, wenn man den Lohn vom vorherigen Buch gesehen hat („Sei nicht so kleinlich, die paar Euro, also wenn es daran scheitert, weiß ich auch nicht ob das noch eine sinnvolle Zusammenarbeit ist..“), über den Rollenspielladenbetreiber, der genervt reagiert, weil man nach einem Rollenspielbuch fragt, dass er nicht hat („Hab ich nicht, ist auch ein doofes Spiel, das kauf ich nicht, bestell das dir mal lieber selber vom Verlag oder so.“)

Deshalb schreiben Leute wie ich nicht mehr für Rollenspielverlage, noch machen sie Lektorat oder Übersetzungsarbeit…

P.S.: Das mag natürlich alles an meiner ganz persönlichen Erfahrung liegen und mag sich auch nur spezifisch auf die von mir gewählten Rollenspiele/Übersetzungsprojekte beziehen. Ich hoffe, dass sich niemand persönlich angegriffen fühlt.
« Letzte Änderung: 7.07.2022 | 00:13 von Husk »

Achamanian

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #60 am: 7.07.2022 | 00:58 »
RANT!
[...]


Eigentlich hast du recht.
Es überrascht mich selbst, dass ich das schreibe, schließlich bin ich traditionsgemäß einer der großen Übersetzungsmäkler hier. Und oft fühle ich mich auch in meiner Berufsehre als Übersetzer gekränkt, wenn andere sagen: "Was soll's, solange es halbwegs verständlich ist, sch*** ich auf Schönheit und Grammatik!" Schließlich habe ich gelernt, dass es wichtig ist, einen Text in ansprechendes, idiomatisches und dem Original adäquates Deutsch zu übertragen. Soll das jetzt alles nicht wichtig sein?

Doch, es ist mir wichtig. Aber da geht es um meinen Anspruch an meine Übersetzungen. Wenn andere diese Ansprüche teilen und meine Arbeit würdigen, ist das schön für mich, aber ich kann von niemandem verlangen, diese Ansprüche zu teilen, erst recht nicht, wenn sie völlig an der Realität des Rollenspielmarkts vorbeigehen. Das Modell "weniger, dafür professionellere Übersetzungen für mehr Geld" ist elitärer Bockmist, auch wenn es mir persönlich entgegenkäme. Da hat keiner was von, weil der Rollenspielmarkt das nicht hergibt.

Ich persönlich mache nur alle Jubeljahre eine Rollenspielübersetzung, nur, wenn ich wirklich will, und dann meistens gratis, weil ich weiß, dass das Honorar mich eh nur deprimieren würde. Ich lege an diese Texte die gleiche Messlatte wie an Romanübersetzungen an und hoffe, dass das dazu führt, dass sie nicht negativ auffallen (denn das ist ja eigentlich das große Ziel bei der Übersetzung - sie soll NICHT auffallen), und dass es unter den Leser:innen auch welche gibt, die sich im Stillen denken: "Ja, da hat jemand gute Arbeit abgeliefert." Aber letztendlich geht es bei Rollenspielübersetzungen für mich darum, dass ich selbst mit meiner Arbeit zufrieden bin, weil alles, was mit Rollenspiel zu tun hat, für mich Hobby und nicht Arbeit ist. Und da muss ich dann auch nicht über die Übersetzungen anderer schimpfen, wenn mir selbst klar ist, dass ich nie einen Schinken wie Coriolis oder Warhammer ins Deutsche übertragen würde. Ob ich ein Rollenspielprodukt auf Deutsch oder Englisch kaufe, mache ich schließlich mit mir selbst ab. Ich muss weder Verlage noch Rollenspieler:innen "erziehen". Es reicht, wenn ich mit dem, was ich mache, meine eigenen Ansprüche erfülle, wenn ich das, was mir positiv auffällt, würdige, und zu dem Rest einfach die Klappe halte.

Von daher: Danke für den Rant, Boba  :D

Offline Daniel S.

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #61 am: 7.07.2022 | 06:14 »

Ich habe sogar einiges von der Liste von Daniel, aber dabei ist mir die Übersetzung nie bewusst aufgefallen, was vermutlich das einzige Lob ist, das es für Übersetzungen im Normalfall gibt: Keine großen Beschwerden.
Von mir daher ein Lob für deine Arbeit.  :)

Danke. Tatsächlich ist das meist das größte Lob, das man als Übersetzer bekommt, wenn sich keiner groß darüber beschwert. Aber ist immerhin etwas ...   :d

Online Fillus

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #62 am: 7.07.2022 | 07:25 »
Danke. Tatsächlich ist das meist das größte Lob, das man als Übersetzer bekommt, wenn sich keiner groß darüber beschwert. Aber ist immerhin etwas ...   :d

Was leider sehr schade ist. Schließlich bereitet ihr so vielen Menschen so viele tolle Stunden. Im Gegensatz zu einem Roman hat man so ein Rollenspielbuch viel öfter in den Händen, zumindest wenn man sie aktiv einsetzt und nicht nur sammelt.

Leider klingt auch in Rezensionen das Lob oft nicht gut. ich meine wenn da sowas steht wie "Die Anzahl der Fehler war überschaubar und fallen kaum ins Gewicht" oder "Es liest sich gut, aber hier und da sind ein paar holprige Absätze" schwingt da imemr die Negativität mit. Ich würde mich freuen wenn da von den Übersetzungen häufiger mit mehr Begeisterung geschrieben werden würde und der Tonfall positiver wäre.


Und noch ein Wort zu den Regeln. Ja, sie sind schon im Original manchmal widersprüchlich. Ich lese da auch gerne mal quer, wenn ich etwas in der Übersetzung nicht verstanden habe. Aber auch hier jammern wir von einer  sehr luxeriösen Position. Okay, die Spielanleitungen der Brettspiele sind die letzten Jahre auch besser geworden. Aber diese, für einen deutlichen größeren Markt produzierten, lassen mich viel öfter mit Fragezeichen zurück. Im großen und ganzen habe ich noch alle Regeln bei den Rollenspielen verstanden.

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #63 am: 7.07.2022 | 07:39 »
Was ich für mich hier bezüglich der Qualität rauslese, wurde ja auch schon mehrfach hier erkannt.

Die Werke über die gemeckert werden sie die, welche irgendwie unfertig wirken. Es wirkt als mangelt es am Lekorat oder an der Fachkenntnis (Rollenspielbereich). Es wirkt als wäre es irgendwann egal gewesen wie der Zustand ist, Hauptsache es geht zum Druck. Die tatsächlichen Gründe sind vielleicht ganz andere, das mag ich nicht beurteilen. Es ist sehr unfähr es an den Übersetzer:innen auszulassen, die garantiert oft nichts dafür können.

Ich meine wenn ich lese das ein Buch bei einem Verlag in den Druck geht und fast kein Lekorat genossen hat weil die zuständige Person gerade an Corona erkrankt war, dann bin ich auf den Verlag sauer, der es trotzdem drucken lässt. nach dem Motto, scheissegal ... wird doch eh gekauft und wird schon nicht schlimm sein. Was sicherlich nicht die Gedanken der zuständigen Person wiederspiegelt, aber so wirkt es dann auf die Kunden. Einzelfälle, die einem im Kopf haften bleiben.

Das wirkt ist also überall bewusst Fett. Den von der anderen Seite aus betrachtet sitzen da bestimmt Gründe dahinter. Eine davon kenne ich selbst, eine Deadline ist nichts schönes, wenn man kreativ arbeitet.

ps. Es wirkt auch manchmal so, als sei die stetige Suche nach Fehlern auch ein Hobby. :)
« Letzte Änderung: 7.07.2022 | 07:42 von Fillus »

Offline Zanji123

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #64 am: 7.07.2022 | 08:01 »
Danke. Tatsächlich ist das meist das größte Lob, das man als Übersetzer bekommt, wenn sich keiner groß darüber beschwert. Aber ist immerhin etwas ...   :d

auch von mir ein großes Danke an dich und alle anderen Übersetzer die diesen (echt anstrengenden meiner Meinung nach) Job machen :-)

Danke auch an @Husk der mal "n bisschen Hinter die Kulissen blicken lässt" und hoffentlich einigen der "boha die deutschen Übersetzungen sind schlecht das kann ich als Laie besser" mal etwas die Augen öffnet
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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #65 am: 7.07.2022 | 08:03 »
ps. Es wirkt auch manchmal so, als sei die stetige Suche nach Fehlern auch ein Hobby. :)

Und es wirkt auf mich so als gäbe es im Rollenspiel-Lektorat zu wenige Leute, die dieses Hobby zu ihrem Beruf gemacht haben.

Ich sage übrigens "wirkt" weil ich niemanden etwas unterstellen und mitklingen lassen will, dass mein Eindruck nur ein solcher ist.

Gleichzeitig finde ich die Selbstheroisierung der Übersetzer hier auch interessant. Es wirkt auf mich so als sähe ich meinen eigenen Beruf mit ein wenig mehr Humor und käme nicht auf die Idee Kritik an meinem Output als ehrenrührig zu empfinden. Da wirkt die Haut hier ziemlich dünn.

Übersetzen kann ja tolles Handwerk sein, aber mein Respekt liegt doch bei den Autoren. Selbst wenn manche nur epigonalen Schrott produzieren mögen, sehe ich die doch eine Ordnung darüber. (Und natürlich sind viele Übersetzer auch Autoren und umgekehrt.)
« Letzte Änderung: 7.07.2022 | 08:04 von tartex »
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Offline ghoul

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #66 am: 7.07.2022 | 08:05 »
Früher habe ich auch nach Fehlern in RPG-Übersetzungen gesucht und gemeckert.
Aber dann habe ich Mal in diverse alte Romane hineingeguckt, die ich in meiner Jugend gelesen hatte: Dort sprangen mir die Fehler gerade so entgegen (bspw. "Goelette-Brigg" aus dem Französischen statt "Schoner-Brigg")!
Jetzt bin ich auch nachsichtiger mit RPGs. Die spieltechnisch wichtigen Begriffe sollten allerdings wohlkingend übersetzt sein und die Regeln verständlich (nicht "rounds" mit "Runden" übersetzen, wenn Patronen bzw. Schuss gemeint sind  ~;D ).
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline Boba Fett

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #67 am: 7.07.2022 | 09:08 »
Von daher: Danke für den Rant, Boba  :D

äh, gern geschehen?

Es ist ja nicht so, dass ich nicht gerne wirklich gut geschriebenes lesen würde. Dazu zähle ich auch gut übersetztes.
Aber anstatt ständig die mäßigen Übersetzungen zu 'bashen', sollten wir lieber die richtig guten Übersetzungen abfeiern.
Denn das ankotzen motiviert keinen. Zu sehen, dass ein anderes Werk aber gefeiert wird, schon.

Mir ist noch was eingefallen:
1. Einige Studierte (von uns) haben ja schon mal eine Doktor- / Diplom- / Masterarbeit / Dissertation, was auch immer geschrieben. Und fast alle kennen den Effekt, wenn man nach der Abgabe nach einem kleinen bisschen Abstand das Werk noch mal aufschlägt und einem sofort irgendwelche Schnitzer ins Auge springen. Und das ist ein Werk, das meist von mehreren Korrektur gelesen wurde, an dem man selber jeden Absatz etliche male angeschaut und ggf. angepasst hat. "Wie konnte ich das nur schreiben und wieso ist uns das nicht aufgefallen?" Und das ist (idR) kein fremdsprachliches Produkt, es ist ein Werk, von dem der eigene Lebensweg maßgeblich abhängt, in die man Monate investiert hat und dass beruflich unglaublich viel entscheiden kann. Und trotzdem finden sich bei fast jedem da sprachliche Unmöglichkeiten, die man sich nicht erklären kann und für die man sich schämt. Eine Rollenspielübersetzung soll natürlich auch achtsam erstellt werden, mit Mühe und Sorgfalt. Aber es ist immer noch "nur" eine Auftragsarbeit, die einen eine Zeit lang beschäftigt und einen Zeitraum lang ein (meist geringes) Einkommen beschert hat. Ich möchte das nur einmal ins Verhältnis setzen...

2. etwas das nur indirekt damit zu tun hat...
Ulisses Spiele streamen ja auf Twitch und Youtube immer ein "alte Männer reden über alte Spiele" Format und darin wird der Ulisses Chef Markus Plötz (Hallo Markus! [falls Du das hier liest...]) nicht müde, zu betonen, dass man nicht in Rollenspielbücher schreibt... Und da sage ich: Doch, das kann man machen.
Und ich erkläre auch warum, bzw. bemühe mich um einen Vergleich: Würde ich die Telefonnummer eines(/r) Bekannten auf den Van Gogh, der bei mir (fikiv) im Wohnzimmer an  der Wand hängt kritzeln? Nein, natürlich nicht! Würde ich es auf den College-Block, der auf dem Tisch liegt schreiben? Ja, klar, ohne nachzudenken. So, okay - das sind die Verhältnisse. Was ist für mich jetzt ein Rollenspielbuch? Hier gehen jetzt die Meinungen auseinander. Und das ist (natürlich) legitim. Nur: Für mich (und viele andere) ist das Buch ein "Arbeitstier". Auf dem Arbeitskoffer meine Tauchsäge steht auch mein Name drauf - mit Edding drauf geschrieben. Und auf dem Werkzeug meine Initialien.
Ein Rollenspielbuch ist (für mich) zur Anwendung gekauft und nicht, um es im Schrank zu lagen und es ab und zu mal zur Bewunderung herauszuholen. Und für den zweiten Zweck ist es auch (eigentlich) nicht gedacht und gemacht worden. Ein Rollenspielbuch ist kein Kunstwerk (für mich). Und natürlich kann ich auch Notizen in mein Arbeitsbuch machen, wenn sie mir die Arbeit erleichtern.
Wie komm ich darauf? Relativ einfach: Daraus leitet sich auch mein Anspruch auf die enthaltene Sprache ab! Das Buch muss verständlich sein, es muss die Regeln korrekt wiedergeben. Aber ich muss nicht darin schwelgen und nachfolgende Generationen müssen nicht in Ehrfurcht erstarren, wenn sie es in meinem Regal erblicken.
Eine Kaffeemaschine muss (möglichst leckeren) Kaffee machen und als Bonus kann sie auch praktisch aufgebaut sein, aber es ist kein fucking Designkunstwerk. Und ein Rollenspielbuch ist eine Spielanleitung und kein Van Gogh. Und von der Spielanleitung meiner Brettspiele erwarte ich auch keine lyrischen Meisterwerke.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Kaskantor

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #68 am: 7.07.2022 | 09:28 »
Ich stimme dir eigentlich in allem was du schreibst zu Boba, ausser mit den "Kunstwerken".

Ich glaube, dass die Verlage "Kunstwerke" erschaffen wollen, damit sich die Spiele besser verkaufen.

Habe gerade Cthulhu 7 von Pegasus in der Hand. Oder DnD5, oder Pathfinder 2, diese Bücher haben garnichts mehr mit reinen Anleitungen zu tun.
Für mich persönlich sind PDF die neuen "Arbeitstiere". Da kann ich makieren wie ich will, kann mir Notizen reinschreiben usw.
Ich denke die wenigsten makieren wirklich was in ihren Büchern, schon garnicht, wenn man diese irgendwann wieder verkaufen möchte und diese zum Teil heute 60€ kosten.

Man könnte tatsächlich wieder auf schwarz/ weiß. 2 Spalten und wesentlich weniger Bilder zurückgreifen. Das würde das Leben der Verlage sicher einfacher machen und man würde schneller neues schaffen können, aber 1. wären dann die Bücher auch günstiger und 2. würden diese Bücher heutzutage überhaupt noch wer kaufen wollen?

Edit: ich persönlich würde mir Bücher kaufen, die ohne viele Bilder und sonstige Schönungen auskommen, wenn dadurch die Bücher auch wieder handlicher werden würden. So 600 Seiten Schinken machen echt kaum noch Spass, diese in der Hand zu halten...
« Letzte Änderung: 7.07.2022 | 09:54 von Kaskantor »
"Da muss man realistisch sein..."

Offline 3P_Manni

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #69 am: 7.07.2022 | 09:33 »
Gleichzeitig finde ich die Selbstheroisierung der Übersetzer hier auch interessant. Es wirkt auf mich so als sähe ich meinen eigenen Beruf mit ein wenig mehr Humor und käme nicht auf die Idee Kritik an meinem Output als ehrenrührig zu empfinden. Da wirkt die Haut hier ziemlich dünn.

Ich fühle mich hier nur bedingt angesprochen. Ich bin zwar stolz auf meine Arbeit, betrachte Kritik aber niemals als Majestätsbeleidung oder dergleichen. Wenn ich Mist gemacht habe, dann ist das so, und dann sehe ich das auch ein. Allerdings gibt es nach der Übersetzung auch ein Lektorat und ein Korrektorat. Und das Layout befasst sich auch nochmal mit dem Text. Und dann gibt es auch noch ein Fahnenlektorat der fertigen Datei. Normalerweise, denn, wie bereits gesagt, ist der Druck auf die Verlage mittlerweile - auch durch Papierkrise und gestiegene Energiekosten und dergleichen - mittlerweile so groß, dass gut übersetzte und lektorierte Bücher mMn nach immer mehr zu Wundern werden. Zeit wird knapper, Kosten steigen und Corona haut zunehmend das Personal aus den Latschen.

Es sind die Liebe zum Spiel, zum Produkt sowie der Stolz, den eigenen Namen im Impressum zu lesen, die uns dazu bewegen, zu diesen Konditionen zu arbeiten. Das muss man einfach so anerkennen, und es ist IMHO ein Stückweit ein Trade-Off: man bekommt ein Spiel auf Deutsch, aber es ist kein fehlerfreier Industriestandard, sondern letztenendes immer noch zu X Prozent ein Fanprodukt. Und je mehr die beteiligten Personen ein Spiel lieben, umso mehr Zeit sie freiwillig investieren wollen, umso besser wird das Endprodukt. Ich zum Beispiel übersetze nur Spiele, die mir wirklich am Herzen liegen (Kult, Darkmaster, Warbirds), bin aber trotzdem immer dankbar für konstruktive Kritik und behaupte, mich nicht zu heroisieren. Ich bin stolz drauf, aber das ist IMHO auch berechtigt.

Den vermeintlich berechtigten Anspruch auf ein fehlerfreies Produkt kann ich zwar nachvollziehen (immerhin sind die meisten Bücher recht teuer), aber wir arbeiten nicht zu angemessenen Konditionen. Wäre dies die Voraussetzung, gäbe es keine (oder eine sehr limitierte) Rollenspielbranche in Deutschland. Und die deutsche Anspruchshaltung, dass etwas, das Geld kostet, makellos zu sein hat, stelle ich hiermit infrage. Ich stimme zu, dass es Musterbeispiele gibt, die Ärger erregen (vor allem bei offensichtlichen Fehlübersetzungen von Spielbegriffen, extrem geschludertem Lektorat/Korrektorat oder Kapitelfehlern auf dem Cover oder im Klappentext), aber mMn nach gilt da - wie einige hier auch schon geschrieben haben -, dass ein gut lesbares und vor allem spielbares Produkt ein gewisses Maß an Fehlern überwiegt.

Das ist zumindest meine Sichtweise dazu.

Online tartex

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #70 am: 7.07.2022 | 09:36 »
Daraus leitet sich auch mein Anspruch auf die enthaltene Sprache ab! Das Buch muss verständlich sein, es muss die Regeln korrekt wiedergeben. Aber ich muss nicht darin schwelgen und nachfolgende Generationen müssen nicht in Ehrfurcht erstarren, wenn sie es in meinem Regal erblicken.
Eine Kaffeemaschine muss (möglichst leckeren) Kaffee machen und als Bonus kann sie auch praktisch aufgebaut sein, aber es ist kein fucking Designkunstwerk. Und ein Rollenspielbuch ist eine Spielanleitung und kein Van Gogh. Und von der Spielanleitung meiner Brettspiele erwarte ich auch keine lyrischen Meisterwerke.

Eine Übersetzung hat halt eine Problem: sie muss sich direkt mit dem Original messen. Da kann man ziemlich objektiv vergleichen und meist zu einem klaren Schluss kommen welche Version das bessere Werkzeug ist. Und bei gleichwertig funktionalen Werkzeugen spielt dann durchaus auch die Ästhetik eine Rolle.
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Offline Boba Fett

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #71 am: 7.07.2022 | 09:45 »
Ich stimme dir eigentlich in allem was du schreibst zu Boba, ausser mit den "Kunstwerken".

Ich glaube, dass die Verlage "Kunstwerke" erschaffen wollen, damit sich die Spiele besser verkaufen.

Ich gebe da ausschließlich meine Einstellung wieder. Dass Markus (nur als Beispiel erwähnt) die Bücher als Sammlerobjekte sieht und damit anders bewertet, ist vollkommen legitim. Und auch, dass er damit zu einer anderen Einstellung kommt, wie die Werke sein müssen, um seine Ansprüche zu erfüllen.

Meine Aussage ist da: Es gibt Leute mit anderen Ansprüchen und deren sind genauso legitim wie die eigenen. Also hat man die auch zu akzeptieren.

Dass Verlage da teilweise gern kleine Kunstwerke schaffen möchten, da stimme ich dir zu (dass dem so ist).  Aber ich glaube, ganz oft führt das eben zu Produkten, die dann nicht mehr wirklich gut nutzbar sind und damit zu Verdruss derer, die das Werk eigentlich zum Spielen verwenden wollen und es nicht als Ausstellungsstück ihrer Sammlung betrachten und darin schwelgen möchten, es zu betrachten. Denn "schön" ist oft "unpraktisch".
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Offline ghoul

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #72 am: 7.07.2022 | 09:47 »
Eine Übersetzung hat halt eine Problem: sie muss sich direkt mit dem Original messen. Da kann man ziemlich objektiv vergleichen und meist zu einem klaren Schluss kommen welche Version das bessere Werkzeug ist. Und bei gleichwertig funktionalen Werkzeugen spielt dann durchaus auch die Ästhetik eine Rolle.

Übersetze mal lapidares US-Englisch (das im Original cool und locker-flockig rüberkommt), ohne dass es auf Deutsch dumm klingt. Gar nicht so einfach! Wenn man es aber umformuliert, sind es nicht mehr die Worte des Verfassers.
Ich hoffe, ich habe bei den Texten von Jeff Rients in AbenteuerPunkt #8 den Mittelweg gut hinbekommen.   :-\
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Offline Leonidas

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #73 am: 7.07.2022 | 09:50 »
Welche Rolle spielt im Qualitäts-Kontext denn eigentlich Übersetzung durch KI/Software?

Ich meine, in einem Ulisses-Video herausgehört zu haben, dass sie mit sowas experimentiern. Da ging es um die Übersetzung der Enemy Within Campaign (Warhammer). In einer Diskussion um die Qualität der italienischen DnD-Übersetzung durch WotC klang sowas auch mal an. Leider finde ich keine Belegstellen mehr.

Weiß da jemand etwas über den Stand der Dinge?

Offline felixs

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Re: Übersetzungsqualität deutscher Rollenspiele
« Antwort #74 am: 7.07.2022 | 10:03 »
Übersetze mal lapidares US-Englisch (das im Original cool und locker-flockig rüberkommt), ohne dass es auf Deutsch dumm klingt. Gar nicht so einfach!

Nicht ganz zum Thema, aber ich mag das schon auf Englisch nicht so richtig...
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