Ich habe bis hierher nun Jahre, eigentlich Jahrzehnte, an dem DnD gebastelt, das "das beste DnD" sein soll, das ich mir vorstellen kann. Eine Evolution, keine Revolution.
Ich weiß, ich muss jetzt testen, ob all die Ideen so aufgehen wie erhofft, oder ob das System zu komplex mit seinen vielen Ideen und somit nicht mehr beherrschbar wird.
Das erste ausführliche, analoge TestspielIn meinem Schwedenurlaub besuchte mich letzte Woche ein alter Schulfreund. Er ist zugleich mein langjährigster DnD-Spieler. Obwohl er keinen Bock auf Kämpferfiguren hat, konnte ich ihm für einen Tag Testspiel nichts anderes anbieten, denn zuerst muss ich den Kampf und die Skills testen, bevor ich die Magie in die Regeln endgültig einsplicen kann. (Motto: Magie darf Skills und nicht-magische Klassen nicht überflüssig machen!)
Er ist Fan von Wolfgang Petersens "Troja", weil die Drehbucharbeit sich wohl überraschend eng in der Figurenzeichnung an Homers Original orientiert. Brad Pitts Interpretation von Achill ist also nicht nur
im Film ein arroganter, aber kampfgenialer "Immer Gegenan"-Typ, sondern genau das ist Achill auch im Original.
Also bastelte ich ihm einen Warrior, mit hoher Strength und Dex, leicht gerüstet, aufs Tumblen optimiert, mit Speer und leichtem Schild, einen "Achill". Seine Figur (Mensch, von Menschen erzogen) hatte Zugriff auf die vier Powers "Athlete" (=Tumbleexperte und weniger Fallschaden), "Deflector" (kann Angriffe auf den Angreifenden zurücklenken), "Berserker" (Rage-Boni) und "Gambler" (hat Zugriff auf "Gummipunkte": Kann bestimmte Würfe wiederholen).
Als besondere Skills beherrscht er Athletics & Agility, worunter auch das Tumbeln fällt, die Fähigkeit, durch die Felder hindurchzuturnen, die von Gegnern eigentlich blockiert werden. Seine Aufgabe war, eine Battlemap mit Schlucht, großen Felsen und einem Plateau zu durchqueren, um an einen Nekromaten auf dem Plateau heranzukommen.
Ich verzichtete auf Fernkämpfende als Feinde, aber es gab jede Menge Zombies und Skelette, zwei schwarzgerüstete Ritter, eine Spinne und einen Höllenwolf zwischen ihm und dem Nekromanten.
Er verwandelte die Battlemap in einen Parcours und versuchte, jede Menge Kämpfe zu vermeiden: Als leichter Kämpfer hatte er mit die beste Bewegungsrate auf dem Feld. Er tumbelte durch Wolf und Ritter "hindurch", teilte im Vorbeitumblen noch ein paar Schadenspunkte aus, entkam den Zombies, mähte einige Skelette nieder, bis ihn schließlich die Spinne mit einem Netz stoppte. Daraus gelöst gab es beim Nekromanten hier und da noch ein wenig Scharmützel - und dann war der Nekromant tot, Testspiel vorbei.
Zum Schluss sagte der Schulfreund, dass ihm der Kämpfer sehr viel Spaß gemacht hatte. Das war klasse, denn die Aufwertung der nicht-magischen Klassen ist eines der wichtigsten Designziele des Systems.
Beobachtungen• Kampf auszuspielen dauert lange, aber nicht länger als bei 3.5. Das sollte im Grundsatz kein Problem sein, denn mein System tritt nicht an, um schlank zu sein.
• Beim leichtgerüsteten Warrior und wohl auch bei einem Strider entstehen "Superzeitlupen", vollgepackt mit Handlungen, die mein Testspieler und ich als episch empfanden, Beispiel: Unser "Achill" hatte einen Flail in der Hand, sprang über eine Schlucht, auf deren anderer Seite ihn schon ein Höllenhund erwartete, tumbelte dann aber noch durch das Feld des Höllenwolfs so souverän hindurch, dass er dabei die Gelegenheit bekam, einen Gelegenheitsangriff zu setzen, wechselte inmitten des Tumbles auf einen Speer, den er in den Wolf bohrte, und landete dann sicher hinter dem Wolf. Er hatte dann noch eine Blitzaktion übrig, die er nutzte, wieder auf den Flail zu wechseln. - So etwas wäre mit anderen Charakterkonzepten wie einem eher unbeweglichen Ritter zB nicht möglich.
• Wir konnten so gerade alles an Regeln im Auge behalten, die gebraucht wurden.
Was besser aufging als erhofft• Entscheidungen zu treffen, wie es weitergehen soll, war nicht schwieriger als bei Dnd 3.5, obwohl das System viel mehr Handlungsoptionen anbietet.
• Drei Vereinfachungen, für die ich mich entschieden habe, fühlten sich nicht weniger immersiv an und waren wirklich hilfreich:
- Beschworene Kreaturen und Untote haben keine Lebenspunkte, sondern eine Schadenreduktion: Skelette zB klappen bei 8 oder mehr Schadenspunkten, die sie von einem Angriff erleiden, direkt zusammen. Weniger Schaden macht ihnen nichts aus. Das macht das Buchhalten wirklich einfacher.
- Ich setze auf Quadrate und würfelförmige Effekte als Grundbausteine. Keine Feuer
bälle, keine Kreise. Das macht tatsächlich vieles einfacher ohne der Vorstellung abbruch zu tun
- Es gibt quasi nur zwei Zeiteinheiten: Alle Effekte dauern entweder die Kampfrunde oder "für den Rest dieser Begegnung". Das macht es deutlich einfacher, alles gut im Blick zu haben
Was nicht restlos ausgeräumt wurde......ist meine Befürchtung, dass so, wie die Regeln sind, sie zu umfangreich sind. Aber hier konnte mein Testspieler gute Argumente bringen:
• Die Zielgruppe sollen doch nicht Neueinsteigende ins Rollenspiel sein, sondern erfahrene Spielende. Die kommen mit komplexen Regeln klar.
• Mehr (Test-)Spiele bringen auch mehr Sicherheit in den Regeln.
Beim nächsten Mal würde ich versuchen, die Battlemap mit einem schwer gerüsteten Paladin testzuspielen...