Autor Thema: Dramaturgisches Rollenspieldesign.  (Gelesen 1632 mal)

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Offline Jestocost

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Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« am: 25.11.2004 | 10:31 »
Es geht auch anders: Stellen wir uns vor, unser Rollenspiel wäre ein Film, oder eine Filmtrilogie (aber eine gute...)

Welche Art von Story könnten wir in den Mittelpunkt stellen, die die Leute interessiert? Ein Archeplot (klassische Abenteuergeschichte), Ein Antiplot (die Welt ist nicht die, die du kennst, und nichts ist sicher, ein Miniplot (deine Gedanken und Träume und Wünsche entwickeln sich, der Konflikt ist im Inneren, nicht im Äußeren).

Wie können wir dann ein System bauen, dass das Gefühl der Immersion, der Spannung und des Spielerlebnisses innerhalb unser Setting/Metastory am besten rüberbringt?

Wie können sich Charaktere entwickeln - und dabei sich und die Welt ändern?
Wie kann am Spielabend jede Szene mit einer Frage, einer Prämisse oder einem Wert aufgeladen werden, der ins positive oder negative umschlägt?

Können wir die Ilias, Macbeth oder die den Parzifal zu einem Spiel machen? Oder einen Hollywoodfilm? Oder Eugene O'Neills "Eine lange Reise in die Nacht?" Oder Alice im Wunderland? Welche narrativen Systeme müssen wir einbinden, wenn wir Dramatik und Dramaturgie in den Mittelpunkt stellen..

Anfangen müssen wir mit einer Ur-Story oder einer Thematik. Diese brechen wir dann auf den Spielabend (oder sogar einzelne Szenen) runter, dann auf die narrative Struktur (Gastvorstellung/One Shot, Serie, pittareske Endloskampagne) und schauen, wo uns das hinführt...

What's the story, morning glory?
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Re: Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« Antwort #1 am: 25.11.2004 | 19:34 »
Ist das nicht erstmal mehr eine Frage für die Teilnehmer und weniger die Autoren?

Und warum ist das nicht in der Theorie?

Miriamele

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Re: Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« Antwort #2 am: 25.11.2004 | 23:13 »
Wie wäre es mit dem klassischen Mythos? Der Held in seiner angestammten Umgebung, dann die Reise in den mythischen Wald, dann die Selbsterfahrung, die Wandlung, die triumphale Rückkehr? Oder wäre das zu generell?

Offline Le Rat

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Re: Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« Antwort #3 am: 25.11.2004 | 23:29 »
Das kann imho nur klappen, wenn man den Spielern die Möglichkeit gibt, ihren eigenen Mythos zu kreieren und sich auch mal abseits der ausgetretenen Pfade zu bewegen. Andererseits ist es bestimmt mal interessant zu erfahren, wie denn die Geschichten ausgegangen wären, wenn die Spieler die Kontrolle gehabt hätten.

btw: Eine Art von dramaturgisches Rollenspieldesign gibt es doch schon längst z.B. bei Degenesis.

Offline Jestocost

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Re: Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« Antwort #4 am: 26.11.2004 | 09:43 »
Die meisten Rollenspiele basieren eh auf dem archetypischen Plot: Von einem, der auszog...

Leider ist das vielen SL nicht bekannt, dass sie - wie im Hollywood-Film - oder im griechischen Theater eine Drei-Akt-Struktur in den meisten Abenteuern einsetzen:

Exposition > Steigerung > Höhepunkt mit Ausklang

Aber ich möchte eigentlich viel tiefer einsteigen (und mich auch ein wenig bei den narrativischen Spielen bedienen):

Schon bei der Charakterschaffung legen die Spieler den Grundstein für Ihre Story. Da gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten: Entweder extern durch 20 Fragen oder intern durch "Prinzipien" (Degenesis), Passions/Temperamente (Unknown Armies) oder Spritual Attributes (Riddle of Steel) oder manche Feats, Nachteile (Dunkles Geheimnis, Schicksal ) etc..

In manchen Spielen werden dann diese Wert-Elemente auch in den Spielfluss eingebaut. Wie geht das am Besten? Und wie kann man dieses Prinzip über das ganze System hinweg implementieren - oder in welchem Grad macht das noch Sinn?


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Miriamele

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Re: Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« Antwort #5 am: 26.11.2004 | 16:53 »
Ich will mich auch mal an Rollenspiel-Design versuchen. Jedenfalls noch ein bisschen. Also:

Regeln, die den Handlungsverlauf formen. Ist das die Idee? Dann müsste es auch Spielwerte geben, die auf den Handlungsverlauf bezogen sind, und nicht nur auf die Charaktere. Gehen wir von der Grundannahme aus, dass wir immer noch die klassische Aufgabenteilung zwischen SL und Spielern haben? Oder darf es auch was Universalis-mäßiges sein?

Wie wäre es z.B. mit einem Wert "Spannung", der über den Verlauf der Handung ansteigt, und wenn er 10 erreicht, muss die Story zum Höhepunkt kommen? Ich habe auch mal gelesen, dass gute Charaktere sich innerhalb einer Geschichte zwischen zwei Polen entwickeln. Also was weiß ich, am Anfang der Geschichte sind sie reich und unglücklich, verlieren ihren Reichtum, finden ihr Glück, und gewinnen ihren Reichtum zurück. Die Pole sind arm und reich und glücklich und unglücklich. Wie wäre es, solche Pole und das "Schwingen" des Charakters zwischen den beiden in Werte fasst?

Offline Le Rat

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Re: Dramaturgisches Rollenspieldesign.
« Antwort #6 am: 26.11.2004 | 18:50 »
Bei Castle Falkenstein wird bei der Charaktererschaffung nach einer Nemesis gefragt. Also einem Erzfeind(oder feindliche Organisation), den der Charakter entweder schon ins Visier genommen hat oder dieser ihn.

Vielleicht könnte man auch mal am Anfang bereits eine oder mehrere verschlüsselte Prophezeiungen auswürfeln oder würfeln lassen,zum Beispiel wie der Charakter ums Leben kommt oder irgendeinen kaum verständlichen anderen Vers. Und sollten irgendwann mal, sei es aus Versehen oder mit Absicht Elemente aus der Prophezeiung erfüllt werden, so tritt der Char ab aber vielleicht hat ein anderer Charakter eine Prophezeiung, die genau dies umdeutet.
 

Die Idee mit den Spannungspunkten gibt es so ähnlich schon bei Inspectres, sobald eine gewisse Anzahl an Franchisepunkten verdient wurde, arbeiten alle darauf hin das Abenteuer zu einem Ende zu bringen.
Stelle mir das gerade bei D&D vor: Ok, DM habe jetzt 3499 Erfahrungspunkte verdient. Wird mal Zeit, dass du den Endgegner rüberwachsen lässt.