Autor Thema: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!  (Gelesen 29202 mal)

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Offline Fredi der Elch

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #25 am: 8.08.2005 | 13:50 »
Arbo,

du hast natürlich Recht: der Verlust von Autonomie wird üblicherweise als negativ empfunden. Aber genau das war ja mein Argument. Im klassischen Rollenspiel besteht nämlich der letzte Rest von Autonomie eines Spielers darin, dass er die vollkommene Kontrolle über seinen eigenen Charakter hat. Dementsprechend klammert er sich verzweifelt an diesen letzten Funken von Einfluss auf das Spielgeschehen und reagiert besonders gereizt, wenn man ihm "androht", ihm seinen Charakter "wegzunehmen". Der Spieler befürchtet dann nämlich zu Recht, dass er dann überhaupt keinen Einfluss mehr auf das Spiel haben wird - also seine gesamte Autonomie aufgibt.

Mein Gegenargument war nun, dass die teilweise Aufgabe von Kontrolle über den eigenen Charakter (und dessen Erschaffung) keine besonderen Einbußen an Autonomie mit sich bringen muss. Wenn dadurch die Möglichkeiten an kreativem Input des Spielers steigen, kann sogar die Autonomie des Spielers steigen. Wenn man sich dies erst einmal vor Augen geführt hat, können auch die Widerstände gegen die Idee einer gemeinsamen Erschaffung der Charaktere verringert werden.


haukrinn,

Warum habe ich das Gefühl, hier mal wieder ganz unterschwellig Deine persönlichen Präferenzen heraus lesen zu können?  ;)
Weil es so ist. ;D

Zitat
Hmm, das kann ich jetzt nicht nachvollziehen. Ich persönlich kenne nur Gruppen, deren Mitglieder darauf achten, daß ihre Charaktere primär ihnen selbst Spaß machen. Und trotzdem haben alle jede Menge Spaß, gerade weil man ja selber in der Regel nie auf die Idee gekommen wäre, so einen Charakter zu bauen wie die anderen es evtl. getan haben. Da jetzt Prozente zur Bewertung vollkommen subjektiver Eindrücke zu verwenden, ist kein besonders haltbares Argument.

Der Punkt ist doch, dass jeder Spieler ein Interesse daran haben sollte, dass die Charaktere der anderen Spieler ihm auch Spaß machen. Das schließt ja nicht aus, dass die anderen Spieler Ideen zur Erschaffung der Charaktere haben können, auf die man selber nicht gekommen wäre. Das ist sogar höchstwahrscheinlich so und sehr erstrebenswert (ein gewisser Egoismus ist sicher auchnicht schlecht. Aber eben nur ein gewisser…). Aber das ist ja bei einer gemeinsamen Charaktererschaffung auch nicht ausgeschlossen. Die Prozentwerte sollten auch nur zur Verdeutlichung des folgenden Punkts dienen: wenn mir mein eigener Charakter sehr gut gefällt, die anderen Charaktere aber nicht, dann habe ich insgesamt weniger Spielspaß, als wenn ich bei meinem eigenen Charakter einige Kompromisse eingegangen bin, mir die anderen Charaktere dafür aber deutlich besser gefallen.

Wenn du jetzt sagst, dass du nichts gegen eine gemeinsame Charaktererschaffung hast, dann sind wir daher schon einmal derselben Meinung. Allerdings würde ich lebe noch einen Schritt weiter gehen und behaupteten, dass auch eine teilweise gemeinsame Kontrolle von Charakteren sehr günstig für den gesamten Spielspaß sein kann. Das liegt eben vor allem daran, dass so die kreativen Inputmöglichkeiten der einzelnen Spieler erweitert werden.

Und wenn dann "hier auch keiner was anderes sagt", dann bin ich ja froh. ;D
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Zitat von: 1of3
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Offline Suro

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #26 am: 8.08.2005 | 13:58 »
[seltsamer nicht-Theorist]Ich erschaffe meine Charaktere sowieso schon immer irgendwie mit der Gruppe zusammen - nicht dass wir jeden Char zusammen durchgehen und basteln, nein das bleibt im großen und ganzen Sache des Spielers.
Aber irgendwo sitzen wir alle an einem Tisch wenn wir die Charaktererschaffung durchziehen, und sorgen gemeinsam dafür, dass die Charaktere allen Spaß machen.
Ist das nicht eine Mischung aus Gruppe und Egoismus? Macht ihr alle eure Charaktere in stillen Kämmerchen und prallt dann am Tisch aufeinander?
Nur so eine nicht-theoristisch-fundierte Anmerkung[/seltsamer nicht-Theorist]
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Offline Arbo

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #27 am: 8.08.2005 | 14:04 »
@ Fredi:

Ich habe das ganz allgemein gemeint - kann nämlich für JEDE Spielpartei gelten. Wenn die Kontrolle über den eigenen Charakter bei der Erschaffung dadurch verloren geht, dass man anderen mit Einfluss gewährt, wird dieser Verlust an Autonomie i.d.R. durch den Gewinn am "Einfluss" auf andere Charaktere kompensiert. Also: Autonomie des Charakter + Einfluss auf andere :)

Und ob das wirklich "positiv" wirkt und empfunden wird, auf den eigenen "Einfluss" auf den Charakter (Autonomie) zu verzichten, das halte ich von Person zu Person unterschiedlich. Letztlich kommt es darauf an, wie man insgesamt das Rollenspiel gestalten kann. Und das ist eben sehr unterschiedlich.

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Chiungalla

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #28 am: 8.08.2005 | 14:05 »
So extrem wie sie hier dargestellt ist, funktioniert der Ansatz nur, wenn folgende drei Dinge gegeben sind:

- Alle Spieler wissen was sie und die anderen wollen
- Alle Spieler wissen selber am besten, was ihnen und den anderen am meisten Spass machen wird
- Alle Spieler wollen ungefähr das gleiche

Meiner Erfahrung nach wissen aber die meisten Spieler selber nicht einmal, was ihnen am meisten Spass macht.
Ich hab schon mehr als eine auf Harmonie getrimmte Truppe erlebt, die dann allen langweilig wurde.

Und das die Gruppe wirklich in so hohem Masse einer Meinung ist, ist auch selten gegeben.

Das führt dann meist zu mindestens einem Spieler am Tisch, der bei dem Ansatz den deutlich kürzeren zieht.

Deshalb würde ich eher bei dem Grundsatz bleiben: "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht."
Der Spielleiter denkt dann an alle, und alle Spieler schauen wenigstens mit ein wenig Rücksicht auch etwas weiter als ihre eigenen Bedürfnisse.
Und gut ist.

Offline Monkey McPants

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #29 am: 8.08.2005 | 14:15 »
@Surodhet: Machen wir genauso. Charaktere im Stillen Kämmerchen machen führt selten zu interessanten und funktionierenden Spielen...

M
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Offline Fredi der Elch

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #30 am: 8.08.2005 | 14:17 »
Arbo,

ich würde eben die Autonomie eines Spielers nicht mit der alleinigen Kontrolle über seinen Charakter gleich setzen. Das heißt, dass ein Spieler, der die alleinige Kontrolle über seinen Charakter hat, noch nicht zwangsläufig über hohe Autonomie verfügt. Umgekehrt hat ein Spieler, der seinen Charakter nicht allein kontrolliert, noch nicht zwangsläufig wenig Autonomie.

Ich würde Autonomie eher in der Nähe der gesamten kreativen Einflussmöglichkeiten des Spielers auf das Spielgeschehen sehen. Das heißt, dass ein Spieler, der wenig kreative Möglichkeiten hat, auch über wenig Autonomie im Spiel verfügt. Hat er viele Möglichkeiten, so ist auch seine Autonomie im Spiel groß. Und ja, das ist tatsächlich sowas wie Gestaltungsmacht. ;)

Dementsprechend würde ich auch behaupteten das jeder zu gewinnen an Gestaltungsmacht (Autonomie) erst einmal als positiv empfunden wird. Allerdings ist so ein Zuwachs an Macht oft auch mit Anstrengung verbunden, die dann wiederum negative Auswirkungen hat. So kann es tatsächlich einige Spieler geben, die einen Zuwachs an Autonomie nicht wünschen, da sie dann größere Anstrengungen im Spiel unternehmen müssten, sie sich aber lieber "berieseln" lassen. Grundsätzlich würde ich aber behaupten, dass die Möglichkeit im Spiel Kontrolle auszuüben grundsätzlich positiv ist. Das soll jetzt nicht heißen, dass das ist der einzig wahre Spielstil sein soll. Eher konsumorientierte Spieler haben genauso ihre Berechtigung wie solche, denen es mehr um kreative Einflussmöglichkeiten geht.

Kurz zusammengefasst: der Verlust der Kontrolle über den eigenen Charakter wird als Verlust von Autonomie erlebt. Objektiv gesehen ist das zwar nicht so, aber im Empfinden der meisten klassischen Spieler besteht dieser Zusammenhang. Dementsprechend sind sie oft sehr schlecht auf Ideen zu sprechen, die ihre Kontrolle über den eigenen Charakter einschränken.
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Zitat von: 1of3
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Offline Arbo

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #31 am: 8.08.2005 | 14:31 »
Fredi,

was anderes habe ich auch nicht beschrieben. Allerdings fänd ich es besser, von Autonomie über den Chararakter und Autonomie bezogen auf das Rollenspiel allgemein (andere Charaktere usw.) zu sprechen. Denn in der Tat bin ich weiter oben erstmal von der Autonomie über den eigenen Charakter ausgegangen, was ggf. unglücklich rüber kam.

Ansonsten kann ich nochmal betonen, dass ich da mit Aussagen vorsichtig wäre, weil das von Person zu Person unterschiedlich ist.

Auf das konkrete Beispiel des von dir so genannten "klassischen" Rollenspielers stimmt das wahrscheinlich.

Arbo
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Pyromancer

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #32 am: 8.08.2005 | 14:41 »
Ich spiel ab und zu in einer extrem klassischen FAFS-Runde (Midgard). Und es gab immer wieder Probleme, Differenzen, unterschiedliche Ansichten usw. Nach einem ziemlich verpfuschten Spielabend meinte ich dann: Wäre es nicht mal cool, folgende Gruppe zu spielen...
Das Ende vom Lied war, dass wir noch bis frühmorgens Charaktere gebaut haben und so viel Spaß hatten wie schon lange nicht mehr.
"Wäre es nicht cool..." ist glaube ich auch das Schlüsselwort, mit dem man die klassischen Rollenspieler von der gemeinsamen Charaktererschaffung überzeugen kann.
"Wäre es nicht cool..." gesagt zu kriegen schränkt nämlich meine Autonomie bei der Charaktererschaffung in keinster Weise ein. Ich kann dann immer noch sagen: "Nö, finde ich gar nicht cool, das ist cool."
Und am Ende sind alle zufrieden.

Offline Fredi der Elch

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #33 am: 8.08.2005 | 14:44 »
Arbo,
dann sind wir ja einer Meinung! Cool! :)


Pyro,
genau! Vorschläge machen ist IMO die beste Möglichkeit die gemeinsame Erschaffung durchzuziehen. Man fühlt sich nicht in seiner Autonomier eingeschränkt und kann tortzdem auf den gesamten kreativen Input aller Spieler zurückgreifen.
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Zitat von: 1of3
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Offline Boba Fett

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #34 am: 8.08.2005 | 14:56 »
Gestaltungsmacht vs. subjektives Erleben des Rollenspiels.

Die Frage stellt sich mir: Wie will der einzelne das Rollenspiel erleben.

Ich glaube, viele möchten das Rollenspiel durch die Augen ihres Charakters erleben.
Dementsprechend sehen ihre Wünsche in Sachen Gestaltungsrechte aus.
Sie möchten die Gestaltungsrechte, die ihr Charakter hat. (niedrige Autonomie im gesamt-Gestaltungsrecht)
Innerhalb ihres Charakters möchten sie aber volle und ausschließliche Entscheidungsgewalt.

Der Spielleiter, der diese Spielart teilt, würde von sich aus auch gar kein Gestaltungsrecht ausserhalb der Charaktere an die Spieler vergeben. Innerhalb des Settings und des Abenteuers ist er "Herr und Meister".

Das ist eigentlich die Traditionelle Art und Weise, wie Rollenspiel gemacht wird - "althergebracht"
Sie ist für Rollenspiel wichtig, das das "entdecken und erforschen" im Vordergrund hat (SIM) und natürlich auch das Gamistische.
Für Gamistische Rollenspiele sind diese Art geeignet, weil es gar keinen Sinn macht, gamistisch zu spielen, wenn jemand sich das Gestaltungsrecht nehmen kann und Gegner als "sich ergebend" oder "besiegt" erklärt.
Gamistisches Rollenspiel basiert letztendlich auf der individuellen perspektive.
Sim oft auch, denn die Sims wollen ja aus der Perspektive des "Bestandteiles der Welt" das Ganze erleben. Die Perspektive "von oben herab" macht da wenig Sinn. Sim ist letztendlich die rollenspielerische "was passiert dann maschine"... 8)

So, unabhängig von Rücksicht, gesundem Menschenverstand, Orientierung auf Spielspaß, Spielspaß durch subjektives Erleben:

Man muss, wie so oft, wissen, was man möchte.
offenes Gestaltunsgrecht und kreatives Mitbestimmen aller bei der Charaktererschaffung sind kein Kriterium dafür, dass man Spaß am Charakter des Nachbarn haben kann / muss.
Wenn sich die Gruppe einig darin ist, wie und was sie spielen möchte, bedarf es wenig "Mitbestimmung", denn die Leute sind sich einig. Dann werden die Spieler auch Unterhaltung an dem Spiel der anderen Charaktere haben, auch wenn die alleine erschaffen wurden.
Sind sie sich nicht einig, dann hilft auch kein Mitbestimmungsrecht, denn dann siegt die "Mehrheit" und alle spielen die Charaktere, die die Mehrheit beschlossen hat. Das sind dann entweder Charaktere die auf Kompromissen basieren, oder welche, die durch irgendeine Mehrheit entstanden sind - schlimmstenfalls durch Enthaltung der gleichgültigen.

Wenn man also weiss was man will und Spieler hat, die das gleiche wollen, sollte man das machen was man will.
Dann klappts auch mit der Nachbarin! ;)
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Fredi der Elch

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #35 am: 8.08.2005 | 15:30 »
Boba,

ich möchte dir da teilweise widersprechen. Sicher hat das ganze auch mit dem angestrebten Spielstil der Spieler zu tun. Allerdings kann man es nicht so zusammenfassen, wie du das getan hast. Sicher gibt es einzelne unter Formen von Gam und Sim, für die die absolute Kontrolle über den eigenen Charakter notwendig ist, aber man kann das nicht für Gam und Sim im gesamten verallgemeinern. Ich habe ja schon weiter oben versucht zu beschreiben, für welche Stile genau dies notwendig ist.

Das stimmt. Allerdings kann offenes Gestaltungsrecht und kreatives Mitbestimmen durchaus zu mehr Spaß an den Charaktereren der anderen Spieler beitragen. Denn diese beiden Punkte fördern vor allem die Kommunikation zwischen den Spielern. Dadurch werden manche Ideen den Spielern erst bewusst und sie erfassen besser, was sie eigentlich selber wollen. Schon allein dies führt oft zu größerem Spielspaß.

Auch würde ich behaupten, dass die meisten Spieler nicht hauptsächlich daran interessiert sind, eine Welt allein durch die Augen ihres Charakters zu erleben. Dies mag für ganz spezielle Formen der Exploration gelten, aber diese Art von Spielen sind sicher in der Minderzahl. die meisten Spiele denken nur, dass es ihnen um dieser Perspektive gibt. Dies liegt aber meiner Meinung nach hauptsächlich daran, dass ihnen der Vergleich fehlt und sie meinen, Rollenspiele sei ebenso und deswegen müsse es ihnen um diese Perspektive gehen. Spiele, bei denen tatsächlich konsequent nur die "aus den Augen"-Perspektive des Charakters verwendet wird und die primäre Quelle des Spielspaß darstellt, sind meiner Erfahrung nach selten. Ich habe selbst noch nie so ein Spiel erlebt, weder auf Cons, noch auf dem Grofafo-Treffen. Ich will nicht ausschließen, dass es solche Spiele tatsächlich gibt. Allerdings würde ich doch behaupten, dass sie relativ selten sind. Im dementsprechend ist auch der Widerstand der meisten Spieler gegen Einschränkungen der Kontrolle über ihren Charakter hauptsächlich eine Frage von Tradition oder Gewohnheit und nicht so basiert auf rationalen Argumenten. Aber über diesen Punkt können wir gerne noch einmal in einem eignen Thread reden.
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Zitat von: 1of3
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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #36 am: 8.08.2005 | 17:17 »
Ich bin als SL mittlerweile dazu übergegangen, meine Spieler zu bitten, ihre Chars zusammen zu bauen - oder sich zumindest abzusprechen, was sie spielen wollen. Bei der D&D-Runde hatte einer der Spieler Lust, einen Paladin zu spielen, wollte aber vorher mit der Gruppe abklären, ob das okay ist. Es hätte ihm keinen Spaß gemacht, wenn er sich mit dem Char ständig blöde Sprüche über Pala-doofe oder so hätte anhören müssen. Insofern hat er sich mit der Nachfrage nicht nur versichert, ob der Char anderen Spaß machen könnte, sondern auch, ob er ihm selber Spaß machen wird.  ;)

Im Spiel bin ich übrigens auch ein absoluter Verfechter der Autonomie des Spielers über den Char. Ich mag weder Mind-Controlling-Spells noch irgendwelche Kontrollverlustmechanismen. Bei der Charaktererschaffung bin ich da flexibler... da kann ich mich auch erstmal zurückhalten und gucken, was die anderen machen wollen.  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline Haukrinn

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #37 am: 8.08.2005 | 18:09 »
Ich mag weder Mind-Controlling-Spells noch irgendwelche Kontrollverlustmechanismen.

Och, da bin ich flexibler. Wenn ich weiß, das der Spieler sowas ebenfalls ausspielen kann, ist sowas sogar eine besonders interessante Erfahrung...
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Chiungalla

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #38 am: 8.08.2005 | 19:58 »
Zitat
Im Spiel bin ich übrigens auch ein absoluter Verfechter der Autonomie des Spielers über den Char. Ich mag weder Mind-Controlling-Spells noch irgendwelche Kontrollverlustmechanismen. Bei der Charaktererschaffung bin ich da flexibler... da kann ich mich auch erstmal zurückhalten und gucken, was die anderen machen wollen.

Mal wieder vollste Zustimmung für Leonie.

Seraph

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #39 am: 9.08.2005 | 05:59 »
@Teclador:
Zitat
Und das ein Paladin in der Gruppe ist, hindert mich noch lange nicht daran, einen boesen Charakter zu spielen!
Deine arme Gruppe, ich fühle mit ihr.
 
Zitat
Im Zweifelsfall ist eine in-topic auseinadersetzung besser als off-topic Harmonie  :korvin:
Naja wers braucht...

Also mit diesem Beitrag kann ich erstmal ueberhaupt nix anfangen. Du greifst mich ziemlich grundlos und unqualifiziert an, und ziehst selbstzufrieden irgendwelche Schlussfolgerungen ueber einen Tatbestand, von dem du offenbar ueberhaupt keine Ahnung hast. Ich hoffe instaendig, das du solche Aeusserungen in Zukunft entweder unterlaesst oder sie zumindest so gestaltest, dass etwas sinnvolles zum Thema beigetragen wird. Und das es keine allgemeingueltige Musterloesung dafuer gibt, sollte dir hoffentlich auch klar sein.

Gruss,
Seraph

P.S.: Ich habe keinen persoenlichen Konflikt mit dir und hoffe, das es auch nicht soweit kommen wird :)

Offline 1of3

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #40 am: 9.08.2005 | 11:41 »
So, ich hatte mich ein bischen zurückgehalten, werd jetzt aber noch mal ein paar Punkte sagen.


Ein häufiger Kommentar war in etwa: "Mein Charakter gehört mir, ich will damit meinen Spaß haben und lass mir da nicht reinreden."

Dazu muss man natürlich festhalten, dass ich nirgendwo geschrieben habe, dass der Spieler an seinem Char keinen Spaß haben darf. Er soll allerdings auch den Spaß seiner Mitspieler im Auge behalten und ggf. zurückstecken.

Und wenn ich sage, "Es ist nicht dein Charakter", hat das etwa den gleichen Wert wie: "Die Erde gehört nicht dir, du lebst nur drauf." In beiden Fällen ist so oder so niemand in der Lage euch diesen Besitz weg zu nehmen. Insofern sind Verlustängste ganz unangebracht.

Gerade, wenn jeder seinen eigenen Charakter fertigt, wird es doch interessant und spannend, wie man bestimmte Situationen meistern muß, bei denen die Herausforderung größer wird, weil die Gruppe nicht homogen aufeinander abgestimmt ist.

Man kann auch die Gruppe von vornherein bewusst nicht optimal aufeinander abstimmen. Das hat so gar den Vorteil, dass allen bewusst ist, dass die folgenden Konflikte geplant und aus professionellem Rollenspiel entstehen - und nicht etwa aus Antipathie zwischen den Spielern. (Was wohl tatsächlich immer noch die größte Quelle von Streitereien unter den SCs ist.) Des weiteren könnten so auch Spieler zu "Quertreibereien" motiviert werden, die das sonst aus falscher Vorsicht gegenüber ihren Mitspielern vielleicht nicht getan hätten.

So extrem wie sie hier dargestellt ist, funktioniert der Ansatz nur, wenn folgende drei Dinge gegeben sind:

- Alle Spieler wissen was sie und die anderen wollen
- Alle Spieler wissen selber am besten, was ihnen und den anderen am meisten Spass machen wird
- Alle Spieler wollen ungefähr das gleiche

Meiner Erfahrung nach wissen aber die meisten Spieler selber nicht einmal, was ihnen am meisten Spass macht.
Ich hab schon mehr als eine auf Harmonie getrimmte Truppe erlebt, die dann allen langweilig wurde.

(...)
Deshalb würde ich eher bei dem Grundsatz bleiben: "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht."

Deine Voraussetzungen stimmen aber nun gar nicht mit dem überein, was ich geschrieben habe. Es ging nicht darum etwas zu schaffen, sondern etwas zu versuchen. Tatsächlich kann man, selbst wenn dieses Trippel gegeben ist, für jeden beliebigen Spielstil (denn nützlich wären solche Infos wohl alle mal) davon ausgehen, dass der Abend trotzdem voll in die Hose gehen kann.

Dass es wohl viele Rollenspieler gibt, die ganz große Verlustängste haben, und der Meinung sind, dass nur alles perfekt werden müsste, ist ein anderes Thema und soll ein andermal erörtert werden.

Ansonsten bin ich der Meinung, dass "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht" schon im echten Leben schiefgeht. (Aber das gehört hier auch nicht hin.)

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #41 am: 9.08.2005 | 12:12 »
so...

meiner Ansicht nach sollten die Chars schon soweit aufeinander abgestimmt sein, dass ein Spiel möglich ist, dass allen beteiligten Spaß macht. Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass es keinen Spaß macht wenn ein eher 'dunkelgrauer' (um mal 'böse' zu vermeiden) und ein eher 'hellgrauer' Char die beide im stillen Kämerlein gebaut wurden zusammen in einer Gruppe sind.
das stiftet Unfrieden und behindert den Fortgang der Story.

klar kann es Konfliktpotential geben, vielleicht sollte es das sogar, aber man sollte sich in jedem Falle vorher mal zusammensetzen und klarmachen, wer den was spielen möchte und was die anderen dazu sagen, ob das passt oder ob es sie massiv stören würde.

Mein Spielspaß hört nämlich genau da auf, wo eben dieser Spielspaß den eines Mitspielers (oder den des SLs) einschränkt
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Offline Nelly

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #42 am: 9.08.2005 | 12:17 »
Zitat
Mein Spielspaß hört nämlich genau da auf, wo eben dieser Spielspaß den eines Mitspielers (oder den des SLs) einschränkt

Das ganze hat auch ein wenig was mit Respekt zu tun.

Im Endeffekt kommt es doch immer auf die Einstellung des einzelnen Individuums an. Man muss eben den goldenen Mittelweg finden, das weder das eigene, noch der Spielspaß des anderen eingeschränkt wird.
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Chiungalla

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #43 am: 9.08.2005 | 18:39 »
Zitat
Ansonsten bin ich der Meinung, dass "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht" schon im echten Leben schiefgeht. (Aber das gehört hier auch nicht hin.)

Deswegen habe ich ja auch das geschrieben, und das geht ein ganzes Stück weiter als nur "Wenn jeder an sich denkt...":

Zitat
Deshalb würde ich eher bei dem Grundsatz bleiben: "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht."
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Offline Bad Horse

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #44 am: 10.08.2005 | 13:15 »
Och, da bin ich flexibler. Wenn ich weiß, das der Spieler sowas ebenfalls ausspielen kann, ist sowas sogar eine besonders interessante Erfahrung...

Ich hab kein Problem damit, sowas auszuspielen. Ich mag nur dieses "du mußt jetzt Angst haben/alles angreifen/durchdrehen" nicht. Ich weiß schon selber, wann mein Char Angst hat, alles angreift oder durchdreht.  ;) Nur will ich selber die Kontrolle darüber haben, wann und wie das passiert - und das nicht ein paar bunten Würfelchen oder der Spielleiterwillkür überlassen.

Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #45 am: 10.08.2005 | 13:28 »
Ah das klassische "Du bist ein Zwerg du wäscht dich nicht" Problem, was?

Offline Bad Horse

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #46 am: 10.08.2005 | 13:32 »
Mehr das klassische "White-Wolf: Dein Charakter ist tragisch, also verliert er jetzt die Kontrolle über sich selbst und bringt irgendwas um, was ihm hinterher schrecklich leid tut"-Syndrom...  :P
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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #47 am: 10.08.2005 | 13:45 »
Was ist mit 'du hast deinen Stabilitätswurf vergeigt, jetzt mach was draus'? - Also etwas weniger präskriptiv...

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #48 am: 10.08.2005 | 13:49 »
Das ist schon besser... aber prinzipiell mag ich am liebsten selbst entscheiden, ob mein Char seinen Wurf schafft oder nicht. Wir hatten solche Situationen in der UA-Runde, da hat der Char erst einen Wurf geschafft, was nicht gepasst hat, und dann einen nicht geschafft, was eigentlich auch nicht gepasst hat... danach sind wir dazu übergegangen, daß wir gesagt haben: "Okay, jetzt wär ein Wurf fällig, was meinst du, schafft XY ihn oder nicht?"  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Bitpicker

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Re: [Rant] Es ist NICHT dein Charakter!
« Antwort #49 am: 10.08.2005 | 13:55 »
Na, wenn Würfe so behandelt werden, solltet ihr euch vielleicht ein würfelloses System suchen oder eins, wo der Würfelwurf eine ganz andere Bedeutung hat, denn wozu würfelt man dann noch?

Natürlich spricht hier der Simulationist.

Robin
Wie heißt das Zauberwort? -- sudo

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