Rick Evanko
In der MesseDie nächste Welle an stechenden Schmerzen reißen sich durch Ricks Schädel, reißen das Hirn einmal von links nach rechts auseinander und setzen es wieder zusammen, nur um ein paar Momente später von Neuem zu beginnen. Der Schluck Soj-Kaffee zur richtigen Zeit, um das Verziehen des Gesichts zu verbergen, wird fast schon zur zweiten Natur.
FUBAR!Rick blickt sich im Raum um. Er ist wortkarger geworden in den letzten 72 Stunden. Grüblerischer. Und auch jetzt kreisen seine Gedanken immer wieder um dieselbe Frage:
Wenn Rollmann Recht hat und das, was ausgetreten war, ist nicht flüchtig - warum wurde es nicht nachgewiesen, als ich die Werte untersuchte? Er blickt auf die Crew, die ebenfalls abgearbeitet aussieht, schlecht ausgeruht, überreizt.
Kein Wunder. Der Schlafentzug macht Rick zu schaffen. Er war es einmal gewohnt, unter Stresssituationen Leistung zu zeigen, doch die Jahre auf der Nexus, der Abschied vom Militärdienst und vom Krankendienst mit seinen perversen Schichten haben auch die alten, ungesunden, Gewohnheiten langsam aber sicher aus seinem Körper gewaschenen.
Ich bin weich geworden. Und ein bisschen fett. Das Leben war zu langweilig geworden.
Und er bekam die Gedanken nicht aus den Kopf, es machte ihn wahnsinnig, dass er aufgrund der fehlenden Daten keine Entscheidung treffen konnte.
Hypothese 1: Mein Messgerät ist schadhaft. Konnte ausgeschlossen werden, eine Überprüfung und die Arbeit mit MU/TH/ER
haben mir gezeigt, dass es hier keine Probleme geben solle. Und dennoch... Was, wenn dieses eine Reading falsch war?
Der fehlende Schlag brachte eine weitere Seite von Rick hervor, die er in dieser Intensität nicht kannte. Und die ihm gar nicht gefiel. Zorn, endloser Zorn. Auf die Welt, auf die Nexus, auf die Kassandra. Auf alles. Und vor allem auf Weeks. Weeks, die seinen Rat zwar zustimmte, aber einfach zu wenig Rückgrat hatte, sich durchzusetzen, der Crew eine Ansage zu machen. Seine Reaktion war beschämend gewesen, er hatte sie angebrüllt, dass er hoffe, sie bekäme die erste Kugel ab, dann würde sie zumindest nicht die Luft verbrauchen. Vor der Crew.
FUBAR, Rick. Inzwischen bist du FUBAR. Seine Entschuldigung hatte auch nicht viel bewirkt, Weeks und er gingen sich seitdem aus dem Weg.
Fucked Up Beyond All Recognition.Hypothese 2: Der Stoff ist nicht flüchtig, aber außerirdisch, so dass mein Messgerät ihn gar nicht erkennt.
Warum wurden dann keine Informationen über nicht zu interpretierende Daten aufgelistet? Und würde MU/TH/ER
nicht dieselben nicht-identifizierbaren Daten zumindest erwähnen?
Die endlosen Schleifen mit MU/TH/ER waren zermürbend gewesen. Rick hatte jede Sekunde gehasst und Rollmann für seine Geduld bewundert, immer wieder ein paar Infos aus dem Scheißteil herauszukitzeln. Er hatte da schon lange aufgegeben. Er hatte den Kasten angebrüllt. Hat auch nichts gebracht. Rollmann schien das nicht einmal wahrzunehmen.
Passiert wohl öfter. Drecksfick-MU/TH/ER.Hypothese 3: WeYu will nicht, dass der Stoff entdeckt werden kann. Würde zu MU/TH/ERs verhalten passen.
Die Crew wurde entsorgt, hat sich vielleicht selbst entsorgt, Pistole an Bord. Und hier sitzen wir jetzt.
Diese Hypothese hasste Rick. Sie kratzte an seinem professionellen Verständnis, er hatte allen den Hinweis gegeben, die Helme abnehmen zu können.
Wie viele von ihnen habe ich auf dem Gewissen? Es gefiel ihm nicht, dass er eventuell das Todesurteil dieser Crew unterzeichnet hatte.
Jones, Taylor, Wu, O’Ryan, Garcia, Brown, Williams, Murphy, ... und nun Weeks, McGarrill, Alvíres, Walgreen, Rollman, Zavislak... und Evanko. Die Namensplaketten seiner Alpträume erweiterten sich um ein paar Namen.
Rick hatte lange nicht geschlafen. Zu viele Namen.
Aber neben seinem professionellen Frust schwelte ein weiterer Zweifel in Rick.
Sollte Hypothese 3 stimmen, was wird WeYu mit uns machen?So oder so, Rick brauchte mehr Daten.
Schnell ein weiterer Schluck Kaffee, die nächste Welle an stechendem Schmerz kündigte sich an.
Er würde heute noch einmal die Daten durchgehen. Auch wenn er keine neue Geschichte ableiten kann. Aber irgendwas muss er ja tun.