Ernstgemeinte Frage:
Wieso werden Actual Play Runden häufig nach "Spiegelt es eine echte Tischrunde wider?" bewertet? Also wieso ist das wichtig? Geht es darum, das Hobby "korrekt" zu repräsentieren? Und was bedeutet überhaupt "echt" in dem Kontext?
Zunächst einmal hat Deutschland eine besondere Kommunikationskultur: "Nicht gemeckert ist genug gelobt!"
Kritik wird sehr straight ausgesprochen, mit Lob hält man sich im allgemeinen eher zurück. Das wirkt für schaffende leider oft sehr demotivierend.
Im britischen und amerikanischen Kulturkreisen ist da mehr "politeness" antrainiert. Wobei das Internet auch da oft sehr übles Feedback generiert. Ist also vielleicht sogar durchs Internet verstärkt. Ihr wisst schon - dieses kommunikationstechnische Neuland...
Dann: Man kann Actual Plays oder Let's Plays oder "vor der Kamera Rollenspiel zocken" ja auf ganz unterschiedliche Weise konzipieren.
Bei Twitch ist alles "Live" und jeder Versprecher und auch jeder Kalauer geht on air. Manche Streamen ihre Online-Runden, andere streamen im halb oder ganz professionellen Rahmen.
Ausserdem kann man Rollenspiele so präsentieren, dass man die Regeln im Spiel erläutern möchte, oder dass man zeigen möchte, wie es typischer Weise in einer heimischen Runde zugehen würde (Schipstüten aufreissen...) oder man möchte möglichst viel Unterhaltung transportieren. Meine These: Da muss man auf irgendwas den Fokus legen, alles gleichzeitig ist schwert machbar. (muss aber ja auch nicht)
Und zu guter letzt: Actual Plays (oder Synonyme) werden aus unterschiedlichen Gründen geschaut. Manche wollen sich unterhalten lassen, manche suchen Inspiration, andere haben einen Crush auf irgend einen Darsteller (Darstellerin). Manche schauen sich das an, um die Spielregeln zu lernen, die hinter einem spezifischen Rollenspielsystem stecken.
Ich vermute, nur wenige schauen sich das an, um herauszufinden, wie denn so eine Runde generell funktioniert, um dann zu Hause selber eine Runde aufzumachen - mag sein, dass das durchaus Folge des Konsums ist, aber der Konsum ist nicht aus der Intention heraus entstanden (oder wenn, dann nur selten).
So, also gibt es unterschiedliche Formen der Darreichung und unterschiedliche Erwartungshaltungen. Je größer die Schnittmenge, desto zufriedener der Zuschauer.
100% Zufriedenheit wird man aber nicht erreichen können und in Deutschland sind die Unzufriedenen immer am lautesten.
Das verzerrt auch die Wahrnehmung, weil eben die schweigende Mehrheit einfach die sind, die die Sache nur großartig finden, aber eben still für sich bleiben.
Ich finde, man sollte einen Disclaimer machen und erklären, was man eigentlich transportieren will. Zur Not kann man ja auch mal Regelerklärbär-Tutorials machen oder eben eine "wir spielen mal wie damals in der Schülerzeit bei Jonas auf dem Sofa, mit Pizzakartons und Chipstüten und zeigen euch mal die Realität". Und gern auch mit Augenzwinkern... Dann kann keiner mehr meckern...
Für meinen eigenen und individuellen Konsum: Es gibt Leute, den kann ich leider nicht beim Spielen zusehen und oft kann ich nicht mal sagen, warum. Ich weiß aber, dass da irgendwo der Sympathiefunke nicht übergesprungen ist, und dann ist das eben so - Da kann die Person aber nun mal gar nichts für.
Über Regeltutorials (am Besten mit Anwendungsbeispielen) bin ich immer mega dankbar, weil ich ein schlechter Autodidakt bin. Ich lerne am besten by doing oder bei zuschauing..
Und bei D&D bin ich leider auch raus (ebenso bei Pathfinder, DSA und Cthulhu), weil mich diese Systeme inzwischen gar nicht mehr triggern.
Generell gebe ich aber immer nur positives Feedback in der YT Kommentarspalte ab. Wenn mich eine Sendung mal nicht abholt oder ein ganzer Kanal nicht anfixt, dann kann der Schaffende ja meist nichts dafür, weil er etwas sendet, dass nicht meinem Geschmack entspricht. Ich finde: Wenn man nichts postives sagen kann, sollte man sich stark überlegen, ob man nicht besser die Klappe hält. Und Kritik sollte immer (!) konstruktiv formuliert werden - also nicht schreiben, was man scheiße findet, sondern, wie man es selbst (gemäß der eigenen Meinung) besser machen würde.